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Drei Monate. Drei Monate dauerte das Chaos seit dem heimtückischen Überfall auf die Ratshalle schon an. Drei Monate voller Blut, Schweiß und wenig Schlaf. Drei Monate in denen sie die Gerechtigkeit des Imperators mit Schockschlagstock und Schrotflinte unter jene brachten, die sich so dreist gegen ihren Gouverneur, das Imperium an sich und ihn auf Terra aufgelehnt hatten. Straßenschlachten, Häuserstürmungen, niedergeknüppelte Massendemonstrationen und unzählige vollstreckte Todesurteile später gärte die Saat des Unfriedens noch immer und ihr schattenhafter Feind entglitt ihnen jedes mal, egal wie fest sie zugriffen. Es war eine Schande für Gohmor, für den Gouverneur und insbesondere für das Arbites. Der gärende Verrat war ihnen nicht aufgefallen, bis es zu spät war. Und das obwohl sich die Garnison auf Koron III damit rühmte präventiv zuzuschlagen. Die Hauptverantwortung lag natürlich beim Gouverneur und seinen lokalen Sicherheitsorganen und seine weitere Regentschaft hing davon ab, ob es ihm gelang diesen Aufstand zu unterdrücken. Wenn nicht würden auch die schmalzigsten Heiligengeschichen der lokalen Ekklesiarchie, die in regelmäßigen Abständen in der hiesigen Journaille abgedruckt wurden nicht verhindern, dass Marschall Ludwig sich dazu gezwungen sehen würde entsprechend durchzugreifen und ihn wegen Vernachlässigung seiner Pflicht gegenüber dem Goldenen Thron zu richten.
Apropos richten. Das war jetzt auch für ihn möglich, auch wenn es nur gegen ungezügelten Pöbel ging. Die Menge versuchte nach dem Schockschildeinsatz vor ihnen zurückzuweichen, doch es war nur wenig Platz und der Adeptus Arbites ging jetzt selbst zum Angriff über. Cassian rammte den Schild in die Demonstranten vor sich, hörte das panische Geschrei, das sich nach kurzem Schlagstockeinsatz in schmerzerfülltes Geheul verwandelte und rückte weiter vor. Wie der Taktstock eines Dirigenten hob und senkte sich sein Knüppel und seine Sinfonie war das Schmerzgeschrei der Menge. Ob alt oder jung, Mann oder Frau, ihm war es gleich auf wen der Schockstab niederging. Cassian verlor sich aber nicht in dieser Orgie der Gewalt, schließlich war er ein Arbites und nicht irgendein PVSPler und behielt die Umgebung im Blick. Jene, die Plakate mit Aufrufen zum Umsturz hochgehalten hatten, waren längst schon wieder verschwunden, bevor ihnen der Arbites zu Leibe rücken konnte. Wie immer waren sie ganz vorne dabei, wenn es darum ging die Menge, in der sie sich versteckten, aufzuheizen, um sich davonzuschleichen, bevor die Antwort des Staatsapparats erfolgte. Aber dieses mal würde er sie nicht entkommen lassen.
Während sie immer weiter ausfächerten, um in kleinen Trupps Ansammlungen von Demonstranten auseinanderzutreiben, ließ er sich etwas zurückfallen und bildete das Schlusslicht seines Trupps, während er nach der passenden Gelgenheit suchte, um sich abzusetzen. Dann sah er eine Lücke zwischen den Barrikaden und dem Rauch brennenden Mülls und nutzte die Deckung, um in einer Seitengasse zu verschwinden.
Er prüfte kurz, ob er sich einen guten toten Winkel ausgesucht, ihn niemand gesehen hatte und schälte sich dann zügig aus seiner schweren Ceramitpanzerung, die er neben Schild und Schockschlagstock lagerte. Danach folgte seine restliche Uniform und nur die Incorkörperpanzerung, die er heimlich darunter getragen hatte, ließ er an. Stattdessen wechselte er in die Zivilkleidung aus seinem Rucksack und verstaute seine Pistole im Achselholster, das er unter seiner Lederjacke trug. Für diesen Einsatz nutzte er nicht wie sonst seine vertraute H&S USP Mark III, sondern hatte sich stattdessen für robuste, große Artillerie entschieden. Eine KM2P13 aus den Waffenschmieden Gollgas. Zwanzig Kugeln Kaliber 9x19mm im Magazin und vollgeladen fast anderthalb Kilogramm schwer. Manch einer hätte ihm während eines verdeckten Einsatzes von so einer Waffe abgeraten. Aber Gohmor gestattete allen seinen Bürgern den Waffenbesitz und in einem Krisengebiet, wie dieser Subebene, war es besser auf Abschreckung zu setzen, anstatt Verzweifelte anzulocken. Außerdem hätte er sich mit seiner Statur eh nicht als harmloser Hanswurst ausgeben können. Da bot es sich natürlich an gleich dem Klischee eines Sicherheitsmannes oder Türstehers zu entsprechen.
Den Schalldämpfer und die Schulterstütze aus Stahldraht ließ er vorerst im Rucksack, zusammen mit seiner restlichen, weniger spannenden Ausrüstung. Er musste nicht kontrollieren, ob sie da war, hatte er dies in der Revierkaserne oft genug getan.
Als letztes aktivierte er den Peilsender in seiner Rüstung, damit seine Vorgesetzten sie zügig bergen lassen konnten. Der Adeptus Arbites konnte schließlich nicht zulassen, dass die Ausrüstung von einem seiner Mitglieder in fremde Hände fiel.
Dann machte er sich auf den Weg, sich dabei so gut wie möglich in den Schatten des Habblocks und der Barrikaden haltend, um nicht zu sehr aufzufallen. Um sich herum konnte er immer noch das Geschrei des Pöbels hören, dem gerade sein Widerstandswille aus dem Leib geprügelt wurde, das Geräusch schwerer Stiefel, die über Asphalt stampften und Sirenen. Begleitet wurde die Kakophonie vom Licht der Scheinwerfer der Einsatzwagen und dem Gestank verbrannter Reifen, der Cassian aggressiv in die Nase kroch und daran erinnerte, dass alle hier Anwesenden gerade ausgiebig die Gelegenheit nutzten, um sich zum Lungenkrebs hinzuarbeiten. Das war aber nur ein vernachlässigbares, mittelfristiges Problem, verglichen mit dem akuten Problem in Form eines Arbites, der Cassian zwischen den stinkenden Rauchschwaden erblickt hatte und mit bereitgehaltenem Schockschlagstock im Laufschritt auf den vermeintlichen, flüchtigen Demonstranten zuhielt. Auch wenn es ihn unter normalen Umständen geekelt hätte wegzurennen, entschied Cassian sich dazu ab jetzt sofort in seiner Tarnrolle aufzugehen und Fersengeld zu geben, anstatt sich mit über 200 Kilogramm anstürmender Muskel- und Ceramitmasse auf eine Debatte über die Natur verdeckter Einsätze einzulassen.
Sein Verfolger war schnell, immerhin legte das Arbites bei seinen Mitgliedern großen Wert auf körperliche Fitness und Ausdauer. Aber auch Cassian war durch diese Schule gegangen und musste derzeit nicht eine komplette Ceramitrüstung und einen Schockschild mit sich herumschleppen. Die Distanz zwischen ihnen wuchs und mit gezieltem Hakenschlagen konnte er noch mehr Abstand zwischen sich bringen, ehe er zwischen den anderen flüchtenden Demonstranten untertauchte. Er fing an langsamer zu werden, da hier die Menge noch nicht von der Panik von weiter vorne ergriffen worden war, da sie es entweder nicht mitbekommen hatte oder zu sehr mit Gaffen beschäftigt war. Die Hände in seinen Jackentaschen vergraben, mit hängenden Schultern und leicht gesenkten Kopf bewegte er sich langsam immer weiter vom Ort des Geschehens weg und gliederte sich in den Alltagstrott oder wie auch immer man diesen Außenahmezustand nennen konnte ein.
Vor ihm lag eine komplette Sub-Ebene in Anarchie, eine heimlich agierende Terrorarmee, die sich in der unübersichtlichen Masse der Bürger versteckte, die sich seiner Ansicht nach auch gegen das Imperium aufgelehnt hatten und daher bestraft gehörten. Gegen diese Masse standen einige wenige andere Arbites mit dem selben Auftrag wie er ihn hatte, von deren Aufenthaltsorten er aber keinerlei Ahnung hatte und seine Ermittlerfähigkeiten. Der Imperator liebte es wirklich seine treuesten Diener jeden Tag erneut zu prüfen.
Ohne einen wirklichen Anhaltspunkt war es erstmal das wichtigste eine Unterkunft zu finden, die er als Operationsbasis nutzen konnte. Am besten eine, die einen guten Stromanschluss und Zugang zu Frischwasser hatte. Denn wenn die beiden noch nicht abgeschnitten worden waren, würde das wohl bald geschehen, schließlich hatten Aufständische kein Anrecht auf die wertvollen Ressourcen des Staates. Er kramte die Stadtteilkarte der Sub-Ebene aus seinem Rucksack hervor und versuchte sich einen ersten Überblick zu verschaffen ehe er losstapfte. Kein leichtes Unterfangen, hatte er sich doch für ein nur sehr allgemeines, kleines Exemplar für den Durchschnittsbürger entschieden, um nicht zu sehr aufzufallen. Erste Gerüchte würde er unterwegs oder in Bars aufsammeln. Dann würde er schauen, wie es weiterging. Von jetzt an war er auf sich alleine gestellt.
Der kleine Stadtteilplan half ihm leid nicht sehr dabei sich in der Subebene zurechtzufinden und das jemand gewagt hatte dieses nutzlose Stück Papier mit dem Namen "Sub-Ebenen Plan" zu beschriften war eine Frechheit, wenn er an die "Sub-Ebenen Pläne dachte, die in den Archiven des Reviers für die Einsatzzentrale bereitlagen. Aber was tat man nicht alles für eine gute Tarnung. Nach einer gefühlten Ewigkeit lief er schließlich zufälligerweise an an einer Pension mit dem nüchternen Namen "Gästehaus Block 19-Rot/3" vorbei, entschloss sich hier erst einmal einzuquartieren und trat ein.
Der ältliche Mann am Empfang blickte von seiner Zeitschrift auf und beobachtete Cassian über den Rand seiner Brille hinweg genau.
"Kann ich helfen?"
"Ich bräuchte ein Zimmer. Sind noch welche frei?"
"Ja. Würde sie 10 Shekel pro Nacht kosten. Wie lange wollen sie denn reservieren?"
"Erst einmal für drei Nächte. Danach verlängere ich vielleicht. Je nachdem wie sich die Lage ändert." Er schob ihm das Geld zu.
Fragend hob sich eine Augenbraue des Alten und Cassian konnte schon das Rattern hinter der Stirn des Mannes hören, als sich Fragen formten. Jetzt bloß kein Misstrauen wecken.
"Ich komme aus Block 13-Rot/2. Die PVS versucht ja schon uns von den anderen Ebenen abzuschneiden, aber irgendwie konnte man noch durchhalten. Aber jetzt ist der verdammte Arbites angerückt. Will wohl den Sack zumachen und prügeln alles windelweich. Habe die Beine in die Hand genommen bevor sie noch ihre Schießprügel auspacken und bin jetzt wohl erst einmal wohnungslos..." Er hoffte, dass er mit der Mitleidsschiene bei dem Alten Zweifel zerstreuen konnte und wechselte das Thema.
"Gibt es hier im Hotel noch Strom, Sandduschen und Mahlzeiten? Oder wurdet ihr hier schon auch schon vom Stromnetz abgeschnitten? Und gibt es hier in der Nähe vernünftige Bars und Leute, die einen mit Arbeit versorgen können?"
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
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03-02-2023, 09:58 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07-14-2023, 10:24 AM von Kogan.)
Strom haben wir. Brummte der Alte, kritzelte etwas in ein großes Buch und drehte es dann Cassian zu. Das Buch war an einer Kette befestigt, vermutlich, damit es niemand als Klopapier zweckentfremdete. Es war eine Art Gästebuch, auch wenn es mit Schmierereien und Unflätigkeit mehr gesegnet war als mit Namen. Vermute die wollen hinterher nur aufräumen und nicht gleich die ganze Ebene sanieren müssen. Er legte einen Bleistiftstummel dort auf die speckigen Seiten, wo sein Gast sich einschreiben sollte.
