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Zeitenwende
#81
Der Vectorschubtransporter hielt unweit des Einschlaglochs, welches der Panzer in die Ebene gerissen hatte und entlud seine Fracht. Sicher außerhalb der Reichweite etwaiger Abwehrwaffen. Eine unbegründete Sicherheitsvorkehrung, denn die Rebellen hatten alle Hände voll zu tun, die Arbites und vor allem die Panzer, welche sie begleiteten, auf Abstand zu halten.
Was sich außerhalb der Ebene über ihnen im Transitcanyon abspielte, dafür hatten sie im Moment weder Augen noch Ohren.
Tatsächlich hatte man auch von Seiten der Ordnungskräfte überlegt, auf diesem Wege Einsatzteams an den Feind heranzuführen, sich dann aber dagegen entschieden.
Zu offensichtlich war dieser Zugang und zu leicht hätten sich abseilende Kämpfer von unten bekämpft werden können. Nun nutzte der vierte Kombatant in dieser Auseinandersetzung, so man PVS und Arbietes als zwei Organisationen zählen wollte, diesen Abschnitt.
Viel wurde darüber spekuliert, ob und wie der Adeptus Mechanicus in die Bestrebungen zur Rückeroberung des Baneblades eingreifen würde. Würden sie sich heraushalten, Skitarii schicken oder eine ihrer unmenschlichen Tötungsmaschinen?
Letzteres war der Fall.
Mit einem mühelosen Satz sprang VT-88/1 aus dem Frachtbereich des Transporters und grub seine hydraulischen Krallenfüße in den Plastbeton der Caynionwand. Dann, als gelten die Gesetze der Gravitation für seinen tonnenschweren Leib nicht, wanderte er kopfüber die glatte Wand hinunter. Während der Transporter schleunigst wieder verschwand, näherte sich VT-88/1 dem gezackten Rand der Wunde, welche in der Flanke der Ebene klaffte.
Die Maschine war alt und hatte bereits auf verschiedenen Welten gedient. Sie war im Zuge des Krieges der Häuser nach Koron gekommen. Als der Planet befriedet worden war, hatte sie das letzte Mal einen Einsatz erlebt. Ihre Waffen hatten Rasankuri und aufmüpfige Hausangehörige gleichermaßen gnadenlos niedergemacht. Wieviele Jahrhunderte zwischen dem Töten verging war ihr gleichgültig. Nur das sie es jetzt wieder ungehemmt durfte war für die rudimentäre Intelligenz von Bedeutung. VT-88/1 war ein Jagd und Vernichtungsautomat der Vorax Klasse. Ein uraltes Design, wie es schon in den Tagen des großen Bruderkrieges Verwendung fand. Effizient, aber auch mit Vorsicht einzusetzen. Der Maschinengeist dieser Automaten hatte gewisse, animalische Aspekte, welchem ihn bei seiner Aufgabe hilfreich waren aber auch dazu neigten, Befehle großzügig auszulegen oder gleich ganz zu ignorieren. Ein Umstand, der mit den Jahrtausenden nicht besser geworden war. Die heute produzierten Vorax waren die Kopien von Kopien von Kopien und oftmals so schwer zu handeln, wie schlecht gezähmte Hunde. Außerhalb von reinen Fabrikwelten unter der Herrschaft des Mechanicus fand man sie deswegen nur extrem selten. VT-88/1 war die Ausnahme von der Regel.
Er gehörte einer frühen Generation an, was ihn jedoch nicht weniger schwer zu kontrollieren machte. Er hatte viele Einsätze gesehen und seine Programmierung hatte absonderliche und beunruhigende Verästelungen ausgebildet. Seine Aktivierung bedurfte eines gewichtigen Grundes. Die Rückeroberung von Sein Zorn und die Bestrafung jener, die Frevel an der heiligen Maschine geübt hatten, war so ein Grund.
Die Gestalt des Automaten ließ entfernt an ein Insekt denken. Vielleicht eine Gottesanbeterin oder eine baruinische Stichschabe. Wenn man diese Tiere mit Panzerplatten und überbordender Bewaffnung versehen würde. Behände um kletterte er den Rand des Lochs, indem er die beiden Energieklingen in den Rand hackte und sich durch das Verdrehen seiner Gliedmaßen, wie es nur Automaten vermochten, um das Hindernis herum wand. Dann suchte er sich den Schatten eines gewaltigen Abluftrohres und analysierte das Bild, wie es sich unter ihm ausbreitete. In seinem Inneren ratterte und klickte es und der runde Kopf mit den Kuppelaugen legte sich leicht schräg. VT-88/1 brachte das was er sah mit dem in Einklang, was ihm vorher als Information eingespeist worden war. Er identifizierte den überschweren Panzer und registrierte, dass seine Maschinensektion kalt war. Eine große Menge an Schrott und Metallteilen. Durch diese schoben sich weitere Kriegsmaschinen vom Typ Leman Russ. Heimische Produktionsschema Ko4 und Ko4a2. Diese markierte er blau und damit als verbündete Kräfte. Der Waffeneinsatz gegen blaue Ziele galt als ineffizienter Verbrauch von Munition. Es war naheliegend, dass die biomechanischen Kräfte hinter und in unmittelbarer Nähe dieser Kampfpanzer ebenfalls als blau einzuschätzen waren. Der Automat glich signifikante Übereinstimmungen ab und markierte entsprechend. Durch die uniforme Ausstattung dieser Kombattanten war das relativ leicht. Dementsprechend mussten die oppositionellen Kräfte diejenigen sein, die er töten sollte.
