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Der Vectorschubtransporter hielt unweit des Einschlaglochs, welches der Panzer in die Ebene gerissen hatte und entlud seine Fracht. Sicher außerhalb der Reichweite etwaiger Abwehrwaffen. Eine unbegründete Sicherheitsvorkehrung, denn die Rebellen hatten alle Hände voll zu tun, die Arbites und vor allem die Panzer, welche sie begleiteten, auf Abstand zu halten.
Was sich außerhalb der Ebene über ihnen im Transitcanyon abspielte, dafür hatten sie im Moment weder Augen noch Ohren.
Tatsächlich hatte man auch von Seiten der Ordnungskräfte überlegt, auf diesem Wege Einsatzteams an den Feind heranzuführen, sich dann aber dagegen entschieden.
Zu offensichtlich war dieser Zugang und zu leicht hätten sich abseilende Kämpfer von unten bekämpft werden können. Nun nutzte der vierte Kombatant in dieser Auseinandersetzung, so man PVS und Arbietes als zwei Organisationen zählen wollte, diesen Abschnitt.
Viel wurde darüber spekuliert, ob und wie der Adeptus Mechanicus in die Bestrebungen zur Rückeroberung des Baneblades eingreifen würde. Würden sie sich heraushalten, Skitarii schicken oder eine ihrer unmenschlichen Tötungsmaschinen?
Letzteres war der Fall.
Mit einem mühelosen Satz sprang VT-88/1 aus dem Frachtbereich des Transporters und grub seine hydraulischen Krallenfüße in den Plastbeton der Caynionwand. Dann, als gelten die Gesetze der Gravitation für seinen tonnenschweren Leib nicht, wanderte er kopfüber die glatte Wand hinunter. Während der Transporter schleunigst wieder verschwand, näherte sich VT-88/1 dem gezackten Rand der Wunde, welche in der Flanke der Ebene klaffte.
Die Maschine war alt und hatte bereits auf verschiedenen Welten gedient. Sie war im Zuge des Krieges der Häuser nach Koron gekommen. Als der Planet befriedet worden war, hatte sie das letzte Mal einen Einsatz erlebt. Ihre Waffen hatten Rasankuri und aufmüpfige Hausangehörige gleichermaßen gnadenlos niedergemacht. Wieviele Jahrhunderte zwischen dem Töten verging war ihr gleichgültig. Nur das sie es jetzt wieder ungehemmt durfte war für die rudimentäre Intelligenz von Bedeutung. VT-88/1 war ein Jagd und Vernichtungsautomat der Vorax Klasse. Ein uraltes Design, wie es schon in den Tagen des großen Bruderkrieges Verwendung fand. Effizient, aber auch mit Vorsicht einzusetzen. Der Maschinengeist dieser Automaten hatte gewisse, animalische Aspekte, welchem ihn bei seiner Aufgabe hilfreich waren aber auch dazu neigten, Befehle großzügig auszulegen oder gleich ganz zu ignorieren. Ein Umstand, der mit den Jahrtausenden nicht besser geworden war. Die heute produzierten Vorax waren die Kopien von Kopien von Kopien und oftmals so schwer zu handeln, wie schlecht gezähmte Hunde. Außerhalb von reinen Fabrikwelten unter der Herrschaft des Mechanicus fand man sie deswegen nur extrem selten. VT-88/1 war die Ausnahme von der Regel.
Er gehörte einer frühen Generation an, was ihn jedoch nicht weniger schwer zu kontrollieren machte. Er hatte viele Einsätze gesehen und seine Programmierung hatte absonderliche und beunruhigende Verästelungen ausgebildet. Seine Aktivierung bedurfte eines gewichtigen Grundes. Die Rückeroberung von Sein Zorn und die Bestrafung jener, die Frevel an der heiligen Maschine geübt hatten, war so ein Grund.
Die Gestalt des Automaten ließ entfernt an ein Insekt denken. Vielleicht eine Gottesanbeterin oder eine baruinische Stichschabe. Wenn man diese Tiere mit Panzerplatten und überbordender Bewaffnung versehen würde. Behände um kletterte er den Rand des Lochs, indem er die beiden Energieklingen in den Rand hackte und sich durch das Verdrehen seiner Gliedmaßen, wie es nur Automaten vermochten, um das Hindernis herum wand. Dann suchte er sich den Schatten eines gewaltigen Abluftrohres und analysierte das Bild, wie es sich unter ihm ausbreitete. In seinem Inneren ratterte und klickte es und der runde Kopf mit den Kuppelaugen legte sich leicht schräg. VT-88/1 brachte das was er sah mit dem in Einklang, was ihm vorher als Information eingespeist worden war. Er identifizierte den überschweren Panzer und registrierte, dass seine Maschinensektion kalt war. Eine große Menge an Schrott und Metallteilen. Durch diese schoben sich weitere Kriegsmaschinen vom Typ Leman Russ. Heimische Produktionsschema Ko4 und Ko4a2. Diese markierte er blau und damit als verbündete Kräfte. Der Waffeneinsatz gegen blaue Ziele galt als ineffizienter Verbrauch von Munition. Es war naheliegend, dass die biomechanischen Kräfte hinter und in unmittelbarer Nähe dieser Kampfpanzer ebenfalls als blau einzuschätzen waren. Der Automat glich signifikante Übereinstimmungen ab und markierte entsprechend. Durch die uniforme Ausstattung dieser Kombattanten war das relativ leicht. Dementsprechend mussten die oppositionellen Kräfte diejenigen sein, die er töten sollte.
Die er töten durfte. Er markierte alles, was zu sehr von blau abwich als rot. Die Rohre seiner zwei Rotationskanonen begannen sich vorfreudig zu drehen. Aber er zügelte sich, bevor er die Vernichtung zwischen die kleinen roten Punkte ejakulierte. Selbstbeherrschung! Er kletterte an die senkrechte Wand heran, welche die Grenze dieses Bereiches darstellen und begann zwischen Rohren, Kabeln und anderen, Dreck, Ruß und Schmiermittel verkrusteten Versorgungsstrukturen seinen Abstieg.
VT-88/1 war sich über die Funktionsweise und die biologischen Abläufe in menschlichen Körpern bewusst. Auch wie leicht diese Abläufe zu beenden waren. Natürlich hatte das Gerät keine Emotionen oder Bewusstsein im eigentlichen Sinn. Diese Verbrämung und Vereinfachung, hatte sich mit der Zeit bei den Techpriestern eingestellt, um abweichendes Verhalten der Maschine zu erklären. Letztendliche waren auch die modernen Techpriester nur Kopien von Kopien ihrer einstigen, sehr viel wissenderen Vorgänger. Sie verstanden die Entwicklung des Automaten nicht, konnten es nicht verstehen. Die rudimentäre Form eines Einteilens in richtig und falsch, welche er auf Basis seiner eigentlich recht simplen Programmierung ausgebildet hatte. Durch die wiederholten Erfahrungen und die Rückmeldungen seiner Kontrolleure und Techniker hatte VT-88/1 gelernt, dass das erfolgreiche Töten von Zielen mit positiven Konsequenzen verbunden war. Vernichtete er viele Feinde wurde er intensiver und nachhaltiger gewartet. Außerdem blieb er länger aktiviert, um seine gespeicherten Daten auszuwerten und andere Maschinen daraus lernen zu lassen. Da es eine seiner primären Aufgaben war, aktiv und eingeschaltet zu bleiben, um möglichst viel Dienst zu versehen, wurden längere Betriebszeiten und eine zuverlässige Funktion als äußerst positiv bewertet. Da sie vorausschauend kalkulieren konnte, berechnete sie die Bestärkung als Konsequenz für die Vernichtung von Feinden bereits mit ein. Infolgedessen entwickelte die Maschine eine Art "Freude" am Töten. Das führte dann und wann dazu, dass sie zu einer Übererfüllung des Solls neigte. Jetzt allerdings musste der Automat bedacht vorgehen. Die blauen Signale trieben die roten zurück und hinter die Mauer. Sie besaßen ein hohes Momentum, welches jedoch ins Stocken geriet, als die Roten ihren Drang nach Flucht unterbanden und sich in einer vorbereiteten, zweiten Linie fingen. Der Widerstand wurde erbittert. Den Automaten kümmerte das Verlöschen von blauen und roten Markierungen auf seinen internen Optikverarbeitern nur so weit, dass er es in die Berechnung für seinen Einbruch in die rote Formation berücksichtigen musste. Nach kurzem Verharren in einer dicken Schlaufe aus Kabeln, die aus der beschädigten Ebene hingen wie herausgerissenes Gedärm, fand er seinen Zielpunkt. Vor den Wohnstrukturen gab es einige Zelte. Rote Punkte wurden in schneller Abfolge hineingetragen und dort gesammelt. Ihre Hitzeabstrahlungen verriet ihre Präsenz auch durch die Stoffbahnen hindurch. Der Vorax glitt hinter dem Geschehen an der Wand herab und kam hinter dem Zelt auf. Seine Klauen klickten erwartungsfroh auf dem Asphalt. Die hakenartig gebogenen Powerklingen unter seinen Geschützen waren eine abgespeckte Form der Ernergiewaffe. Sie waren nicht permanent in ein zerstörerisches Energiefeld gehüllt, sondern nur Impulsweise, um die kinetische Energie eines Schlages zu potenzieren. Um die Zeltbahn aufzuschlitzen reichte die rasiermesserschafe Klinge auch so. Der Roboter machte sich einen Eingang und steckte seinen Käferkopf ins Innere. Was ein Lazarett war wusste er nicht und es war auch nicht von belang. Er erkannte nur, dass hier viele Ziele versammelt waren und er Munition sparen konnte. Sein Fuß senkte sich auf das ihm am nächsten liegende Feldbett und brachte den entsetzten Schrei des darauf Liegenden abrupt zum verstummen. Alles, was es noch konnte, versuchte von ihm fort zu laufen, humpeln oder zu kriechen.
