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Jacks Hütte
#8
Veränderung. Hier, in der verpesteten Luft. In den zerworfenen Falten eines ungewaschenen Lakens. Im klebrigen Befall, welcher den Grund der kärglichen Hütte überwucherte. Hier… an der verzerrten Stelle, wo sich der dämonische Lebenssaft jenes einen über die Speisen ergossen hatte… wie sie es sah. Süß lispelnde Klinge, froher Gesang von deren Lippen, ergriffen, schon zum adrigen Handballen geführt. Schartig, billige geschmiedet, Massenfabrikat, ohne notwendiges Kunstverständnis, sieben Kerben… ein billiger, abgenutzter und durch Hautunreinheiten beschmutzter Kunststoffgriff. Schmächtig kämpfte ihr geschärfter Kamm gegen das bindende Gewebe von Horn- und Lederhaut an, wie sie untertänigste dem Willen ihres Herren folgend durch die säureversetzte, sonnengegerbte Schutzhülle drang, mühsam einen ersten, kümmerlichen Tropfen satten Rotes abringend, wie jener Narr, welcher in salziger Einöde nach kühlem Nass schart. Vergebene Hoffnung, doch nicht hier, nicht in diesem spürbaren Unternehmen, welches sich hinzog wie das unheilsschwangere Heulen des Dämonenfürsten, dort hinter der sittsam gewahrten Pforte menschlichen Verstandes. Fallend, labend an den freigesetzten Emotionen, satt von der sauerstoffangereicherten Atmosphäre, künstlich durch Aufbereitungsanlagen herbeigeführter Umwelt. Jener uralte Spross, dämonischer Macht, verfestigt, gebunden an sein Blut, würde jene stärken, welche noch von so entbehrlicher Notwendigkeit für seinen großen Plan waren. Ja, zweifellos, das würde es. Im Rausche jenes einen “Glückes”, sah er sich selbst, umringt von allmächtiger Phalanx vergangener Tage, wie ein neuer Abbadon, nein, ein neuer Horus, erhob er sich über die gesichtlosen Massen imperialen Schwachsinns, er, der Höchste unter allen Heerführen, welcher einst selbst den Usurpator des Ungeteilten erschlagen würde. Doch dies war bei weitem nicht alles, nein, erst der Anfang…

Alles verschwamm ihr, wie zuvor, am Altar des sündigsten Fürsten aller dunklen Söhne. Wie es sich anfühlte, einbrannte, verfestigte und dennoch von vergänglicher, zaghafter Konsistenz dem Sinneseindruck entschwand, gerade wie eine weiße Wolke den endlosen Horizont verunzierte. Im Einbruch eines hundertsten Teils eines Tausendstels, vielfaches Geringer als die Spanne welcher ein Gedanke hin zum gesprochenen, fleischlichen Wort benötigte, erhaschte sie ihn. An der Schwelle, von unbedeutendem Vergessen hin zum verankerten Gedächtnis, irgendwo dort wo Leben und Tod sich einige waren, entlang des wiegenden Grades einer goldenen Waage, dort wo Chaos und Ordnung im vollständigen Einklang waren, an jener scharfen Kante stand es überdeutlich, gemeißelt, geschrieben? Undeutliche Schemen, welche tanzend, schwingend, kreisend um das eben erhaschte Wichtige herum wirbelten, allesamt von solch prächtiger Augenliebe, das selbst ein Poet sie nicht hätte beschreiben, geschweige denn begreifen hätte können. Und doch existierten sie da. Genau wie Sanuran seinen Verstand vom Handgelenk, über zärtliche schwingende Kiele hinab zu frischer Tinte in klares, verständliches Wort gleiten ließ, genauso waren es sympathische, nachvollziehbare Linien, welche sich hier als Schrift des älteren Geschlechts offenbarten. Alles war verwoben, wohl getrennt durch die schäbigen, wenig hochachtungswürdigen Grenzen einer materiellen Realität, welcher Spott, doch vor dem Gedanken, der freien Emotion, dem… immateriellen Sein, war nichts beständig, nichts von Dauer, wie die Zeit selbst vor ihnen in die Knie ging, als geknechtete Naturgewalt, als Gesetz jenes Gesetzes von der Physik ersonnen, wer waren sie schon, ihnen, welche waren als der erste gedachte Sinn ihre Welt berührte, die schnöden Grenzen einer solchen Existenz aufzuzeigen? Sie verspotteten sie, sie und ihre “Wissenschaften”, unbedeutendes Ungeziefer, kaum der Erwähnung in jener schier grenzenlosen Macht wert. Von der Ferne herab, stierte sie hernieder auf eine unkultivierte, marode Welt, deren einziger Sinn es war, dereinst von kriecherischen Völkern besiedelt, geschändet und zerstört zu werden, natürlich war all dies bereits säuberlichste eingetragen, in die großen Bücher, Schriften und die Folianten, welche Leben schmiedete und Seelen zertrennten… Doch der Augenblick jener grenzenlos Klarheit, jenes Bewusstseins göttlicher Sinne, entrückte tunlichst in ferne, ungreifbare Regionen, während der angespitzte, zugeschnittene Kiel über frisches Pergament kratzte, rau und unbeschaffen, beinahe tölpelhaft, wie er vermeinte. Seine Silben ergossen sich in einem honigsüßen Schwall, ungerührt ob der Umstandes, welcher nun den Niedergang seiner Zivilisation bedeuten mochte… wie sich der stümperhaft ersonnene Virus seines Geistes bemächtigte, noch ringend, schlagend, doch bald schon unterliegend. Seine Stirne glühte, perlte, wurde ihm schwer, wie die Augenlider, kaum noch erhoben, das Licht ausschließend. Was war dies nur, jemand hatte diesen Untergang herbei beschworen, sie verraten, sie am Rande jener fleischgewordenen Göttlichkeit erdolcht, und mit ihnen die Hoffnungen jener verlorene Welt, welche nun wie der Kadaver der sie war, fleischige, fette Fliegen heranlockte, welche selbst unter dem goldenen Banner jenes Aasfressers einhermarschierten. Sanurans Lippen falteten sich zum letzten Eindruck seines erhabenen Sinnes, während der buschige Schreibstil sich aus seinen erkaltenden Fingern flüchtete. Matt schlug er auf…

Wahrhaftig verwunderlich, wohl kaum. Doch nun endlich, hielt sie jenen verloren geglaubten Schlüssel, greifbar, fühlbar in den Händen, was nicht verstanden werden konnte, war begreiflich, war erlernte Schrift, war… verständlich. Benommen, mit wehem Kopf, beschmiertem Antlitz, von des Kriegers Blut, erhob sie sich wie in einer träumerischen Kunstwelt gefangen. Trance. Jene Schrift barg keine verschlossenen Portale mehr, keine unbegreiflichen Hieroglyphen, kein unverständliches Kauderwelsch, wie es dem primitiven Primatenhirn erscheinen mochte. Sie las, verstand, begriff, studierte… wie ein beständiger Fluss, Tropfen für Tropfen, stetig vorantreibend, ehe sie jenen Koordinaten auch die letzte Ziffer entlockt hatte… und erst da begriff sie auch, was hier geschehen war… was sie innerlich allmählich zerfraß…

“Geknechtete Seele…”
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