Die er töten durfte. Er markierte alles, was zu sehr von blau abwich als rot. Die Rohre seiner zwei Rotationskanonen begannen sich vorfreudig zu drehen. Aber er zügelte sich, bevor er die Vernichtung zwischen die kleinen roten Punkte ejakulierte. Selbstbeherrschung! Er kletterte an die senkrechte Wand heran, welche die Grenze dieses Bereiches darstellen und begann zwischen Rohren, Kabeln und anderen, Dreck, Ruß und Schmiermittel verkrusteten Versorgungsstrukturen seinen Abstieg.
VT-88/1 war sich über die Funktionsweise und die biologischen Abläufe in menschlichen Körpern bewusst. Auch wie leicht diese Abläufe zu beenden waren. Natürlich hatte das Gerät keine Emotionen oder Bewusstsein im eigentlichen Sinn. Diese Verbrämung und Vereinfachung, hatte sich mit der Zeit bei den Techpriestern eingestellt, um abweichendes Verhalten der Maschine zu erklären. Letztendliche waren auch die modernen Techpriester nur Kopien von Kopien ihrer einstigen, sehr viel wissenderen Vorgänger. Sie verstanden die Entwicklung des Automaten nicht, konnten es nicht verstehen.  Die rudimentäre Form eines Einteilens in richtig und falsch, welche er auf Basis seiner eigentlich recht simplen Programmierung ausgebildet hatte. Durch die wiederholten Erfahrungen und die Rückmeldungen seiner Kontrolleure und Techniker hatte VT-88/1 gelernt, dass das erfolgreiche Töten von Zielen mit positiven Konsequenzen verbunden war. Vernichtete er viele Feinde wurde er intensiver und nachhaltiger gewartet. Außerdem blieb er länger aktiviert, um seine gespeicherten Daten auszuwerten und andere Maschinen daraus lernen zu lassen. Da es eine seiner primären Aufgaben war, aktiv und eingeschaltet zu bleiben, um möglichst viel Dienst zu versehen, wurden längere Betriebszeiten und eine zuverlässige Funktion als äußerst positiv bewertet. Da sie vorausschauend kalkulieren konnte, berechnete sie die Bestärkung als Konsequenz für die Vernichtung von Feinden bereits mit ein. Infolgedessen entwickelte die Maschine eine Art "Freude" am Töten. Das führte dann und wann dazu, dass sie zu einer Übererfüllung des Solls neigte. Jetzt allerdings musste der Automat bedacht vorgehen. Die blauen Signale trieben die roten zurück und hinter die Mauer. Sie besaßen ein hohes Momentum, welches jedoch ins Stocken geriet, als die Roten ihren Drang nach Flucht unterbanden und sich in einer vorbereiteten, zweiten Linie fingen. Der Widerstand wurde erbittert. Den Automaten kümmerte das Verlöschen von blauen und roten Markierungen auf seinen internen Optikverarbeitern nur so weit, dass er es in die Berechnung für seinen Einbruch in die rote Formation berücksichtigen musste. Nach kurzem Verharren in einer dicken Schlaufe aus Kabeln, die aus der beschädigten Ebene hingen wie herausgerissenes Gedärm, fand er seinen Zielpunkt. Vor den Wohnstrukturen gab es einige Zelte. Rote Punkte wurden in schneller Abfolge hineingetragen und dort gesammelt. Ihre Hitzeabstrahlungen verriet ihre Präsenz auch durch die Stoffbahnen hindurch. Der Vorax glitt hinter dem Geschehen an der Wand herab und kam hinter dem Zelt auf. Seine Klauen klickten erwartungsfroh auf dem Asphalt. Die hakenartig gebogenen Powerklingen unter seinen Geschützen waren eine abgespeckte Form der Ernergiewaffe. Sie waren nicht permanent in ein zerstörerisches Energiefeld gehüllt, sondern nur Impulsweise, um die kinetische Energie eines Schlages zu potenzieren. Um die Zeltbahn aufzuschlitzen reichte die rasiermesserschafe Klinge auch so. Der Roboter machte sich einen Eingang und steckte seinen Käferkopf ins Innere. Was ein Lazarett war wusste er nicht und es war auch nicht von belang. Er erkannte nur, dass hier viele Ziele versammelt waren und er Munition sparen konnte. Sein Fuß senkte sich auf das ihm am nächsten liegende Feldbett und brachte den entsetzten Schrei des darauf Liegenden abrupt zum verstummen. Alles, was es noch konnte, versuchte von ihm fort zu laufen, humpeln oder zu kriechen.
VT-88/1 begann, sich auf der Hüftverbindung zu drehen und die Arme wirbeln zu lassen. Wenn seine Klingen auf Widerstand trafen, aktivierten sich für kaum mehr als eine Sekunde die vernichtenden den Energiefelder und ließen Leiber auseinanderplatzen. Die weitaus glücklicheren Opfer der Maschine. Denn wem dieses Schicksal nicht beschieden war, wurde zertreten, zerrissen, zerschnitten. Als der Automat sich endlich zur vollen Größe aufrichtete und die Reste des Zeltes wie eine zu klein gewordene Haut abstreife, war er mit einer Schicht bedeckt, die einst Menschen, jetzt nurmehr roter Matsch waren. 

wird fortgesetzt
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