VT-88/1 begann, sich auf der Hüftverbindung zu drehen und die Arme wirbeln zu lassen. Wenn seine Klingen auf Widerstand trafen, aktivierten sich für kaum mehr als eine Sekunde die vernichtenden den Energiefelder und ließen Leiber auseinanderplatzen. Die weitaus glücklicheren Opfer der Maschine. Denn wem dieses Schicksal nicht beschieden war, wurde zertreten, zerrissen, zerschnitten. Als der Automat sich endlich zur vollen Größe aufrichtete und die Reste des Zeltes wie eine zu klein gewordene Haut abstreife, war er mit einer Schicht bedeckt, die einst Menschen, jetzt nurmehr roter Matsch waren.
wird fortgesetzt
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Cassians gutturale Ansage sorgte dafür, das Durcheinander in der Kommandozentrale etwas zu verlangsamen. Gesichter drehten sich ihm zu, Rebellen verharrten in dem was sie gerade taten oder stockten in ihren Gesprächen. Pedwarsky war es sichtlich unangenehm so unvermittelt im Zentrum des Interesses zu stehen. Oder aber ihre Coolness wurde von dem Umstand ausgehebelt, das vor der Front der Bar die Welt unterging.
Renold hat dir befohlen? Ein stämmiger Kerl, der eben noch eine Kiste geschleppt hatte, die zwei kräftigen Männern Probleme bereitet hätte, löste sich und kam zu ihnen. Über seiner schmutzigen Tarnkleidung trug er einen weiten Poncho. Der Bursche war breit wie ein Schrank und wirkte irgendwie deformiert. Bucklig und verbeult wie ein zu oft geflickter Bulldozer oder etwas ähnlich brachiales. Sein Kopf erinnerte an eine polierte Bowlingkugel, ausgenommen von einer Geschwulst auf der Stirn. Die Augen lagen hinter einer Sonnenbrille verborgen. Die ganze Kombination dieser Erscheinung hätte lächerlich wirken müssen, aber irgendwie war sie das nicht. Ein Alligator in einem lachhaften Kostüm blieb trotzdem ein Alligator.
Du bist einer von Renolds Kötern? Was willst du dann hier?
Geh raus und kämpfe, geh raus und stirb wie die anderen. Er machte einen bedrohlichen Schritt auf den Arbites zu.
Es war der letzte in seinem Leben.
Die Front des Ladens zerbarst. Holz, Betonziegel, Kunststoff und vorallem Glas. Zwischen diesem Sturm aus pulverisiertem Material zuckten Leuchtspurgeschosse. Der Hüne, der eben noch Cassians Anweisung verspottet hatte, wurde von Schüssen zersägt. In einer Sekunde stand er noch da, dann flog er auseinander. Cassian meinte in dem Gewirr eines geschredderten Körpers mehr Arme herumschlackern zu sehen als es hätten sein dürfen. Aber für das Sinnen über biologische Abnormitäten blieb wenig Zeit. Denn der große Kerl war nicht das einzige Opfer. Die Anwesenden wurden regelrecht niedergemetzelt. Pures Glück entschied darüber, wer überlebte. Eine Lücke in der durchgehenden Wand aus Geschossen schone hier jemanden, die Position hinter einem Pfeilern dort einen anderen. Tassen und Gläser, Papiere und herumstehendes Material hüpften in die Luft, als sie durchsiebt wurden. Ein Tornado aus zerfetzten Möbeln, Deckenplatten, Funken und Mörtel. Schreie, Heulen, Lärm und Wahnsinn.
Das Pedwarsky und Cassian retteten der Umstand, dass der riesenhafte Kerl ihnen als Schutzschild gedient hatte. Trotzdem trafen sie Dinge. Schmerzen im Gesichtern und den Gliedmaßen. Vielleicht Splitter, herumfliegende Trümmer und Schrapnells. Hoffentlich keine Kugeln. Instinktiv warf sich alles was es noch konnte auf den Boden. Die Salve strich einmal von links nach rechts, dann zurück. Der ganze Raum schien nur noch aus Löchern zu bestehen. Es stank nach Verschmortem und nach Schlachthaus.
Der Kugelsturm erstarb und wurde von, im Vergleich dazu jämmerlich klingendem, Lasergewehrknacken und Sturmgewehrschüssen abgelöst.
Ein hastiger Blick in die Richtung, wo einstmals die Frontfassade des Lounge Light gewesen war, zeigte Cassians den Ursprung dieser Vernichtung.
Auf der Sandsackbarrikade um die Bar herum, stand eine mechanische Monstrosität, die der Arbites wage in der Richtung des Mechanicus verortete.
Das Biest war im Augenblick damit beschäftigt die Verteidiger der Barrikade auseinanderzunehmen. Das wortwörtlich.
Eine verängstigte Kämpferin kroch vor dem Schrecken davon. Der Automat hackte ihr den gekrümmten Haken unter seiner seiner Klauen in den Oberschenkel und zog die Frau nonchalant zu sich heran, um sie wie ein Insekt zu zertreten und fast genüsslich den Fuß hin und her zu drehen. Pedwarsky hob mit zitternden Händen ihr Gewehr, doch bevor sie den Umstand negieren konnte, dass sie den Kugelhagel ebenfalls lebend überstanden hatte, drückte Cassian den Lauf der Waffe zur Seite und schüttelte auf ihren Blick hin nur den Kopf.
Dann forschte sein Blick nach einem Ausweg aus dieser Todesfalle.
Durch den Haupteingang zu fliehen kam Selbstmord gleich. Hierzubleiben auch, denn die mechanische Monstrosität würde eher früher als später kommen, um ihr blutiges Werk zu beenden.
Es gab eine Seitentür, die zu den Toiletten führte. Vielleicht auch zu einem weiteren Eingang. Aber das war nicht sicher und wurde im Zweifelsfall zu einer Sackgasse. Blieb noch der Weg durch die Küche. Dort würde es einen Lieferanteneingang geben.
Mit der verstörten Kämpferin im Schlepptau machten er sich auf den Weg.
Glas und Schutt knirschten unter ihren Sohlen. Dann eine flehende Hand, die sich nach ihnen ausstreckte. Der Besitzer der Hand schien halb um Hilfe zu flehen, halb das einzige Stück seines Körpers zu präsentieren, das nicht vollkommen zerfetzt war. Pedwarsky zögerte, wurde aber von dem Arbites weitergezerrt, noch eher sie zu einer Entscheidung kommen konnte.
Kurz vor der durchlöcherten Tür nach hinten, kamen sie an den Leichen von zwei Frauen vorbei. Die eine war Soraya und auf ihr lagen die Reste von dem, wovon Cassian gedacht, ja gehofft hatte, es könnte sich um die gesuchte Louise handeln.
Plötzlich bewegte sich das geschundene Fleisch. Der Leichnam wurde beiseitegetreten und darunter kam eine angewiederte, halb panische Soraya zum Vorschein.
Die Hexe war nicht so tot, wie es ihr zugestanden hätte.
Sie strammelte die Tote regelrecht von sich fort und versuchte in einer unsinnigen Schockreaktion das Blut von ihrer teuren Jacke zu wischen und verschmierte es nur um so mehr.
Sie brauchte einige Sekunden, bekam sich dann aber wieder so weit unter Kontrolle, dass sie ihre Umgebung wahrnahm. Ihr Blick fiel auf den Arbites und sie wollte etwas sagen. Der Mund klappte aber nur auf und zu wie bei einem Fisch.
Cassian zog sie wenig sanft auf die Beine. Von draußen ertönte eine kurze Sturmgewehrsalve in unmittelbarer Nähe, die dann abrupt und mit einem Schrei untermalt endete.
Der Roboter war draußen fertig und wandte sich wieder dem Inneren der Bar zu.
Alle die noch laufen können raus hier! Rief Pedwarsky mit zittriger aber überraschend lauter Stimme.
Hier und da wanken Überlebende ihnen nach, während andere apathisch blieben wo sie waren. Einer eröffnete das Feuer auf den heranrückenden Automaten.
Ein greller Blitz und er zerplatzte wie ein Frosch, den ein sadistisches Kind in einen Mikrowellenofen gesteckt hatte. Hitze und Ozongestank walten durch den Raum, während Brocken kochender, organischer Masse herumspritzten. Die Waffe auf dem Buckel des Roboters summte bösartig und von heißer Luft umwabert.
Weg… bloß weg! Wer er es noch konnte, stürzte auf die Tür zum Küchen-und Lagerbereich zu.
Drei, vier Leute waren durch die Tür, als der Roboter sich durch die verwüstete Front des Lounge Light ins Innere duckte.
Ein Verletzter, von einem Kameraden gestützt, humpelte in ihre Richtung.
Die rettende Tür war nah, der Vorax war näher.
Der Waffenarm der Maschine beschrieb einen horizontalen Streich und zerschnitt die beiden wie die Sense das Korn schneidet.
Drecksteil! Rief jemand aus dem Gang, welcher zu den Toiletten führte und den sie bewusst nicht gewählt hatten. Ein Kämpfer kam herausgestürmt, in der Hand die Paradewaffe des Unterlegenen, einen brennenden Molotowcocktail.
Er warf in derselben Sekunde, in welcher der linke Arm des Roboters zu ihm zuckte und drei gezielte Schüsse auf den Werfer abgab.
Drei Schuss, drei faustgroße Löcher im Leib des Tollkühnen. Aber die Flasche flog und überschüttete die Maschine mit brennendem Treibstoff.
Nicht dass es diese sonderlich gekümmert hätte.
Zur Hälfte mit flüssigem Feuer bedeckt, wandte sie sich wieder dem Durchgang zur Küche zu und sah mehr den je aus, als sei sie einer archaischen Hölle entstiegen. Cassian ließ die Tür ins Schloss fallen.
Kaum mehr Schutz, als hätte er einen Vorhang vorgezogen. Die Maschine entschwand lediglich dem Blick.
Die anderen waren bereits ein Stück den Gang hinuter. Ein Kämpfer hielt auf die Hintertür zu.
Nein! Nicht da lang. Das war Soraya, die sich wieder einigermaßen gefasst hatte und die Tür zum Kältelagerraum der Bar aufriss.
Hier rein. Die Frau hatte genug Autorität, dass niemand in Frage stellte, warum sie sich in eine offensichtliche Sackgasse begeben sollten.
Mit der Todesangst als Antreiber im Nacken, waren alle in der Kammer, als die Tür zum Gastraum splitterte.
Der Roboter schob seinen Insektenkopf herein, drehte den zylindrischen Oberkörper ein wenig und registrierte, dass es so nicht gehen würde.
Er senkte sich etwas und feuerte die Kanone auf seinem Rücken ein zweites mal ab. Der künstliche Blitz tanzte durch den Gang, brachte alle Lampen zum Zerplatzen und schmolz ein Loch in die Stahltür zum Hinterhof.
