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Ankunft in Rasankur
Siebenter Tag. Die stickige, fast schon schneidbare Atemluft welche von offensichtlich unsichtbaren Chemikalien durchsetzt war gewann an Bedrohlichkeit. Wobei Bedrohlichkeit wiederum bedeuten mochte das sich einzelne Elemente, wie etwa... Chlor? Wohl eher Ozon. Das würde wenigstens den tagsüber gravierend ansteigenden Temperaturen zu gute sprechen. Von ökologischem Gleichgewicht mochte hier wohl sowieso keine Rede mehr sein, wie sie der ausgedörrten Todeslandschaft attestierte. Mochte man in dieser Einöde tatsächlich ein kümmerliches Rinnsal an flüssigem “Wasser” erspähen, so war dies meist entweder bakteriell stark verunreinig oder aber durch chemische Applikationen für gewöhnliche Menschen ungenießbar. Daran mochten nun auch wieder keine Chlor-Tabletten etwas ändern. Oberflächlich betrachtet beschränkte sich dieserorts die Flora auf einige wenige extrem angepasste Subspezies der Gattung Ribes grossularia, beziehungsweise Caryophyllales. Fauna schien abgesehen von den typischen Rhamphorhynchus aconitumarena wenig beachtliches herzugeben.

Vereinzelte, durch Sandverwehungen sichtbar gemachte Böen durchzogen das ausgetrocknete Deltagebiet, bereits vor Jahrhunderten mochte dieses Gebiet sich zu einem ausgedörrten Wadi transformiert haben. Einheimische - genauer Mutanten - verhielten sich auffällig scheu, man mochte in einiger Entfernung womöglich verstohlene Bewegungen ausmachen, allerdings schien die kleine Reisegesellschaft kaum von weiterem Interesse für die Wilden zu sein. Warum auch? Neben ihrer ureigenen Person war da noch ein junger Gentleman von der naturhistorischen Fakultät Gohmor, Seymion Twayne, sowie ein gewisser Muschareff, ein unrasiertes, ungewaschenes Häufchen kultureller Urzeit, welches für weniger als zwei handvoll Schekel den Fremdenführer mimte. Aufgrund der besonderen Eigenheiten des vorherrschenden Klimas, sowie der allgemeinen Lebensfeindlichkeit entlang dieses imperatorverlassenen Stückchens fauliger Muttererde, hatte man beschlossen diese Reise zu Carnak zu unternehmen. Diese überaus muskulösen, schlanken aber auch agilen und wendigen Tierchen hatten sichtlich kaum mühe selbst unpassables Terrain zu überwinden. Ausgerüstet mit einigen Flaschen klaren Trinkwassers, sowie eingelegtem Obst, etwas gesalzenem Gemüse und Dörrfleisch, alles wohl verstaut in den Satteltaschen, mochte sich diese Expedition ins Herz der “Verseuchten Wüste” direkt noch als Abenteuer herausstellen. Sinniger Weise hatte sie selbst noch einiges an behelfsmäßigen Instrumenten mitgenommen, etwa einen Satz Operationsbesteck, sowie diverse Probenröhrchen und einige chemische Teststreifen für Flüssigkeiten. Noch sinnigerer Weise hatte ihr nobler Kompagnon seine fein herausgeputzte Büchse - sie mochte dieses primitive Jagdgewehr nicht unbedingt als Waffe bezeichnen - mitgenommen, man wusste ja nie “Wenn man ein paar Wilden eine Ladung Schrot verpassen müsste”, so im ungefähren Wortlaut Herr Twayne.

Als an sich pazifistischer Mensch mochte sie dieser Geisteshaltung grundsätzlich nicht entsprechen, allerdings war es dann und wann wohl doch wieder vonnöten seinen Standpunkt etwas martialischer zu untermauern. Wenn selbst sie keine zwei Schekel auf diesen jungen Tunichtgut verwetten würde. Sie betrachtete den Burschen gerade aus dem Augenwinkel heraus, gleichzeitig drückte sie dem Carnak leicht die Schenkel an die Seite. Wohl eben erst frisch rasierte Wangen, an welchen noch ein Hauch von Aftershave hing - zumindest überdünkte etwas den Eigengeruch des Equidae unter ihr. Ausgezupfte Augenbrauen, sowie ein leichter Lidschatten, zwar untypisch für männliche Vertreter ihrer eigenen Spezies, dennoch besagte ja ein alter Ritus das sich gerade Wüstenbewohner die Augen bemalten, als Schutz vor Insekten. Zumindest mochte dies die dunkle Färbung erklären. Etwas nervös nestelte der Akademiker an der Halterung seiner Flinte während die langsam näher rückenden Gebirgsausläufer immer mehr Details offenbarten.

Durch die optischen Linsen eines Fernrohrs hindurch mochte man vereinzelte Säulengänge oder Arkaden innerhalb des verwitterten Sandgesteins ausmachen. Selbst auf diese doch relativ große Distanz waren noch Spuren von vernunftbegabtem Einfluss erkennbar, Meißelspuren, gröbere Abschläge wie von Pickeln und Äxten, man hatte diesem harten, leblosen Fels seine Form aufgezwungen. Ein beachtlicher Akt, welcher dieser Tage wohl zu oft unter einer dämmrigen Scheffel gestellt wurde, erforderte derartiges Vorgehen doch eine gewisse Kompetenz in Sachen Geologie, Architektur, Mathematik und Ästhetik. Die Passage führte ähnlich einem Tunnel quer durch das Gebirge hindurch, mochte vermutlich vor Äonen von schnell fließendem Gewässer ausgespült worden sein, ein Wadi eben. Ob es hier wohl noch so etwas wie Niederschlag geben mochte? Sie wusste von destruktiven Sandstürmen, welche ganze Dörfer unter den mitgeführten Massen beerdigen konnten, wobei die mitgeschleppten radioaktiven Elemente vermutlich das ihre an der Bevölkerung einer solchen Niederlassung taten. Aber fließendes Wasser? Wohl kaum denkbar, wie sie zusammenfasste während sie den Blick abermals über den beduinischen Führer vor ihr schweifen ließ.

