04-25-2010, 11:35 PM
Seltsam, wie sie doch war, diese unabdingbare Neigung, diese schamlose Sucht nach der dekadenten Trägheit, nach dem wankelmütigen Gestirn gerichtet, wie sie die menschlichen und unmenschlichen Knechte fortzehrte, bis das sich der schauderhafte Umhang des nächtlichen Hochgottes herabsenkte und alles prächtige Farbenspiel ertränkte und gänzlich stahl. Doch welchen sinnhaften Geist entsprangen jene schemenhaften Gebilde, welche wohl Nacht für Nacht dem Willen selbst entsprangen und manche zauberhafte, groteske und befremdliche Welt erschaffen hatten, selbst in einfachsten Gemütern? Träume, Träume von Macht, Träume von Lust, Träume von Habsucht, Träume von Erfüllung, Zweck und Sinn. Alle Begierden und Freuden waren aufgeschlüsselt wie durch ein Meisterwerk der Dechiffrierung, ein betörendes Instrument, entblößte es doch den nämlichen Charakter eines jeglichen “sinnesbefähigten” Lebewesens. Manchmal munkelten in Ehren ergraute Weisen und mysteriöse Gelehrte über die verborgene Natur, über den Abgrund welcher dort klaffte, wo einstmals die menschliche Unschuld als Paradies residiert hatte, nun entsprangen diesem gähnenden “Riss” nur noch Illusionen dieser “vernunftlosen” Welt. Verfangen in einen derartigen Geisteszustand neigten Kinder wie Greise dazu, einen meist sanftmütigen, bezähmten Ausdruck anzunehmen, sie waren empfänglich und schwach, wie die Beute welche entlang der Strecke aufgebahrt worden war. Dieser hier war keineswegs anders, selbst wenn keiner in ihm einen tugendhaften Burschen erkannt hätte, wenn keiner in ihm etwas schlichtes, menschliches, etwas banales fernab von der illuminierenden Göttlichkeit sehen mochte, so war er dennoch nicht mehr, aber auch nicht weniger. Er war letztlich ein Mensch, in all seiner ziellosen Teilnahmslosigkeit und in all seiner Schlechtigkeit, wurde ebenso von ekelerregenden Sünden, Gelüsten und verstörenden Ideologien angetrieben wie ein jeder anderer auch, selbst wenn jene Masken trugen um dies vor sich selbst zu verbergen und dieser hier nicht. So rein, unberührt in all seiner zerbrechlichen Ungeschütztheit, geborgen wie einstmals wohl im umgebenden Mutterleib, noch an seinem existenziellen Nabel hängend, während durch eine psychische Plazenta gewissermaßen immer mehr des Irrsinns auf alles und jeden hier eindrang. Bestenfalls waren sie alle Larven, eingehüllt in ein klebriges Spinnennetz, und allein ein blasphemisches Schicksal wusste darüber zu entscheiden welcher der Fäden jener war, welcher zur dunklen Herrscherin jenes Gebildes führen mochte. Der Marionettenspielerin, welche am Ende eines jeden Stranges lauern mochte oder auch an gar keinem einzelnen. Wie das zirkulierende Blut, zwischen Herz, Hirn und Lungenflügeln sich selbst verehrte, denn es wusste um sein höheres Schicksal wie durch die prästabilierte Harmonie beschworen, so huldigten diese feinen Leinen nur einem hehren Zwecke, durchschnitten zu werden, wie der zart gesponnene Seelenstrick. Sie näherte sich dem noch vom geschwärzten Tageswerk rußigen Hünen welcher da ausgestreckt darniederlag, niedergestreckt wie von einem winzigen Kieselstein an die rechte Stelle. Seine geäderten Pranken vergruben sich in den kostspieligen Laken, seine sehnigen Unterarme lagen zwischen aufbrausenden Meeresbrechern welche samtig seine Leibesmitte umspielten, während unterhalb der schwarzen Schatten seiner versiegelten Augenhöhlen gähnenden Leere liegen mochte, durchbrochen durch beinahe friedliches Dösen. Dies mochte einem jedem Moralisten als blankes Wunder erscheinen, dennoch schien jener niemals von unsinnigen Vorstellungen wie “Leid” und “Reue” geplagt zu sein, nein, derart gelassen mochte allein ein Massenmörder schlafen, welcher bar jeder schuld war. Darin lag die Faszination, das verkommene, widersinnige Verlangen nach diesem wohlgeformten geistigen Sein. Auf vorsichtigen Zehenspitzen umschlich sie den schlafenden Giganten, dessen Zorn die meisten sklavischen Herzen verzagen ließe, ergötzte sich an seiner poetischen Harmonie, während sie mit ausgestrecktem Zeigefinger entlang seines Schenkels gen Bauchhöhle strich, minutiös entlang seiner abgezeichneten Muskelfasern gleitend, ihr eigenes Knie dazwischen schiebend während sie sich an diesen grausamen Adonis schmiegte, eine Hand gefühlsam in seinige legend, während sie seinem kräftigen Nacken einen zärtlichen Kuss gewährte.