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Tiefe!
Die Lumpengestalt befand das es nun dunkel genug war um die Sache anzugehen. Sie hatte den ganzen Abend gebraucht um das Gebäude zu umrunden. Unbemerkt, vorsichtig. Mit dem Müll. Immer wenn ein Windstoß Papier und Plastik bewegt hatte, hatte auch er sich bewegt. So natürlich wie möglich. Er wusste wo die Wachen saßen, wenn er auch zugeben musste das, hätte er sich nicht den ganzen Tag beobachtet, er sie jetzt nicht mehr entdeckt hätte. Die Gestalt war nicht so sehr von ihren Fähigkeiten eingenommen, das sie nicht erkannte das die Sache Gefahr barg. Doch man hatte ihn gut entlohnt. Ein weitere Windstoß erlaubte ihm Bewegung und das Bahnhofsgebäude kam näher. Vor dem schwarzen Klotz des Bauwerkes hockte die Chimäre wie ein verkrüppelter Wachhund. Er bewegte sich seitlich von ihr, dennoch war sie ein überaus reales Risiko. Er hoffte das, dass Wissen um die Drohung des Panzers, die Aufmerksamkeit seiner Besatzung überwog.
Er bedurfte weitere zwanzig Minuten bis er die Wand erreicht hatte. Sie war noch warm von dem Feuer das darin getobt hatte.
Wieder warten.
Dann als der, von chemischen Ausdünstungen ohnehin trübe Mond, von zusätzlichen Wolkenfetzen verdeckt war, sprang es. Die Lumpengestalt rutschte einige Zentimeter an der Mauer herunter, fand dann Halt. Geschmeidig schlängelte sich der schwarze Schatten an den glatten Steinen empor. Winzigste Ritzen und Unebenheiten reichten ihm als Halt. Der erste Stock war überwunden, er erreichte den Zweiten. Der berobte Kopf hob sich über eine Fensteröffnung, nur eine Hand bereit. Zwei Menschen. Er witterte!
Ein Mann und eine Frau, der Geruch nach Paarungswillen, Schweiß und Promethium. Sie schliefen offenbar. Ihnen trachtete er nicht nach dem Leben und zog den Kopf wieder ein. Wagerecht huschte er zum nächsten Fenster. Hier nur ein einzelner Mensch, ein Mann. Auch sein Atem ging ruhig und kündete von festem Schlaf. Wieder einen Augenblick des Sondierens.
Ja, er war derjenige welcher!
Wie einsickernde Dunkelheit glitt er in das verdrecke Zimmer. Ganz nah war er dem Soldaten, konnte die geschlossenen Augen unter den Sichtöffnungen der Maske sehen. Langsam kroch seine Hand unter den zerschlissenen Stoff, schloss sich um das kalte Metal.
Er holte das Objekt hervor, wäre Licht da gewesen, es hätte sich auf der glatten Oberfläche gebrochen, so aber war nur Dunkelheit um sie herum.
Nachdem getan war, was getan werden musste entschwand die Lumpengestalt. Ebenso lautlos wie sie gekommen war.

Eine Stunde später rissen unruhige Träume Henrique Batisòs aus dem Schlaf. Er nestelte gleichzeitig an der Maske, um sie für einen Schluck Wasser zu entfernen und nach seiner kleinen Taschenlampe. Als er Letztere fand und anschaltete fiel der Finger aus Licht genau auf das Objekt auf seiner Brust.
Henrique schrie!
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Lysander schritt mit Unteroffizier Braiment schweigend ein weiteres Mal die einzelnen Posten ab. Bisher nichts Ungewöhnliches, aber auch vom Späherteam noch keine Spur. Braiment schien müde und gerädert, aber immer noch besser als einige der anderen PVS-Angehörigen. Lysander selbst war den Umständen entsprechend erholt. Er konnte in Situationen wie diesen regelrecht auf Knopfdruck in traumlosen Schlaf verfallen und zur vereinbarten Zeit wieder pünktlichst Dienst aufnehmen. Er träumte aber sowieso nicht viel, also unterschied sich die Ruhe im Einsatz kaum von einer Nacht in seiner Koje aus der Kaserne.
Remus, Kriegor und Levy hatten sie gerade passiert. Einer hielt Wache, ein zweiter war wach aber mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt und der dritte im Bunde schlief den kurzen Schlaf der Soldaten. Zumindest kein Regelverstoß. Anderswo hielten in den Paaren einer die Augen auf und der andere hatte sie geschlossen.