Der Mann hatte sich in eine weite, ausladende Stofftracht gehüllt, sein sonnengegerbtes Gesicht unter einem dicken schwarz-roten Schal - der Kufiya .- verborgen. An der Seite seines ledernen Gürtels hing eine noch primitivere Waffe als die Twaynes, eine Steinschlosspistole, sowie ein grausam aussehender Shamshir, dessen Griff mit etwas wie Schlangenhaut umwickelt war. Plötzlich jedoch erhob der vorantrabende Führer seinen linken Arm, gefolgt von einem zügelnden Zischen und einem rechten Fersendruck. Er wies mit der ausgestreckten Hand gen Osten, drehte sich im Sattel leicht herum und zog den Kufiya herab, somit offenbarte sich sein wenig charmantes Gesicht.

“Dies meine Freunde ist die Schlucht von Ara’bazen, ein Stück nordwestlich von hier befindet sich eine kleine Niederlassung des Stammes der Canaan, östlich, durch diese Schlucht hindurch werdet ihr in ein Tal gelangen welches durch einen mächtigen Fürsten beherrscht wird, einer der von den Sternen und der Nacht selbst auserwählt wurde...”
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Vorsichtig umfasste Salira das Büschel Salzgras und schnitt es knapp über dem Boden mit ihrer improvisierten Sichel ab. Anfangs hatte sie sich an den scharfen Halmen oft verletzt und die Absonderungen der Pflanze hatten noch Tage lang in den Schnitten gebrannt. Doch inzwischen wusste sie wie man zu Werke gehen musste um das Kraut zu ernten. Sie legte ihre Beute in den Korb und hielt dann Ausschau nach weiteren der gelblich- grünen Büschel. Tatsächlich wiegte sich einige auf einer nahen Schutthalde und den dahinter aufragenden Felsen. Salira richtete das Tuch vor ihrem Gesicht und richtete sich mit einem Ächzen auf. Die Schmerzen in ihrem Rücken rührten nicht etwa von ihrem Alter her, sondern war den Peitschenhieben zu verdanken, welche am Anfang gestanden hatten und dafür verantwortlich zeichneten, dass ihre Heimat nun das Ödland der Wüste war. Die Beduinen hatten sie nicht eine Hexe geschimpft, hatten nicht mit Furcht und Gewalt auf ihr Wissen reagiert. Im Gegenteil, man achtete sie hier, auch wenn sie wohl nie zur Gänze in die Gemeine aufgenommen werden würde. Nun es gab Schlimmeres, wie sie nur allzu genau wusste.
Salira kämpfte sich die Halde empor und erntete weites Gras, welches die Wüstenbewohner zu Ehren ihrer sonderbaren und oftmals düsteren Götter verbrannten, oder ihre Schamanen gar kauten, um sich in Trance zu versetzten. Als sie schließlich auf der kleinen Anhöhe angelangt war, sah sie zu ihrer Freude, dass hinter den Felsen eine größere Fläche Bewuchs aufwies. Die windgeschützte Stelle sorgte dafür, dass das Salzgras sich hier vermehrt gegen das aggressive Wetter behauptete. Ein Glücksfall, konnte sie damit doch ihr Tagwerk früher beenden und ins Lager zurückzukehren, wo Nahrung und Schatten lockten.
Umständlich machte sie sich an den Abstieg, achtsam über das glühend heiße Geröll schreitend.
Gerade bückte sie sich um die Ernte einzufahren, als der sich drehende Wind ihr einen alarmierenden Geruch zuwehte. Salira fuhr in die Höhe, den Schmerz in ihrem Rücken ignorierend. Es roch nach Carnak, doch die Krieger waren nie in dieser Gegend unterwegs, geschweige denn ritten sie mit dem Wind.
Kaum kristallisierte sich dieser Gedanke, als tatsächlich eine Gruppe Berittener um den Felsen herum bog. Das waren keine Canaan, ihr Götter, es waren die Peiniger aus dem Dorf, sie hatten sie gefunden um sie nun doch hinzurichten.
Der Korb fiel ihr aus den zitternden Händen.
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Ein mäßig erschrockener Ruck durchzuckte das Carnak, während es mit weißen Winkeln in den Augen nach etwas linste das sich scheinbar rechts abzuspielen schien. Es war ihr Führer, welcher als erster die Zügel und somit die daran befestigte Trense. Augenblicks wandte das Geschöpf seinen Schädel widerwillig ab, dennoch blieb die monookulare Wahrnehmung deutlich erkennbar und veranlasste somit die Reiter gleichfalls nach dem Umstand zu spähen. Wohl war es jener Dozent der Historia Naturale welcher den Knopf vom Sicherungsgurt springen ließ und beinahe im selben Atemzug noch auf das fliehenden Lumpengeschöpf anlegte, ehedem ihm nun wiederum seine Kollegin mit der ausgestreckten Hand den Lauf nach unten drückte.