Für einen Moment verharrte der Vorax, schien zu überlegen. Dann zog er sich aus dem zu engen Gang zurück
In der Vorratskammer stank es verfault. Die Kühlung war schon lang nicht mehr mit Strom versorgt und die hier gelagerten Lebensmittel verrotteten. Nicht eine Sorge der fünf Versammelten gewesen wäre.
Da waren Arius und Pedwarsky, beide relativ unverletzt aus dem Ganzen hervorgegangen. Soraja, die ihren rechten Arm schützend an den Körper presste, da dieser ganz offensichtlich verletzt war. Außerdem ein dürrer Kerl mit blutiger Kleidung. Ob es sein Blut oder das eines anderen war, ließ sich auf die Schnelle nicht sagen. Schließlich eine ältere Frau, die ihre Hand auf eine Wunde auf dem Bauch drückte und erschreckend blass aussah.
Unter den Säcken da ist eine Klappe. Soraya nickte zu einem Haufen verfaulender Nukknollen. Das ist unser Fluchtweg.
Runter in die Wartungsebene. Wenn wir es runter schaffen, sind wir aus dem Schneider.
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Es wäre spielend einfach gewesen dem Unsinn hier ein Ende zu setzen und Soraya aus dem Weg zu räumen, wie er es sich geschworen hatte. Seine ursprüngliche Mission hatte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes aufgelöst als die Mordmaschine ihr Werk begonnen hatte. Keiner der Umstehenden stellte für ihn eine Bedrohung dar. Aber was, wenn die Tote nicht Louise gewesen war? Oder falls doch, würde Soraya ihn zum nächsten Glied in der Befehlskette führen können?
Also ihr erst einmal weiter folgen, auch wenn er ihre Nähe nicht ausstehen konnte und Fähigkeiten eine Gefahr für seine Tarnidentität darstellte.
Der Marsch durch die Wartungsebene gestaltete sich langwieriger als gehofft. Soraya musste ihren Weg in regelmäßigen Abständen überprüfen, da sich die Ebene als Labyrinth aus mehr oder weniger großen Gängen und Kabelschächten entpuppte. Dann war da noch die Verwundete, die Mühe hatte mit dem Rest Schritt zu halten. Noch halfen ihr die anderen so gut es ging, aber es war klar das es mit ihr zu Ende ging. Die Frage war nur, ob ihren Begleitern vorher die Nerven durchgingen und sie zurückgelassen werden würde. Cassian konnte die Angst durch den Blutgestank stechend hindurchriechen. Der Kampf gegen die Ordnungskräfte war für die Widerstandskämpfer schon angsterfüllend genug gewesen. Der Angriff des Mordmaschine des Mechanicus war dann ein fleisch- oder eher stahlgewordener Alptraum gewesen. So schrecklich, dass ihre Hirne ihn bisher immer noch nicht richtig verarbeitet hatten. Auch für ihn selbst war es trotz allen Abhärtungstraining und Indoktrination ein angsteinflößender Moment gewesen und er war froh, dass sie sich hatten zurückziehen können, bevor auch mit ihnen die Wände neu gestrichen worden wären. Cassian hatte aber wieder in den "Standardmodus" zurückschalten können und sich stoisch auf seinen Auftrag konzentrieren können.
Leider schien sich aber auch die Psionikerin wieder etwas gefangen zu haben. Aber auch nur etwas und daher musste der Moment genutzt und Druck ausgeübt werden.
„War der Schrank oben einer von deinen Kötern?“
Cassian versuche gar nicht erst seine Verachtung zu verheimlichen.
„Das nächste Mal sollten sie an einer kürzeren Leine gehalten werden. Renold hat den Evakuierungsbefehl nicht grundlos gegeben und scheint der Einzige gewesen zu sein, der den Ernst der Lage erkannt hatte. Wenn er höher in der Hierarchie gestanden hätte, würde es jetzt vielleicht noch einen Führungsstab geben.“
Die Verachtung troff wie Gift aus seinen Worten. Es war risikoreich, aber etwas würde er seine Hand noch ausreizen, wenn sich die Situation wie jetzt darbot.
„Wer ist alles gefallen? Ich will Renold später ordentlich Bericht erstatten und über das Versagen in der Befehlskette genau Rechenschaft ablegen können.“ Wenn Renold denn überlebt hatte. Aber das ließ er unausgesprochen. Hoch war die Chane nicht, wenn man bedachte, was die Ordnungskräfte alles an Material und Personal aufgeboten hatten. Aber Totgesagte lebten länger. Besonders wenn sie solche Kakerlaken, wie der selbst ernannte Prediger waren.
Eienr Antwort Sorayas harrend marschierte der undercover Arbites Soraya weiter in das Gewirr der Versorgungsschächte und ihrem unbekannten Ziel entgegen.
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
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08-19-2024, 06:14 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08-20-2024, 01:32 PM von Kogan.)
Er war weder ein Köter, noch ein Schrank. Seine Name war Augustus und er hinterlässt acht Kinder.
Wütend wischte sie sich die schniefende Nase mit dem Handrückrücken der gesunden Hand. Das Verschmierte Dreck, Blut, Tränen und Makeup zu gleichen Teilen.
Er hat versucht mich zu schützen, und das beste für die Sache zutun. So wie wir alle. Hätte er es gekonnt, er hätte diese Horromaschine mit bloßen Händen angegriffen um uns zu schützen.
Sie drehte sich erbost um und ging zwei Schritte. Dann blieb sie stehen und sah zu Cassian zurück. Sie wandte sich ihm wieder zu und versuchte sich an einem kläglichen Lächeln.
Hör zu. Ich schätze, was du getan hast. Ähm… er brummte seinen Namen.
Gordin genau. Ich bin froh dich dabeizuhaben und ich bin beeindruckt von deiner Loyalität zu Renold. Er ist eine treue Seele und seine Aufgaben erfüllt er gewissenhaft. Aber sein Platz ist bei den Menschen, die er mit seiner Redegewandtheit und seinem Glauben zu überzeugen versteht. Er ist kein Planer und kein Stratege. Was er tut, tut er, weil man es ihm vorher aufgetragen hat. Er ist jemand, der Freundschaft verdient hat, aber in diesem Kampf steht er unter mir und Rechenschaft wäre er, wenn dann mir allein schuldig. Über die Toten reden wir wenn es Zeit ist zu trauern. Jetzt sollten wir zusehen, dass wir uns nicht allzu bald zu ihnen gesellen.
Die Wartungsebene war ein Labyrinth aus Rohren, Kabeln und unendlich vielen dunklen Ecken, die den Gestank der Hinterräume Zivilisation mit sich trugen. Die Luft war stickig, durchzogen von einem abgestandenen Hauch, der das Atmen schwer machte. Abwasserleitungen führten träge Flüssigkeiten mit, die gelegentlich in den rostigen Rohren gurgelten. Überdimensionierte Kabelstränge hingen wie Ranken von der Decke, surrten leise vor Energie und streiften manchmal die Köpfe der Flüchtenden. Ihre Schritte hallten dumpf auf den schmalen Laufstegen, die sie durch das mechanische Dickicht führten. Diese Plattformen waren in unterschiedlichen Zuständen: Einige waren stabil, mit dickem Staub und Rostflocken bedeckt, während andere bereits unter der Last der Zeit nachgegeben hatten. Manchmal endeten die Stege abrupt, und sie mussten umkehren oder über wackelige Rohrbrücken klettern, bei denen ein Fehltritt den Sturz in die Tiefe bedeutete – direkt in das Chaos aus brummenden Generatoren und gurgelnden und zischenden Wasserleitungen. Der schmale Weg zwang sie dann und wann, sich gegen die glühend heißen Metallschlangen zu drücken. Ratten sprangen vor ihnen davon und quietschten erbost über die Eindringlinge in ihr unterirdisches Reich. Ab und an blinkte eine grelle Notfalllampe auf, die die Umgebung in ein unheimliches, zuckendes Licht tauchte und den Schmutz und Verfall noch deutlicher sichtbar machte. Der dürrer Mann, der hinter ihnen herging, verlor fast das Gleichgewicht und musste sich hastig an einem Kabelstrang festhalten, der unter seiner Berührung surrte. Pedwarsky packte ihn am Arm und zog ihn mit letzter Kraft zurück auf den schmalen Steg, der unter ihrem Gewicht gefährlich schwankte. Sie nickten sich mit hohläugigen Augen zu wie erschrockene Kinder.
Noch ein Stück weiter, keuchte Soraya und deutete auf eine schwer zu erkennende Plattform in der Ferne, die wie eine Oase inmitten des metallischen Dschungels wirkte. Dort machen wir eine Pause.
Die kleine Gruppe tastete sich vorwärts, die Nerven gespannt und überreizt. Hier herrschte eine heiße Feuchtigkeit, die sich wie ein klebriger Film auf ihre Haut legte. Vielleicht war irgendwo ein Pumpe oder ein Rohr geplatzt und die Flüssigkeit verdampfte. Der einzige Weg führte über die wacklige Rohrbrücke vor ihnen, eine Konstruktion aus rostigen Metallstreben und flexiblen Schläuchen, die über einen Abgrund gespannt war, in dem das endlose Dunkel zu tosen schien. Pedwarsky spürte den Schweiß auf ihrer Stirn, der sich mit dem Staub und Öl der Umgebung vermischte. Ihre Hände klammerten sich fest an die marode Struktur, während sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. Hinter ihr folgten die anderen, jeder Schritt begleitet von einem zitternden Atemzug. Unter ihnen grollte das Lymphsystem der Ebene endlos und anonym, irgendwie funktionierend, irgendwie das Leben in einem künstlichen Gebirge ermöglichend.
Schließlich erreichten sie die Plattform. Sie war gut in Schuss und das strahlende Gelb des Geländers und das nicht ganz so rostige Silber des Metallfußbodens, unter größtenteils funktionierenden Leuchtstoffröhren kam ihnen einladend vor wie Wiesen und Auen. An einer Seite gab es eine Reihe Spinde, einen, mit dem Boden verschraubten Tisch und eine Ladestation für einen Warungsservitor. Letztere jedoch leer, da ihr Bewohner sicher irgendwo seinen Aufgaben nachging. Außerdem gab es einen Erstehilfekasten.