Doch dann ertönte aus heiterem Himmel ein schriller Schrei, dem aber keinerlei Kampfesgeräusche folgten. Lysander und Braiment liefen synchron zum Ursprung dieses unangenehm klingenden Geräusches; Lysander mit seiner Automatikpistole im Anschlag.
Dort am Boden lag Batisos, wohl im Schlaf überrascht und irgendetwas auf seinem Bauch, das durch sein hysterisches Gezappel von seiner Panzerung runterfallen zu schien. Was das genau war, konnte Lysander im ersten Moment nicht erkennen. Eine schlaftrunkene Person stolperte aus dem Nebenraum gegen ihn und den Unteroffizier. Sie rieb sich die Augen, so als wollte sie die Müdigkeit aus den Augen reiben, bis sie feststellte, dass die Gläser der Atemmaske sie daran hinderte. Es war der nachträglich zugeteilte Stern. Dann schauten sie wieder auf die Szenerie und Lysander antwortete auf das blanke Entsetzen in Batisos Gehabe und Sterns Augen: Sie haben versagt, Soldat !
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Banks quetschte sich neben sie und machte sich anschließend noch ein wenig breiter was seinen Nebenbuhler Batisos dazu zwang sich in den Dreck zu setzen. Samira schmiegte ihren Kopf an Banks Schulter und gab dem koroner Soldaten den Rest, zumindest packte er kurz darauf seinen Kram und verschwand damit einen Raum weiter. Eine Zeit lang hörrten sie noch das Scharren eines Stiefels das anschließend vom Schaben eines Messer abgelöst wurde, dann war es ruhig und Samira schlief bald darauf ein.
Samira schlief, trotz der ungemütlichen Position und den äußeren Umständen äußerst gut an der massigen Schulter des Halbcatachaners und zum ersten mal seit Jahren träumte sie etwas schönes. Es ging um sie und Micheal, sie waren an einem fernen Ort, weit ab von Tot und Zerstörung. Sie träumte von einem unbeschwerten Leben an einem wunderschönen Ort der nur in ihrer Fantasy existierte.
Batisos panischer Schrei riss sie aus ihrer Traumwelt und holte sie im Bruchteil einer Sekunde wieder in die Harte Realität. Samira sprang auf und hatte sogleich ihr Gewehr im Anschlag. Die Tatsache, dass nicht sogleich Schüsse zu hören waren sowie ein kurzer Blick aus dem Fenster, verrieten Samira, dass sie nicht erneut angegriffen wurden.
Banks, bleib hier und halt die Augen offen, ich seh nach was los ist.
Samira verließ den Raum und sah sich um. Keine drei Meter von ihr standen Brament, der Fahnenjunker und Stern vor der Tür die zu Batisos Raum führte und späten hinein. Aus dem innern waren seltsame Laute zu hören. Samira ging zu ihnen und besah sich ebenfalls den Raum.
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Der Mann war völlig von der Rolle. Er war aufgesprungen und hantierte mit einem Objekt, von dem er nicht zu wissen schien ob er es festhalten oder wegwerfen sollte.
Die wollen mich umbringen… aber das kann nicht sein, sie ist tot. Es… es muss, aber wie? Allmächtiger Imperator, allmächtiger Imperator. Nun, da das Licht der aufgeschreckten Kameraden auf ihn fiel war auch das Objekt zu erkennen. Es handelte sich um ein goldenes Medallion an einer silbernen Kette. Er starrte ungläubig darauf, versuchte sich durchs Haar zu fahren, stieß gegen den Helm. Sein Atem ging stoßweise durch die Maske.
Sie ist tot, ich habe es gesehen, Allmächtiger. Er lief zum Fenster und blickte hinaus, bemerkte das er sein Gewehr nicht hatte und drehte sich suchend danach um.