“Wir können dies Ding doch nicht entkommen lassen! Um Imperatorswillen, nehmen Sie die Hand dort weg, geschätzte Kollegin!”, gab er mit zusammengekniffenem Auge gen Kimme und Korn sachlich zu verstehen, während er wohl schon die Anzahl Fuß abzuschätzen suchte.
“Sie gedenken also in einem Ihnen fremden Terrain zum Augenblick Ihrer Ankunft schon einen Einheimischen zu erschießen, werter Kollege? Nun, das scheint mir doch ein wenig dreist.”, während sie über Ring- und Mittelfinger noch den Druck erhöhte, “Was würde wohl Ihrer geschätzten Meinung nach als Nächstes passieren? Führen wir diese Hypothese doch weiter, Sie erschießen den Flüchtling, Ihre Büchse donnert mal ordentlich, das getroffene Wesen bricht zusammen, idealer Weise ist es tot und schreit somit nicht. Der Schuss alarmiert etwaige Streuner oder mögliche Wachposten, ein Schuss auf einen der Ihren wäre wohl nicht gerade als freundlicher Akt anzusehen, was diesen Personenkreis wiederum dazu veranlassen würde das Feuer auf uns zu eröffnen. Dies natürlich mitten im Nirgendwo, nun?”

Der so Angesprochene spannte zwar noch den silbernen Hahn seiner Büchse, besann sich dann allerdings hörbar schnaubend eines Besseren, sicherte die Waffe und verstaute sie abermals, während er seinem Reittier sachte die Sporen ansetzte und es somit in einen leichten Trab versetzte.

“Dann wenigstens hintendrein, würd’ ich meinen? Bringt uns der Geselle doch vielleicht ins nächste Dorf, sofern wir nur höflich Fragen.”, das Geschöpf in einer doch beinahe bemerkenswerten Kürze erreichend versuchte er sich mit “Händen und Füßen” zu artikulieren, wie man so schön sagte, “Warte! Wir kommen in Frieden!”
“Narr...”, entrüstete sie sich kaum hörbar während sie sich mit gestreckten Fingern übers Gesicht wischte Muscharaff einen vielsagenden Blick zuwarf.
“Wir haben wohl Glück, eine vereinzelte Salzgras-Sammlerin. Jene welche dem dunklen Drachen dienen, aber auch jene Anderen welche mit den Unsichtbaren sprechen, kauen dies Gras oder trinken einen Sud...”
“Hm, du willst also sagen das diese Gras gewissermaßen einem Opiat entspricht?”
“Einem was?”
“Unwichtig, sprich bitte weiter.”
“Nun, wie gesagt, sie sammeln das Gras in diesen Einöden, dann kauen sie es entweder oder verbrennen die getrockneten Halme. Der dabei abgegebene Rauch wiederum lockt die Geister aus den finstereren Winkeln herbei oder beschwört die Dämonen des Sands herauf. Unsere Schamanen behaupten sie könnten auf diese Weise mit den Sternen sprechen.”
“Also eine stark halluzinogene Wirkung bei Kontakt mit den Schleimhäuten... Hm, das würde die abstrakten Götzen erklären welche manche der Eingeborenen huldigen. Sag, du sprachst vorhin von einem Drachen, also einem Fabelwesen nehme ich an?”
“Nein, keineswegs. Ihr seht, der Schwarze Drache, ist der mächtigste Kriegsfürst dieser Lande, man sagt, er sei aus der Nacht selbst geboren um das Los seines erwählten Volkes zu lindern.”
“Ihr sprecht also vom Imperator?”
“Nein! Ich spreche nicht von den Ungläubigen welche von den Sternen her kamen, den dieser Mann ist einer der unseren... Und mehr als das, er ist ein fleischgewordener Gott, ein Prophet welcher seinen Dienern ein ruhmreiches, neues Zeitalter verspricht.”
“Ihr glaubt also an diesen “Drachen”?”
“Wir von den Wüstensöhnen glauben nicht an ihn, denn Glauben ist etwas - wie ihr sagen würdet - nicht greifbares. Etwas persönliches. Nein, wir wissen um ihn. Er wandelt östlich von hier unter uns und seine Herrlichkeit weitet sich mit jedem errungenen Sieg und jedem unterworfenen Stamm weiter über die Wüsten aus.”
“Ihr bewundert ihn also?”
“So die Nacht will, ja, wir sind dazu gezwungen. Wie gesagt, seine Herrlichkeit ist greifbar, ist irdisch.”
“Ich glaube ich verstehe, wenn selbst mir das Konzept eurer - sagen wir existenzialistischen Religion - etwas abwegig erscheint, lieber Freund.”
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Salira war nicht weit gekommen. Es war der erste Schreck und erstaunlicher Weise bewegte sie das verlorene Gras zum Anhalten.
Was konnten sie tun?
Sie erschießen und wenn schon.
Sie hing nicht so sehr am Leben wie an ihrer Freiheit und die konnten sie ihr nicht mehr nehmen. Sie zurück in das kümmerliche Dorf bringen aus dem sie gekommen war?
Unwahrscheinlich!
Nicht nur das die Gruppe niemand aus der Siedlung an der Grenze zu Golga enthielt den sie kannte, es war unmöglich das sie die Fremden zurück schleppten ohne von den Reitern des Stammes daran gehindert zu werden. Also verharrte sie knapp unter der Geröllhalde und wartete bis die Gruppe auf ihren Tieren herangekommen war. Sie sprachen den Akzent der Hauptstadt, ein weiteres Indiz das gegen rächende Dorfbewohner sprach. Ausgenommen natürlich der unselige Verräter der ihnen als Führer zu dienen schien und sich damit zum Sklaven der Unterdrücker machte.
Ihr seid weit gereist um euren Untergang zu finden. Sprach sie mit einer Stimme, so fest wie es ihr der flaue Magen gestattete. Immerhin gab die Überraschung in den Augen der Fremden, ob ihrer Sprachkenntnisse, Salira eine gewisse Genugtuung.