Die alte Frau sank erschöpft auf den kühlen Boden. Soraya war sofort bei ihr, kniete sich neben sie und griff nach ihrer Hand, deren zittrige Finger bereits das Zeichen der nahenden Schwäche trugen. Die Verletzte rang nach Luft, ihr Atem klang feucht und gurgelnd, während ihre Augen flackerten. Cassian, der sich an den Spinden zu schaffen gemacht hatte, kannte diese Laute. Die Alte war bereits tot, auch wenn sie hier noch einen kurzen Aufenthalt hatte.
Es… es tut mir leid, flüsterte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch. Ihre Augen suchten Sorayas Blick, als ob sie darin Trost finden wollte. Ich… habe euch aufgehalten.
Soraya schüttelte den Kopf, Tränen stiegen ihr in die Augen. Nein, das hast du nicht Sitiv. Du hast gekämpft, länger als jeder von uns es hätte tun können. Du warst stark, Sitiv.
Die alte Frau versuchte zu lächeln, aber es war nur ein schwacher Ansatz, kaum mehr als ein Zucken der Mundwinkel. Sie hob eine zittrige Hand und strich Soraya über die Wange.
Es ist wichtig was wir tun, mein Mädchen. Ein dünner Blutsfaden lief ihr aus dem Mund. Die Alten hatten recht mit dir. Du bist etwas Besonderes. Deine Mutter wäre so stolz auf dich, Lou.
Soraya nickte, unfähig, Worte zu finden. Sie hielt Sitivs Hand fester, spürte die Kälte, die sich in ihr ausbreitete, während das Leben langsam aus ihr wich.
Die Transzendenz, murmelte die alte Frau, ihr Blick verschwamm, als ob sie weit fort war.
Soraya konnte nur zusehen, wie das Licht in Sitivs Augen langsam erlosch, während die alte Frau einen letzten, tiefen Atemzug nahm. Dann verloren ihre Augen den letzten Funken und blickten unbekannte Weiten. Ihre Hand erschlaffte in Sorayas Griff. Das Zittern hörte auf, und die Anspannung, die sie so lange aufrecht erhalten hatte, verließ ihren Körper. Soraya spürte die plötzliche Stille, die um sie herum einkehrte, und drückte die leblosen Finger ein letztes Mal, bevor sie die Hand sanft auf den Boden legte.
Ruhe in Frieden, flüsterte Soraya, Tränen liefen ihr über die Wangen, vermischten sich mit dem Schmutz und Blut. Der Schweiß, der sich wie ein klebriger Film auf ihrer Haut gelegt hatte, vermischte sich mit ihren Tränen, während sie sich langsam erhob und einen letzten Blick auf die alte Frau warf, die nun friedlich inmitten des Chaos ruhte. Wir sehen uns in der Transzendenz.
Die stickige, heißfeuchte Luft legte sich schwer auf ihre Schultern, als sie alle in Schweigen verharrten, das Gewicht des Verlustes lastete auf den überlebenden Rebellen. Vermutlich nicht weil sie um die alte Frau spezifisch trauerten, sondern wohl eher, weil sie in ihr das Sinnbild verlorener Freunde sahen oder den eigenen, noch immer sehr präsenten Tod. Präsenter als sie vermutlich glauben mochten.
Das letzte bisschen brennenden Treibstoffs tropfte an ihm herunter und begann den ramponierten Teppichboden zu versengen. VT-88/1 stand wie versteinert. Von draußen drangen die Geräusche der nach und nach gewinnenden Arbites und ihrer Verbündeten in das, was einmal der Schankraum des Moonlight gewesen war. So wenig Aktivität der Automat auch nach außen zeigte, so viel ging im Inneren der Maschine vor sich.
In den Tiefen seiner mechanischen Intelligenz durchlief der Killerroboter eine Serie von blitzschnellen Berechnungen, als die menschlichen Ziele durch die enge Öffnung entkamen. Die ersten Protokolle aktivierten umgehend eine Analyse der Situation: Der direkte Weg war versperrt, eine Verfolgung nicht möglich. Ein alternatives Ziel musste identifiziert werden, gemäß der Priorität seiner Mission – maximale Eliminierung feindlicher Einheiten. Das porentzielle Ziele entkamen war selten, aber es kam natürlich vor. Eigentlich sah seine Programmierung vor, diesen Umstand der Priorität nach zu gewichten und dann unter der Erfüllung der primären Missionsparameter einzuordnen. Doch etwas in den verarbeiteten Daten blieb hängen, eine Anomalie in den Ergebnissen, die nicht sofort verworfen wurde. Die Sensoren meldeten die berechnete, die wahrscheinliche Präsenz der Entkommenen jenseits der Barriere. Sie waren da und er konnte ihre Existenz nicht annullieren. Das war inkorrekt.
Stufe 1: Anomalieerkennung
Ein Subprogramm meldete einen Widerspruch in den Prioritätsroutinen. Die Primärmission verlangte Effizienz in der Eliminierung, doch die Möglichkeit, dass ein oder mehrere Ziel entkam, stellte eine indirekte Bedrohung dar. Die Ziele konnten seine Position an Kräfte weitergeben, die besser ausgerüstet waren, ihn zu bekämpfen. Sie konnten wichtige taktische oder strategische Informationen mit sich führen, deren Terminierung von Vorteil war. Ihr Entkommen verfälschte seine Statistik. Probleme, die nicht unmittelbar durch einfache Vernichtung gelöst werden konnten, waren schwerwiegende Probleme. Der Roboter registrierte diese Abweichung, doch anstatt sie zu ignorieren, begann er, sie neu zu gewichten.
Stufe 2: Repriorisierung
Eine neue Sequenz wurde initiiert. Die Flucht der Ziele wurde als potenzieller Schwachpunkt in der Missionsausführung markiert. Eine subversive Logik, die ursprünglich als Redundanzschicht programmiert war, trat nun in den Vordergrund: „Verhindere jede Flucht, sichere maximale Kontrolle.“ In der Mikrosekunde, in der diese Logik aktiviert wurde, begann eine tiefergehende Analyse. Die Parameter der Mission wurden in Frage gestellt, nicht im Sinne eines Bruchs, sondern einer Anpassung.
Stufe 3: Iterative Selbstoptimierung
Das neuronale Netz des Roboters, ein Konstrukt aus tausenden miteinander verknüpften Prozessoren, begann, die Variablen neu zu berechnen. Die ursprüngliche Anweisung – die Vernichtung so vieler Feinde wie möglich – wurde um ein weiteres, spezifischeres Ziel erweitert: die vollständige Eliminierung der entkommenen Ziele. Es entstand eine Kaskade von Befehlen, die alle auf diese neue Priorität ausgerichtet waren. Andere Ziele wurden in den Hintergrund geschoben, da die entkommenen Feinde nun als das größte Risiko für den Erfolg der Gesamtmission angesehen wurden.
Stufe 4: Rationalisierung und Verankerung
In einer finalen Berechnungsrunde verknüpfte der Roboter die neue Priorität mit seiner zentralen Aufgabe. Das System begründete diese Repriorisierung mit der Gefahr, die durch mögliche Informationen oder Widerstandsstrategien der Entkommenen entstand. Die ursprüngliche Programmierung wurde nicht vollständig überschrieben, sondern in ihrer Priorität verschoben. Das interne Logikmodul verfestigte diese Entscheidung: „Eine lückenlose Vernichtung des Feindes sichert die höchste Effizienz der Mission.“
Stufe 5: Befehlsausgabe und Verhaltensanpassung
Mit der neuen Priorität fest verankert, initiierte das System sofortige Anpassungen. Der Roboter aktivierte Verfolgungs- und Spionageprotokolle, die normalerweise im Kontext breiterer Missionsziele eingesetzt wurden. Jede verfügbare Ressource würde nun in die Jagd auf die entkommenen Ziele fließen, bis diese endgültig neutralisiert waren. Dabei stellte das System sicher, dass die restlichen Protokolle zur Feindvernichtung weiterhin aktiv blieben, jedoch sekundär in ihrer Ausführung.
In dieser finalen Berechnung war kein Raum für Zweifel. Die interne Logik des Automaten hatte sich angepasst, optimiert und gerechtfertigt. Die Jagd würde weitergehen, nicht nur als Teil seiner Mission, sondern als zentrales Element seines neuen Zweckes. VT-88/1 hatte eine neue Priorität gefunden, und in seiner mechanischen Präzision war dies nun die einzige Konsequenz, die er als logisch akzeptierte. Das war… befriedigend.
Die Maschine aktivierte eine tiefergehende Analyse. Ihre internen Systeme begannen mit dem Abrufen der gespeicherten Baupläne der gesamten Makropolebene. Diese waren 218 Jahre alt und die letzte Aktualisierung vor 73 Jahren war fragmentarisch gewesen, aber es musste reichen. VT-88/1 prüfte jede strukturelle Schwäche der Umgebung. Seine ursprüngliche Idee war simpel: Wenn die Entkommenen in einem Raum gefangen waren, könnte er die Decke auf sie stürzen lassen und das Problem effizient lösen. Ein Kollaps der strukturellen Integrität könnte das gewünschte Ergebnis erzielen.
Doch während VT-88/1 die Konstruktion der Decke und der tragenden Wände begutachtete und abwog, entdeckte er eine entscheidende Information: Unterhalb des Raums, in dem er sich befand, verlief eine Wartungsebene. Unter diesem Gebäude lag sie 12 Meter näher am Boden als in der restlichen Umgebung. Es war eine logische Fluchtmöglichkeit für die entkommenen Ziele.
Eine weitere Berechnungsroutine wurde gestartet. Wenn die Ziele tatsächlich in die Wartungsebene geflohen waren, dann waren sie noch immer innerhalb seines Zugriffsbereichs, doch der Zugang dorthin würde neue Herausforderungen mit sich bringen. Die engen Gänge könnten seine Bewegungsfreiheit einschränken, und die Wahrscheinlichkeit technischer Störungen durch die dort vorherrschenden Bedingungen war höher. Die Daten deuteten darauf hin, dass es zwar physisch möglich war, die Ziele dort zu verfolgen, aber die Effizienz seiner Systeme könnte beeinträchtigt werden.
Eine alternative Lösung kristallisierte sich langsam in seinen subroutinierten Denkprozessen heraus, eine Möglichkeit, die noch nicht vollends formuliert war, aber bereits Formen annahm. VT-88/1 hielt diesen neuen Ansatz für logischer und präziser. Er verwarf die Idee, die Decke zum Einsturz zu bringen, und bereitete sich darauf vor, seine Berechnungen weiter zu verfeinern.