Hinter ihnen stapften zwei grimmig dreinschauende Männer grußlos zum Treppenaufgang. Sie trugen eine militärisch aussehende Kiste zwischen sich. Der Alte sah ihnen missmutig nach. Sanddusche haben wir auch. Nährpaste gibt's in Herbergen nicht. Hatten eine richtige Kantine und sogar ein Restaurant. Aber das Revolutionskomitee hat den ganzen Bereich zur Suppenküche umfunktioniert. Da darf jeder seine Portion beanspruchen. Es war schwer zu sagen, wie der Herbergsvater zu dieser Tatsache stand. Er war schlau oder abgestumpft genug, keine Meinung in seinen Unterton zu legen und nur wiederzugeben, was die reinen Fakten waren. Ich vermute mal, mit Arbeit meinst du die Arbeit für die Revolution und Arbeit an den Leuten. Davon gibt es noch genug. In 13-Rot muss es schlimm sein, so nah an der Ebenengrenze. Da steigt euch die Schmiere doch sicher gehörig aufs Dach. Wenn jetzt auch noch Arbites mitmachen dann…
Er beendete seinen Satz nicht und winkte ab. Du kannst bestimmt zu einem Bürgersprecher gehen und dich einteilen lassen. Aber Terra weiß wo die sich rumtreiben. Das er eine Floskel gebrauchte, die eine Anrufung jener Autorität beinhaltete, die man hier so rigoros ablehnte, schien ihm entweder nicht aufzufallen oder er sah darin keinen Widerspruch.
Am Anfang gab es Büros der provisorischen Räteregierung, aber mein Neffe sagt, die sind alle nicht mehr besetzt, weil sie Angst haben, dass ihnen die PVSP aufs Dach steigt. Sie selbst sagen, sie sind draußen, da wo die Luft brennt und steigen denen aufs Dach. Naja der eine so der andere so. Er drehte sich zu dem Schlüsselbord und nahm dort einen der Schlüssel ab. Es war die 321. Der Fahrstuhl geht nur bis zum Zwanzigsten. Die restlichen elf musst du laufen. Was mit den Kneipen ist weiß ich nicht. Hier um die Ecke wars Rosi und an der Ecke Rot 21 Rot 22 gab es mehrere Kneipen und Restaurants. Glaub aber eigentlich nicht, dass die noch offen sind oder das man da noch so einfach ran kann. Keine Ahnung. Der Alte schwatzte noch ein bisschen. Über die Demonstrationen, den Zustand des Hauses und wer wem aufs Dach stieg. Er blieb dabei betont wertfrei und schien nur deshalb ein Gespräch zu führen, weil man das wohl von jemandem wie ihm zu erwarten hatte. Als Cassian Anstalten machte nun sein Zimmer aufzusuchen, wirkte er darüber nicht unglücklich und war eifrig Bemüht, hinter der Rezeption Papiere zu sichten und zu sortieren, die in der momentanen Situation gewiss keinen hohen Stellenwert mehr hatten.
Der Fahrstuhl versah ruckelnd und ächzend seinen Dienst. Zumindest, so wie angedroht, bis zum zwanzigsten Stock. Danach musste Cassian die Treppen nutzen. Dabei bot sich ihm die Gelegenheit, die verschiedenen Gänge der passierten Etagen in Augenschein zu nehmen.
Das erzeugte einen sonderbaren Eindruck.
Einige Korridore lagen wie ausgestorben da und man hätte sie nicht von einem Herbergsgang zu friedlichen Zeiten unterscheiden können. Bei anderen wurde dieser Eindruck gestört, weil Türen sperrangelweit offen standen oder Papier und umgeworfene Putzwägelchen herumlagen.
In einem Gang lag eine Person auf dem Bauch. Vielleicht tot, vielleicht nur besinnungslos. Dann wieder stellten sich Situationen dar, in denen alles in Bewegung und in Aufregung schien.
Auf einer Etage standen Männer und Frauen auf dem Flur herum und peitschten sich gegenseitig mit aufrührerischen Reden an. Man wolle die Schergen des tödlich verwundeten Regimes aus der Ebene werfen und dann die Revolution ausweiten.
Dem folgte ein Stockwerk, auf dem eine wilde Party zu laufen schien und man ganz offensichtlich eine Pause vom Kampf gegen das Establishment machte.
Im dreißigsten Stockwerk war es einigermaßen ruhig. Aus einem Zimmer plärrte ein Radio und eine Tür schien mit Gewalt geöffnet worden zu sein. Ansonsten war es still.
Das Zimmer zeigte sich wenig spektakulär. Ein Hauptraum mit Schrank, Schreibtisch, Bett und uraltem Vid- Gerät, außerdem ein kleines Bad mit Sanddusche und Wasser versorgtem Waschbecken. Ein Fenster gab es auch. Es lag der stählernen Ebenenecke näher als dem Boden.
Unten auf der Straße brannte eine Mülltonne. Menschen waren einzeln und in Gruppe unterwegs, Fahrzeuge fuhren fast gar nicht. Strom und Wasser hatte man den Aufständischen gelassen, aber von der Vid- Versorgung waren sie abgeschnitten worden. Vermutlich hatte man von Seiten der Aufstandsbekämpfung gedacht, dass die Aufrührer mit Finsternis und Kälte klarkamen, nicht aber mit dem Verlust von Spielshows und Unterhaltungssendungen. Die eine Millionen Schekelschau, Schlagerschlacht oder Litaneien mit Lydia. Wie konnte man nur ohne leben?
Cassian begann seine nächsten Schritte zu planen, als nach etwa zehn Minuten heftig gegen eine Tür gehämmert wurde. Nicht seine, aber irgendwo draußen im Gang. Unverständliche Worte wurden laut gesprochen, dann wiederholte sich das Ganze, jetzt etwas näher.
Instinktiv zuckte seine Hand zum Halfter. Endlich waren die da draußen vor seiner Tür und schlugen dagegen.
Bürgerin, Bürger, komm in zwanzig Minuten in die große Konferenzhalle im Erdgeschoss. Bruder Renold spricht zu allen über einige sehr wichtige Dinge. Dann gingen sie weiter zu nächsten Tür und wiederholten.
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Das tatsächliche Einrücken nachdem die ersten Trupps den Haupteingang sowie die Personal- und Materialzugänge gesichert hatten war trotz aller militärischer Taktik und ähnlichem wie etwas verlaufen das solides Material für einen Propagandavid abgegeben hätte. Der Angriff auf die Ratshalle war nicht nur eine Attacke auf die planetare Regierung sondern mit den versammelten fremdweltlerischen Gästen auch ein sehr viel größerer Schlag gewesen, etwas was absolut nicht ignoriert werden konnte. Oberleutnant Turm hatte entsprechend reagiert, sich ihre Standarte ausgeliehen und dem größten und bulligsten Soldaten der Angetretenen in die Hände gedrückt.
Das Bild das sich somit den wenigen erschöpften, geschockten und verletzten Überlebenden der Versammlung bot war das einer steten Flut aus Soldaten die sich unaufhaltsam aus jedem Eingang ergoss, alles hinwegfegend was auch nur mit dem Gedanken spielte sich ihr in den Weg zu stellen, unter dem stolzen, ungebeugten ungebrochenem Symbol des Imperiums selbst. Natürlich verlor sich die Masse der mehr als dreihundert PVSler in der Weite und der Verwüstung der Ratshalle rasch, zerbrach in kleinere Gruppen die sich verteilten und einander gegenseitig Deckung gaben aber es konnte nicht gesagt werden dass es nicht für einen inspirierenden Ersteindruck gereicht hätte. Katherine hatte kaum nennenswerten Feindkontakt gehabt auch wenn sich da wo es passierte die Durchschlagskraft der Kingfisher als hervorragend geeignet erwies mit der Widerstandsfähigkeit ihrer Gegner aufzuräumen, vielmehr war sie mit der Unterstützung der Sanitäter, Verwundetenversorgung und Transport beschäftigt.
Sie säuberte und verband Wunden, flickte größere Verletzungen, lud Körper auf Bahren und schleppte diese, trug sie im Notfall aber auch komplett allein auf den Schultern sofern sie es vermochte. Ein Fall blieb ihr wegen seiner außergewöhnlichen Umstände im Gedächtnis bei dem sie einem zwölfjährigen, glücklicherweise bewusstlosen Mädchen die zermatschten Überreste ihrer Beine zurechtschneiden musste um überhaupt einen Verband anlegen zu können während sie dabei zusehen konnte wie sich deren absolut milchweiße Haut unter dem Licht der Halle zunehmend fast schon blutig rot färbte, anschwoll und Blasen bildete. Sie hatte die offenbar fremdweltlerische Kleine in ihren Staubmantel gehüllt auf den Armen im Laufschritt zu den Sanitätszelten getragen, ihren Zustand stabilisiert und eine gut anschlagende Verbrennungsbehandlung gegen die verfärbte Haut durchgeführt wobei sie den nächstbesten Funker dazu genötigt hatte sich mit einer Beschreibung für die Überreste der Gesandtschaften der Gastwelten durchzufragen da keiner eine Ahnung hatte ob es nicht noch mehr verkomplizierende Umstände gab. Immerhin hatte sie danach noch mitgekriegt dass man das Mädchen eilig zur weiteren Behandlung in irgendein Krankenhaus fortschaffte. Sie hatte es wie alle anderen Verwundeten und Toten in ihre Gebete aufgenommen, die Erwähnung im den späteren Artikel des Ergon Bacco hatte sie jedoch nicht mit ihr in Verbindung gebracht.
Das Ende der ganzen Aktion war eine Ablösung durch eine andere PVS-Einheit und ein Aufdröseln in seine ursprünglichen Regimenter gewesen ehe man sich in einem improvisierten Feldlager auf dem Platz ausruhte. Vom Rest des ganzen Geschehens hatten sie dann nur noch durch die Nachrichten und Berichte Anderer erfahren denn kurz darauf war die Zehnte zurück in ihre Kaserne verlegt worden und seither dort geblieben, man erholte sich, besuchte seine Kameraden im Sanatorium Hollenbrecht und wartete, harrte der Dinge die da kamen. Katherine selber war wieder in genau derselben Position wie vor der Parade nur ohne dessen Auflockerung: stillschweigende ratlose Duldung und leicht hilflose Entscheidungslosigkeit. Da Parther Grundtvig seinen Dienst wieder vollständig aufgenommen hatte verfügte sie nun über noch mehr freie Zeit als vorher was ihr ihre Situation nur noch mehr unter die Nase rieb und sie sich zunehmend rastlos werden ließ. Der einzige Lichtblick war das sie weiterhin dieselben Rechte und Pflichten wie er besaß sodass sie demnächst Subsektor 501, Unterebene 1 ´Gillmens Gabe´ besuchen konnte. Sie freut sich darauf endlich mit ihrem Glaubensbruder von Angesicht zu Angesicht über alles reden zu können und machte sich Sorgen wie sehr sein eigener Beitrag für die Sache durch die Geschehnisse in Mitleidenschaft gezogen worden sein könnte.
Name: Katherine Esemah
Rasse & Zugehörigkeit: Mensch, Imperium, Primarchenkult
Alter: 27 Standardjahre
Aussehen: 1,75 Meter, blonde kinnlange Haare, grünblaue Augen, leichte Sommersprossen
Kleidung: Stiefel, Staubmantel, Lederhandschuhe, Untergewand & Korsett
Ausrüstung: Laserpistole, Standarte, Halskette mit Anhänger, Rucksack mit Liturgischen Gewändern & Ausgabe der Lectitio Divinitatus um Kultlehre ergänzt & Kleinkram, selbstfahrender Hightechbehälter
Konto: 12.000 Schekel (2.000 persönlich, 10.000 Kultfinanzen)
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03-14-2023, 06:47 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-19-2023, 01:22 PM von Kogan.)
Man hätte meinen sollen, einen Kranken zu besuchen, war nicht mit dem Aufwand gleichzusetzen, den eine steuerliche Neueinordnung, nach einem irregulären Umzug zwischen nicht, übergreifenden Fiskalbezirken mit sich brachte.
Solch eine Fehlannahme stand die Anmeldung im Großkrankenhaus St. Dreienburg als klares Muster dafür gegenüber, zu welchen Höchstleistungen die Bürokratie fähig war. Der Fairness halber musste allerdings betont werden, dass es sich um den, der da Besucht werden sollte, um einen Patienten des Flügels für militärisches Personal handelte und dass es darüber hinaus jemand war, der einige Berühmtheit erlangt hatte. Der Besucher selbst war in den letzten drei Monaten auch nicht ganz unbekannt geblieben, so wie die meisten Menschen, die die Hölle der Ratshalle überstanden hatten. Es hatten sich regelrechte Kulte um die Überlebenden gebildet. Zeitungen, Radio, das Vid und alles dazwischen und darüber hinaus, rissen sich um die “Tapferen Wenigen”, wie sie genannt wurden.