Mich schwaches Weib könnt ihr dahinmorden, aber retten wird euch dieses Frevel nicht. Hier hat euer zweiköpfiger Adler keine Macht. Andere bestimmen in der Wüste über Sein oder Nichtsein!
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“Nun, Fräuleinchen, da man sich dazu herabgelassen zu haben scheint, abermals meine Worte: Wir wollen euch nichts böses, sondern sind Reisende des Wissens. Ihr versteht?”, dabei warf er einen merklich argwöhnischen Seitenblick hin zu seinen Gefährten, “Diese Wilden vermögen manchmal gar seltsame Abwandlungen, nicht wahr?”
“Geschätzter Kollege, wie es eurer Aufmerksamkeit möglicherweise gleichsam entgangen sein mag, antwortete euch diese vermeintliche Wilde eben in fließendem Gotisch, zwar nicht unbedingt Hoch-Gotisch, aber immerhin deutlich besser als manch einer der Markopolenbewohner.”
“Ähm.... Stimmt.”, mit nachdenklichem Kratzen am Hinterschädel quittierte er.
“Gnädige Dame, wenn ich mich ihnen möglicherweise kurz vorstellen dürfte, Juliette, Gelehrte aus der Hauptstadt. Ihrer primären Aussage entnehme ich nunmehr das sich die hiesige Bevölkerung angesichts fremder Personen eher feindselig verhält, beziehungsweise auf beeindruckende Weise xenophob, nicht wahr? Wobei mir der Begriff Untergang etwas prophetisch und pathetisch erscheint, ich nehme also an sie fußen damit auf einem religiösen Hintergrund.”, eine theatralische Sprachpause machend um sich anschließend mit dem Finger übers Kinn zu streichen setzte sie dann fort, “Ferner möchte ich festhalten, dass wir keineswegs vorhaben sie hinzumorden, sondern vielmehr darin interessiert wären ihre sagenumwobenen Kultur kennenzulernen, Teuerste. Sehen sie, wenn sie von einem zweiköpfigen Adler sprechen, meinen sie wohl die Imperiale Garde, diese allerdings ist omnipräsent, pardon, allgegenwärtig, da dieser Planet offizielles Territorium des Imperiums von Terra ist. Sie sehen, ich will sie nicht belehren, aber sie befinden sich auf dem Boden des Imperiums und allein dieses bestimmt über Recht und Ordnung.”
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Mit tief gerunzelter Stirn versuchte sie die Bedeutung des Gesagten zu ergründen. Sie verstand die Worte, jedenfalls die meisten, doch die Sprache war sehr hochtrabend. Die Beamten, welche vier mal im Jahr den Zehnten abgeholt hatten, hatten ähnlich gedrechselt gesprochen. Immerhin sprachen sie und wer sprach der schoss für gewöhnlich nicht gleichzeitig.
Feindselig? fast hätte sie „Herrin“ hinter ihre Frage gesetzt, konnte sich diese eingeprügelte Floskel jedoch gerade noch verkneifen.
Das kann man nicht sagen... Madame! Sie genoss es diese Anrede einmal zu verwenden, war sie doch allein unter den reichen Handwerkern zulässig gewesen.
Die Canaan sind ein stolzes Volk und ihre Reiter rühmen sich einem Mann den Kopf im vollen Galopp abschlagen zu können, egal auf welcher Seite von ihnen er steht. Sie hassen den zweiköpfigen Adler, ach viel zu sehr hatte sie sich die Sprechweise ihrer neuen Heimat bereits angenommen. Verzeiht, das Imperium, wie ihr schon ganz recht gesagt habt. Sie beschirmte die Augen gegen die Sonne, die wie ein Abziehbild am Himmel klebte und alles in ein Stillleben der Leblosigkeit verwandelte. Die Alte blickte von unten zu Juliette empor und im Schatten des Carnakhalses mutete es an als stehle sich etwas Boshaftes in ihre Augen.
Wer kann es ihnen verdenken? Nie haben sie einen von jenseits des öden Landes gesehen und doch beschießen Flugzeuge die Beduinen, wann immer ihnen danach ist und ohne das die Reiter sie provoziert hätten. Wie könnten sie auch? Sie haben keine Gewehre die Raketen und Bomben schießen können, wie die Flieger.
Jeden von ihnen kann die Namen von Freunden und Verwandten nennen, die auf diese Art umgekommen sind. Viele mögen es in euren Augen nicht sein, doch sie vergessen keinen einzigen.