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Was reden Sie da für einen wahnsinnigen Mist ? Verdammt nochmal, reißen Sie sich an Riemen Gefreiter, oder ich erledige das !, schrie Lysander den scheinbar irre gewordenen Soldaten an. Wo sind Ihre Manieren, wo sind Anstand und Disziplin ?, brüllte es direkt von Lysanders Mund in Batisos Ohr, nachdem er den letzten Schritt auf den Gefreiten zugetan hatte. Doch der Gefreite hörte nicht auf zu zappeln und drehte sich suchend nach etwas um. Hören Sie sofort auf ! Sie sind ein Soldat ! Wieder kam der akzentbehaftete nicht zu einer sichlichten Beruhigung. Versehentlich oder unversehentlich schlug Batisos in seinen Bewegungen den Kopf gegen Lysanders Gesicht. Die Nase krachte und Lysander taumelte ein zwei Schritte nach hinten. Niemand brauchte ihm sagen, dass sein Richorgan nicht mehr so saß, wie es vorher gesessen hatte. Der Fahnenjunker schüttelte den Kopf ein paar mal, um die Betäubung loszuwerden. Als Lysander wieder halbwegs stabil stand und klar sehen konnte, erkannte er den Sinn in Batisos ungeschicktem Treiben: Er suchte seine Waffe. Nehmen Sie ihm die Waffen weg !, sprach der Fahnenjunker leiser, aber bestimmter. Dann spie er unter seiner verrückten Maske aus. Ein Tropfen leicht zähflüssigen und roten Exkrements platschte auf die verschmierte Bodenoberfläche und wurde sofort von Lysanders Stiefelsohle verwischt, als sich dieser gegen Batisos wandte. Er verpasste dem unachtsamen Soldaten einen niederschmetternden Kinnhaken, der diesen seinerseits gegen die gegenüberliegende Wand scheppern ließ. Dann stieß Lysander seine schwere Sohle in Batisos Kniekehle, um ihn in eine tiefere Position zu zwingen, seinen Kopf zu fassen und ebenfalls gegen die Wand zu hämmern. Nach drei oder vier Schlägen hinterließ Batisos Stirn einen auffallend roten Abdruck an der Wand und dessen Körper zeigte bereits Bereitschaft zu erschlaffen. Als Lysander Batisos hochzog, merkte er an seinem nötigen Kraftaufwand, dass der Tritt das Knie, an dem nun Tröpfchen und Schlieren aus Blut und Spucke hing, stark in Mitleidenschaft gezogen hat. In wieder halbwegs aufrechter, aber keinesfalls klaren Haltung, drehte Lysander den Mann in seinen Armen überraschend behende von der ihm zugewandten Rückseite in die Bauchseite. Von Angesicht zu Angesicht zischte Lysander seinen neuerlichen Hass ,ganz speziell zu diesem Soldaten, heraus: Danke für die gebrochene Nase, Sie wertloser Bastard ! Dann schlug Lysanders Kopf in den Nacken, um blitzschnell nach vorne zu schießen und Batisos Nase unter dem eisernen Aufprall seiner Stirn stellenweise zu zermalmen. Der Schaden war für alle Anwesenden deutlich zu hören und Lysander ließ Batisos in dessen Bewusstlosigkeit achtlos fallen und zu Boden gehen. Danach kehrte Lysander der kleinen Gesellschaft mit den Worten Räumen Sie hier auf ! Braiment, bringen Sie diesen Müll dem Leutnant !
Der Fahnenjunker suchte in der Folge den Sanitäter auf, um sich von ihm kontrollieren und seine Nase fixieren zu lassen. Den Doktor mied er. Schinder war ein schleimiger alter Sack und als Siris noch widerlicher als auf Schinder begrenzt ohnehin schon.

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Saul war von der Brutalität des Fahnenjunkers entsetzt. Wiedereinmal hatte Lysander allen gezeigt, wie wenig ihm Soldaten und vor allem die ungehorsameren Exemplare der Herde waren. Jedem war klar, das Lysander ohne zu zögern über ihre Leichen gehen würde. Schweigend hob Teddy das Medallion auf, wagte jedoch nicht, direkt hinzuschaun. Wer wusste schon, was dieses Dinge bewirkte. Immerhin hatte Batisos offenkundig begonnen, wirre Dinge von sich zu geben. Saul nickte Stern und der neu erschienenen Samira zu und entschwand dann selbst in Richtung der Unterkunft Schönebesckers. Dort klopfte er an, schloss nach einem "Herein" die Tür hinter sich, wurde akkurat vorstellig und überreichte dem Leutnant das metallene Etwas.
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Zögernd wurde Banks wach und war erst wieder geistig dabei, als Samira bereits nebenan war. Er wehrte sich jedesmal dagegen, seine harmonie- und friedvolle Traumwelt verlassen zu müssen. Er ergriff ihr zurückgelassenes Gewehr und lunzte ein paar mal aus ein paar Öffnungen und Sichlöchern, mied dabei aber die Fenster. Er sah nichts dort draußen, das verdächtig war. Auch spürte er nichts, als sein Kampfgeist langsam hochfuhr.