Waldorf hatte seinen Teil mit diversen Interviewanfragen abbekommen. Mehr noch hatte sich der Boulevard aber auf Kruger eingeschossen. Sie galten als das Duo, dass eines der großen Mutantenungeheuer zur Strecke gebracht hatte und davon noch erzählen konnte.
Aber Waldorf war der Telegenere von beiden, allein dadurch, dass er seinen Arm verloren hatte, Militärangehöriger war und bereits Träger eines Orden des goldenen Schädels.
Das hatte Potenzial.
Obendrein konnte er sich durch seinen anhaltenden Krankenstand nicht gegen die Zudringlichkeiten, Geschichten und Spekulationen der Presse erwehren.
Glen hatte Waldorf grinsend verkündet, dass er ihn gerne fuhr und auch klaglos auf dem Parkdeck auf ihn warten würde. Aber keine zehn Carnaks brachten ihn dazu diesen Menschenstall zu betreten.
Zu allem Überfluss hatte er seinem Kameraden und Vorgesetzten auch noch eine große Packung Zuckerkonfekt überreicht, die er auf die Bitte “Eine kleine Aufmerksamkeit zu besorgen” für Waldorf, beziehungsweise für Kruger mitgebracht hatte.
“In Anteilnahme und der Hoffnung auf baldige Genesung” war in geschwungener Schnörkelschrift darauf geschrieben. Zum Abschied gemahnte ihn Glen noch einmal daran, dass heute ihr letzter freier Tag war, bevor man sie mit einer neuen Einsatzlage bedachte und er nicht vor hatte seinen ganzen Abend hier und vor allem nüchtern zu verbringen.
Der Zugangsbereich des Krankenhauses Erinnerte an die Zustände auf einem Bahnhof oder an einem Flughafen. Hunderte Menschen, die auf langen Bänken warteten, dass Ihre Nummer über einen der unzähligen Bildschirme flimmerte und sie von ihrem endlosen Ausharren ablöste.
Unter der gewaltige Skulptur einer weiblichen und einer männlichen Person, die gemeinsam die allegorische Fackel der Weisheit umfassten, schien der halbrunde Anmeldebereich nur die eine Weisheit zu verkünden: Keine passenden Formulare, kein Service.
Das bekam Waldorf ebenso zu spüren wie jeder andere hier. Seine ID wurde angenommen und von einem keuchenden Logikverarbeiter ratternd registriert. Doch noch bevor er überhaupt sagen konnte wohin er wollte, bekam er von der chronisch gestressten Dame hinter dem Schalter die vernichtende Frage gestellt, wo er das Besucherantragsschreiben hätte. Als er verneinte eben dieses zu besitzen, verwies sie ihn darauf, dass er erst wieder vorstellig werden konnte, wenn das Schreiben wahrheitsgemäß ausgefüllt vorläge.
Mit einem Seufzer stellte er die Frage, ob man das ganze nicht beschleunigen konnte und wusste natürlich schon, dass diese verneint werden würde.
Es war eher eine rituelle Handlung. Die Dame spielte in dieser ewigem Abfolge mit und blickte zornig auf, wohl um so Satzfragmente zu verwenden wie, “da könne ja jeder kommen”, “es gibt schließlich Vorschriften”, “für wen er sich halte” und so weiter und so weiter.
Zu seiner großen Überraschung glätteten sich ihre Gesichtszüge und sie blinzelte erst verblüfft, sah noch einmal auf die ID Informationen auf ihrem Bildschirm und strahlte dann regelrecht über beide Ohren.
Wissen Sie, wer Sie sind? Sie bemerkte die Albernheit in dieser Frage und strich sich verlegen eine rebellische Strähne hinter das ansonsten streng geknotete Haar. Es ließ sich nicht verneinen, dass unter dieser Maske aus Stress und berufsbedingter Unfreundlichkeit eine hübsche junge Frau verschüttet war.
Ich meine natürlich wissen Sie das, aber Sie sind berühmt. Als sich ein paar Leute nach ihnen umsahen zügelte sie ihre Lautstärke. Nicht unbedingt um seine Identität zu schützen, sondern wohl vielmehr um ihren Fund für sich zu behalten.
Um Terras Willen, Sie waren in der Ratshalle dabei. Ich kenne ihr Gesicht aus der Frau von Jetzt… sie haben eine dieser Bestien getötet. Sie glühte ihn an, wie eine Heiligenstatue.
Sie sehen noch besser aus als auf dem Bild. Sie errötete etwas.
Also ohne das Blut und den ganzen Schmutz meine ich.
Haben Sie gesehen, wie der Gouverneur und seine Frau geleuchtet haben? Haben Sie das Wunder gesehen?
Ohje… da plappere ich wie ein Schulmädchen und Sie sind doch ganz gewiss hier, um ihren Freund zu besuchen.
Wahnsinn. Natürlich konnte man kaum von Freundschaft reden, wenn man sich nur vom gemeinsamen Kampf gegen einen tödlichen Feind her kannte. Nichtsdestotrotz verband so ein Ereignis auch auf eine gewisse Art und ein Anstandsbesuch war sicher das Mindeste. Also bejate er in der Hoffnung, so alles ein wenig beschleunigen zu können.
Das immerhin gelang. Da kann man eine Ausnahme machen. Nein da muss man eine Ausnahme machen. Schließlich sind sie ein nationaler Schatz, ein Held und alles. Sie müssen sich nur hier ins Besucherbuch eintragen. Es handelte sich um eine elektronische Liste, die aber tatsächlich nach Form eines Buches gestaltet war. Die Dame war so entgegenkommend, ihm Namen und Zimmer seines unfreiwilligen Kampfgefährten herauszusuchen.
Er ist noch sehr schwach und braucht viel Ruhe. Nicht nur wegen der Amputation. Die hat er ganz gut verkraftet… also das habe ich von einer der Stationsschwestern gehört.
Nicht das Sie denken, wir würden hier die Privatsphäre unserer Patienten nicht achten, aber Herr Kruger ist ein Held.
Genau wie Sie.
Da redet man natürlich. Also die Amputation und auch die inneren Verletzungen hat er gut überstanden. Aber er soll eine sehr hochwertige Prothese bekommen und ich meine sehr hochwertig. Es war sogar ein Techpriester hier um bei der Operation zu unterstützen. Die ganzen Zugänge und Verbindungen und diese Dinge. Das ist alles sehr kompliziert und anspruchsvoll, vor allem bei seinem geschwächten Zustand. Die OP hat zwanzig Stunden gedauert.
Das war vor drei Wochen und er schläft jetzt noch mehr als er wach ist.
So viel Mut und Leidensfähigkeit. Man sagt, er soll noch einen Orden dafür bekommen. Wissen Sie etwas? Bekommen Sie auch einen?
Ach naja… vielleicht kann man darüber bei anderer Gelegenheit ja noch einmal reden. Ich schreib Ihnen hier einmal meine Com Nummer auf. Sie kritzelte hastig auf einen Notizzettel mit dem Logo des Krankenhauses. Nur falls Sie noch irgendwelche Fragen haben. Sie schob ihm den Zettel hin und bedachte ihn mit einer gekonnten Mischung aus Schüchternheit und Andeutung. Ich bin übrigens Dolores und meine Schicht ist immer 20 Uhr zu Ende. Sie gab ihm einen elektrischen Griffel und tippte auf eine Stelle im Buch. Über der freien Zeile stand bereits der Name “Simone Tober”.
Ach ja, das hätte ich fast vergessen. Es ist schon eine Reporterin vom Guaridan bei ihm. Die hatte eine Sondergenehmigung vom Oberkommando, weil sie schon einmal einen Bericht über ihn gemacht hat. Wenn Sie oben sind, sagen Sie ihr, dass sie jetzt gehen muss. Er ist sowieso nicht in der Verfassung für ein Interview und wenn sie über seinen Zustand etwas schreiben wollte, dann reicht die Zeit, die sie jetzt hatte. Nach einem gesäuselten bis später war Lars entlassen und konnte sich zu einem der vier Aufzugsschächte begeben.
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Simone ließ sich einige Zeit damit, den ausladenden Blumenstrauß auf dem kleinen Tisch im Zimmer zu arrangieren. Echte Blumen kosteten ein Vermögen, aber da war sie nicht kleinlich gewesen. Das rosa Blütenblatt einer Zykose löste sich und schwebte wie eine Daune hernieder. Wie es die Eigenart dieser Pflanze war, verging das Blütenblatt, kaum dass es der restlichen Pflanze entrissen war. Auf der Tischplatte zerfiel es zu einem weißen Staub und wurde von einem kaum spürbaren Lufthauch verweht. Allegorie unzähliger, meist zweitklassischer Liebesgedichte.
Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns unter solchen Umständen wiedersehen würden, mein Lieber.
Das Sie in so einer oder einer ähnlichen Situation enden würden, dass schon. Aber ich selbst sah mich nicht in diesem Bild.
Im Raum war es ruhig, wenn auch nicht still. Maschinen und Überwachungsapparaturen erzeugten eine stete Geräuschkulisse aus leisem Summen und schnarren. Es war ein Einzelzimmer, wie es einem so prominenten Überlebenden des Massakers gebührte.
Ist Ihnen die Sinnbildlichkeit dieser ganzen Situation aufgefallen? Man wird ihnen einen eisernen Arm anpassen und einen weiteren goldenen Orden an die Heldenbrust heften. So verstümmelt und zermalmt Sie auch sind, Arius, sie bleiben die eiserne Faust des Regimes.
Ist es das, was sie sich gewünscht haben? Sie federte den Strauß ein letztes Mal auf, trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk. Dann kam sie an sein Bett heran und setzte sich auf die Kante seines Fußendes. Ironisch ist dabei, dass sie sich trotz all dieser Aufmerksamkeit und der baldigen Aufrüstung ihres Leibes, doch nicht dagegen wehren können, dass ich naives und weltfremdes Geschöpf sie mit meinem liberalen Gerede volltexte. Das stimmte, denn Kruger war kaum in der Verfassung sich gegen einen, wie auch immer gearteten Redeschwall zu wehren. Dort wo einmal sein rechter Arm gewesen war, ragten elektronische und mechanische Anschlüsse aus seinem verbundenen Stumpf, noch mit Gummi ummantelt. Salben und Wundsekret hatten den Verband rings um die Anbauteile gelb verfärbt. Sein anderer Arm lag in einer ledernen Schlinge. Nicht weil die Verletzungen dies bedingt hätten, sondern um zu verhindern, dass er sich im medikamentösen Halbschlaf an der rechten Schulter zu kratzen versuchte.
Sein Kopf und sein Oberkörper waren ebenfalls stramm umwickelt, denn die Anpassung eines künstlichen Armes bedurfte mehr, als nur ein paar Steckverbindungen an der Schulter. Am Rückgrat und am Gehirn hatten Chirurgen und der Marspriester arbeiten müssen.
Als wir uns damals auf dem Luftschiff trafen, da mochte ich sie wirklich. Unter all dem, was ihnen die Armee und das Imperium angetan hat, habe ich ein gutes Herz zu erkennen geglaubt. Einen feinen Kerl, wie man so sagt. Der Hass und die Verachtung waren Dinge, die Ihnen die Propaganda ihr Leben lang eingeträufelt hat. Wie kann man dem widerstehen?
Aber inzwischen sind sie viel mehr als nur ein fehlgeleiteter kleiner Zinnsoldat. Sie sind ein Symbol geworden, ein Fanal. Sie werden zu der Menschmaschine, die das Imperium so sehr liebt. “Wenn du kaputt gehst für uns, schrauben wir dir neue glänzende Teile dran, ziehen dich wieder auf, die Reporterin machte mit ihren schlanken Fingern eine Bewegung, als würde sie den Schlüssel eines Spielzeuges bewegen, drehen dich in die Richtung die wir wollen und lassen dich loslaufen. Sie seufzte und lächelte traurig.
Man versucht sie wie einen Helden aussehen zu lassen, aber viele, viele sehen sie als das, was sie sind. Der Avatar des Monstrums, dass es zu überwinden gilt.