Salira machte ein Pause und wog ihre nachfolgenden Worte genau ab. Vielleicht hätte das Gesagte die Fremden zum Umkehren bewegen können, oder sie zu Gewalttaten verleiten mögen. Auch sie hatte allen Grund das Imperium zu hassen, mit jeder Faser ihres Herzens. Doch war sie nicht dereinst auch ein junges Ding gewesen wie diese dort? Oblag es einer Närrin wie ihr über das Leben anderer zu entscheiden und sich auf den Sockel ihre Peiniger zu stellen?
Salira entschied das es ihr nicht zustand und das die Wahrheit ihr Gewissen rein halten würde.
Dennoch... Ich sagte die Canaan sind stolz und gerade ihre Bräuche sind ihnen heilig. Kommt zu ihnen, die Hände nicht an den Waffen und ihre Gastfreundschaft ist verpflichtend.
Ihr wollt etwas über sie wissen, wenn ich eure Worte richtig verstanden habe. Betretet das Heim ihres Ältesten und bringt ihm ein Geschenk, so wie es Sitte ist. Als dann wird man euch Wasser und Speise geben und möglicherweise die alten Geschichten von den Helden, Göttern und Geistern erzählen.
Das ist es doch was ihr wollt, nicht wahr?
Lasst mich mein Gras aufheben und ich will euch führen und für euch in ihrer Sprache sprechen. Danach mögt ihr noch einmal über das Recht und die Ordnung eurer Gebieter nachdenken.
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“Mir dünkt wohl das euch einer der Missionare die Sprache gelernt haben mag, was?”
“Still, du Narr. Ich sagte es dir doch schon zuvor!”, an ihren reitenden Kollegen gewand, ehedem sie selbst geschmeidig über die Flanke des Carnak absaß, die Zügel um die linke Hand geschlungen, während sie mit der rechten der Dame den Sattel darbot, “Nun denn, versucht uns doch über diese Sitten und Gebräuche aufzuklären, werte Dame, dennoch mag ich euch zuvor noch darauf hinweisen das ihr wohl vergessen habt euch vorzustellen, nicht wahr? Darüber hinaus, was wäre wohl ein angebrachtes Geschenk für einen “Ältesten” der Canaan? Erfahrungsgemäß wäre wohl ein Carnak angebracht, etwas praktikables was in dieser Einöde auch durchaus von Vorteil sein könnte, selbst wenn man schon einige besitzt.”, die Umhängetasche öffnet zückte sie nun ein dünnes ledergebundenes Notizbuch, sowie das darin befestigte Schreibwerkzeug, die Zügel dabei relativ lasch in der Hand des Buches haltend - Beweis für den hohen Ausbildungsstand des Carnaks - “Nun aber zu Wichtigerem. Ich werde euch einige Fragen stellen nur um diese spezifische Subkultur genauer analysieren zu können, einverstanden?”

Der beduinische Führer warf der älteren Frau einen verächtlichen Blick zu, schürzte die Oberlippe einseitig hoch und spie verächtlich.