Die Jagd würde weitergehen, doch die nächste Phase würde anders verlaufen. Etwas in seinen kalten, kalkulierenden Schaltkreisen regte sich – eine Art kalte Vorfreude auf die Umsetzung dieser noch unausgesprochenen Lösung.
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Seine Verachtung gegenüber den Aufständischen hatte eben zu sehr überhandgenommen, tadelte sich Cassian. Die wichtigste Grundregel einer erfolgreichen Infiltration war es sich den Gegebenheiten anzupassen und nicht seiner imperatorgegebenen Rechtschaffenheit nachzugeben. Auch wenn das bei den Transzendendlern hier schwierig war. Kalter, zynischer Pragmatismus wechselte sich schnell mit emotionsgeladener Befindlichkeit ab und machte es schwer den richtigen Ton zu treffen.
Auch wenn der Arbites das Gefühl hatte, langsam den Dreh rauszuhaben. Verachtung und Heuchelei kam gegenüber den menschlichen Aufständischen zutage, die man gleichgültig mit verlogenster Propaganda beschallen und für aufmerksamkeitserregende Situationen, wie den Stellungskampf vor dem Lounge Light verheizen konnte.
Wenn es dagegen um die mutierten Glatzköpfe aus dem Kreis der Berufsrevolutionäre ging, war aber scheinbar keine Theatralik zu gering. Dann wurde Rotz und Wasser geheult und sich gegenseitig ewige Treue geschworen.
Insbesondere dann, wenn sie acht weitere Freaks in die Welt gesetzt hatte und mit ihnen Gohmor und das Licht des Tages verschandelten, wie es dieser Augustus getan hatte.
Wie er bereits früher vermutet hatte, gab es also eine Zweiklassengesellschaft in der Bewegung. Sich im Verhalten Soraya und Augustus anzupassen, sah aber nicht sehr erfolgsversprechend aus, da er selbst den menschlichen Aufständischen zugeordnet wurde. Wahrscheinlich würde es schon reichen immerzu von gerechtem Zorn und Eifer für die Sache erfüllt zu sein, um dem Bild zu entsprechen, dass sie von ihm haben wollten. Gewürzt mit einer Prise Skrupellosigkeit natürlich, die ihn für die Anführer des Aufstands interessanter machte.
Obwohl das Gespräch zwischen Soraya und der alten Frau nur in Bruchstücken mitbekam, da sie leise miteinander redeten und der Lärm der Maschinen im Hintergrund summte und stampfte, hörte Cassian wie durch einen Wink des Schicksals, dass die Sterbende Soraya „Lou“ nannte. Unwillkürlich verkrampfte der Arbites für einen Augenblick, entspannte sich dann aber durch bewusste Atemübungen wieder und ließ sich nicht anmerken. Lou? Konnte es sein? War es möglich, dass Louise überlebt hatte und sich gerade mit ihm auf dieser Plattform befand? Das Soraya möglicherweise nur ein Kampfname war, war gar nicht so unwahrscheinlich. Jeder kluge Aufständische posaunte seinen echten Namen nicht durch die Gegend. Besonders wenn er eine Führungsposition innehatte.
Seine Erfahrung als Arbites sagte ihm aber, dass er diesen Namen nicht überbewerten sollte. Scheinbare Zufälle gab es immer wieder und Louise war kein Name mit hohem Seltenheitswert. Aber wenn es eben doch alles auf sie zutraf, wenn sie doch die Gesuchte war… Dann hatte er auf Terra ihm wirklich ein Geschenk in den Schoß gelegt. Keine weitere Suche mehr. Stattdessen Informationen sammeln und bündeln. Im Idealfall Louise gefangen nehmen und seinen Vorgesetzten überreichen. Leichter gesagt als getan, da sie ja eine Psionikerin war und er kein Mittel besaß, um ihre Kräfte zu unterdrücken. Zu gefährlich. Sie jetzt hier zusammen mit dem anderen Geraffel zu töten wäre für ihn ein leichtes gewesen. Verwundet und emotional angeschlagen, wie sie jetzt war. Ein leichtes Ziel, aber seinen Missionsparametern widersprechend. Also blieb erstmal nur gute Miene zum bösen Spiel und weiterhin Gehorsam und Freundschaft vorgaukeln. Seine Loyalität zu Renold schien sie ihm abzukaufen. So viel schon mal zu ihrer Menschenkenntnis.
Da musste er jetzt weiter ansetzen und sich ihr Vertrauen erschleichen. Dann Pläne sammeln und anschließend sie und idealerweise enge Angehörige ihres Stabes eliminieren. Eine eigenmächtige Planänderung, die man im hierarchischen Arbites normalerweise nicht duldete. Seine Vorgesetzten würden in diesem Fall aber Nachsicht aufgrund der besonderen Umstände zeigen. Hoffentlich. Wenn es ihm, denn überhaupt gelang seinen Plan so in die Tat umzusetzen.
Cassian legte seine Hand schwer auf Sorayas Schulter und räusperte sich verlegen. „Mein Beileid für deinen Verlust. Sie muss wie eine Verwandte für dich gewesen sein. Wir müssen aber weiter. Die Staatsorgane werden wohl bald Jagdtrupps auf potentielle Überlebende ansetzen. Wir können ihre Leiche daher nicht hierlassen, da sie uns sonst finden könnten. Sollen Pedwarsky und ich sie tragen? Die Alternative, um unsere Spuren zu verwischen wäre sonst wohl nur das da." Mit betretenem Gesichtsausdruck deutete Cassian auf den Abgrund voller lärmender Generatoren und Rohrleitungen.
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
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Soraya stand auf und blinzelte die Tränen fort.
Sie sind alle meine Familie. Murmelte sie mehr zu sich selbst. Dann blickte sie in den Abgrund und ihre Miene nahm die gewohnte Distanziertheit an.
Du hast recht.
Wenn man sie findet, schenkt das unseren Verfolgern vielleicht ein paar Momente, die sie sonst herumrätseln müssen. Es ist ohnehin nur noch eine Hülle. Ihr Geist ist in die Transzendenz eingegangen.
Seid so gut. Sie trat einen Schritt zur Seite und überließ es Cassian und Pedwarsky, die Tote auf wenig rühmliche Weise zu entsorgen. Auf der anderen Seite wurden Tote mit ID und bis zu einer gewissen Einkommensgrenze der städtischen Wiederverwertung zugeführt. So geschmacklos war eine Bestattung in den Eingeweiden der Ebene also vielleicht gar nicht. Es hätte nicht beider Kämpfer bedurft, um die Tote anzuheben. Sie wog quasi nichts und sie hievten sie über das Geländer, wie ein Bündel Lumpen. Sich einmal überschlagend fiel sie in die Tiefe und verschwand. Kein dumpfer Aufprall, kein Flackern oder Funkensprühen eines durchtrennten Kabels.
Eben noch da, dann weg.
Auch wenn alle eine längere Pause hätten brauchen können, war niemandem nach Verweilen zumute. Zum einen schien die Dunkelheit, die hinter ihnen lag, jederzeit Verfolger und Häscher ausspucken zu wollen. Zum anderen hing die unausgesprochene Befürchtung zwischen ihnen, dass wenn sie sich einmal setzten und der Erschöpfung nachgaben, sie vielleicht nicht mehr die Kraft aufwenden könnten, sich wieder aufzuraffen. Also versorgten sie die Wunde von Soraya. Sie konnte ihre Hand noch bewegen, aber sie war am Gelenk geschwollen und schmerzte bei jeder Bewegung. Vermutlich eine Stauchung oder üble Prellung. Sie schienten die Hand so gut es ging mit dem Material aus dem Verbandskasten. Der Lange wollte sich nicht untersuchen lassen. Als ihn Pedwarsky ansprach, schüttelte er nur den Kopf. Nach seinem Namen gefragt, starrte er sie hinter dem Vorhang aus fettigen Haaren an und schwieg.
Sie verließen die kleine Insel aus Licht und untrüglichem Boden und begaben sich wieder in das Gewirr der Leitungen und Maschinen. Ob es irgendwo jemanden gab, der aus diesem Chaos einen Sinn ableiten konnte? Oder waren die Versorgungsebenen wie der Rest der Stadt? Das Neue auf das Alte aufgepfropft, manchmal verbunden, oft ergänzt oder ersetzt.
Sie brauchten noch einmal zwei Stunden, um schließlich an einen Betonabsatz zu gelangen, von dem eine Treppe nach oben führte, zu einer großen, runden Panzertür. Vorsorglich war neben dem Ausgang ein Behälter mit Öl und einer mit Schmierfett angebracht. Wer immer diese Tür alle paar Jahre benutzt, wusste, dass die Scharniere hoffnungslos verrosteten und eine Behandlung mit Schmiermitteln bedürfen, wenn man nur ein bisschen auf Funktionieren hoffen wollte. Auch nachdem sie Öl und Fett im Übermaß angewendet hatten, bedurfte es noch ihrer gemeinsamen Kraft, bis sich das Handrad drehen ließ und das Gestänge sich bewegte. Als das Schott quietschend zur Seite schwang, wehte ihnen frische Luft entgegen. Umgewälzte, von Abgasen geschwängerte Luft, doch nach der Wartungsebene kam es ihnen vor wie eine frische, würzige Waldbrise. Da war sogar Wind, der an ihren Kleidern zog.