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Währen Dev Harkon beim Erstellen der Skizze sicherte, weiteten sich seine Augen vor Erschrecken. Unzählige degenerierte Gestalten befanden sich auf dem Platz vor ihrem Ziel, schwer bewaffnet und Augenscheinlich – zumindest dem Wrack des Fahrzeuges vor ihnen nach zu urteilen – bereit diese Waffen auch einzusetzen. Mit sinkendem Mut ließ sich Dev aus seiner Stellung auslösen und begann seine Skizze zu erweitern. Nachdem er alles eingetragen hatte, suchte er eine Möglichkeit, wie er den Trupp Soldaten zum Missionsziel bringen konnte, ohne dass sie alle dabei wie eine Herde dummer Groxe abgeschlachtet würden. Es blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als einen Weg durch die Häuserruinen zu erkunden, die sich dunkel und abweisend beiderseits des Platzes erstreckten.
Sie würden dabei auf der rechten, also der Südseite des Platzes vorgehen, da die Fassaden im Norden nicht nur durch die Feuer der Lagernden angestrahlt wurden, sondern weil sich innerhalb der Ruine Lichtpunkte bewegten – was auf die Anwesenheit von noch mehr Abschaum hindeutete. Dev sah sich die Südseite genau an. Die Dächer der Gebäude schienen weitgehend intakt zu sein – was man von ihrem Mauerwerk nicht sagen konnte. Großkalibrige Geschosse und Granaten hatten ihre Zerstörungskraft eindrucksvoll bewiesen und Löcher wie klaffende, schwarze Wunden hinterlassen. Dieser Umstand würde ihnen exzellente Beobachtungsmöglichkeiten während ihres Vorgehens geben. Zu ihrem Glück lagen die Feuer der Mutanten weit genug von den Fassaden entfernt, um sie nicht in hellen Schein zu tauchen. Statt dessen lagen die Ruinen in einem dämmerigen, von Schatten durchzogenem, Zwielicht. Die Zerstörungswut der Mutanten und Gangs hatte genug Deckungsmöglichkeiten in Form von Schutthaufen und Trümmern erzeugt, um ungesehen bis kurz vor den Komplex zu gelangen, in dem ihr Primärziel sich befand. Ab da würden sie die Lage neu beurteilen müssen. Dev klopfte Harkon leicht auf die Schulter und gestikulierte, um ihn in seinen Plan einzuweisen. Ein verständiges Nicken belohnte ihn und wenige Sekunden später rückte „Excursor“ heimlich und verstohlen weiter vor.

Geduckt durch die Ruinen huschend, gewannen die beiden Späher einen Eindruck von der Schlagkraft der versammelten Mutantenhorde. Zwar hatten sie keine schweren Automatikwaffen wie Bolter oder Maschinenkanonen, zumindest konnte Dev keine sehen, aber mindestens zwei gut getarnte Mörserstellungen lagen an jenseitigen Seite des Platzes. Hinzu kamen noch eine Hand voll Raketenwerfer. Und Mutanten. „Verdammt, dass sind über hundert von ihnen! Wo kommen die her? Und wo, beim Thron, haben die die Waffen her?“ schoß es Dev durch den Kopf – aber er verschob die Beantwortung der Frage auf einen günstigeren Moment. Es war ohnehin nicht seine Aufgabe, das herauszufinden. Wenig später erreichte das Team das Ende der Ruinen. 10 Meter freie Fläche trennten sie vom verbarrikadierten Eingang des Komplexes. 10 Meter und ein Lagerfeuer mit darum sitzenden Abnormitäten, Fleisch gewordenen Alpträumen, die nur aus Hornklingen, Eiterbeulen und offen liegenden Muskelsträngen zu bestehen schienen. Eine der Kreatur gab eine Serie von Fiep – und Krächzlauten von sich und bekam ein unmenschliches gutturales Glucksen seiner Kameraden zur Antwort. Es hatte wohl eine witzige Bemerkung gemacht. „Sie wiegen sich also in Sicherheit und rechnen nicht mit uns. Gut so!“ stellte Dev erleichtert fest, verzog aber sein Gesicht beim Anblick der Kreaturen zu einer Maske aus reinem Haß. Er spürte wie Adrenalin in seinen Metabolismus gepumpt wurde und er konnte sein Blut in den Ohren rauschen hören. Der Wunsch loszustürmen wurde immer Stärker. Die Feinde des Imperators mußten vernichtet werden. Sie hatten kein Recht zu leben! Dann spürte er hinter sich die vertraute Aura seines Freundes. „Reiß dich zusammen. Tot bringst du dem Imperator nichts!“ rief er sich in Gedanken zur Ordnung und drängte seine Wut in den Hintergrund und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. Seine Gedanken überschlugen sich. Selbst wenn sie die fünf Mutanten töten würden (ein sehr groß geschriebenes „Wenn“) – der entstehende Kampflärm würde Dutzende von ihnen alarmieren. Jeder Versuch hier an den Kreaturen vorbei zu kommen, wäre glatter Selbstmord gewesen. Es mußte einfach einen anderen Weg geben. Es mußte. Plötzlich fing Harkon an zu gestikulieren und Dev glitt zu ihm herüber. Der im Halbdunkel der Ruine kauernde Scharfschütze deutete auf ein paar Bretter vor ihm. Dev grinste seinen Freund an und hob den nach oben gestreckten Daumen. Sein Partner hatte den Zugang zur Kanalisation entdeckt. Geräuschlos räumten sie die Bretter an die Seite und Dev stieg in die absolute Finsternis der Kloake hinab.

