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Zeitenwende
#91
Renold kämpfte mit den Kontrollen. 
Die fehlende Gondel sorgte dafür, dass der Schweber nach vorne ausbrechen und in den Sturzflug übergehen wollte. Das Antigravfeld lag wie ein Kissen unter dem Fahrzeug, und wenn es über den Kipppunkt sackte, würde es stürzen wie ein Stein. 
Es gab noch einen Notdämpfer, der die einmalige Zündung einer Zusatzgondel beinhaltete. Die Batterie, welche diese Schutzmaßnahme speiste, würde für genau einen Impuls ausreichen - vorausgesetzt, die Vorrichtung war noch funktionstüchtig.
Renold riss den Bügel nach unten, welcher einen roten Knopf abgedeckt hatte. Mit der Faust hieb er auf diesen und machte die Automatik scharf. Kurz vor dem Boden würde sie, so ihnen das Glück nicht abhold war, auslösen und sie vielleicht vor dem Zerschellen retten. Bis dahin musste er versuchen, den Schweber möglichst gerade zu halten. 
Ein Blick aus dem Fenster konnte den Verdacht aufkommen lassen, jener verhängnisvolle Boden lag bereits vor ihnen. Mit erschreckender Geschwindigkeit stürzten sie auf eine Ebene grauen Dunstes zu.
Nebel oder Wolken. 
Sie tauchten ein, zerschnitten singend einige Stahlkabel, als wären es nicht mehr als Bindfäden. Unvermittelt umgab sie eine Welt aus schmutziger Watte. Feine Tropfen zitterten über das demolierte Glas des Cockpits. Es wäre zu viel gesagt, hätte man behauptet, es wäre ruhiger geworden. Aber der hereinbrandende Lärm veränderte sich: das unstetige Brummen der überforderten und geschundenen Gondeln, das Pfeifen des Windes. Aber keine hupenden anderen Luftfahrzeuge mehr. 
Sie mussten dem Boden jetzt sehr nah sein. Hier flog man nicht mehr.
Renold brüllte Festhalten! Was niemand so recht hören konnte, und selbst wenn, hätte es auch nicht viel genutzt. 
Dann erfolgte ein gewaltiger Schlag. 
Das ganze Fahrzeug ruckte nach oben, jeder Knochen im Leib der unglücklichen Passagiere wurde zusammengestaucht. Zähne knirschten aufeinander, Eingeweide schwappten im Inneren ihrer Leiber umher. 
Das war jedoch nicht der Aufschlag auf dem Boden. Lediglich die Notfallzündung hatte sich aktiviert und den Schweber nach oben gedrückt, um seinen Fall wenigstens ein wenig abzubremsen.
Die unvermeidliche Kollision mit dem Boden war dennoch mörderisch. 
Der Aufprall war nicht nur ohrenbetäubend, sondern schleuderte Cassian und Pedwarsky in dem kleinen Raum herum, als wäre der Untergrund kein Metall, sondern ein straff gespanntes Trampolin. Funken sprühten und alles, was eben noch an warnender Elektronik geleuchtet und geblinkt hatte, erlosch. Für den Bruchteil einer Sekunde flog vor ihrem Sichtfeld eine abgerissene Antriebsgondel vorbei.
Der Schweber drehte sich um die eigene Achse, und der Arbites, die Rebellin und der Raketenwerfer wurden als Knäuel aus Gliedmaßen in den Fußraum unter eines der Pulte geschleudert. Hier wurden sie auch auf und ab gewirbelt und stießen sich alles, was man sich nur stoßen konnte. Aber der Raum, durch den sie geworfen werden konnten, und die Dinge, an denen sie sich die Knochen brechen konnten, waren überschaubarer. Hätte es die Sicherheitsvorkehrung der Impulszündung nicht gegeben, keiner von ihnen hätte das Ganze an einem Stück überstanden. Daran konnte kein Zweifel bestehen.

Als sich jetzt Stille über die Absturzstelle legte, war für einen Moment jeder mit sich selbst beschäftigt. Stöhnen, Ächzen und dazwischen überprüfen, ob noch alles einigermaßen heil war. Cassian hatte einen Schnitt auf der Stirn, der ziemlich stark blutete, aber nicht sehr tief zu sein schien. Davon abgesehen fühlte er sich wie ein gut durchgekneteter Brotteig. Definitiv war er weicher als vorher.
Wer noch lebt, sagt piep!, ließ sich der Prediger mit kratziger Stimme vernehmen. Es kamen Antworten aller Art. 
Es glich einem Wunder, dass tatsächlich alle noch am Leben und lediglich leicht verletzt waren. 