“Die Canaan mögen zwar eine gewisse Sattelfestigkeit besitzen, vermögen allerdings keine vernünftige Klinge zu schwingen, sie sind unbeholfen, lahm und gezeichnet. Darum taugen sie auch bestenfalls nur als Sklaven, als Opfervieh, welches vor der großen Herde hergetrieben wird. Sag Weib, warum euer Stamm soweit von den Toren lagert, während die Würdigen unmittelbar am Palaste hausen!”
“Genug habe ich gesagt! Eure Stammesstreitigkeiten behindern die wissenschaftliche Arbeit, ich bezahle euch Muscharaff, ich bestimme was von Interesse ist und was nicht! Ihr nehmt mein Geld, also werdet ihr tun wie euch geheißen wurde. Und nun Friede...”, wieder zur ältere Dame gewandt, “Ich brauche genauere Informationen. Wie viele Zelte oder Hütten bewohnt euer Klan? Welche intraspezifischen Dialekt bevorzugen sie, beziehungsweise wie groß ist der Klan im Gesamten? Welchem Götzendienst gehen sie nach, da sie ja dem Imperator nicht zu dienen scheinen? Welche Ressourcen werden benötigt, womit handelt der Stamm? Umliegende Wasserquellen, etwaiges Agrarland abgesehen von diesen Salzgräsern? Welchen Titel trägt das Oberhaupt, beziehungsweise ist er autark, also unabhängig oder in einem Lehensverhältnis gegenüber einem Dritten?”
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Mein Name ist Salira und kein Missionar brachte mir die Sprache des Imperiums bei. Bei Letzterem bedachte sie den Mann mit einem scheelen Seitenblick. Ich stamme aus Fronbüttel, einem Dorf bei Golga an der Grenze zum wilden Land. Sie nahm den dargebotenen Sitz im Sattel bereitwillig an und klettere überraschend geschickt auf den Rücken des Tieres. Mit Schande bedachte man mich, da ich mich auf die Weisheit der Natur verstehe und keine Scheu vor denen hatte die nicht sind wie all die anderen. Ich half einer jungen Frau bei der Niederkunft, doch die Mutter starb und das Neugeborene kam mit den Ansätzen von Hörn und ohne Augen zur Welt. Mir gab man die Schuld und die Peitsche war mein Lohn. Sicher hätten sie mir Schlimmeres angetan, hätte ich nicht den Entschluss gefasst mein Heil in der Wüste zu suchen. Mein Wissen half mir zu überleben wo andere sterben und bei den Canaan fand ich Anerkennung für mein Können. Sie besitzen soviel Ehre, dass sie ihre Dienste nicht für Geld an die verkaufen, die ihnen sonst nur Verachtung entgegenbringen. Muscharaff knirschte mit den Zähnen hielt, ob eines warnenden Funkeln aus Juliettes Augen, den Mund jedoch geschlossen.
Langsamer setzte sich die kleine Karawane wieder in Bewegung, nachdem ein Deut Saliras die Richtung vorgegeben hatte. Die Frau ersuchte Juliette ihre Fragen zu wiederholen und einige Begriffe zu erklären, um deren Bedeutung ihr einfaches Gemüt sie nicht wusste.
Ob bewusst oder unbewusst, die Aufmerksamkeit schmeichelte ihr und so sprach sie frei über alles was sie wusste, ohne das ihr aufging, dass die Informationen ebenso gut von taktischer Bedeutung und somit zum Nachteil des Stammes hätten sein können.
Ein Carnak ist gewiss ein wertvolles Geschenk, doch liegt darin nicht der Sinn des Brauchs. Man würde das lebensnotwendige Tier verschenken um seinen Gastgeber nicht zu verärgern, nur um dann hilflos in der Wüste zurückzubleiben. Nein, es ist wichtig, dass ihr etwas verschenkt das für euch selber von Bedeutung ist. Die Größe oder der materielle Wert ist dabei unwichtig.
Der Boden unter Fuß und Huf wurde zusehends steiniger und voraus ließ sich bereits eine aufragende Felsformation erblicken, über der die Hitze drückend summte.
Der Stamm umfasst etwa vierzig Menschen. Ganz genau kann ich es aber nicht sagen, da niemals alle auf einem Flecken zusammen sind. Es gibt Zelte ja, aber in diesem Quartier lebt man nicht in ihnen. Sie sind für die Wanderung und bis der Stamm wieder reist wohnen wir in Felsenhäusern.
Am Fuße der verwitterten und grotesk geformten Steinwand angelangt, schlug man den Weg zur Linken ein , wo in einiger Entfernung eine Klamm wohl das nächste Ziel markierte.
Die Canaan sprechen die Sprache der Menschen, wie sie es nennen. Es hat nichts mit den Worten der restlichen Welt gemein und in ihren Stimmen sind oft Worte die bei euch als verboten gelten. Es gab einen Krieg, wisst ihr? Sie schien stolz zu sein von solch lange vergessenen Ereignissen zu wissen und ihre Begleiter darüber informieren zu können. Damals sprachen viele die alte Sprache, doch sie geriet in Vergessenheit, wurde auch verboten. Heute kennen nur noch die Völker die Wüste ihre Bedeutung. Selbst ich verstehe nicht alle Worte und manche machen das mir übel wird. In ihnen wohnt Macht.
Der Schatten eines Hohlweges umfing sie und nur ein schmaler Streifen einfallenden Sonnenlichtes zeigte, einem Pfad gleich, wohin es ging.
Vom Imperator wissen sie nichts. Wie sollten sie auch? Uns erzählte der Prediger von einem still sitzenden Gott, weiter entfernt als sich jeder Mensch vorzustellen vermag. Namen die hier nichts bedeuten und Taten vor vergessenen Zeiten an vergessenen Orten. Wie kann so ein Gott unser Flehen erhören, wo er doch so weit weg ist? Die Priester redeten viel von seiner Gnade, doch wo ist die Gnade wenn sie einem am Anfang des Monats den Zehnten abpressen und das letzte Squam-Squam aus den Ställen treiben?
Nein die Völker der Wüste huldigen anderen Göttern. Älteren... wirklicheren Göttern. Aber auch ihrer Ahnen, den Winden und den Geistern der Wüste opfern sie. Sie sind praktisch. Einen Gott der ihnen nicht von Nutzen ist oder den sie nicht fürchten müssen ist ihnen egal.
In der erwachten Stadt sind...
sie stockte und beschrieb eine unsichere Geste. Aber davon weiß ich nichts. Dort war ich noch nie.
Sie halten Vieh.
Sprach sie schnell weiter. Aber nie übertrieben viel, denn sie fürchten das große Herden nichts zu fressen finden oder von Flugzeugen entdeckt werden könnten.
Außerdem ernten sie Gewürze, die sie tauschen. Oft mit denen die Kontakt zu den imperialen Siedlungen halten. Aber niemand lebt um sich zu bereichern. Reichtum bedeutet hier nicht das selbe wie dort wo ihr herkommt. Reich ist der, der seine Familie wachsen sieht und seinen Freunden den Weg zu den Quellen weisen kann. Ich kann euch nicht sagen wo diese Quellen sind. Es ist verboten und ich weiß es ohnehin nicht. Nur der älteste Sohn oder die älteste Tochter einer Familie darf die Quellen aufsuchen um Wasser zu schöpfen.
Ihr fragt nach dem Oberhaupt. Die Canaan sind sehr stolz, so wie es jeder Stamm ist. Der Anführer ist momentan Friedenshäuptling Ibn Bahaji. Wörtlich bedeutet es eigentlich mehr so etwas wie König der ruhigen Zeit. Er ist alt und sehr weise. Ich denke er wird euch freundlich empfangenen. Dennoch gibt es auch jene die dem alten... dem neuen... ach es ist schwer das zu übersetzen. Dem Weg des Drachen folgen wollen. Wenn ihr im Haus Ibn Bahajis willkommen geheißen werdet, dann fragt ihn danach. Er wird es euch sagen können. Auch das mit dem Dritten, was ihr fragtet, kann ich euch nicht beantworten. Über solche Dinge weiß ich nichts.
Wir sind gleich da! Wir müssen absteigen und niemand darf die Hand an seine Waffe legen.
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Im Herzen des zurückweichenden Klamm erhob sich eine niedrige, halbkreisförmige Einfriedung, Häuserruinen - wenn man so mochte - aber wohl eher umgestürzte Megalithen. Jeder ragte der Breite nach etwa zweieinhalb Meter aus dem lehmigen Untergrund, darüber war wie ein Zeltdach eine zusammengenähte Ansammlung verschiedener Tierhäute gespannt, wohl um Sand und andere Verwehungen aus der zentralen Feuerstelle zu halten. Rund um dieses herum waren wiederum Öffnungen in das Gestein getrieben worden und dienten hier wohl als Niederlassungen für die einzelnen Stammesfamilien, wobei hier wiederum die mittlere durch verschiedene Tierknochen und Totems besonders geschmückt schien, zwar nicht wirklich extravagant, aber dennoch auffällig genug um den ersten Blick zu erhaschen.

Die Canaan schienen ein durchaus vernünftiges, wenn auch ein wenig gezeichnetes Volk zu sein. Man sah deutliche Spuren irregegangener Evolutionärerfaktoren, etwa wiesen einige Mitglieder zu viele Extremitäten, zu viele - oder zu wenige - Augen auf, besaßen absonderliche Schuppen oder waren schlichtweg auf andere Weise entstellt, sei es durch Anzeichen der Lepra oder diverser Narben. Selbstklärend waren diese Menschen Ausgestoßene der modernen Zivilisation westlich von hier, waren sie bestenfalls Sklaven welche zu niedrigen Arbeiten herangezogen worden wären. Soviel mochte sich also in deren Leben nicht geändert haben, mit Ausnahme der Begrifflichkeit der Freiheit. Freiheit, wie absonderlich, taten jene doch nur dasselbe wie aller Tage mit dem einzelnen Unterschied das sie es nun als Dienst an der Allgemeinheit betrachteten und nicht als Frondienst für einen Herrn. Sie hatten Selbstachtung.