Der Geruch, der ihn empfing war ekelerregend. Selbst durch den Filter der Atemmaske drang der Geruch nach Verwesung und Pestilenz. Devs Füße berührten eine weiche Masse und er hörte einen gedämpften Laut, wie wenn ein Stiefel im Moor versinkt. Dunkelheit umhüllte den Soldaten wie eine zweite Haut. Die Luft war unangenehm warm und mit Feuchtigkeit geschwängert. Er fühlte sich in seine Zeit in den Tropischen Wäldern zurückversetzt. Angestrengt horchte der regungslose Soldat auf etwas, dass ihm die Anwesenheit von Feinden verraten würde. Nichts. Nur ein beständiges Glucksen, wie von im Wasser aufsteigenden Luftblasen. Dev nahm seine kleine Rotlicht – Taschenlampe aus dem Koppel und drückte auf die Aktivierungsrune. Dann sah er was für den Geruch verantwortlich war. Er würgte und schluckte mit Mühe das plötzlich in seinem Rachen auftauchende Erbrochene mühevoll wieder herunter, während er ein Stöhnen unterdrückte. Der Gang war voller verwesender Leichenteile. Einige trugen erkennbar die Arbeitskleidung des Arbites, andere hatten Reste von Zivilkleidung und Lumpenfetzen von sich herabhängen. Auch PVS – Kleidungsstück befanden sich unter den Toten. Manchen war die Kleidung abgenommen worden.
Was Dev so verstörte, war die Art mit der die Leichen geschändet worden waren. Er hatte schon viele Leichen in seiner Dienstzeit und dem Leben davor gesehen – aber nichts, was diesem Anblick gleich gekommen wäre. Das hier war pervers. Diese Menschen waren nicht einfach nur getötet worden. Man hatte sie geschlachtet. In einem Steckte sogar noch ein Fleischerhaken im Hinterkopf. Fast alle wiesen fehlende Gliedmaßen auf, oder hatten Wunden, an denen man erkennen konnte, das vorsätzlich große Stücke Fleisch herausgeschnitten worden waren. Gedärme bedeckten den Boden oder quollen aus Bauchverletzungen. Eine schleimige, dickflüssige Brühe hatte sich mit dem normalen Inhalt der Kloake vermischt und sonderte einen unterschwelligen, süßlich riechenden Geruch ab. Dev hatte auf einmal einen metallischen Geschmack im Mund. Dann sah er die ersten Bissspuren an den Gliedmaßen und wandte den Blick ab, die Augen geschlossen. Nach einem kurzen Stoßgebet an den Imperator ließ er die Taschenlampe zweimal aufblitzen – das Zeichen für Harkon, ihm zu folgen.
Er gab seinem Kameraden (und sich selber) einige Sekunden, um den Ekel und die Wut auf die Mutanten (Wer sonst sollte für all das hier verantwortlich sein?) zur Ruhe kommen zu lassen, bevor sie entschlossen und mit grimmigen Gesichtern unter ihren Masken begannen in das Tunnelsystem der Kanalisation einzudringen. Wenn ihre Mission beendet war, gab es hier eine Menge Arbeit für den Flammenwerfer des bulligen Catachaners. Genau 23 Meter weiter - sie hatten nur einen Seitentunnel passiert, der nach wenigen Metern von einem stabilen Eisengitter blockiert wurde, erreichten sie einen verschweißten Aufgang. Sie mußten sich jetzt genau unter dem Lagerkomplex befinden. „Treffer!“ zwinkerte Dev Harkon zu – die ersten gesprochenen Worte seit sie aufgebrochen waren. „Hier kommen wir ohne schweres Gerät nicht weiter. Wir kehren um!“ sagte der junge Soldat zum Scharfschützen. „Jep. Alternativroute zurück?“ erwiderte Harkon. „Genau. Ich will einen Plan B haben, falls bei unserem Angriff etwas schief geht. Man weiß ja nie.“ Damit wandte sich Excursor A um und ging zurück, willens diesen schrecklichen Ort so schnell wir nur eben möglich zu verlassen.