Nachdem sie sich gesammelt hatten, machten sie sich daran, das Wrack zu verlassen. Durch die Tür, durch welche sie gekommen waren, ließ sich das nicht bewerkstelligen, da es die Schräglage des Gefährts verhinderte. Zum Glück war die Frontscheibe des Cockpits inzwischen so desolat, dass ein paar beherzte Schläge mit der Unterseite des Raketenwerfers den Widerstand des Sicherheitsglases brachen und ihnen den Weg auf die Oberseite des Schwebers gestatteten.
Ihr verunglücktes Vehikel stellte eine Insel inmitten eines roten Meeres dar. Oder einer roten Wüste. Beide Beschreibungen passten gleich gut oder gleich schlecht. Sie befanden sich am Boden des Canyons, so viel war klar. Die gewölbten Wände ragten zyklopisch zu beiden Seiten auf. Grau, pockennarbig und ohne sichtbare Öffnungen, Fenster, Türen oder Einlässe. Zumindest auf den ersten Blick, denn aus der Wolkendecke über ihnen fiel ein stetiger, feiner Nieselregen, der sich nicht nur als klammer Film über alles legte, sondern auch die Sicht erheblich einschränkte.
Was in die eine oder andere Richtung lag, war ungewiss. 
Der Boden um sie her war eine unebene Landschaft aus Schrott, Müll und unzähligen Wracks, zu denen sie ein weiteres hinzugefügt hatten. Nur mit dem Unterschied, dass ihr Schweber noch nicht von eine Kruste roten Rosts bedeckt war, wie alles andere hier. Das niedergehende Wasser schien selbst schon oxidierende Partikel mit sich zu tragen, denn die rote Schicht lag auch über Kunststoff und Beton.
Hier fanden sich die Skelette von anderen Schwebern, Hubschraubern, Verbrennerfahrzeugen mit Rädern und Ketten. Eine Lok mit geborestenem Kessel und in einiger Entfernung sogar etwas, was wie ein Boot aussah. Generationen von verunfallten Geräten oder entsorgtem Schrott. Mit genügend Motivation hätte man hier einen Querschnitt durch die Entwicklung der gohmorischen Mobilität der letzten paar hundert Jahre zusammenstellen können.
Es war unnatürlich leise. Natürlich nicht still, denn das war es in einer Makropole niemals. Aus den Wänden drang gedämpftes Dröhnen von Maschinen, die dahinter ihren rastlosen Dienst taten. Über ihnen war das durchgehende Brausen des Verkehrs zu hören. Aber dennoch: Diese Geräusche schienen aus anderen Welten zu stammen und nur zufällig hier herüberzuschwappen und mit diesem Kosmos nicht wirklich etwas zu tun zu haben.
Wir sollten schleunigst verschwinden, bemerkte ihre Anführerin, nachdem sie eine Minute lang die Szenerie auf sich hatten wirken lassen. Nicht nur, weil uns jemand verfolgt haben könnte. Wer weiß, welche armen Seelen hier leben und ein abstürzendes Fahrzeug und seine Insassen als ein verspätetes Geschenk zum Tag der Helden verstehen. Hast du eine Ahnung, wo wir sein könnten, Renold?"
Nicht die Geringste, gab der Schulterzuckend zu. Ich meine, ich weiß natürlich, dass wir uns am Grund des Transitcanyons Eins befinden. Aber der ist allein schon 300 Kilometer lang. Wir sind vielleicht zehn oder fünfzehn Kilometer von da entfernt, wo wir gestartet sind. Ich könnte nur raten, wo wir runtergekommen sind und welche Ebenen angrenzen. Ich schlage vor, wir suchen uns einen Zugang zu einer bewohnten Gegend, schauen wo wir sind und wie wir dann Kontakt zu unseren Freunden aufnehmen können.
Da niemand eine bessere Idee hatte, wurde es so beschlossen. Wie viel Zeit Cassian schinden musste, war derweil unmöglich zu sagen. Gut möglich, dass ein Arbites-Zugriffteam bereits auf dem Weg war und jeden Moment auf flammenden Triebwerken durch den Dunst brechen würde. Genauso gut konnte es noch Stunden dauern. Auch ob der Sender den Absturz überstanden hatten war nicht zu sagen.
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#92
Die Landung war brutal gewesen. Sie konnten von von wahnwitzigem Glück reden, dass sie es alle überlebt hatten. Er alleine auf Terra hatte wohl seine Hände dafür im Spiel gehabt.
Mühsam hatte sich der Arbites wieder aufgerichtet und verrenkte Gliedmaßen wieder gerichtet. Das von seiner Stirn tropfende kräftig rote Blut war ihm dabei schnell über das Gesicht und in die Augen geflossen, ehe es seinen Weg von seinem Kinn tropfend auf dem Boden beendete. Pedwarsky war schnell zur Stelle und half Cassian dabei die notwendigen Verbände aus der Sanitätstasche zu suchen, die Blutung zu stoppen und die Wunde zu verbinden. Nun mit einem weißen Stirnband ausgestattet folgte er den anderen aus dem Transporter hinaus ins freie, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen.
Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes ganz angekommen. Also eigentlich nicht ganz. Schließlich gab es noch die Minusebenen und die in der Erde vergrabenen Stützelemente, die der Makropole erst ihre Stabilität gaben, um sich so himmelsstrebend den Sternen anzunähern. Einerlei. Das hier war kein Kurs an der Gohmorer Universität Sankt Septinanus, in der sich Theologie- und Philosophiestudenten an sprachlichen Ungenauigkeiten ergötzen konnten.
Nein. Sie waren am Nullpunkt angekommen. Wortwörtlich der Schrotthalde des Transitcanyons. Wie sie hier wieder herauskommen sollten, wusste nur der Imperator. Cassians Stimmung war an einem mismutigem Tiefpunkt angekommen, auch wenn man ihnen, während der Arbitesausbildung Gleichmut in allen Lebenslagen eingeprügelt hatte. Während der Rest sich umschaute und versuchte die Lage zu erfassen, fingerte er selbst in seiner Jacke herum und versuchte zu ertasten, ob der Sender ihren Absturz unbeschädigt überstanden hatte. Soweit er das durch das Jackenleder spürte, fühlte sich alles wie vorhin während der Aktivierung an. Für eine genauere Untersuchung des kleinen Apparats war jetzt aber keine Zeit und ihm fehlte ohnehin die technische Ausbildung, um den Sender auf seine Funktion zu überprüfen.
Also hieß es erst einmal Soraya und dem Rest zu folgern. als größtem und kräftigstem in ihrer Gruppe fiel es ihm zu den Raketenwerfer und einen Teil der Munition zu tragen, auch wenn Renold ihm einen Teil dieser abgenommen hatte. Pedwarsky war derweil für die Sanitätstasche zuständig und Soraya blieb unbeladen. Ihr Zustand hatte sich nach dem Einsatz ihrer Hexenkräfte immer noch nicht vollständig erholt und so hatte sie keiner vorerst körperlich belasten wollen.
Mühsam bahnte sich ihre kleine Gruppe ihren Weg durch die Schrottlandschaft in der Hoffnung möglichst schnell einen Zugang zu einer Wartungsebene zu finden. Die Blicke wanderten nervös zwischen ihrer Umgebung und dem Weg direkt vor ihren Füßen hin und her. die Sorge um Trittsicherheit und die vor hungrigen Augen wechselte sich beständig ab.
Cassian war es schließlich, der sein nächstes Unglückslos für diesen Tag zog. Wahrscheinlich lag es einfach an dem Gewicht, das er im Vergleich zu den Anderen auf die Waage brachte, aber plötzlich knackte Stahl unter seinem linken Fuß, gab mit einem gequälten Geräusch nach und im nächsten Moment rutschte sein Bein bis zum Knie in das soeben entstandene Loch des verschrotteten Schwebers. Ihm blieb nicht einmal Zeit zu fluchen, aber guten Reflexen sei Dank schaffte er es sich noch irgendwie zu fangen bevor sein Bein in einem ungünstigen Winkel abgeknickt wäre.
Der Rest schaute ihn erschrocken an, gefolgt von besorgten Fragen nach einer Verletzung.
Renold half dem fluchenden Arbites sich aus dem so plötzlich enstandenden Loch zu stemmen und untersuchte Bein wie Fuß auf vorhandene Verletzungen. Außer rostigem Schmier und leichten Schnittspuren in Stiefel wie Hose fiel ihm aber nichts auf. Der Fuß ließ sich auch normal belasten und machte auch sonst keine Beschwerden. Glück gehabt. Für den Moment. Denn keiner von ihnen wusste welcher andere Schrott in dieser Trümmerwüste noch so weit durchgerostet war, dass er zur tückischen Falle wurde.
Und ob nicht vielleicht doch etwas durch den Lärm auf sie aufmerksam geworden war. Der Nieselregen verbarg mal mehr mal und mal weniger. Wie gut er Lärm verdeckte, war nicht abschätzbar. Und dass es hier unten Leben gab, war trotz aller Ödnis und Ressourcenmangel für Cassian keine Möglichkeit, sondern eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Er hatte lange genug beim Arbites gedient, um zu wissen, wie hartnäckig sich Leben auf allen Ebenen einer Makropole halten konnte.
Die spannende Frage war eher, ob sie Kontakt zu diesem Leben vermeiden konnten und wann sie einen Ausweg finden würden. Denn mit ihrer derzeitigen Kleidung und so gut wie nicht vorhandenen Vorräten würden sie nicht lange in dieser Umgebung aushalten.
Langsam, vorsichtig, dass eben Erlebte verarbeitend, setzte sich ihr kleiner Trupp wieder in Bewegung und hielt nach einem Ausweg Ausschau.
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
Konto: 459 Schekel
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