Simone Tober trug einen elegantes Businessoberteil in einem ausgeblichenem Senfgelb mit gepufften Schultern. Kombiniert mit luftigen Hosenrock in Dunkelblau. Letzterer hatte eine Knopfreihe an der Seite, welche sie nun bedächtig an der rechten Hüfte aufknüpfen begann. Als wir in Luth waren, hat man mich nicht am XinHo bleiben lassen. Ich durfte ihre Position kurz besuchen, als das Landefeld fertig war und musste abends wieder abreisen. Militärische Geheimhaltung. Während sie mit einer Hand noch immer an der Knopfreihe herumnestelte, legte sie den Zeigefinger der anderen gespielt, verschwörerisch auf die Lippen. Als ich mit einigen Einheimischen in den Dschungel aufbrach, hat das niemanden gestört. Soviel zur Kompetenz ihres geliebten Militärs. Sie machte eine Pause und schien in unbestimmte Weiten zu blicken.
Hätten Sie die Wunder sehen können, die ich gesehen habe. Dann wäre ihnen all das hier als so leer und bedeutungslos erschienen wie es ist.
Es ist eine Sache sein ganzes Leben davon zu hören, immer mit der Aussicht, vielleicht nicht zu der Generation zu gehören, die es am Ende miterlebt. Aber mit eigenen Augen… nein mit dem eigenen Verstand zu sehen, von was man Teil ist… das ist… Sie seufzte wieder und ihre Schultern verloren etwas an Spannung.
Als würde man einem Blinden das endlose Blau des Himmels, außerhalb der Makropole erklären wollen. Die Seite ihre Kostüms war jetzt so weit geöffnet wurden, dass man nicht nur ihre Strumpfhose sehen konnte, sondern auch das Geflecht aus Riemen und Schlaufen. Sie lassen einen in den Dschungel gehen ohne zu fragen wohin man will und sie lassen einen durch die Waffenkontrolle, wenn man mit einem Presseausweis und einer vermeintlichen Sondergenehmigung herumwedelt. Vermutlich die liberale Zersetzung eines restriktiven Staates. Die Starreporterin des Guardians zog ein absurd großes Messer aus dem Versteck an ihrem Körper. Eigentlich ähnelte es mehr einer Sichel als einem Messer. Die Klinge ahmte ein gebogenes Rückgrat nach, jeder angedeutete Dornfortsatz ein bösartig gebogener Widerhaken. Der Griff der Waffe zeigte eine knöcherne Figur, welche die vier Arme um sich selbst geschlungen hatte.
Das wirklich Lustige ist, dass ich das gar nicht an Ihnen benutzen werde. Bei all dem Bangen und Zittern, es hier reinzubekommen. Sie ließ das schwache Licht der gedimmten Lampe über der Tür kurz in dem polierten Stahl glänzen und legte die Waffe dann neben sich auf das Bett. Erst hielt ich es für eine gute Idee. Sie wissen schon, das Symbol der Knechtschaft mit dem scharfen Symbol des Widerstandes abgeurteilt. Aber ich kann mir denken, dass ihnen das am Ende sogar noch gefallen würde. Die Klinge, der rechtschaffene Stahl, Tod eines Kriegers oder irgend so ein chauvinistischer Kinderkram.
Ich werde daher davon absehen und sie aus dem Leben befördern, wie man es manchmal mit unliebsamen Alten, mit Verkrüppelten und ungewollten Kindern tut. Sie stand auf und griff das Kissen, dass zur Reserve auf dem eigentlichen Besucherstuhl lag.
Ich werde sie von meinem Geschwätz erlösen und die Welt von einem falschen Helden. Sie legte das Kissen auf sein Gesicht und begann zuzudrücken.
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Die Sache kam deutlich schneller ins Rollen, als er gedacht hatte. Es lohnte sich doch immer wieder mit alten Leuten einfach ins Gespräch zu kommen. Besonders, wenn sie den Sturm um sich herum über sich hinweg fegen ließen, um ihr Leben so normal wie möglich fortzusetzen. Durch die Toleranz von Aufständischen in seinem Eigentum hatte der Alte sich natürlich auch des Verrats schuldig gemacht, selbst wenn sie ihm aufgezwungen worden war. Aber als Informationsquelle war er gut genug und sein Missmut über die Zustände ließ sich vielleicht auch in Zukunft für die eigenen Zwecke nutzen.
"Danke für die Infos. Hilft auf jeden Fall schon mal weiter." Cassian legte dem Herbergsvater das Geld auf den Tresen und trug sich unter dem Namen Gording Feyfar in das Gästebuch ein und begab sich dann zum Fahrstuhl.
Zwanzig Stockwerke später begann die kleine Bergtour auf der er sich die Vielfalt der "revolutionären Sub-Ebene" zu Gemüte führen konnte. Ein einziges durcheinander von Chaoten, die sich wichtiger nahmen als sie waren. Kein einziger von ihnen würde die Revolution durchführen. Sie waren nur das Fußvolk der wahren Aufrührer, die sich zu den neuen Herren der Ebene aufgeschwungen hatten und den Mob brauchten, um sich hinter ihm zu verstecken.
Sein Zimmer wies keine großen Überraschungen auf, war sogar einen Ticken wohnlicher eingerichtet, als sein Schlafplatz in der Revierkaserne. Cassian schloss die Tür hinter sich ab, stellte den Rucksack auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch ab und begann damit das Zimmer zu inspizieren. Es war mehr als unwahrscheinlich, dass er hier irgendwelche Wanzen finden würde, aber Vorsicht war besser als Nachsicht und so wurde der Raum einmal auf den Kopf gestellt. Alle Ecken, Kanten Unter- und Rückseiten wurden sorgfältig abgesucht und dabei darauf geachtet möglichst keinen Lärm zu machen, um mögliche Nachbarzimmer nicht zu alarmieren. Nachdem er damit fertig war und wie zu erwarten nichts gefunden hatte, wandte er sich dem Fenster zu. Er konnte sehen, dass er der Ebenendecke recht nahe war, wobei recht nahe für ihn persönlich immer noch unerreichbar entfernt bedeutete. Leider ließen sie sich nur kippen, aber das Hartplastek aus dem sie bestanden ließ sich mit genügend Gewalt zertrümmern. Feuerrettungsleitern schien es aber keine in der Nähe zu geben. Ein möglicher Fluchtweg weniger.
Die Raumerkundung so abgeschlossen begann er damit seine Sachen auszuräumen und in Schrank und Bad einzuräumen. Schließlich würde er hier die nächsten Tage leben und sollte es sich daher besser wohnlich einrichten.
Nachdem er das erst einmal geschafft hatte, setzte er sich auf sein Bett und hielt alle bisherigen Erkenntnisse in seinem kleinen Notizbuch fest.
Zitat:- Revolutionskomitee und Räteregierung - Wie genau ist die Zusamensetzung?
- Stimmung in der Bevölkerung gemischt von begeisterter Teilnahme bis zu abwartender, ins negative schwankende, Neutralität
- Kirche der Transformation anscheinend wieder beteiligt und gewisser Bruder Renold genannt
- Insgesamt eher chaotische Stimmung unter den Aufständischen und wenig Disziplin und Einigkeit
- Derzeitige Empfehlung: Rädelsführer jagen, den Rest anschließend zerquetschen
Das beschriebene Blatt riss er anschließend aus dem Notizbüchlein und versteckte es im Kopfkissen. In keiner Weise ideal, aber er hatte später noch genügend Zeit sich einen besseren Platz zu suchen. Als nächstes sollte er dann wohl jetzt mal bei Rosi und den anderen Kneipen vorbeischauen und sich umhören. Alkohol löste schließlich die Zunge und gescheiterte Existenzen ließen sich dort zu jeder Tageszeit finden.
Aber wieder einmal überschlugen sich die Ereignisse und es wurde rundum einmal auf der ganzen Flurlänge an allen Räumen angeklopft. Seine Hand zuckte zum Halfter. Der falsche Reflex im jetzigen Moment. Der Schalldämpfer befand sich noch gut verpackt im Rucksack und wenn er nicht die Aufmerksamkeit der halben Herberge auf sich ziehen wollte, war jetzt Coolness gefragt und kein Schießeisen.
Die Ansage war deutlich und klang nicht schlecht. Rosi würde erst einmal auf ihn verzichten müssen.
Wieder einmal wurde ihm die Planung abgenommen, was derzeit wohl von Vorteil war. Ohne genauere Anhaltspunkte war es wohl besser sich mit dem Strom treiben zu lassen und erst später bei besserer Informationslage mit dem gezielten Schwimmen zu beginnen.
Die nächsten drei Minuten ließ er verstreichen, um sicher zu gehen, dass der Blockwart weit genug entfernt war, ehe er sich auf den Weg machte. Der Weg nach unten dauerte deutlich länger, als sein Hinweg. Da man anscheind alle Herbergsgäste da haben woltle, war der Andrang nach unten recht groß und der Fahrstuhl dauerbelegt. Cassian versuchte daher gar nicht erst auf Ebene 20 ihn zu warten und nahm die Treppen. Auf Ebene 13 kam er schließlich zeitgleich mit dem ächzenden Fahrstuhl an und quetschte sich mit dem einzigen hier Wartenden hinein, ehe es weiter nach unten ging.
Die Konferenzhalle war ein schlichter Raum, der jeglichen Schmucks, den er vielleicht einmal in Form von imperialer Symbolik besessen hatte, beraubt worden war. Zurückgeblieben waren nur die fein säuberlich aufgestellten Stuhlreihen und das Podium mit dem Rednerpult am anderen Ende. Dort ließ sich aber noch niemand blicken und so waren die Herbeigerufenen erst einmal unter sich. Cassian suchte sich einen mittigen Sitzplatz und ließ seinen Blick über die anderen Anwesenden streifen. Es war eine bunte Mischung, von einfachen Arbeitern, über Angestellte und Familien bis zu kleineren Gruppen aus militanter wirkenden Gestalten. Letztere gehörten wahrscheinlich am ehesten dem Revolutionskomitee oder einem seiner paramilitärischen Gruppen an und erinnerten ihn an die Männer, die bei seiner Ankunft die Militärkiste herumgeschleppt hatten.
Eine weibliche Stimme riss ihn schließlich aus seinen Grübeleien und er blickte die Sprecherin leicht überrascht an.
„Ist der Platz neben ihnen noch frei?“ Eine zierliche Frau, Typ Intellektuelle, lächelte ihn an.
"Ja, ja. Natürlich. Sind für niemanden reserviert."
"Freut mich. Ich heiße übrigens Lizzy." Sie hielt ihm ihre Hand hin, die er nach kurzem Zögern schüttelte. Cassian nutzte die Gelegenheit um sie kurz zu mustern. Brille mit runden Gläsern, leuchtenden braunen Augen und das lange brünette Haar offen tragend entsprach sie seiner ersten Einschätzung. Wahrscheinlich durfte er sich gleich etwas über politische Theorie oder Literatur anhören.
"Es ist immer schön hier neue Gesichter zu sehen." Sie kicherte. "Wahrscheinlich neu. Solange bin ich ja auch noch nicht hier und kenne noch nicht alle."
"Äh sie haben da schon richtig gelegen. Bin ziemlich neu hier. Erst heute angekommen. Gording mein Name. Gording Feyfar. Was wird das hier eigentlich jetzt genau? Was will dieser Bruder Renold uns sagen?"
"Oh das wechselt sich jedes mal ab. Wir haben hier immer viel zu tun. Mal geht es um die Organisation der Suppenküche, dann gibt es politischen Unterricht oder es werden Freiwillige für die Arbeit an der Revolution gesucht. Es ist gut, dass es endlich losgeht, wissen sie? Endlich können wir Bürger etwas bewegen und müssen nicht darauf hoffen, dass irgendein Amtsträger sich mal dazu hinab lässt unsere Bittschreiben anzunehmen oder die restliche Verwaltung und ihre Schläger von der PVSP uns nicht zu sehr quälen. Jetzt können wir uns im Revolutionskomitee und der Räteregierung beteiligen, Petitionen einreichen, die zügig bearbeitet werden, also soweit die Umstände es zulassen. Die Unterdrücker belagern ja unseren kleinen Hafen der Freiheit. Es darf ja nicht sein, dass wir es wagen nicht mehr nur zu buckeln, sondern auch zu fordern."
Cassian lächelte den ganzen Monolog über Lizzy milde an und nickte zustimmend. Wie es sich wohl anfühlen würde ihr vor der versammelten Menge einen Schockstab quer über den Schädel zu ziehen?
„Das klingt auf jeden Fall gut Lizzy. Aber du musst mir das später noch einmal im Detail erklären. So ganz verstehe ich das noch nicht.“
Sie strahlte ihn an, hocherfreut darüber einen potentiellen neuen Mitstreiter für die Sache gefunden zu haben. Gerade als sie zum nächsten Redeschwall ansetzen wollte und Cassian schon in Erwartung desselben innerlich die Augen verdrehte, begannen die Gespräche um sie herum zu ersterben und wurden nur noch von einzelnem Gemurmel unterbrochen, während sich alle Blicke nach vorne in Richtung der Tribüne richteten. Lizzy nickte mit ihrem Kopf in diese Richtung und schmunzelte ihm aufmunternd zu, während ihr Mund lautlos die Worte "Es geht los" formte. Cassian folgte ihrem Blick und sah Bruder Renold und dessen Begleiter, die jetzt wohl ihre Ansprache halten wollten. Showtime!