Sie verließen die Kloake und bewegten sich wieder zum Rand des Platzes, als Dev die Hand hob und auf eine sich ausbreitende Welle von Bewegung in der Mitte des Platzes deutete. Das Spähteam bezog sofort eine Beobachtungsstellung an einem zersplitterten Fenster und sah gespannt nach Norden. Ein schrilles Heulen ging von der in Aufruhr geratenen Menge aus, als sich zwei Abnormitäten mit einer Last in ihrer Mitte dem Lager näherten. Es waren die drei Mutanten vom Hinweg, erkannte Dev sofort in seinem Optikverstärker. Offenbar löste die Ankunft des Trios so etwas wie eine allgemeine Bestürzung aus, denn immer mehr Mutanten fielen in das Heulen ein. „Der schwer Verletzte, den die Beiden tragen, muß so etwas wie ein Anführer sein.“ sinnierte Dev und nickte Harkon zu. Sie mußten die Situation nutzen, um sich aus dem Staub zu machen. Ein Blick auf seinen Chronometer zeigte ihm, dass sie mehr als nur gut im Zeitplan lagen – aber sicher war sicher. Und es konnte nicht schaden, wenn der Leutnant seine Informationen etwas früher bekam. Geduckt huschte das Spähteam davon und verschwand in der Dunkelheit, die heulende Meute sich selbst überlassend.

Dev verfluchte die Mutanten lautlos. Das Heulen der Kreaturen hatte sich zu einem wahren Crescendo gesteigert, dass in den nebligen, verrauchten Gassen des Slums widerhallte. Sie waren bereits zwei mal zurückeilenden Mutantenpatrouillen und der Imperator allein wußte wie viele mehr sich in den Straßen verbargen. Harkon und er waren nicht so schnell vorangekommen, wie er gehofft hatte. Vielleicht wären sie auf der anderen Route schneller gewesen – aber das hieße, dass sie nur eine bekannte Ausweichmöglichkeit gehabt hätten. Zu wenig, für Devs Geschmack.
Sie würden ohne Panzerunterstützung zum Labor vorrücken müssen – so viel war klar. Die Chimäre wäre nicht mehr als eine Bewegliche Zielscheibe auf dem Platz. Die Mutanten konnten ihnen einfach den Rückweg abschneiden, falls sie nur eine Route kannten.
Er ergänzte seine Skizze ein weiteres mal und stellte, nicht ohne ein gewisses Maß an Ironie, fest, dass sie mittlerweile die Dimension einer kleinen Karte angenommen hatte.
Dann passierte das Unvermeidliche: Sie waren noch etwa 700 Meter, zwei Straßenzüge, von dem Bahnhof entfernt, als die Mutantenpatrouille mit ihnen – genauer mit Dev – zusammenstieß. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Abscheulichkeiten mußten auf dem Weg zurück zu ihrem Camp sein. Sie tauchten plötzlich aus einem Gebäude unmittelbar vor Dev auf. Geräuschlos. Unheimlich. Widerlich. Wer verblüffter war, konnte wohl keiner sagen. Beide Parteien – die zwei Mutanten und das Spähteam – erstarrten. Dann überwand Dev seine Erstarrung als erster und schmetterte dem ihm näher stehenden Mutanten seine Faust unter die fleischige Masse, wo ein normaler Mensch seinen Kiefer gehabt hätte. Ein schmatzendes Geräusch, gefolgt von einem unmenschlichen Schmerzensschrei ertönte, als die Faust die Bestie traf und sie einen Schritt nach hinten taumeln ließ. Der Haß hatte jetzt die Kontrolle über Dev. Laut und wie von Sinnen den Namen seiner Frau brüllend zog der Soldat sein Schwert, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Er bemerkte die Rufe und Gesten seines Freundes, der versuchte ihm klar zu machen, dass er im Schussfeld stand, nicht einmal. Alles woran Dev noch denken konnte war der Wunsch, die beiden Kreaturen von ihrem Leid zu erlösen, ihr Leben zu vernichten. Sein Schwert blitzte im dunklen Licht der Gasse auf, als Dev es in einem weitgeführten Bogen auf die ihm am nächsten stehen Kreatur niedersausen ließ. Die zurückweichende Kreatur stieß ein schrilles Pfeifen aus, als die Klinge sie oberhalb des linken Handgelenkes traf und Sehnen, Fleisch und Knochen durchtrennte. Ihr Kralle fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden, während aus dem zurückbleibenden Stumpf dickflüssiges, dunkles Blut tropfte und den Boden besudelte. Vor Haß blind und durch seinen Erfolg ermutigt stürmte Dev tollwütig vor, um dem Mutanten den Todesstoß zu versetzen.
