08-25-2009, 08:24 PM
Nach und nach war die Gruppe der zögerlich erschienener Personen zu einer Ansammlung aus gut hundertfünfzig, bis zweihundert Männer angewachsen. Die Anzahl der Frauen war gering, vielleicht zehn, doch niemand schien sich daran zu stören. Die hier Versammelten waren offensichtlich die Verlierer der gesellschaftlichen Neuordnung und das Patriarchat, das früher so bedeutend für sie gewesen war und in dem die Frau eine mindere Rolle eingenommen hatte, war nun von lethargischer Akzeptanz ersetzt. Fast wirkten sie wie Schlafwandler, die sich einem Willen beugten der bisher nur Nachteile für sie gebracht hatte. Warum jedoch niemand gegen diese Verschiebung der Verhältnisse aufbegehrte beantworten die Gepfählten.
Immerhin gab es hier die winzige Chance auf Aufstieg, soziale Verbesserung. Doch wie viele mussten sterben damit einer sich aus der Masse der Niederen erhob? Allerdings waren längst nicht alle so resigniert. In einigen Augen, eben bei denen die den Platz als erste aufgesucht hatten, brannte das Feuer des Fanatismus. Ihnen war es auch gleichgültig das sie drauf und dran waren mit kaum mehr als ihren bloßen Händen in die Schlacht zu ziehen. Die Bewaffnung war nämlich, gelinde gesprochen, erbärmlich. Die namengebenden Speere machten die hautsächliche Ausrüstung aus, Krummsäbel und lange Dolche waren zu sehen. Insgesamt kam die ganze Horde wohl gerade einmal auf ein Dutzend Schusswaffen.
Die Klagelaute des sonderbaren Instrumentes verklangen als der Krieger wieder die Sperrvorrichtung anbrachte. Nun trat Meroch aus einer Seitenstraße. Der Mutant war in einen Rasankuripanzer gehüllt, welcher nur die roten Armee aussparte, auf denen wiederum schwarze Hornplatten das empfindliche Fleisch schützten. Auch den Kopf beschirmten sie wie ein Helm und lediglich die drei Augenpaare funkelten dazwischen hervor. Schusswaffen trug auch er nicht, sondern verließ sich gänzlich auf den grausamen Hammer, dessen Kopf aus einen verzierten Feldstein bestand. Soviele Schädel hatte er damit eingeschlagen, dass sich der Stein in ein unabwaschbares Rot verfärbt hatte. Ihm nach folgten vier Diener, die eine geschnitzte Lade trugen. Sie selbst standen unter der Bewachung von sechs, bis an die Zähne bewaffneten, Rasankuri.
Meroch erkletterte einen Steinblock und ließ seine Blicke über die Traube aus Menschen wandern. Dann hallte seine, auf so sonderbare Weise melodische, Stimme über den ruinösen Platz.
Die Eingeweide sind befragt, der Dampf des brennenden Blutes geschaut. Viele Zeichen sind gedeutet. Einige der Palta hatten behauptet im Sandsturm ein Leuchten gesehen zu haben, hoch oben, dort wo der Palast liegen sollte. Sogleich war die Rede auf die Hohepriesterin gekommen und die Abscheulichkeiten überschlugen sich, da ein jeder eine schaurigere Geschichte, über ihre Rituale und Praktiken auf Lager zu haben schien. Niemand wagte es sie offen wahnsinnig zu nennen, doch diese Meinung war deutlich aus den Erzählungen vieler herauszuhören. Da war die Rede von menschlichen Marionetten, die sie wie Puppen an ihren eigenen Gedärmen tanzen ließ. Schreckliche, verformte Monstrositäten, Albträume aus deformiertem Fleisch und Schmerz. Sie selbst hatte dem Fürsten die Krone auf das Haupt gesenkt und es hieß die Götter persönlich wisperten zu ihr. Andere behaupteten sie sei gar kein Mensch, sondern ein Siren- Cha’ba, ein Wüstengeist der Ahnungslose mit seiner Musik in giftige Nebel oder trügerische Sandgruben lockt. Dritte waren sicher es gäbe sie gar nicht, sondern es wäre mehr eine Art Sinnbild für eine vereinigte Priesterschaft, die über die Dinge der Religion und des Götterdienstes verfügte.
Der Sand wird Blut trinken! Der Sieg aber ist mit den Unbarmherzigen, denn auf ihren ruht die Gunst der ewigen Götter. Sie dulden keine Schwäche, sie dulden kein Zurückweichen. Es kann nur Kampf geben, es darf nur Triumph geben. Wir marschieren, doch vorher trinkt! Schmeckt das Wasser und wisst wofür ihr kämpft. Das Nächste wird es geben wenn der Feind zerschmettert, sein Besitz unser ist.
Ein fettleibiger Kahlkopf, mit unproportional kleinem Schädel, stapfte, auf dieses Stichwort hin, vor. Vor den Bauch und auf dem Rücken hatte er jeweils ein großes Holzfass geschnallt, gehalten von einem Geflecht aus Lederriemen, die tief in sein aufgedunsenes Fleisch schnitten. Was in den Fässern war schien offensichtlich, glänzte es doch feucht zwischen den Holzleisten. Auf der Schulter des Specknackens saß ein verkümmert Zwerg, mehr einem Greis, denn einem Kind ähnlich. Wie ein Affe turnte er auf dem Fleischberg herum, hielt sich geschickt am Hals seines Transporteurs fest und langte mir einer Schöpfkelle in die Fässer. Das Wasser verteilte er an die Palta, die ihn sogleich umringten. Er füllt emporgereckte Behälter oder hielt die Kelle an gierige Münder. Dabei juchte und spottete er.
Ja sauft! Sauft ihr Hunde! Schon bald wird euch der Sonnenkaiser das Fleisch von den Knochen schmelzen. Sauft! Sauft!