- 30 Schekel
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
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Der Saal füllte sich nicht nur mit Menschen, sondern auch mit dem Geruch ihrer Ausdünstungen. Diese rangen mit dem Aroma verschiedener Tabaksorten. Eine feinere Nase konnte dabei die Dominanz von Seetabak herausrichen. Diese zur Zigarilloherstellung genutzte Alkenform hatte einen markanten Geruch. Die Reklame sprach von Meeresbrise, die unpoetische Wahrheit lag eher bei Brackwasser. Allemal ließ der Redner nicht lange auf sich warten. Der Mann, der mit einer kleinen Entourage wie alle anderen durch den Haupteingang kam, war wenig spektakulär. Das sich um besagten Bruder Renold handelte, erkannte man nur daran, dass hinter ihm die große Saaltür geschlossen wurde. Ein hoch aufgeschossener Kerl. Dünn, aber dabei nicht schwächlich wirkend. Eher die Sorte drahtig und schnell. Zumindest war er das vielleicht gewesen, denn jetzt stützte er sich auf einen Spazierstock. Sein Schädel war haarlos. Wenn rasiert, dann so gründlich, dass sich kein Schatten nachwachsender Stoppeln zeigte. Das Gesicht war auf freundliche Weise nichtssagend. Jemand, dessen Lächeln man in der Menge überrascht erwiderte und den man dann gleich wieder vergaß. Das Markanteste waren vielleicht noch die Augen, die eine Spur zu groß und dunkel wirkten. Die Nase, lang und schmal, die Lippen sehr dünn. Die Wangen etwas eingefallen. Neben diesen natürlichen Attributen waren an den sichtbaren Partien von Hals und Brust frische Wundverbände zu sehen. Auch im Gesicht ließen sich blutige Male ausmachen. Zusammen mit dem Stock, auf dem er zum Podium stakste, ließ die Erkenntnis zu, dass er in den Kämpfen eine sehr aktive Rolle gespielt hatte. Renold blieb hier und dort stehen, um Hände zu schütteln oder ein paar Worte mit Anwesenden zu wechseln. Dann trat er an das Rednerpult und lächelte. Ein Glas Wasser wurde ihn von einem eifrigen Helfer hingestellt und das Mikrofon auf der passenden Höhe arretiert.
Danke… Er umklammerte den Rand des Rednerpultes, lehnte sich vor und blickte in die Masse der Anwesenden.
Meine Freunde… Bürger, Genossen, Kameraden, Brüder und Schwestern. Seine Stimme war tief und wohlklingend.
Ganz gleich wie ich euch anspreche oder wie ihr angesprochen werden wollt. Ganz gleich, welcher Hintergrund euch vor dem Aufstand, vor dem großen Wandel geprägt hat. Wir alle hier sind Gefährten des Schicksals, Zeugen einer großen Zeit, großer Ereignisse.
Solche Ereignisse können Angst machen. Ich war erst heute Morgen an der Viertelgrenze Richtung 443. Ich habe sie gesehen, die schwarzen Horden der Arbites, wie sie auf friedliche Demonstranten einknüppelten.
Und ja, das macht Angst.
Wenn man aber einmal durch diesen Schleier der Furcht hindurch sieht und hinter die starren Masken der Arbitratioren und PVS- Polizisten blickt, dann erkennt man, dass die es sind, denen die Angst in die verzerrten Fratzen gedruckt steht. Warum wollen sie denn in unser Viertel? Warum sind sie gerade hier so vehement, wo ihre Stadt doch an allen Ecken und Enden unter dem Aufstand der Rechtschaffenden, der Geknechteten erzittert? Warum, frage ich euch?
Die wolln den Baneblade! Kam es aus einer der hinteren Reihen. Bruder Renold ließ den ausgestreckten Zeigefinger in die ungefähre Richtung des Rufers schnellen.
Ganz genau! Die wollen den scheiß Baneblade. Gejohle von den Anwesenden.
Der ist ihnen nämlich von einer Brücke gefallen. Gelächter und Pfiffe.
Überlegt euch das, Freunde. Sie setzen ihren ganzen Unterdrückungsapperat in Bewegung, all die kleinen Schweinchen und Schmeißfliegen, um einen albernen, elenden Riesenpanzer zu bergen.
Das sind nämlich ihre Symbole und ihre Götzen. Maschinen und Dinger aus Ketten und Kanonen, Stahl und Rohren, die Dreck in die Luft kotzen.
Dinger, die zerstören und töten, zerquetschen.
Dinger, die alles nur kaputt machen können. Mit gekrümmten Fingern tat er, als würde er ein imaginäres Objekt zerdrücken.
Das ist ihr Gott. Nicht der Imperator auf Terra, oh nein… Sie verehren die Zerstörung und den Tod. Ihre Stärke nährt sich aus Dingen, die sie laden können, aus Panzerplatten, mit denen sie sich ummanteln können.
Aber was sind sie darunter, frage ich euch?
Ängstliche Kinder mit verkümmerten, schwarzen kleinen Herzen.
Ich hasse sie für das was sie uns antun.
Aber sie tun mir auch Leid. Er ließ eine kurze Pause, als bedachte er diese Bemitleidenswerten mit einer angedeuteten Schweigeminute.
Unser Symbol sind die Menschen, seid ihr alle, wie ihr hier versammelt seid.
Wir erheben uns aus der Dunkelheit und dem Zwielicht der Wohnhabitate, der Fabriken und der unteren Ebenen. Wir kommen aus der Dunkelheit, aber unser Banner ist das Licht. Keine Jahrhunderte alten Fetzen und Standarten, die stolz vom ewigen Morden plärren.
Wir sind hier, wir sind heute und wir lassen uns nicht mehr einschüchtern und nicht mehr niederdrücken. Ihre Schlagstöcke und Elektrowaffen, ihre Gewehre und Panzer mögen Angst machen. Die nackte Furcht aber sitzt auf ihrer Seite, sitzt in ihren Köpfen. Sie fürchten das Licht der Freiheit, das aus uns strahlt und sie blendet.
All ihre Mauern und Panzerplatten konnten ihren Gouverneur und ihre hohen Herrschaften nicht vor dem Zorn des Volkes schützen.
Jetzt versuchen sie neue Mauern aufzubauen. Nicht aus Beton und Stahl, sondern aus Lügen. Sie erzählen uns, ihr Gouverneur würde noch Leben.
Ihr habt die Bilder gesehen, von den Trümmern ihrer sogenannten Ratshalle. Von dem blutigen Tribut, der nach den Dekaden der Unterdrückung jetzt eingefordert wurde. Aber ihr Gouverneur ist diesem Tag der Sühne entgangen? Er allein ist dem Richtschwert entkommen?
Ich bitte euch… für wie dumm halten die uns?
Denken die, wir glauben, das Geplapper ihrer Marinonettenpresse, die uns weismachen will, nur zwei, drei Viertel würden den Aufstand wagen? Ich sage euch, ich kann die nackte Panik in den Augen ihrer dekadenten und perversen Nachrichtensprecher sehen. Sie tropft zwischen jeder Zeile der Systempresse heraus, wie Angstschweiß.
Ihr habt sicher noch nie davon gehört, dass eine Welt sich aus dem Würgegriff des Imperiums befreit hat. Wehe dem, der es versucht. Dann schicken sie die imperiale Armee oder die Space Marines. Genauso laut mit den Händen sprechend, wie mit seiner vollen Baritonstimme, wedelte er theatralisch, wie wenn man eine harnebüschende Schauergeschichte vortrug, die man selbst unmöglich ernst nehmen konnte. Seit unserer Kindheit werden wir mit diesen Märchen vollgestopft, um ja keinen Zweifel keimen zu lassen.
Freie Welten?
So etwas gibt es da draußen nicht. Es gibt nur das Imperium oder die ach so bösen Xenovölker.
Unsinn, sage ich.
Unsinn, Unsinn, Unsinn. Bei jeder Wiederholung schlug er vernehmlich mit der flachen Hand auf das Pult. In diesem Universum gibt es natürlich Gefahren und natürlich gibt es dort Schrecken. Aber wisst ihr, was es dort noch gibt?
Die Freiheit!
Ich habe mit jenen gesprochen, die weit höher in unserer Organisation stehen als ich und sie haben mir von der Freiheit vom Joch des Imperiums erzählt. Eine spirituelle, aber auch eine ganz reale, ganz und gar körperliche Freiheit.
Ihr wisst vermutlich, warum man mich Bruder Renold nennt. Nun, ich habe auch einige Geschwister, dass will ich euch sagen. Aber den Bruder habe ich als Titel bekommen, weil ich ein Diener der Kirche der Erneuerung oder, wie einige sagen, der Transzendenz war und bin.
Ja, ich stehe dazu, auch wenn ich die ganzen Lügen kenne, die die über uns verbreiten. Wir hätten Massaker begangen. An Zivilisten, an Frauen und Kindern.
Aber natürlich. Er überbetonte das “natürlich”, um es ad absurdum zu führen. Wir, die wir Jahre lang die Ärmsten der Armen gespeist, gekleidet und versorgt haben, wir töten diese Schutzbefohlenen ganz unvermittelt. Nicht etwa die Bestien, die ihre Bevölkerung seit Jahrhunderten prügeln und abschlachten.
Ja, für wie dumm halten die uns da oben überhaupt? Zustimmung aus den Reihen. Eine schwer zu fassende, eine sehr allgemeine Wut auf das Große und Ganze, auf die, die physisch und gesellschaftlich über den hier Versammelten lebten.
Ich will euch von meiner Schwester erzählen. Ihr Name war Evolet und wenn sie auch nicht direkt mit mir verwandt war, war sie mir doch nah, als hätten wir an der selben Mutterbrust gelegen. Auch sie war stark im Glauben an die Transzendenz. Sie war überzeugt davon, dass wir Menschen Hass, Gier, Machtstreben und unsere Kleinlichkeit abstreifen können und in der Transzendenz einem höheren Gut dienen können. Mit diesem Glauben im Herzen waren wir am Tag des großen Angriffes bei den Menschen. Natürlich hat man uns in diese Pläne nicht eingeweiht. Das war auch gar nicht nötig, da wir auf die Weitsicht und die Weisheit unserer großen Denker und Planer vertrauen konnten und können. Unsere Aufgabe war es, bei den Menschen zu sein. Sie zu beruhigen und zu führen, wenn die Stunde des Umbruchs endlich erfolgt. Und genau das taten wir. Wir brachten unseren Mitbürgern die große Transzendenz näher, als sie erschüttert und erschrocken waren. Als sie die Ereignisse noch nicht richtig einzuschätzen wussten. Wir taten das gute Werk der Dinge, die da kommen. Warum aber, fragt ihr mich jetzt vielleicht, stehst du dann heute alleine vor uns Renold? Seine Stimme zitterte und der Schmerz darin schien nicht gespielt zu sein. Die… er deutete nach oben, haben sie mir, haben sie uns genommen.
Ein Konvoi der PVS- Unterdrücker fuhr vorbei und von der Ladefläche eines LKWs haben sie geschossen. Einfach so. Sie konnten nicht erkennen, wer wir waren oder auch nur ausmachen, wo in einer Gruppe von Bürgern wie uns aufhielten. Sie haben einfach in die Menge geschossen. Evolet wurde getroffen, einige Umstehende und ich. Doch wo ich meine Verletzung überlebte, starb meine Schwester an jenem Tag.
In meinen Armen. Er haderte sichtlich mit sich. Den Kopf gesenkt und die Hände um den Rand des Pultes geklammert.
Lass es raus, Mann! Rief jemand. Neben Cassian rief Lizzy: Wir werden sie nicht vergessen, Bruder. Sie wird auch unsere Schwester sein.
Ja… In der Transzendenz.
Die Schweine werden dafür bezahlen.