Eine Reflexbewegung rettete ihm das Leben. Als er eine Bewegung aus dem Augenwinkel sah, verlagerte der Soldat sein Gewicht und riß das Schwert herum. Die Parade wäre wohl zu spät gekommen und der Hieb, der auf seinen Hals gezielt war, hätte seinen Kehlkopf zerfetzt – wenn er nicht in der Blutlache aus stinkendem Mutantenblut ausgeglitten und gefallen wäre. Die Klaue zischte an seiner Wange vorbei, und Tränen schossen in seine Augen, als die Scharfen Klauennägel seine Wange aufrissen und sein Blut hervorquoll. Dev schrie vor Wut und Schmerz laut auf und hieb im Fallen wie besessen nach der Kreatur, bis er kurz über sein Schwert Widerstand spürte. Dann prallte ein Kopf neben ihn auf den Boden, und die geweiteten Augen des eben noch so siegessicheren Mutanten starrten ihn überrascht einen Augenblick an, bevor die Augen brachen.
Dev blieb keine Zeit sich über seinen Sieg zu freuen. Der erste Mutant hatte sich von seinem Schreck erholt und drang erneut auf den am Boden Liegenden ein, die Augen weit aufgerissen und vor Wut flackernd. Dev rollte zur Seite und blockte den Angriff des Mutanten, der mit einer zu einer Hornklinge verwachsenen Hand zuschlug. Dem Tritt des Wesens konnte er jedoch nicht mehr ausweichen. Ein Schlag wie von einer Dampframme traf seinen Brustkorb und trieb ihm die Luft aus den Lungen. Japsend fühlte Dev, wie mehrere seiner Rippen brachen und sich in sein Fleisch bohrten. Er sah noch wie der Kopf der über ihm aufragenden Bestie nach hinten ruckte und explodierte. Dann wurde die Welt um ihn herum schwarz und eine gnädige Ohnmacht umschlang ihn.
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Der Kampf hatte nur Sekunden gedauert. Harkon war etwa 20 Meter hinter der Position seines Freundes gewesen, als die beiden Mutanten unvermittelt vor Dev auftauchten. Wütendend hatte Dev im Nahkampf einen der beiden Mutanten mit seinem Schwert durchbohrt, wäre jedoch um ein Haar dem zweiten Angreifer zum Opfer gefallen. Nur der gezielte Schuß, den Harkon auf den Mutanten abgegeben hatte, rettete dessen Leben.

Als Harkon den kopflosen Leichnam vom Körper seines Freundes schob, erschrak er. Dev war nicht bei Bewußtsein und anscheinend sehr schwer verletzt. aus Mund, Nase und Ohren lief Blut und die Treffer, die er am Brustkorb erlitten hatte, mußten einige Rippen gebrochen haben. Seine Atmung ging nur noch sehr schwach und stoßweise. Ausgerechnet jetzt hatte Dev sich auf einen solchen Nahkampf eingelassen, bei dem jedem Soldaten klar sein mußte, daß er bestenfalls mit schweren Verletzungen überleben würde.