Schwere, dunstige Luft erfüllte den kaum mannshohen Raum, welcher durch einen geflochtenen Teppich von der Außenwelt getrennt war. Ein kaum zuordenbarer Geruch schwebte darin, irgendwo zwischen verfälschtem Tabak und frischem Sandelholz, ein einzelner Mann saß gegen das hintere Ende der Kammer sitzend, während sich unmittelbar neben dem Eingang drei Frauen damit begnügten ihren kaum monatealten Nachwuchs zu stillen, unter der wachsamen Aufsicht junger Männer, welche wohl gerade erst einen Flaum entlang ihrer glatten Wangen bildeten. Der rückwärtige Mann saß mit überschlagenen Beinen, wies merkwürdig tiefe Gesichtsfalten auf, sowie milchigtrübe Augen, die Finger seiner linken Hand nestelten dort wo sich für gewöhnlich der Jambia befand, während er mit der anderen ein zerfleddertes Manuskript streichelte. Zu offensichtlich war es in einer Art Blindenschrift verfasst.

“Wir grüßen Euch, erhabener Sohn der ruhigen Zeit, Schatten verschaffe Euch Linderung und Wasser stille Euren Durst!”, sie vollzog trotz der vermutlichen Erblindung des Mannes eine Verbeugung und zwang mit einem Ruck des Ellbogens ihren Begleiter selbiges zu vollführen, Muscharaff hingegen hatte die Niederlassung der Canaan gemieden, “Wir sind von weit hergereist um eurer unerschöpflichen Weisheit teilhaftig zu werden!”. zeitgleich ließ sie ihre Hände behutsam - um keine übereifrige Reaktion zu provozieren - in die Tasche gleiten und förderte einen beinahe Antiken Sternatlas hervor, “Dies sei mein Gastgeschenk an Euch, edler Meister, auf das Ihr selbst auf dunkelsten Pfaden stets den eurigen finden möget!”, sie überreichte die Gabe mit beiden Händen, “Dieser Mann neben mir wird Seymion Twayne genannt, selbst Trage ich den Namen Juliette vás Medina, beide verfolgen wir das Leben der Gelehrten und suchen allerorts nach Wissen, so auch hier. Großer Herr, unser innigstes Bestreben ist es, durch euch mehr zu erfahren über jenen Ort, aber auch über die sogenannten Wege eures Volkes. Würdet Ihr uns erleuchten?"
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Salira, die zögerlich die Behausung hinter den Fremden betreten hatten, kniete sich neben Juliette und übersetzte die Worte der Frau in die kehlige Sprache des Wüstenvolkes. Ibn Bahaji drehte den Kopf etwas, wohl um das Gesagte besser zu hören. Tatsächlich schienen seine Augen stark getrübt, wenn nicht gar zur Gänze blind zu sein. Unbewegt lauschte er und rührte sich nur um das Geschenk entgegen zu nehmen, auf welches er seine runzlige Hand legte und seine Beschaffenheit ertastete. Nachdem die Kräuterfrau geendet hatte herrschte eine unendlich scheinende Minute lang Schweigen. Dann hob Ibn Bahaji seinerseits zum Sprechen an, leise doch nicht mit kraftloser Stimme. Salira wechselte einige schnelle Worte mit ihm, schien auf Fragen zu antworten und übersetzte nun umgekehrt in die Zunge jener, die sich für die Herren dieser Welt erachteten.

Der Friedenshäuptling nimmt euer Geschenk an und grüßt euch. Er verlangte zu wissen woher ihr kommt und ich antwortete. Eure Verblendung stimmt ihn traurig, doch mit Respekt betretet ihr sein Heim und solange ihr verweilt ist euch Schutz und Gastfreundschaft gewiss. Feuer und Wasser wird man mit euch teilen und da ihr hören wollt, wird er erzählen, denn er weiß das der Durst nach Wissen ebenso quälend sein kann wie der Durst den die Wüste bringt.
Doch die alten Legenden können nicht lebendig werden, so nicht gespeist und getrunken wurde.


