Tiefe!

[Dr. Schinder]

Schinder hatte geflissentlich darüber hinweggesehen das der Söldner seinen Doktortitel unterschlagen hatte. Was wussten solche Leute schon vom Wert akademischen Wissens? Für sie war doch ein Doktor nicht mehr als ein Kerl im Kittel der ihnen die Kugeln herausschneiden konnte. Sei's drum! Hier gab es wichtigeres zu tun. Vor sich gingen die Söldner ihrem Handwerk nach und sicherten jede Biegung und jede tiefere Nische ab. Ungeziefer floh vor ihren Taschenlampen und manches davon hatte sicherlich mehr Beine als eine Ratte.
Sie kamen gut voran und Schinder gab ihnen dabei die Richtung vor. Diese ermittelte er mit einem kleinen Handgerät, welches über ein Kabel mit der eigentlichen Elektronik verbunden war, die wiederum Fristler schleppen durfte. Dieses Endgerät schien irgendetwas aus der Luft zu analysieren und gab in langen Abständen verschiedene Piepser von sich. Ob sie wirklich einem Lebewesen folgten, oder ob überhaupt irgendjemand in den letzten Jahren hier gewesen war, ließ sich für die Söldner nicht bestimmen. Zwar war der Boden dreckig, aber die hohe Feuchtigkeit verwandelte alles in eine widerliche Schmiere, in der Spuren keinen Bestand hatten. Die Luft hier war eine abgestandene Mischung aus Ozon, Fäkalgestank und Schimmel. Sie schien sich wie ein peliziger Belag auf die Atemwege zu legen und überzog alles mit einer glänzenden Schicht aus klebrigen Wassertröpfchen.
Wie lange waren sie in dieser ewigen Dunkelheit unterwegs? Minuten? Stunden?
Nichts außer dem Tropfen von Wasser, dem eigenen Atmen und den Lauten ihrer Füße.
Der Erste der eine Veränderung darin wahrnahm war merkwürdiger Weise der Laborgehilfe.
Pssssst! Hören sie doch! Alle hielten inne und lauschten in die Schwärze. Erst war rein gar nichts zu hören. Nur die altbekannten Begleiter ihrer Wanderung. Dann vernahmen sie es.
Ein Kichern!
Dünn trug das Geräusch von vorne heran, prallte an den Wänden ab und sang mit sich selbst im Kanon. Läufe richteten sich in den Gang und als ihnen das Licht folgte sahen sie den Ursprung. Das Auftauchen der Frau erinnerte an ein Objekt das aus den Tiefen eines dunklen Gewässers emporsteigt. Der Mantel den sie trug mochte einstmals weiß gewesen sein, jetzt war er ebenso von Dreck verkrustet wie Hände, Gesicht und Haar. Am linken Fuß trug sie einen Hackenschuh, der andere ließ derartige Bekleidung vermissen. Ihre Finger suchten an den Wänden nicht nur nach Halt, sondern auch nach einem Weg, denn der Widerschein in den Augen verriet absolute Blindheit. Eine weiße Fläche war alles was in die Finsternis starrte. Dennoch kicherte sie wieder über irgendetwas.