Haben Dich Deine Dämonen also doch noch eingeholt, alter Freund., dachte Harkon und schüttelte traurig den Kopf, während er sein Gewehr über den Rücken hängte. Jetzt war nicht die Zeit um nachzudenken oder gar seinem Freund erste Hilfe zu leisten. Harkon griff in die Beintasche von Devs Tarnhose und entnahm die Skizze, so daß er, wenn es hart auf hart käme, sich alleine durchschlagen und dennoch "Auftrag ausgeführt" melden könnte. Aber so einfach konnte er seinen langjährigen Weggefährten nicht im Stich lassen. Auch falls weitere Feind in der Nähe waren und den Kampf wahrgenommen hatten, so wollte er es versuchen Dev mitzunehmen. Entschlossen nahm er dessen Sturmgewehr vor die Brust, so daß er trotz der Last des Kameraden auf der Schulter immer noch mit einer Hand die Waffe abfeuern konnte. Mit einer massiven Kraftanstrengung warf er sich die leblose Gestalt seines Kameraden über die Schulter und blickte noch einmal in die Richtung zurück aus der sie gekommen waren. Nur das ferne Geheul der Mutanten drang an Harkons Ohr. Nur 700 Meter bis zum alten Bahnhof, so nah und doch so fern. Nicht mein Tag heute. grübelte Harkon zynisch als er lostrabte. Die nächsten Meter würden wohl die härtesten seines Lebens werden.Gott-Imperator hilf mir! Verleih mir die Stärke um diese Prüfung zu bestehen!
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In diesem Augenblick passierten mehre Dinge gleichzeitig.
Schönbecker, hörte sich Sauls Bericht an und ließ Altmann dazukommen. Gemeinsam untersuchten die das Schmuckstück. Es war ein hübsches Kleinod. Sicherlich nicht billig, aber weder antik noch in irgend einer Form besonders außergewöhnlich. Klappte man es auf, so fand sich darin die gemalte Abbildung einer jungen Frau die um die zwanzig Jahre zählen musste. Im Deckel war der Spruch. In Ewigkeit, bis über den Tod! eingraviert. Auf keinen der Männer wirkte der Anhänger beunruhigen oder verursachte das Unbehagen, wie es Besitztümer des Erzfeindes beispielsweise taten. Niemand konnte sich einen Reim darauf machen wieso das kleine Ding solch eine Wirkung auf Obergefreiten Henrique Batisòs gezeigt hatte.

Dieser kam, just in jenem Augenblick, wieder zu sich. Er wimmerte und hielt sich die blutende Stirn. Die Platzwunde war oberflächlich, sah aber durch die Unregelmäßigkeit böse aus. Batisòs flehte Samira und Stern an sie mögen ihm doch das Medallion zurückgeben, dann wieder verlange er das sie es so weit weg wie möglich werfen sollten. Auch diese Meinung änderte er wieder und beschwor sie das sie ihm das Schmuckstück doch zurück geben sollten.

Die Wachposten an der Bahnsteigseite bemerkten die beiden Gestalten, die sie anfangs für eine einzelne, missgestalte hielten. Lediglich die Anweisung erst zu prüfen um wen es sich handelte und dann zu schießen rette den beiden Scouts das Leben. Die Nacht flammte zur vergänglichen Parodie des Tages auf, als sich eine Leuchtkugel in den verhangenen Himmel erhob. Diese offenbarte die Wahrheit über die beiden Männer und man nahm Pierce, nachdem dieser den Eingang erreicht hatte, den verwundeten Mantris ab. Behutsam und auf einer improvisierten Trage, brachte man ihn zu Sanitäter und Doktor in der Chimäre.
Die Leuchtkugel verging. Mutanten hatte sie nicht enthüllt, was nicht heißen sollte das sie nicht da waren.
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Harkon nahm dankbar die Wasserflasche an, die einer der Soldaten ihm hinhielt und trank gierig daraus. Als er seinen brennenden Durst gestillt hatte, übergoß er seinen Kopf mit den Wasserresten und wischte sich den schmierigen Film aus Schweiß, Wasser, Dreck und Tarnschminke aus dem Gesicht. Sicherlich hatte man den Leutnant bereits von der Rückkehr der Späher berichtet, deshalb wollte Harkon ihn nicht weiter warten lassen und erhob sich langsam wieder. Die letzten 700 Meter mit seinem verwundeten Kameraden auf dem Rücken waren nach den ganzen Anstrengungen des vorangegangenen Tages eine enorme Tortour gewesen. Klagt nicht, kämpft!

Aus dem Raum in dem der Leutnant residierte, war Stimmengemurmel zu vernehmen. Harkon klopfte respektvoll an den Türrahmen und trat in das ehemalige Dienstzimmer des stellvetretenden Bahnhofsvorstehers ein. In dem Raum hielten sich mehrere Soldaten der Gruppe auf, einige von ihnen schienen besorgt oder erregt zu sein. Harkon achtete nicht weiter darauf und wandte sich sogleich dem Leutnant zu: "Herr Leutnant, Obergefreiter Pierce, ich melde Spähauftrag ausgeführt, ein Mann verwundet!".
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