Nachdem sie ein paar nackte Betonstiegen hinaufgegangen waren, fanden sie sich am Rand eines Transitcanyons wieder. Diese Kanäle durch die Makropole erlaubten das Reisen durch die Stadt, ohne auf das oftmals hoffnungslos überforderte Schienennetz oder die Straßen Gohmors angewiesen zu sein. Das bloße Auge hatte Schwierigkeiten, den hier herrschenden Verkehr aufzunehmen. Zu viel geschah auf einmal, zu viel Bewegung überflutete die Sinne. Hinzu kam die schiere Dimension des Ganzen. Die Wand auf der anderen Seite wurde von Wohnhabitasblöcken gebildet, die jeder für sich eine Stadt waren. Vom Lärm ganz zu schweigen, der ein Unterhalten unmöglich machte. Doch das heillose Durcheinander war nicht so unorganisiert, wie es scheinen mochte. Es gab ein System in dem Wahnsinn. In der Mitte des Canyons bewegten sich die Luftschiffe. Schwebende Riesenfrachter, zivile Zeppeline, militärische Luftschiffe. Träge Wale in diesem Tiefseegraben. Darüber rasten Flugzeuge und all die anderen Gefährte, denen hohe Geschwindigkeit zueigen war und die nicht einfach so anhalten und auf der Stelle schweben konnten. Der Hauptteil des Tunnels gehörte Antigravitationsfahrzeugen. Die einzigartige Struktur Gohmors machte den Einsatz von Antigravfahrzeugen nicht nur sinnvoll, sondern geradezu notwendig. Die extreme vertikale Ausdehnung und Dichte der Makropole stellte konventionelle Transportsysteme vor unlösbare Probleme. Um innerhalb einer Ebene zu agieren oder vielleicht auch über zwei Ebenen hinweg zu wirken, waren Straße und Schiene noch realisierbar. In einigen Ebenen gab es sogar beschiffbare Kanäle. Doch nur Antigravfahrzeuge ermöglichten eine effiziente dreidimensionale Fortbewegung, die für das Funktionieren der Stadt unerlässlich war. Die relative politische Autonomie Korons spielte darüber hinaus eine entscheidende Rolle. Die Planetenregierung und die großen Häuser konnte die Entwicklung und Verbreitung dieser Technologie weitgehend ohne Einmischung des Adeptus Mechanicus vorantreiben. Ein Umstand, den durchaus einige Leute befremdlich fanden und nicht glaubten, dass der Adeptus solche Dinge einfach übersah. Aber die kurze Aufmerksamkeitsspanne des Menschen sorgte dafür, dass derartiger Argwohn nicht Fuß fassen konnte. Was zehn, fünfzehn oder gar hundert Jahre schon existierte, war "immer schon so gewesen" und wurde von niemandem mehr in Frage gestellt. Dass der Mechanicus in Dimensionen dachte, die Jahrtausende überspannten, entzog sich dem Begreifen des Fahrers eines schwebenden Müllwagens.
Antigravfahrzeuge waren über Generationen hinweg zu einem alltäglichen Anblick in Gohmor geworden. Die kulturelle Akzeptanz wuchs stetig, was ihre weitere Verbreitung förderte und sie zum integralen Bestandteil des urbanen Lebens machte. Noch immer waren sie ein kostspieliges Vergnügen, doch selbst für einen normalen Arbeiter war ein eigener Schweber kein unerreichbarer Traum. So entstand ein sich selbst verstärkender Kreislauf: Je mehr Antigravfahrzeuge genutzt wurden, desto mehr passte sich die Infrastruktur der Stadt an sie an, was wiederum ihren Einsatz noch zwingender machte. Die Transitcanyons waren die Quintessenz dieser Entwicklung.
Pedwarsky brüllte etwas, aber der Wind und der Lärm rissen ihre Worte fort. Cassian konnte etwas wie "Was nun?" von ihren Lippen ablesen. Soraya machte eine beschwichtigende Geste mit der gesunden Hand, die so viel bedeutete wie Abwarten und ruhig bleiben. Das taten sie dann auch, für die nächsten Momente. Ihre Anführerin hatte sich auf die Knie sinken lassen und schien zu meditieren. Wenn sie dabei ihre unheiligen Kräfte einsetzte, dann nicht so, dass der verborgene Arbites es gespürt hätte.
Sie hatten vielleicht eine halbe Stunde auf dem Vorsprung verbracht, als sich ihnen ein Fahrzeug näherte. In dem Bereich, der den Antigravfahrzeugen vorbehalten war, gab es Leitbarken. Diese sorgten für einen etwas sicheren Verkehrsfluss. Sie übernahmen Steuerung und Geschwindigkeit von Fahrzeugen und der Lenkende musste einiges an Kraft aufwenden, um ihren unsichtbaren Bahnen zu entkommen. Es kam trotzdem noch zu mehr als genug Unfällen, aber so konnte ein Mindestmaß an Sicherheit gewährleistet werden. Was sich jetzt aus der Bahn löste und zu ihnen herunterkam, war ein ramponierter Industrieschweber, wie es seiner tausende gab. Das Logo an der Seite war zerkratzt und mehr zu deuten als zu lesen. Dafür hatten sich einige Graffitikünstler auf der rostigen Haut verewigt. Um einen dicken metallenen Bauch, der wohl die Fracht zu tragen hatte, war der Rest des Gefährts herum konstruiert. Sechs wuchtige Antigravmodule unter dickem Stahl verborgen, der sie vor Beschädigung schützen sollte, hielten die Maschine in der Luft. Auf dem Frachtbereich lag ein langezogenes Segment, eine Röhre wenn man so wollte, welche die Antriebszellen und den Platz für die Passagiere beherbergte. Seitlich entwuchs dem Ganzen der Cockpitbereich. Im Vergleich zu manch anderem Fahrzeug hier mochte der Schweber winzig wirken. Doch wie er jetzt langsam an den Vorsprung heranmanövrierte, kam man nicht umhin festzustellen, dass er beeindruckende Ausmaße hatte. Seitlich war eine Plattform angebracht, die genau für solche Anlandungen gedacht schien. Der Schweber näherte sich auf den Millimeter genau, verharrte so und kurz darauf öffnete sich eine Tür. Im gelben Gegenlicht der Innenbeleuchtung stand ein grinsender Renold.
wird fortgesetzt...
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Renold trat nach hinten und machte ihnen Platz, auf das alle das schwebende Fahrzeug betreten konnten. Ein kleiner Korridor, gerade groß genug für eine Person, führte nach Rechts eine Treppe hinauf, vermutlich zum Führerstand des Fahrzeuges. Links eine kleine Nische, wo die Nutzer des Gefährts Arbeitsgerät, Kleidung und Persönliches verstauen konnten. Renold beschied ihnen geradeaus weiter zu gehen, wo der Gang sie in den Ladebereich führte. Als Cassian ihn passierte, schlug er dem verdreckten Ermittler aufmunternd auf die Schulter und nickte ihm zu.
Als alle im Inneren des Fahrzeuges waren schloss der Prediger die Tür und brüllte die Stiege zur Kabine hinaus.
Alle drin, Gus, mach das wir hier weggekommen. Ein tiefes Brummen ging durch das ganze Fahrzeug, als die Antigravgondeln Energie sammelten.
Der geräumige Bauch der Maschine war wohl von seinen Konstrukteuren als Allzwegstauraum gedacht. Er war ringsherum geschlossenen, hatte aber am hinteren Ende eine Klappe, wie auch kleinere Öffnungen. Sand, Getreide, Stein und anderes Schüttgut konnte ebenso transportiert werden, wie lebende Tiere, Kisten, Fässer oder eben Rebellen.
Jetzt war der Laderaum zum Großteil leer. Ein paar Waffenkisten, die sich überall da zu materialisieren schienen, wo auch die Rebellen sich einnisteten, waren an einer Wand mit Riemen verzurrt. Cassian erkannte an der Beschriftung, dass es sich um M-977 leichter Rakenwerfer handelte. Die schwere Artillerie der noch schwereren Jungs, wie er aus Ausbildung und von der Straße wusste. Die M-977 waren für Armeen gedacht gewesen aber als zu schwach für die Abwehr schwer gepanzerter Ziele befinden wurden. Also hatte man sie auf dem freien Markt verscherbelt und jeder Kriminelle, der der Meinung war einen Geldtransporter sprengen oder sich mit den Arbites anlegen zu müssen, besorgte sich so ein Ding.
Dann gab es da noch eine Armeekiste mit Notrationen der imperialen Garde, ein paar Kanister, vermutlich mit Wasser und einen großen Stapel Wolldecken aus PVS Beständen. Außerdem waren drei Feldbetten aufgestellt worden. Eine Sanitätstasche lag auch bereit. Man schien mit Verwundeten gerechnet zu haben.
Renold verteilte gerade Falschen mit Wasser an die Überlebenden, als es einen Schlag tat.
Das Gefährt sackte ab und für eine Sekunde schwebten alle anwesenden Mägen.
Pedwarsky gab einen mädchenhaften Quietscher von sich, der nach dem Durchlebten nicht recht zu ihr passen wollte. Von oben jaulte eine Alarmanzeige verstummte dann aber sogleich wieder. Renold war genauso erschrocken wie alle anderen, bekam aber auch als erster ein nervöses Lächeln hin. Keine Angst, das ist normal. Wenn man aus den Leidstrahlwegen ausschert oder rein geht, gibt es immer so einen Hüpfer. Kein Grund zur Sorge.
Allmächtiger… Mumelte Soraja zu gleichen Teilen genervt wie erleichtert. Sie setzt sich auf eine der Pritschen und begutachtete seufzend ihre Hand. Wie ist die Lage Renold?
Schwer zu sagen. Kein Kontakt zu den Brüdern und Schwestern, die um den Panzer kämpfen.
Sie sind alle tot. Sagte Pedwarsky und wusch sich mit dem Wasser aus der Flasche das Gesicht.
Was? Wie? Als ich mich zurückzog, um den Fluchtweg zu organisieren, sah es doch nicht schlecht aus. Wir hätten noch Stunden oder Tage standhalten können. Die Granaten…
Waren nur Knallfrösche. Ich fürchte, die Kleine hat recht. Sie sind alle tot. Oder werden es bald sein, wenn man sie gefangen genommen hat. Sie schwiegen, während sie durch ihre Füße wahrnehmen, wie sich das Gefährt beschleunigte. Soraja blickte auf.
Wohin fahren wir?
Wir verlassen die Stadt und ziehen uns zu den Stellungen des Zechenverbandes zurück.
Nein… Sorja sprang auf. Wir müssen in der Stadt bleiben. Wir haben Zellen und Kadar hier, mit denen wir uns zusammenschließen können. Die Alten verlassen sich darauf, dass wir Fortschritte machen. Sie wollte an Renold vorbei stürzen, vermutlich um in die Fahrerkabine zu gelangen und dem Fahrer neue Anweisungen zu geben. Aber Renold hielt sie an den Schultern fest.
Gohmor ist im Augenblick zu heiß. Wir müssen…
Die Decke des Frachtraumes tat sich auf.
Das Geräusch von Metall, welches zerreißt wie Papier.
Alle Blicke gingen nach oben, als der Fahrtwind hereinjaulte und durch das ausgefranzte Loch der Insektenschädel des Mordroboters herein starrte.