Damit verfiel der Alte erneut in Schweigen und die nächste halbe Stunde wurde mit Geschäftigkeit gefüllt. In der Mitte des Raumes schürte man ein Feuer aus Carnakdung und vertrieb rasch die Kälte der Nacht, welche sich hereinzuschleichen begann. Ihr Marsch hatte einige Zeit in Anspruch genommen und Salira hätte es ohne die Unterbrechung durch die Reisenden wohl kaum geschafft vor der Dämmerung zurück im Lager zu sein. Auch der Raum füllte sich, größtenteils mit Frauen und einigen älteren Männern. Die Krieger des Stammes waren entweder nicht im Lager, oder aber mieden die Behausung des Häuptlings. Die imperialen Gelehrten bekamen kleine Horngefäße mit einem scharfen, aber ungemein erquickenden Tee vorgesetzt. Neben dem Feuer breiteten dienstbare Frauen eine Matte aus und stapelten eine ansehnliche Menge Fladenbrot, nebst einer Schale dünner Fleischstreifen. Auch Gefäße mit soßenartigen Substanzen waren zu finden. Das Mahl war nicht sonderlich abwechslungsreich, wohl aber üppig.
Salria gab den Gästen zu verstehen, das man erst selber essen würde, wenn Seymion und Juliette einen Bissen getan hatten. Nachdem beide dieser Aufforderung nachgekommen waren, stürzte sich die Versammelten auf die Speisen und machten dabei keinen Unterschied zwischen Geschlecht oder Rang. Twayne raunte seiner Mitreisenden eine wenig schmeichelhafte Bemerkung über die Tischsitten ihrer Gastgeber zu, lächelte aber gekünstelt in die Runde.
Das Mahl dauerte seine Zeit, denn die Beduinen zelebrierten die Nahrungsaufnahme, dass es den Banketten in den Türmen Gohmors in nichts nachstand. Dabei war viel Heiterkeit in dem beengten Raum. Es wurde gelacht und Gespräche mit wilden Gesten untermalt, mancher drückte seine Sättigung mit zufriedenem Rülpsen aus.
Die älteren Kinder, welche dieses ungeplante Beisammensein wohl besonders aufregend fanden, überwanden ihre anfängliche Scheu und zeigten großes Interesse für die sonderbaren Fremdlinge. Ein Mädchen von vielleicht vier Jahren berührte Juliettes Wange mit ausgestrecktem Zeigefinger und plapperte etwas mit der Geschwindigkeit, welche nur aufgeregten Kindern zu eigen ist. Salira scheuchte sie mit einem Zischen fort. Als sich das Kind lachend umdrehte und zu seinen Altersgenossen sprang, ließ sich einen dornenbesetzter Schwanz sehen, der hinter ihr herpendelte.
Seht ihnen die Frechheiten nach. bat die zur Übersetzerin gemachte. Sie haben noch nie jemanden mit so heller Haut gesehen, der durch Wüste kam ohne das Geschenk der Veränderung zu tragen. Im Allgemeinen geht man hier davon aus, dass man entweder in der Wüste geboren wurde oder aber mit großer Stärke gesegnet sein muss um hierher zu gelangen. Ihr und euer Begleiter seid eine Ausnahme, so wie auch ich eine bin. Nur das ich Kinder nicht zu unbedachten Taten verführe, weil mir nicht die Schönheit der Seherin gegeben ist. Bei ihren letzten Worten schien sie über die eigene Aussage erschrocken und lenkte das Gespräch schnell in eine andere Richtung, indem sie nach mehr Tee fragte und sich eifrig zeigte den Gästen nachzuschenken.
Nach und nach verschwand der letzte, schmale Streifen Licht unter dem Lumpen, welcher eine Tür ersetzte und die Nacht ließ sich nicht länger verleugnen. Das Speisen hatte allmählich ein Ende gefunden und die traurigen Überreste wurden hinaus geschafft, wie auch die Kinder. Dabei ließ sich feststellen das manche Dinge nicht von räumlichen oder kulturellen Grenzen aufgehalten werden konnten. Wie etwa der Umstand das sich Heranreifende mit Händen und Füßen wehrten, wenn es darum ging zu schlafen, obwohl etwas vermeindlich Spannendes verpasst werden konnte.

Nun folgten zwei Dinge im unbekannten Programm des Abends.
Zum einen nahm ein Korb den Platz der Speisen ein, welcher mit einem getrockneten Kraut und drei LHO- Päckchen der Marke Korona gefüllt war. Alle bedienten sich freizügig, entzündeten Glimmstängel oder stopften sich Tonpfeifen mit dem was hier als Tabak diente.
Als Zweites wurde in einer Ecke eine Statuette von etwa vierzig Zentimetern Größe enthüllt. Bis eben hatte sie unter einer Decke geruht und warum sie ausgerechnet jetzt offenbart wurde ließ sich kaum sagen. Das Idol war mit unerwarteter Kunstfertigkeit geschaffen und bestand aus einem weißen Stein, möglicherweise Alabaster oder Marmor. Die Figur stellte eine stilisierte Frau dar, sehr schlank und mit nur mäßig ausgearbeiteten Gesichtszügen. Die Arme der Figur waren nach vorn hin ausgebreitet und die Handflächen zeigten zu dem Betrachter. Wie sich erkennen ließ war die fehlende Detailversessenheit beim Gesicht wohl in die Hände geflossen, denn diese waren mit der Genauigkeit eines Meisters gearbeitet. Verstörend wirkte dabei die Tatsache, dass in der Mitte der Handflächen jeweils ein Auge saß und die Anwesenden mit steinernem Blick betrachtete. Unter dem angedeuteten Gewand des Fetischs zeichneten sich sacht die Wölbungen der Brüste ab. Allerdings hatte dieses Frauenbildnis sechs dieser Attribute der Weiblichkeit.
Vor die Statuette wurde ein Büschel Salzgras gelegt und an beiden Enden mit einem, am Feuer entzündeten, Span angebrannt. Die Stängel der Pflanze kräuselten sich und zerfielen zu weißer Asche, bevor sie zu einem schwachen Glimmen übergingen und sich ihr aufsteigender Qualm mit den Rauchwolken im Raum vermischten. Zwar gab es einen Abzug, in Form eines kleinen Loches in der Decke, doch die Luft war dennoch schnell von Schwaden geschwängert.
Es kehrte nun rasch Ruhe ein und die Blicke der Anwesenden waren entweder auf die Gäste oder auf den Häuptling gerichtet.
Der Alte sprach nun wieder und es war still genug das seine leisen Worte den Raum erfüllten.
Salira dolmetschte.
Nun ist es Zeit für die alten Lieder und Geschichten. Viele gibt es und ein Leben reicht nicht aus, wollte man sie alle erzählen. Fragt was ich euch berichten soll und ich lasse das Geschehene erneut geschehen.
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