Ich danke euch, meine Freunde. Wie kann das Regime hoffen uns niederzudrücken, wenn so gute Menschen gegen so plumpe Boshaftigkeit stehen? Ich weiß natürlich, dass jeder von euch eine ähnliche Geschichte von Schmerz und Verlust hat. Ich wollte euch mit meiner auch nur erzählen, um noch einmal zu verdeutlichen, dass ihr nicht auf die Propagandamaschine der Unterdrücker hereinfällt. Egal was ihr hört, in den Systemmedien oder aus den Mündern ihrer Büttel. Wir sind nicht allein. Nicht im Imperium und nicht auf Koron. Andere Ebenen und Viertel kämpfen den gleichen Kampf wie wir und sie halten nicht nur aus, sie siegen. Ich kann nicht so gut reden, wie unsere Freunde an der Spitze unserer Bewegung. Sie können diese Dinge so viel besser und strahlender erläutern. Ich kann euch nur sagen: Wir sind mehr als die und im Gegensatz zu denen haben wir nur ein Leben voll Unterdrückung zu verlieren, aber alles zu gewinnen.
Geht also zu euren Abschnittsbeauftragten und fragt, wie ihr helfen könnt. Wer nicht kämpfen kann, der soll sich um Verwundete kümmern oder Essen und Wasser zu den Vierteln bringen, die am härtesten bedrängt werden.
Unser Freund Eduard wird im Anschluss ein paar organisatorische Dinge mit euch besprechen. Ich werde auch noch eine Weile hier sein. Solange, wie es mein Zustand zulässt. Ich würde mich freuen mit euch ins Gespräch zu kommen.
Ich danke euch.
Wir sind mehr!
Applaus brandete auf, als Renold vom Rednerpult wegtratt und einem kleinen, untersetzten Mann Platz machte, bei dem es sich um Eduard handeln musste. Dieser verlegte sich auf sehr viel nüchterne Ansagen. Etwa über den momentanen Stand der Arbitesattacke. Dieser begegnete man zur Zeit noch mit starkem, aber kaum tödlichem Widerstand. Molotowcocktails, Steine, Flaschen und Knüppel. Das würde die Ordnungskräfte nicht aufhalten, aber genug Zeit erkaufen, um effizientere Waffen zu verteilen und Stellungen auszubauen.
Dann würden sie keinen Aufstand mehr haben, sondern einen Krieg. Einen Befreiungskrieg. Cassian erfuhr, dass die Struktur nach Wohnblöcken organisiert war. Es gab jeweils einen Abschnittsbeauftragten, der Zuteilungen und Kämpfer einteilte. Der Schutz der Habs lag im Fokus, aber außerdem gab es noch Kampfgruppen, die ihre eigene Befehlsstruktur hatten und unabhängig operierten. Wenn man all das so hörte, mochte man meinen, der Widerstand sei straff organisiert. Das allerdings stimmte nur zum Teil. Tatsächlich wohnte dem Ganzen eine gewisse, chaotische Effizienz inne. Doch bei Weitem waren nicht alle Bewohner im großen Stil in die Revolte involviert. Es gab jene, die sich an den Protesten beteiligten, weil sie vielleicht nicht sahen, dass es über eben diese Proteste hinausging, was hier geschah. Sie befürchteten Tränengas, Schlagstöcke und Arrest. Aber keinen Bürgerkrieg.
Dann waren da noch die, die nur versuchten das ganze Ungemach zu überstehen. Man konnte in den Gesprächen ringsherum verschiedene Meinungen zu diesem Thema hören. Einige sagten, man müsse auch diese Entscheidungen respektieren, andere plädierten dafür, härter gegen die vorzugehen, die nicht klar auf der Seite der Revolution standen. Nachdem Eduard geendet hatte, franzte die Veranstaltung in eine Art revolutionäres Happening aus. Die Türen wurden wieder geöffnet, einige verließen den Saal. Andere standen in kleineren Gruppen zusammen und diskutierten verschiedene Sachverhalte.
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Verharmlosung des Aliens. Verächtlichmachung des Imperiums. Aufruf zum Separatismus. Anzettelung zu einem Aufstand. Irreführung der Öffentlichkeit durch Falschnachrichten. Ein Kapitalverbrechen nach dem anderen. Jahrzehntelange verschäfte Isohaft war noch das Harmloseste, was Renold drohte. Die öffentliche Hinrichtung von ihm und zwei weiteren Generationen seiner Familie das höchste. Aber alles zu seiner Zeit. Dafür gab es hier zuviele weitere, die man auch des Verrates anklagen konnte. Während seine Gedanken ratterten und versuchten alles einzuordnen, ließ er sich äußerlich nichts anmerken und hatte eine leicht interessierte Miene aufgesetzt.
Renold war gefährlich, ein Aufhetzer, Bauernfänger und begnadeter Redner. Die Anwesenden waren Wachs in seinen Händen und er formte sie gerade nach Belieben für seine Ziele. Die Masse war immer leicht lenkbar, impulsiv, empfänglich für Emotionen, leichtgläubig und einmal erregt blindwütig in ihrem Eifer. Cassian hatte ihr schon damals auf Terra, als er noch Mitglied bei den Terranischen Ordnungsstaffeln war, misstraut, seit seinem Beitritt zum Arbites und umfangreichen Weiterbildungen über Massenpsychologie verachtete er sie. Wenn man Teil von ihr war, konnte einem auch noch so keine gute Bildung und kritische Rationalität helfen, wie er es gerade bei Lizzy sah, die irgendwelchen Blödsinn über die Schwester von Renold hinausblökte. Sein ohnehin nicht großer Respekt ihr gegenüber war damit endgültig über Bord gegangen. Falls auch nur irgendein Teil von Renolds Schnulze wahr war, hatte Evolet ihr Schicksal verdient. Für die Massaker, die seine Sekte angerichtet hatte und die er jetzt dreist dem gohmorischen Staat unterschob, um billig Mitleid abgreifen zu können. Cassian atmete tief durch und fokussierte sich wieder auf das Geschehen. Es würde sich noch die Gelegenheit ergeben Renold zu bestrafen.
Glücklicherweise war der jetzt mit seinem Geschwätz fertig und heischte nochmal für Mitleid, bevor er für jemand mehr interessantes Platz machte. Dass die Aufständischen mit Waffen gegen die Staatsorgane vorgehen würde, war nicht sonderlich überraschend, aber eine grobe Beschreibung ihrer Organisation zu erhalten war ganz nützlich. Wie zu erwarten gab es einen harten Kern, um den sich Mitläufer und eine passive Masse gruppierten und ihm Deckung boten. Das es parallele Befehlsstrukturen gab, würde es natürlich später schwierig machen alle Rebellen auszuheben. Aber am wichtigsten war es jetzt ja vor allem mit Louise die Spinne in ihrem Netz zu finden.
Das nicht alle an einer Eskalation der Situation interessiert waren, konnte er aus genauso aus dem Gemurmel, das Eduards Vortrag begleitete, heraushören, wie auch diejenigen, die jetzt schon an internen Säuberungen interessiert waren. Erstere merkte sich Cassian schon mal vor, da ihre Ahnungslosigkeit ihm zeigte, dass es hier noch genügend Menschen gab, die nur in den Bereich nützliche Idioten fielen und damit für ihn nur ein geringes Risiko darstellten, während er sich die Gesichter der Scharfmacher für die Fahndungslisten einprägte.
Jetzt musste er nur mit den Leuten in Kontakt kommen, ohne sich ihnen zu offensichtlich aufzudrängen.
„Und habe ich dir zuviel versprochen?“ Lizzy strahlte ihn mit leuchtenden Augen an.
„Ist auf jeden Fall erstmal viel zu verdauen. Ren… Bruder Renold ist auf jeden Fall überzeugend. Hat da schon auf einige Schweinereien hingewiesen über die ich mir bisher nie Gedanken gemacht habe.“
"Ich wusste doch, dass es etwas für dich sein könnte. Komm ich stell dich den Anderen vor."
Bingo. Cassian verkniff sich ein Lächeln und folgte Lizzy. Die meisten von ihnen waren, wie sich herausstellte Maulhelden, Kanonenfutter und Träumer. Sie mochten jetzt als Revolutionäre schauspielern, gewichtige Reden halten und darüber philosophieren, wie die zukünftige, gerechtere, Gesellschaft aussehen sollte, aber sie warren unwichtig. Mit ihnen würde jede noch so gewöhnliche PVSP Streife fertig werden. Cassian tauschte trotzdem mit ihnen Höflichkeiten aus, lachte über ihre Witze und gerierte sich als ahnungsloser Haudrauf, der durch Bruder Renolds Rede sein goldenes Herz entdeckt hatte. Aus den Augenwinkeln warf er dabei immer wieder kurze Blicke in Richtung jenes Priesters, um sicherzugehen, dass er noch nicht den Saal verlassen hatte.
Als letztes begaben sie sich zu Renold. Aus der Nähe konnte Cassian sehen, dass der Priester einen kahlen Schädel hatte und die ruhigen, unergründlichen Augen etwas zu dunkel und zu tief.
Dieser Renold ähnelte damit stark den anderen Kultisten, die sie aus den Ruinen der Ratshalle gezogen hatten und die anderswo in Gohmor aufgegriffen worden waren. Immer Glatzen und merkwürdige Augen. Soweit er es im Revier mitbekommen hatte war diese Ähnlichkeit nicht auf Operationen oder ähnliches zurückzuführen. Es schien vielmehr als wären sie in dieser Hinsicht irgendwie verwandt, auch wenn das ziemlich unwahrscheinlich schien. Das würde sonst bedeuten, dass es einen riesigen miteinander versippten Clan in Gohmor gab. Und das hätte ihnen beim Arbites auffllen müssen.
„Vater Renold, ihre Rede heute hat mich sehr berührt. Es tut mir wirklich um ihre Schwester leid. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was sie gerade durchmachen müssen.“
„Danke Lizzy. Es ist gerade wirklich eine schwere Zeit für mich, für uns alle hier. Aber wer ist dein Freund hier?“
Bevor Lizzy antworten konnte, streckte Cassian seine Hand aus, ergriff die Rechte Renolds und schüttelte sie. Sie war trocken und warm und er konnte Renolds Kraft in ihrem Griff spüren.
"Feyfar. Äh Gording Feyfar um genau zu sein. Ich komme eigentlich nicht von hier. Komme ja ursprünglich aus Block 13-Rot/2, aber da rollt der Arbites jar ein. Muss das wohl nicht genauer beschreiben. Sie waren ja auch gerade erst an der Viertelgrenze. Ein riesiges Durcheinander. Habe dann meine Beine in die Hände genommen und bin hierher gekommen.
Konnte mir bisher nicht groß was unter der Revolution vorstellen, aber was sie eben erzählt haben klang gut Vater." Cassian grinste ihn verlegen an. "Müsste das alles natürlich noch besser erklärt bekommen. Das war ja vorhin nur die Kurzversion." Er gab Lizzy einen Klapps auf den Rücken unter dem sie kurz, erschreckt zusammenzuckte. "Vielleicht kann Lizzy mir ja da helfen. Sie steht ja voll hinter der Revolution und sie, Vater, haben wahrscheinlich eh zu wenig Zeit, um das mir zu erzählen.
Äh ja, bevor ich noch zuviel quatsche. Ich habe früher meinen Wehrdienst bei der PVS gemacht, war dann jahrelang Türsteher und Wachmann." Er hustete verlegen. "Ist wahrscheinlich nicht unbedingt das, was sie jetzt brauchen für die Revolution. So'n Arzt oder Ingenieur wäre für die Menschen hier wahrscheinlich viel praktischer..."
Das war jetzt natürlich sehr direkt, aber was anderes würde man ihm mit seinem Körperbau und Habitus wohl nicht abnehmen.
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
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06-11-2023, 03:13 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-11-2023, 08:52 PM von Waldorf.)
Es war früher morgen gewesen, als sich Waldorf und Glen aus dem Teil der alten Schola begeben hatten, der ihnen zugewiesen worden war. Man warf einen festen Blick über den Hof, begutachtete das begrenzte Treiben der Übergangsphase zwischen Nachtwache und Tagbetrieb. Noch während der Squat einen Becher dampfenden Koffein-Extrakts in seiner Hand hielt, stand sein Kollege einfach nur da und blickte sich einen Moment um. Man nickte sich hier und da zu, erntete einen Schulterklopfe durch andere, müde Ranger, die jetzt ins Bett gehen würden. "Verdammt gute Arbeit, Kamerad. Kaum Eindringlinge heute Nacht und fünf neue Freiwillige gestern. War sogar ein Arzt dabei. Naja, ein Tierarzt, aber immerhin!" Der Kerl lachte. Erneut nickte Waldorf, während sich seine neuro-gestützte Hand krampfhaft ballte, er aber keine Miene verzog. Dem Imperator sei Dank würde es einen Stau geben.