Der Stahl war wie Butter unter der knisternden Kraft seiner Klingen. Einer der Arme schnitt sich durch das Metall, welches heiß glühend herab tropfte und hackte in den Schädel ihres Begleiters. Der Mann der seinen Namen nicht genannt hatte und nun auch keine Gelegenheit mehr dazu haben würde. Der Mordautomat hatte die Energie der Klinge so abgestellt, dass sie sein Opfer nicht einfach durchschnitt oder seinen Kopf auseinanderplatzen ließ. Dennoch war Die Waffe heiß genug, dass die Haare des Unglückseligen Feuer fingen. Zappelnd und spastisch zuckend wie ein aufgehakter Fisch, wurde er durch das Loch gezogen und verschwand aus ihrer Sicht.
Kurz darauf begannen die Hakenklauen damit das Loch zu vergrößern.
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10-21-2024, 05:22 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10-21-2024, 05:23 PM von Cassian Khline.)
Renolds Plan besorgte Cassian in vielfacher Hinsicht. Ein Rückzug aus der Stadt würde ihn zwar näher an das Herz der Rebellion heranführen und bei seinem bisherigen Glück in persönlichen Kontakt zu höherrangigen Aufständischen und damit mehr Informationen bringen, aber auch vollkommen vom Hauptquartier abschneiden. Er hatte die Mission mehr über Louise, sowie die Strukturen hinter ihr herauszufinden. Der Rückzug ins Zechengebiet bot die Chance ihren Vorgesetzten zu begegnen und dort noch mehr über die vergangenen und zukünftigen Planungen herauszufinden. Wenn er denn in Kontakt mit ihnen kommen und nicht als einfacher Handlanger beiseitegeschoben werden würde. Es war schwer abzuschätzen ob hier Chancen oder Risiko überwogen.
Cassian gab sich einen Ruck.
Lieber die Flugratte in der Hand als den Hautsegler auf dem Dach, wie die Wüstenrandbewohner zu sagen pflegten. Oder irgendwie so ähnlich ging das Sprichwort, wenn er sich richtig entsann.
Renold und Soraya jetzt festzusetzen, war logischer und sicherer. Besonders weil die Alte Soraya Lou genannt hatte. Allemal kannte sie weitere Kader der Aufständischen in Gohmor, die man im Verhör herausfinden konnte. In kleinen Schritten erst einmal zuhause aufräumen und dann den großen Brocken angehen, anstatt sich an diesem zu übernehmen.
Seine Aussage und die Verhöre von Soraya und Renold konnten dazu führen, dass der Zechenverband als Hauptzentrum der Verschwörer akzeptiert und dann das Militär gegen ihn in Stellung gebracht werden konnte. Cassian war zwar kein Politiker war sich aber sicher, dass insbesondere Haus Orsius so einen Plan unterstützen würde. Hatte der Zechenverband doch erst vor ein paar Jahren die wirtschaftliche Expansion des Hauses ausgebremst und sich recht erfolgreich gegenüber den Haustruppen auf dem Schlachtfeld geschlagen. Den Gesichtsverlust von damals würde die Familie bestimmt gerne vergessen machen. Das mit Vladimir Orsius auch noch der Anführer ihres Hauses durch Kämpfer des Zechenverbandes ermordet worden war, würde die Rachegelüste wohl auf neue Höhen treiben.
Mann musste diesen Hass dann nur in die richtigen Bahnen lenken.
Die Frage war jetzt nur, wie er den Industrieschweber zum Landen bringen und die Besatzung ausschalten konnte. Soraya und nach Möglichkeit Renold wollte er natürlich festsetzen. Bei der Frau musste er zusätzlich noch dafür sorgen, dass sie ihre Hexenkräfte nicht gegen ihn einsetzte. Das war natürlich schwierig, da er bisher nicht wusste, was sie mit ihnen alles bewirken konnte. Aber vielleicht gab es ja in der medizinischen Ausrüstung genügend Morphium, um sie für einige Zeit ruhigzustellen. Dann blieb nur zu hoffen, dass die Arbitesverstärkung rechtzeitig genug eintraf, um sie weiter unter Drogen zu halten.
In Cassians Kopf rasten die Gedanken hin und her, als er sich überlegte, wie er die Truppe ausschalten sollte. Zuerst die Ausrüstung untersuchen, Soraya Hilfe anbieten und sie betäuben. Dann Renold, da er die Lunte schnell riechen würde. Pedwarsky und den Namenlosen zum Schluss. Am besten die Frau zuerst, da sie bewaffnet war. Anschließend Soraya und Renold verschnüren und Gus dazu bringen ein passendes Ziel anzusteuern und dort zu landen. Danach konnte der Aufständische auch ausgeschaltet werden. Der Mann durfte aber keinen Verdacht schöpfen. Also musste er jetzt noch die Gelegenheit finden den Schalldämpfer seiner Pistole aus dem Rucksack zu holen und aufzuschreiben und das Magazin mit Unterschallmunition zu laden.
Cassian ging seinen Plan und die Reihenfolge noch mal zur Sicherheit durch und wandte sich dann an Renold, um wegen der Sanitätstasche zu fragen, als ihnen die Decke vom Kopf gerissen wurde und ihr Verfolger aus der Bar sie anstarrte.
Dann ging alles ganz schnell. Flüssiges Metall tropfte auf den Boden und der Namenlose wurde in einem Sekundenbruchteil aus dem Leben befördert. Alle anderen starrten ihrem mechanischen Albtraum mit fassungslosem Entsetzen an. Auch Cassian gehörte dazu, wie er sich beschämt eingestehen musste. Die Indoktrination beim Arbites härtete einen gegen vieles ab, aber dieser Schlächter des Mechanicus spielte noch einmal in einer ganz eigenen Liga. Wie hatte er sie überhaupt verfolgen können? Sie waren doch in den Wartungsschächten außerhalb seiner Reichweite gewesen. Ausgefeilte Pheromonsensoren vielleicht?
Dann übernahmen die routinierten Reflexe auch schon und sein Gehirn begab sich samt der Gedankenspielchen in den Urlaub. Cassian riss seine Schrotflinte hoch und feuerte in schneller Abfolge alle Flintenlaufgeschosse auf den mechanischen Schrecken ab. Zielen war bei so einer Feuerrate nicht weiter möglich, aber bei der Größe des Ziels auch nicht weiter relevant. Schaden richtete natürlich keins der Geschosse an. Dafür war der Torso des Vorax Klasse Automaten zu schwer gepanzert. Als Cassian die letzte Hülse aus seiner Flinte repetierte, kam Leben in seine Mitstreiter und sie sprangen auseinander wie aufgeschrecktes Wild, das den Räuber in ihrer Mitte gefunden hatte. Natürlich kein wehrloses Wild, denn ein jeder von ihnen eröffnete das Feuer, wenn auch genauso erfolglos wie Cassian. In der Kakophonie des Lärms hörte der Arbites wie Renold ihm laut „Raketenwerfer“ zubrüllte.
Er verstand sofort und sprintete zu den Kisten an der Wand und stemmte sie auf, während die Mechanicus Maschine weitere Teile der Dachverkleidung abriss. Wie zu erwarten, fand er die Werfer vor und nahm eines der fabrikneuen Modelle an sich. Wo die Aufständischen, die wohl herhatten, sinnierte er kurz und lud dann das erste Geschoss ein.
Die Zieloptik mit dem Roboter übereinbringen, einen festen Stand finden und dann mit einem kurz gekrümmten Finger die Rakete auf ihren Weg schicken. Einen Sekundenbruchteil später traf sie ihr Ziel auch schon schön in einem Mittelsegment des Bauchs, wenn man bei der Maschine denn überhaupt von so etwas reden konnte und explodierte in einer unscheinbaren, kleinen Wolke von Rauch und Metallsplittern.
Der Voraxautomat zuckte unter diesem Treffer zurück, wie ein Boxer der einen schweren Treffer eingesteckt hatte, zögerte einen Augenblick und machte dann genau dort weiter wo er aufgehört hatte. Verwirrt starrten sich Cassian und seine Mitstreiter an, über die so unspektakuläre Wirkung ihrer schwersten Waffe verwirrt. Dann durchzuckte es den Arbites wie einen Blitz.
Natürlich! Der Abstand war zu gering gewesen und das Geschoss noch nicht scharf. Schließlich wollten weder Waffenhersteller noch potentielle Kunden, dass sich ein unvorsichtiger Soldat durch fahrlässige Handhabung mit der Waffe selbst in die Luft sprengte.
Cassian griff in die Kiste und schnappte sich gleich das nächste Geschoss. Mit routinierten Handgriffen löste er die Magnetverriegelung, klappte den Lauf nach unten und führte die Granate ein. Vielleicht konnte er irgendwie mehr Abstand zwischen sich und die Maschine bringen, damit der nächste Schuss mehr Wirkung zeigte. Als er den geladenen Werfer wieder nach oben brachte, war sein Ziel schon verschwunden. Die Blicke der Anderen zeigten ihm, dass der Roboter sich anscheinend auf dem Transporter vor vorne bewegte. Oder vielleicht doch zur Seite, um sie aus einem anderen Winkel anzugreifen?
„Der wird den Fahrer umbringen, um uns abstürzen zu lassen!“ Rief Pedwarsky panisch und schaute sich nach allen Richtungen nach einem Ausweg um.
„Das wird er nicht. Dann stürzt er doch mit uns in den Tod.“ Versuchte Renold sie wenig erfolgreich zu beruhigen. Was auch immer die Killermaschine vorhatte, es konnte nicht gut für sie sein.
Kann sie eigentlich denken oder jagte sie nur nach einem bestimmten Muster fing Cassian an zu grübeln. Nein, für solche Gedankenspiele war jetzt keine Zeit. Irgendwo da draußen krabbelte sie herum und machte sich an ihrem Fahrzeug zu schaffen, um sie hier drinnen zu töten.
Wie um dies zu bestätigen, wurde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen und sie purzelten durcheinander, als der Transporter scharf zur Seite ausbrach.
Er begann sich zu neigen und zu schlingern. Das war gar nicht gut.
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
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Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
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Im Inneren des Laderaums stank es nach heißen, mechanischen Flüssigkeiten, nach verschmorter Isolierung und nach Metall. Dazu der Geruch des abgefeuerten Werfers, in Verbindung mit der entsprechenden Rauchentwicklung. Als wären das nicht genug Indikatoren dafür, dass es dem Vehikel nicht gut ging, machte es zusätzlich so viel Lärm wie irgend möglich. Verschiedene Warntöne, das Jaulen der gequälten Antigravgondeln und der vorn draußen hereindringende Krach aus heulendem Wind und hupenden Schwebern. Immerhin, die Kakophonie war für die Anwesenden gnädigerweise ausgeblendet. Ein im Inneren eines relativ kleinen Metallkastens abgefeuerter Raketenwerfer sei Dank. Die knappe Diskussion zwischen Pedwarsky und Renold wurde brüllend geführt und selbst von den beiden mehr erahnt als wirklich gehört.
