12-06-2010, 11:44 PM
Sanduhren, winzigkleine, rötliche Kristalle, dicht aneinander gereiht, erfüllt durch mikroskopische Fragmente Ferrums, wie sie davon rieselten, durch den schmalen, schmalen Hals, dahin schwammen und zerstoben gleichsam den Fluss der Zeit, dann wiederum sich auftürmten zu einem mächtigen, pyramidenförmigen Turm, wie jener, welcher einstmals die heiligen Lande des großen Terra selbst gen Himmel erheben sollte, als der Imperator noch ungekannt und die Menschen “freier” waren. Verborgene Geheimnisse, doch mit dem dahinscheiden, dem allmählichen, sekündlichen Versterben des physischen, menschlichen Leibes eröffneten sie sich einem tausendfach, nein, zehntausendfach. Und gerade darum, während eine weitere, angeschwollene, schwere blutige Träne hinweggewischt wurde, offenbarten sich bisher ungekannte Zusammenhänge zwischen dem Sein, dem was gewesen war und dem was noch kommen sollte. Dennoch war es müßig, schlecht und wertlos, denn seine eigene Zunge würde nimmermehr auch nur eine einzelne Silbe über die zerschnittenen Lippen tragen, ganz egal wie sehr er sich anzustrengen gedachte, ganz egal wie sehr die zerfransten Stimmbänder zu vibrieren suchten, Stille. Wiederum senkten sich schabende, grobkantige Eckzähne in das weiche Bindegewebe, zogen ekelhaft knirschende Scharten in den darunterliegenden Knochen und beraubten ein weiteres, kostbares Stück seiner Lebensessenz, während sein eigener Leichnam sich über dreizehn Quadratmeter Atrium seines Appartements verteilte und dennoch seine unsterbliche Seele nicht aus seiner Brust weichen mochte. Die hässlich gekrümmte Gestalt seines rein physischen betrachteten Mörders stand etwa zwei Meter unterhalb seines Brustkorbes, denn just an einen ausladenden Kronleuchter hatte er ihn gleichsam einem morbiden Kunstmobile aufgespannt und er vermochte durchaus noch jegliches Zucken, jedes Stechen, Schneiden, Kratzen, Saugen und Kauen auf seinem gesamten Fleisch wahrzunehmen. Verwunderlich nur, das sein Verstand nicht schon längst ob der unnatürlichen Wahrnehmung gebrochen war, das er nicht schon dem Wahnsinn anheim gefallen war. Die Klinge schnitt tief, sehr tief, durchtrennte gespannte Sehnen, Arterien, Venen und selbst ein Stück des Knochens, während ein glibberiges, bluttriefendes Stück seines Trizeps hinter den farblosen Lippen verschwand und schmatzend durch die nadelspitzen Zähnchen zerrieben wurde, ehedem es zerkleinert den schlangenhaften Geierhals hinabwanderte. Ein uraltes, kupfernes Messer, eine unbeherrscht archaische Machart wie sie seit Jahrtausenden auf Gohmor nicht mehr verwendet worden war, nicht seit den alten, dunklen Tagen, und dennoch, hier zerschnitt dieses abscheuliche Ding sein Fleisch. Zuckend durchlief die letzten funktionstüchtigen Synapsen seines Verstandes, Likor tröpfelte über seinen Scheitel herab, während er abermals blinzelte. Doch dieses Mal verschwand der trügerische Schatten nicht einfach, egal wie sehr seine Lider auf und niederschlugen, rot getränkt versank seine Welt in einem unendlichen Meer aus kochendem Blut, glühenden Messing und dem ungeniertem, genüsslichen Kauen seines Peinigers. Und dies war auch seine letzte Wahrnehmung ehedem er nun gnädiger Weise doch in der Vergessenheit versank. Das reibende, schneidende Gefühl knöchernen Werkzeuge welche sich über seine Nerven schoben und gleichzeitig ein mephistophelisch verzogenes Kauwerkzeug, denn es grinste ihn an!