Obwohl er und Glen extra früh aufgebrochen waren, um das Klinikum zwischen zwei Stoßzeiten zu erreichen, hatte es Stunden gedauert, die gefühlt kurze Strecke zwischen dem Hauptquartier der Rangers und dem Hospital zu erreichen, in dem Waldorfs Zielperson lag. Dennoch hatten er und der Squat kaum ein Wort gesprochen, denn der Axisianer war in seinem Sitz eingeschlafen, kaum dass sie die Basis verlassen hatten. Es waren Momente wie dieser, in denen sich Glen die heimliche Blöße gab, seinem Kumpel gegenüber nicht herum zu feixen, sondern ihn fürsorglich in Frieden zu lassen. Es war selten, dass der Mensch sich in Gegenwart anderer so gehen ließ und das wusste er.
Dementsprechend zürnend stierte der Squat dann auch in seinen Rückspiegel, als er hinter sich einen anderen Fahrer bemerkte, der frustriert aufhupte. Laut. So laut in Fakt, dass es Waldorf im Schlaf zusammenzucken ließ, als habe ihn eine Explosion erschüttert. Eines seiner Lider zuckte im Schlaf; Farbe wich aus Waldorfs Gesicht, mehr als sonst schon. Er murmelte gequält und erntete einen sorgenvollen Blick Glens, ehe sich aus seinem heruntergekurbelten Fenster lehnte und zum Verursacher des unnötigen Hupkonzerns hinüber stierte, inklusive erhobenem Mittelfinger. "He! Arschloch! Das ist hier ein Krankentransport, du Untermensch! Lass die Klaue von der Hupe, sonst schiebe ich sie dir in den Arsch!" Der Fahrer hinter Glen schien wenig beeindruckte und gestikulierte ein klassisches "Komm-Doch-Her!", ehe er seine Tür aufsperrte und ausstieg. Glen tat das selbe, sprang von der Aufstiegspritsche des Trucks und hielt nichtmal inne, als er erkannte, dass sein gegenüber gut zwei Meter groß und gebaut wie ein Kühlschrank war. Tatsächlich war es der Hüne, der angesichts des Squats Halt machte, aber in erster Linie, um mit dem Finger zu zeigen. "Ha! Was bist du denn für einer?!" Glen hielt daraufhin ebenfalls an, musterte den Riesen demonstrativ und zuckte mit den Schultern. "So wie du aussiehst, könnte es sein, dass ich dein Alter bin. Ging deine Mama mal anschaffen?" Worauf der Riesenkerl nicht mehr amüsiert dreinblickte und in Begriff war, über Glen herzufallen, aber innehielt, als der Squat einen Tleskopstab zückte und mit dessen Kopfende gegen seinen Truck klopfte. Die Spitze fuhr auf und formte ein elektrisch knackendes Y. Der Squat grinste finster. "Das Teil hier brennt angeblich Löcher in Perma-Crete. Neugierig?" Plötzlich wirkte der Riesenkerl relativ zahm, hob beide prankenhaften Hände empor und ging wieder zurück zu seinem Wagen. Der Stock wurde entschärft und weggepackt, ehe Glen zurück in die Fahrerkabine kletterte und stirnrunzelnd nach Waldorf sah. Dieser hatte sich während des Zwischenfalls kaum gerührt. Man atmete auf und schaltete die Luftaufbereitung ein, um sich die Wartezeit angenehmer zu machen. Dabei machte Glen ein Gesicht, als wäre er glatt etwas enttäuscht, sich nicht weiter mit dem Staukollegen streiten zu können. Stattdessen hieß es weiterhin zu warten.
Erst als der Truck das Krankenhaus erreichte, wurde Waldorf schließlich geweckt. Nicht mit einem sanften Stupsen, oder etwas änlichem, sondern mit einem freundschaftlichen Schubser, der Waldorf hochschrecken ließ. Glen reichte ihm ein angezündetes LHO und ein paar Tabletten, der der Axisianer dankbar nickend annahm. "Ne Ziehse und 'ne Alca-Melter. Echtes Männerfrühstück. HA!" Waldorf winkte ab. Ihm war nicht nach Späßen, stattdessen nahm er die Kautablette ein und zog am LHO. Durchatmen. Sammeln. In Formation treten. Weitermachen.
Das nachfolgende, kurze Gespräch zog dabei an ihm vorbei, als umgäbe ihn ein Nebel aus weißem Rauschen. Gefangen in seinen eigenen Gedanken und der entkaternden Wirkung der Tabletten ausgeliefert, nahm Waldorf fast wie ein Servitor das Päckchen Pralinen einfach entgegen und stieg aus dem Wagen. Erst das Klacken der zugeworfenen Tür drang durch den Nebel seines sickergrubenhaften Verstandes. Trotz Urlaubs fühlte sich Waldorf, als wäre sein Kopf voller Lärm gewesen und wer ihn außerhalb seiner Routine erlebte, der sah das auch. Wieder ballte der Mann seine gestützte Hand krampfhaft, nachdem diese ein Zucken durchfahren hatte. Er atmete durch, machte sich gerade und marschierte los in Richtung des Krankenhauses. Nicht als Patient, sondern als Besucher und dazu passend wurden seine Knie weniger weich, sein Blick klarer und sein Gebaren fester, mit jedem Schritt, den er tat. Routine, Zwanghaftigkeit und Alca-Melter waren ein wahrer Höllencocktail. Waldorf rauchte sogar noch vorbildlichst sein LHO zuende, ehe er das Gebäude betrat. Sehr zur Anerkennung einiger Schwestern, die sich gerade selbst eine Pause gönnten. Ebenso vorbildlichst durchlief er die Überprüfung auf Waffen, legte seine lizensierte Dienstwaffe sogar selbstständig vor. Er war einfach diese Art Mensch, wenn es darauf ankam.
Ein Teil Waldorfs rollte mit den Augen ob seiner bemühten Aufmerksamkeit, würde er doch nun sicher wenigstens eine Stunde damit zubringen, Formulare auszufüllen, bis man ihn endlich warten lassen würde. Doch er war hier, um den Mann zu besuchen, ohne den er vermutlich nicht mehr leben würde. Dementsprechend seufzte er, wie so viele vor ihm und machte sich bereit, sich der leidenschaftslosen Liebe der Bürokratie zu stellen. Dabei betete er bereits innerlich für Glück bei der Bearbeitung, oder dass ihn der Blitz treffen möge. Beide würde dafür sorgen, dass man ihm hier wenigstens irgendwie helfen würde.
Der Blitz sollte ihn aber wohl verschonen, denn endlich schienen die vielen, grässlichen Interviews auch einmal persönlich etwas zu bringen. Man schenkte der erst kalten, dann überraschend warm-ausstrahlenden Frau ein bescheidenes Nicken. "Haben nur unsere Arbeit gemacht. Bedauerlich, dass das überhaupt nötig war und ja, ich habe es gesehen. Bedauerlich, dass so viele andere keine Rettung erfuhren." Da war er, der Aushänge-Ranger, der die imperialen Wunder bemerkte, vor allem aber die Tapferkeit und das Leid der Menschen, die Würdigkeit der Gläubigen und Tapferen Massen beglaubigte. Er lächelte charmant, fühlte sich tatsächlich etwas geschmeichelt, vergaß angesichts von Dolores' Freundlichkeit (so schmierig sie sein mochte) glatt für einen Moment, wer er war und warum er hier stand. Es war ein schöner Augenblick. Vielleicht würde er sie sogar wirklich anrufen.
So ging es über die diversen Gänge des Klinikums. Der Geruch von Wasch- und Desinfektions-Mitteln mochte einem eine Gänsehaut bereiten, wenn man sie nicht gewohnt war, doch immerhin war dieser Ort ruhiger, als die Lazarette, die Leute wie Kruger und Waldorf gewohnt waren. Keine Feld-Operationen, keine Verwundeten, deren Hände hilfesuchend nach einem ausgestreckt wurden. Hier war alles einigermaßen unter Kontrolle. Dennoch erschrak Waldorf für einen kurzen Moment, als er am Ende der Gänge jemanden erblickte, der wie eine Priesterin gekleidet war. Eine sanft dahinschwebende, verhüllte Gestalt, die Lichtblitze vor Waldorfs innerem Auge aufzucken ließ, sodass er kurz erfror und keuchte, ehe ihn seine Schritte eilig abbiegen und endlich den Korridor erreichen ließen, den er gesucht hatte. Er lehnte sich an eine der Wände und atmete ein paar mal durch. Eine kurze Pause, bevor er weitermachte; Ein Augenblick heilsamer Einsamkeit, bevor er sich seine Husarenweste zurecht rückte und ein paar Mal an Krugers Zimmertür klopfte und ruhig eintrat.
Noch während er betont ordentlich die Tür hinter sich schloss und ehe er einen Blick in den Raum geworfen hatte, warf er ein paar ruhige, fast lockere Worte in den Raum. "Für heute ist Schluss mit Interviews und Autogrammen, Kruger. Ich hoffe, du hast noch Zähne um grässliche Pralinen zu durchleiden." Erst als der Raum abgesperrt war, warf Waldorf einen routinierten Blick auf das, was vor ihm lag, ließ sich bewusst nichts anmerken, ungeachtet dessen, was vor ihm lag. "Das Fräulein von der Presse, nehme ich an. Ich wurde auf dem Weg gebeten, Ihnen auszurichten, dass Sie gehen möchten. Ihre Besuchszeit ist um." Das sagte er mit so alltäglicher Selbstverständlichkeit und Ruhe, dass man fast Langeweile dahinter vermuten wollte. Als wäre er selbst Teil des überarbeiteten Krankenhauspersonals.
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Als Waldorf eintrat, stand die Reporterin neben dem Kopfende des Krankenlagers.
Wer mit schlüpfrigen Gedanken an dieses Bild herangegangen wäre, hätte so manches interpretieren können. Kruger lag mit hoch rotem Kopf in den Kissen. Die Augen halb geschlossen und nach Luft ringend. Die eine Hand, die er noch hatte, krallte sich in das Laken.
Die Frau lächelte verlegen. Auch sie schien erregt zu sein und zupfte sich ihr aufwendiges Kostüm mit der einen Hand zurecht, während sie mit der anderen eine Strähne aus dem Gesicht strich.
Meine Güte. Flötete sie und ließ ein verlegenes aber gleichwohl bezauberndes Lächeln zu Waldorf herüber flattern.
Das rücksichtsvolle Klopfen an der Tür hatte genügend Sekunden gelassen, um alles Unschickliche zu beenden. Tatsächlich schien derartiges hier aber nicht vonstatten gegangen zu sein. Kruger war zu solchen Vergnüglichkeiten wohl auch gar nicht in der Lage.
Ich habe ihm ein zusätzliches Kissen unter den Kopf gelegt. Erklärte sie mit besorgter Miene und streichelte dem Soldaten mit dem Handrücken über die Wange. Er schien schlecht Luft zu bekommen und ich war drauf und dran einen Arzt zu holen. Aber er atmet schon wieder ruhiger.
Tatsächlich gab es ein Licht und einen unaufdringlichen Signalton an dem Überwachungsgerät, mit welchem Kruger über Schläuche und Kabel verbunden war. Beide Signalgeber schienen aufgeregt, wie Vögel in einem geschüttelten Käfig. Aber just in diesem Moment beruhigten sie sich wieder und versahen ihren Intervaldienst in einlullenden Abständen. Normalerweise wurden diese Einrichtungen manuell überwacht. Ärzte und Pflegepersonal warfen einen Blick auf die Anzeige und entschied was zutun war. Gut möglich, dass man Kruger, Held und propagandistisches Rohmaterial das er war, eine Sonderbehandlung zukommen ließ und seinen Zustand irgendwo beaufsichtigte. Doch zum einen war die vorbereitende Operation gut verlaufen und zum anderen schien sich der kleine Hüpfer in der Atmung ja zu stabilisieren. Es war also unwahrscheinlich, dass jemand mit wehendem Arztkittel hier in den nächsten Sekunden auftauchen würde.
Mein Name ist Tober, Simone Tober, vom Gohmor Guardian. Die Reporterin trat Waldorf entgegen, wodurch sie so stand, dass der neue Besucher keinen unmittelbaren Blick auf den Liegenden hatte.
Außerdem stand sie nun so am Fußende, dass das Messer weniger als eine Armeslänge von ihr entfernt lag. Der Fußteil des Rahmens verhinderte Waldorf die Klinge sehen konnte.
Ich hätte nicht erwartet, dass so spät jemand… warten Sie.
Sind Sie nicht?
Aber ja… sie sind Lars Ebrahim Waldorf von Bersting, Held und Schlächter von Monstern jedweder Art.
Na wenn mir da nicht das Schicksal winkt. Zwei hochdekorierte Fliegen mit einer Klappe.