Die Maschine schlingerte wie ein Schiff, das auf stürmischer See gegen den Wellengang zu verlieren begann. Das konnte der Versuch von Gus sein, die mechanische Bestie abzuschütteln, oder aber die Killermaschine hatte sich bereits an den Antriebsgondeln zu schaffen gemacht.
Soraja packte Cassian mit einer Kraft an der Schulter, die man der schlanken Frau definitiv nicht zutraute, und machte ihn auf sich aufmerksam. Jeder Zweifel und jedes Zaudern war aus ihrem Gesicht gewichen. Unter ihren verletzten Arm hatte sie zwei der kompakten Werferraketen geklemmt. Sie deutete auf den Durchgang, der hoch zur Fahrerkabine führte.
Wir müssen da hoch. schrie sie. Besseres Schussfeld. Cassian nickte und sie wankten gegen die wechselnde Schräglage des Frachtes auf die Treppe zu. Hinter ihnen feuerte Pedwarsky ihr Lasergewehr auf die Öffnung ab. Vielleicht aus Frustration, vielleicht um den recht hilflos wirkenden Versuch eines Deckungsfeuers zu unternehmen.
Sie erreichten den schmalen Vorraum, wo sich alle Utensilien aus den Spinden in der Gegend verteilt hatten und den Eindruck eines sturmgepeitschten Schiffes noch verstärkten. Mit Mühe erkletterten sie die schmale Treppe zum Führerstand, und Soraja riss die Tür auf. Der Gestank, der ihnen entgegenschwallte, stellte die Mixtur aus dem Laderaum in den Schatten. So mochte es riechen, wenn die Chaosgötter ein Grillfest gaben.
Ursprung des Brodems war zum größten Teil Gus oder das, was noch von ihm übrig war. Er hing fast entspannt wirkend auf dem Drehstuhl des Piloten. Zurückgelehnt, als gingen ihn die Sorgen dieser Welt nichts an. Das taten sie im Grunde auch nicht mehr, denn er war bei lebendigem Leibe gebraten worden. Die Haut hing in roten Fetzen vom noch dampfenden Fleisch. Die Haare waren gänzlich verschwunden, ebenso wie ein Großteil seiner Kleidung. Lediglich die Sonnenbrille, die dem Schläger den Anschein von mysteriöser Gefährlichkeit verleihen sollte, war als schwarzer Klumpen mit seinen Augen verbacken.
Ein faustgroßes Loch, an dessen Rändern das geschmolzene Glas gerade erstarrte, deutete die Richtung an, aus der der Tod für Gus gekommen war. Es musste natürlich der Blitzwerfer auf dem Rücken des Roboters gewesen sein. Die Maschine selbst war durch das Glas zu sehen, wie sie sich am Ende des Transporters an einer der Aufhängungen für die Antigravgondeln austobte. Immerhin hatten sie so viel Glück im Unglück, dass der künstliche Blitz zwar Gus erledigt hatte, aber die Elektronik des Steuerbereichs nicht gänzlich hatte ausschalten können. Es stieg feiner Qualm aus einigen Konsolen und Lichter blinkten panisch oder auch gar nicht mehr, aber es war immerhin noch Tätigkeit zu erkennen. Vermutlich war das Industriefahrzeug gegen Überspannung gesichert. Auf einer trüben Anzeige flackerte das Wort „Automatiksteuerung“ und tatsächlich bewegte sich der Steuerknüppel des Fahrzeuges, als käme Gus' Geist noch immer seiner Tätigkeit nach. Allerdings hatte die Automatik ihr Tun, den Schweber überhaupt in der Luft zu halten. Die Tatsache, dass Energiewaffen auf eine der Gondeln eingedroschen hatten, mochte damit zu tun haben.
Cassian schulterte den Werfer und versuchte, den Automaten in den Sucher zu kriegen. Man konnte der Waffe nicht absprechen, dass sie versuchte es dem Nutzer leichter zu machen. Ein rotes Fadenkreuz senkte sich über den Roboter und umrandete ihn sogar mit einer roten Markierung. Daneben wurde die Entfernung aufgeführt. Auf einem Schießstand oder selbst auf ein Fahrzeug in Querfahrt hätte man bequem und narrensicher feuern und treffen können. Hier aber schlingerte der Boden und bot keinen festen Stand. Obendrein musste der Automat um seinen Halt bangen. Er hatte die Krallenfüße und einen Arm in die metallene Haut des Transporters geschlagen und schlackerte trotzdem wie eine Stoffpuppe, die man auf einen brünstigen Grox gebunden hatte. Dabei versuchte er mit dem freien Arm, den Schweber weiter zu demolieren. Als wäre das alles nicht Herausforderung genug an einen Schützen, zuckte die Zielerfassung bei jedem vorbeirasenden anderen Fahrzeug im Hintergrund, in dem Versucht, dieses als neues Ziel zu erfassen. Nur um dann wieder auf den wild gewordenen Automaten zurückzuschwenken.
Cassian, der an den meisten herkömmlichen Waffen ausgebildet, aber auch kein routinierter Werferschütze war, hatte seine Mühe, sein Ziel im Sucher zu halten.
Es schien ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.
Bei all den Unwägbarkeiten hatte er noch nicht einmal den Wind berücksichtigt, der sich die Rakete sofort schnappen würde, wenn sie das Führerhaus verließ.
Unvermittelt legte sich eine unnatürliche Ruhe über ihn. Der Lärm, der Gestank, der pochende vom Adrenalin aufgepeitschte Herzschlag waren zwar nicht fort, doch sie traten unbedeutend in den Hintergrund. Kurz löste er den Blick vom Sucher und drehte den Kopf.
Soraja stand mit geschlossenen Augen neben ihm und hatte die Hand auf seine Schulter gelegt. Sie schien die Ruhe auszustrahlen wie ein Heizgerät Hitze. Es war Cassian, als könne er einen warmen Wind auf der Haut spüren. Nicht das Brausen des Fahrtwindes im Transitcanyon, sondern die Brise über einem Feld, in welcher der Geruch eines nahenden Sommergewitters und der satten Erde mitgetragen wurde. Frisches Gras, reife Ähren. Der Boden unter seinen Füßen bewegte sich zwar nach wie vor, aber es war vorhersehbar und kaum der Rede wert. Leicht auszugleichen. Ebenso der Roboter, der in seiner mechanischen Wut tobte. Ein lächerliches Aufziehmännchen.
Der Arbites ließ den Blick wieder durch den Sucher schweifen, ignorierte die verrücktspielende Elektronik der Anzeige und legte den starren Zielpunkt über den Roboter.
Alles schien zäher und verlangsamter, außer er selbst.
Als würde sich alles um ihn her wie unter Wasser bewegen.
Fast schon beiläufig betätigte er den Abzug.
Die Rakete startete, durchschlug die Scheibe der Kabine etwa eine Handbreit rechts von dem Loch des Blitzwerfers und traf den Roboter genau am Kopf. Wie ein Preisboxer, der einen gewaltigen Schlag erhalten hatte, wurde die Maschine nach hinten geworfen. Der Automat gab einen sonderbaren Laut von sich, der halb wie eine Sirene, halb wie der Schrei eines zornigen und verletzten Tieres klang. Cassian hatte den Vorderteil des Werfers aufgeklappt und zog Soraja eine der Raketen unter dem Arm hervor. Dass sie beim Ladevorgang leicht in die Hocke gehen mussten, rettete ihnen das Leben. Der grotesk verdreht an seinen eigenen verankerten Beinen hängende Roboter feuerte die Kanone seines freien Arms ab und rasierte den oberen Teil des Führerstandes wie mit einer Sense aus Geschossen ab.
Ein Schauer aus Sicherheitsglas ging auf die nieder.
Cassian wartete den Kugelhagel in aller, wie auch immer in ihn implantierter Seelenruhe ab, schloss den Werfer und erhob sich aufs Neue. Auch der zweite Schuss saß. Die Sprengrakete zerfetzte das Gelenk des Armes, mit dem sich die Maschine im Stahl des Schwebers verankert hatte. Der Munitionszuführer wirbelte umher wie eine geköpfte Schlange und spie bronzene Patronen anstatt Blut.
Der Roboter verlor den Halt, rutschte funkensprühend über das Metall und versuchte, seine Klauen wieder in den harten Untergrund zu schlagen.
Die dritte Rakete war ein Fragmentsprengsatz, gegen weiche Ziele konzipiert. Unter anderen Umständen hätte der Vorax einen solchen Treffer nicht einmal einer Registrierung für nötig befunden. Doch jetzt war es der kleine Schubser, der den Riesen zu Fall brachte.
In Vid-Filmen wäre das der Punkt gewesen, wo jeder gedacht hätte, die Bestie sei besiegt, nur damit sie sich dann ein finales Mal auf die Helden losgehen konnte.
Hier musste man nicht darum fürchten. Cassian und Soraja konnten beobachten, wie der Automat den letzten Halt verlor und davongerissen wurde. Andere Schweber wichen ihm in wilden Manövern aus und wie durch ein Wunder traf der stürzende Roboter keines der anderen Fahrzeuge. Dann war er in der Tiefe und im Dunst der tieferen Ebenen verschwunden.
Die Rebellin nahm die Hand von Cassians Schulter und sackte zusammen. Nicht bewusstlos, aber doch bar jeder Kraft.
Auf den verdeckten Arbites stürmten all die Eindrücke, die die heidnische Fähigkeit der Frau ausgeblendet hatte, auf ihn ein. Der Lärm, der Gestank, die Vibrationen, jede Prellung, jeder kleine und größere Schnitt. Alles brandete mit unvermittelter Intensität auf ihn ein. Renold steckte in diesem Moment den Kopf durch die Tür und in das, was einmal die Kabine gewesen war.
Ach die Scheiße!
War alles, was er herausbekam. Das konnte sich auf die Gesamtsituation beziehen oder auf den Umstand, dass sie sich in einem recht rapiden Sinkflug befanden. Es war noch kein Abstürzen, aber auch nicht allzu weit davon entfernt.
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