Das heißt ja eigentlich nur mit einer. Der gute Arius scheint mir noch ein wenig desolat.
Ich wollte ihn auf Basis unserer Bekanntschaft besuchen. Aber er ist noch nicht wirklich wieder ganz bei sich.
Aber vielleicht haben sie ja Zeit und Lust ein paar Sätze mit mir zu wechseln.
Legen sie doch das Naschwerk auf den Tisch, da zu meinem Blumenstrauß.
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13-Rot/2, sagst Du? Davon habe ich gehört. Ist es immer noch so schlimm mit dem Ruß der Dampfloks? Die schwarzen Pechgruben, die Renold als Augen dienten, schienen sich an den grünen Augen ihres Gegenübers festsaugen zu wollen. Durchdringen, die Wahrheit herauszerren. Ein Lügner erkannte den anderen.
Cassian wirkte unsicher, sah zu der Frau neben sich, als suche er dort Schützenhilfe. Aber Lizzy lächelte nur ihr breites Jetzt-wird-bald-alles-gut-Lächeln. Verzeiht wenn ich sie da korrigiere, Vater, is nicht böse gemeint. Aber die Dampflokstrecke führt durch 13-Rot/4. Das ist ein gutes Stück weg. Wir haben den Ruß manchmal auf den Mützen, aber meist schafft es unsere Umwälzanlage noch.
Richtig, lachte Renold und es klang erschreckend aufrichtig. Wie dumm von mir. Rot/4, das war es. Ich bin schon so viel herumgekommen, dass man da manchmal was durcheinanderbringt. Soll ziemlich übel dort sein.
Ja, habe ich auch gehört. Der Arbites zuckte die Schultern. Sektion 17 ließ ihre Agenten nicht unvorbereitet ins Feld ziehen.
Plaudernd begaben sie sich zu dem Tisch, auf dem eine Pumpkanne mit Tangkahve stand, umringt von einigen Kunststoffbechern. In Renolds Nähe stand immer ein Mann mit Pockennarben und einer Nase, die eher an Rübe als an Riechorgan denken ließ. Er war klein, hatte aber die Implikationen eines Schlägers, der als zweiten Lösungsweg nach den Fäusten das Messer wählte. Es war recht eindeutig, dass er der designierte Leibwächter Renolds war. Daraus machte er auch nur halb einen Hehl.
Ärzte und Architekten sind gut, lieber Junge. Der Kahlköpfige schenkte sich einen Becher voll ein und schaufelte dann vier Löffel Aspartam in die Brühe. Aber in der jetzigen Phase der Revolution sind Männer wie du gefragt. Kämpfer, die wissen, was es heißt, einen Widerstand zu organisieren. Viele betrachten den Schlag gegen die Ratshalle noch als eine losgelöste Aktion. Ich kann ihnen dies nicht einmal verübeln. Dieser Angriff, wie auch die Vernichtung des Baneblades waren so gewaltig, so unglaublich und ungeheuerlich, dass ihr Verstand zwar begreift, dass diese Ereignisse mit der Sache zu tun haben. Aber trotzdem bleibt es für sie abstrakt. Viele verstehen nicht wirklich, dass die Demonstrationen und Menschenketten mit all dem direkt in Verbindung stehen.
Wie soll ich das sagen, sie verstehen es, aber sie begreifen es nicht.
Ich verstehe es Vater. Warf Lissy eilfertig ein. Renold lächelte wieder. Es schien ihm auch zu gefallen, dass er vom Bruder zum Vater avanciert war.
Das weiß ich Lissy, das weiß ich. Er schenkte ihr einen Blick, mit dem man einen herumtollenden Schoßhund bedenken mochte, weil dieser felsenfest davon überzeugt war, ein Wolf zu sein.
Worauf es in dieser Stunde ankommt, er richtete das Wort wieder an Cassian, ist die Entschlossenheit zu besitzen, das zu erledigen, was erledigt werden muss. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese entscheidende Eigenschaft bei ehemaligen Angehörigen der Armee stärker ausgeprägt ist als bei anderen.
Nicht immer, aber doch oft.
Das Gespräch ging danach in eine sehr fachspezifische Richtung. Renold verstand etwas vom Militärischen, machte aber den Eindruck, in diesem Bereich Autodidakt zu sein. Ein interessierter Laie. Die Fragen an Cassian schienen zum einen aus wirklichem Interesse zu bestehen, zum anderen auch immer etwas Sondierung zu sein. Um zu erkunden, ob sein Gesprächspartner auch wirklich das war, was er vorgab.
Mit dem Arbites hatte der Aufrührer allerdings einen hervorragenden Gegner in diesem Spiel vorgesetzt bekommen. Cassian antwortete wie ein Mann, der den Dienst in der Armee kannte, wenn auch nicht eben schätzte. Wie jemand der wusste wie das tägliche Leben in der PVS aussah, ohne die Antworten wie aus dem Lehrbuch zu geben.
Die Unterhaltung begann sich zu ziehen, da Renold in seinem unverhofften neuen Anhänger mehr und mehr Potenzial für die Sache zu sehen schien.
Wir haben natürlich eine gute Hand voll Soldaten. Ich selbst habe einige Verwandte in der PVS. Aber diese Experten sind, im Vergleich zur Größe der Organisation, doch nur wenige. Sie werden an allen Stellen zugleich gebraucht. Fast wie diese Space Marines. Er lachte wieder sein fröhliches Lachen. Jemanden mit deinem Wissen muss man fast schon wie einen Schatz hüten, sonst wollen sie dich gleich in ihre Einsatzkommandos stecken und ich stehe wieder mit leeren Händen da.
Ich brauche jemand, der unsere Mitstreiter unterrichtet und anleitet. Sinnierend sah er in seinen Kunststoffbecher und ließ den übersüßten Bodensatz darin kreisen.
Ich habe im Keller etwas, das ich dir gern zeigen würde.
Horning war sehr gut zu uns. Das Zusammenprallen zweier unbarmherziger Machtblöcke, so furchtbar dies für die Zivilbevölkerung auch gewesen sein mag, hat uns doch mit einer Sache gesegnet.
Waffen!
Damit überschwemmen sie Gohmor sowieso, um sicherzustellen, dass sich die Armen und Unterprivilegierten gegenseitig umbringen, anstatt sich zu fragen, wer der wahre Feind ist.
Wer hungert… murmelte er einen zusammenhanglos wirkenden Halbsatz.
Jetzt aber sind wir an Waffen herangekommen, die mehr sind als Pistolen und Messer. Wir haben richtiges Kriegsgerät beschafft. Zumindest hoffe ich das.
Aber wenn ich auch schon mal eine Schrotflinte in der Hand hatte, er berührte unwillkürlich die Wunde an seinem Hals, kenne ich mich mit den wuchtigeren Sachen doch nicht so gut aus. Vielleicht könntest du ein Auge darauf werfen.
Sagen wir, er blickte auffordernd zu dem Rummelboxer, in zehn Minuten? Renolds Leibwächter verstand, löste sich von dem Saalpfeiler an dem er gelehnt hatte und ging.
Gus wird alles vorbereiten. Sowas lässt man natürlich nicht im Gang rum stehen. Auch wenn das Hotel eine Zuflucht für Freunde ist.
Aber sag, wie würdest du einen Hinterhalt auf einen gepanzerten Konvoi planen? Sie fachsimpelten noch eine Weile, bis die angesagten zehn Minuten ungefähr verstrichen waren. Lizzy, die offensichtlich wenig Interesse an paramilitärischen Erörterungen hatte, aber treu bei ihnen geblieben und Tangkahve geschlürft hatte, machte Anstalten sie zu begleiten.
Meine Liebe… hielt der Sektenbruder sie auf, es wäre mir eine unsägliche Hilfe, wenn du das Ende der Veranstaltung managen würdest. Die meisten sind ja schon weg, aber vielleicht kannst du die anderen auch rausscheuchen und danach den Raum abschließen. Wir räumen später auf, aber beim letzten Mal sind mir zwei der Kannen abhanden gekommen. Da hat wohl jemand das mit der Umverteilung der Mittel falsch verstanden.
Bitte, tu mir den Gefallen.
Etwas zögerlich willigte die junge Frau ein, während Renold und Cassian den Saal verließen. Renold gab hinkend die Geschwindigkeit vor, auch wenn der geschulte Blick des Arbites zu erkennen meinte, dass er nicht so invalide war, wie er vorgab.
Keller war eigentlich ein unzulänglicher Begriff in einer Makropole. Faktisch war es eine Etage, die unterhalb des begehbaren Bodens lag, also in der Ebene selbst. Von hier erhielt das Hotel seine Energiezufuhr, Wasser, Strom, Wärme, Frischluft. Wenn die Aufrührer clever waren, hatten sie Durchbrüche in die Wartungsbereiche geschlagen und sich so neue Wege geschaffen.
Der Kellerbereich des Hotels war wenig spektakulär. Neonlicht beschien Wände in der Farbe getrockneten Senfs, und einem giftgrünen Linoleumboden. Hier und da ein Aluminiumregal mit Bettwäsche oder Putzmitteln. Das leise Summen der Lampen und das hintergründige Brummen der Klimaanlage bildeten eine konstante Nichtstille.
Sie passierten einige Türen und schließlich öffnete Renold eine, die sich in nichts von dem Dutzend unterschied, an dem sie schon vorbeigekommen waren. Tatsächlich standen die Wände hier voll mit jenen so typischen Kisten, in denen Waffen transportiert wurden. Einige aus Holz, der Großteil aus Hartschalenkunststoff. Kryptische Nummern und der aufgesprühte, doppelköpfige Adler. Genug für eine kleine Armee, wie es aussah.
Gus war anwesend, außerdem noch ein anderer Kerl, der vom Aussehen her die selbe Profession hatte wie Gus. Neben all diesen Umständen war jedoch eines das Ausschlaggebende.
Der gefesselte Mann in der Mitte des Raumes.
Er war an einen Stuhl gebunden und wäre sonst wohl auch prompt auf den Boden gesackt. Blut und Schmutz verschmolzen mit dem dunklen Blau-Grau seiner PVS- Uniform.
Das… Renold zog die Tür hinter ihnen ins Schloss, ist das Angesicht des Feindes. Er trat auf den Gefesselten zu und griff in das schwarze Haar. Daran zog er den nach vorne gesackten Kopf empor. Die Nase war mehrfach gebrochen, die Augen zugeschwollen, die Augenbrauen aufgeplatzt. Ebenso dick und zerfetzt war die Unterlippe. Das er noch viele Zähne besaß, davon war nicht auszugehen. Das Alter des Mannes ließ sich in diesem Zustand kaum schätzen, aber so alt schien er noch nicht zu sein. Er gab ein gurgelndes Stöhnen von sich.
Er gehörte zu einem Einsatzteam, das wohl eine Route zu ihrem dreimal verfluchten Riesenpanzer erkunden sollte. Wir haben sie in die Falle gelockt. Ein paar getötet, die anderen in die Flucht geschlagen. Auch wir haben dabei gute Männer und Frauen verloren. Eine ringt noch mit dem Tod. Eine Freundin von mir.
Er ließ den gemarterten Kopf los und dieser kippte wieder weg.
Renold wischte sich die Finger an der Hose ab. Den hier haben sie zurückgelassen, als es für sie galt, die eigene Haut zu retten. Soviel zur Loyalität unter Ratten.
Viel war aus ihm nicht rauszuholen. Sie lassen ihre Kämpfer so dumm wie ihre Bürger.
Der andere Schläger, der nicht Nicht-Gus, trat vor und griff hinter sich in den Hosenbund. Er reichte Renold einen kleinen Revolver, mit dem Griff voran. Die Waffe war hochglänzend verchromt und sah damit aus wie ein chirurgisches Instrument. Renold klappte die Trommel auf und zog bedächtig vier der fünf Patronen heraus.
Du bist vielversprechend, Gording. Aber du wirst sicher verstehen, dass wir auf Nummer sicher gehen müssen. Er stellte die Patronen, die keine Verwendung finden würden, wie aufrechte, bronzene Soldaten auf einer der Kisten auf. Zum einen um keinen Agenten der Gegenseite in unsere Reihen zu holen. Mehr noch, um auszuschließen, dass sich Männer hinter uns sammeln, die im Augenblick der Entscheidung nicht den Mut haben zu tun, was getan werden muss.
Er drehte die Trommel so, dass die einsame Patrone unter dem Hammer zum Liegen kommen würde und klappte sie dann zu. Nun war er es, der die Waffe mit dem Griff voran weiter reichte.
Töte diesen Feind der Revolution und sei einer von uns.
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