12-03-2008, 12:41 AM
Heilsam. Lindernd. Ruhend. Was beschrieb jenen merkwürdigen Dämmerzustand, frei schwebend zwischen zwei unterschiedlichen Bewusstseinsebenen, Wachend, Dösend. Delirium? Es bedurfte mehr als bloß medikamentöser Dämpfung, die keimenden Wahnvorstellungen gänzlich zu unterdrücken. Vom gleißend weißem Sonnenlicht durchflutet, ruhten die stetig kreisenden Pupillen hintern einem geäderten Hautvorhang, gänzlich immun wider eine andere ausgesperrte Realität, verhaftet in einem disharmonischen Zustand, wie ihn wohl ansonsten lediglich ein sehr eingeschränkter Kreis kannte. Planetare Eklipsen flimmerten in unruhigen Bahnen, wagten physikalisch widersinnige Sprünge von hier nach da, während sie ihre eigensinnige Rotation auf beliebige Weise verdrehten. Verzerrte Winkel warfen sich durch fast materiell begreifliche Schattentäler, züngelnde Sauerstoffausscheidungen flackerten unruhig über den polaren Kappen eines Gestirns, erhellten den sonst trostlos grauen Raum in matten Blautönen, während sich die zarte Flammenspitze nach den Sternen reckte und mit ihrem fettigen Ruß Trabanten mit klebrigen Absonderungen beschichtete.
Blinzelt fegte sie ganze Makroversen wie lästige Grießkörner im Augenwinkel hinfort, dunstige Tränenperlen beendeten das schauderhafte Kometenwandern, während sie zunächst in apathischer Teilnahmslosigkeit die gemusterten, stellenweise korrigierten Firmamentbezeichnungen entlang des gegossenen Flurs besichtigte. Antrestes Primos, Luekta, seine fünf Monde, der blaue Gigant Ikemonlos, Pyrarch, Hydraphur mit seiner überdimensionierten Flottenbasis, Ultramar, die tausend Fangarme des unbegreiflichen Mahlstroms, Kar Duniashs nimmer müde Kriegsschmieden, Sol… Mars … Terra…
Fragmentarisch, durchsichtig wie eine angelaufene Buntglasscheibe, wie man sie aus klerikalen Bauwerken kannte, brachen verschieden getönte Lichterfacetten durch die ansonsten meist verhangenen Portalfenster. War es das silberne kühle Beschwichtigen des nächtlichen Mondes, oder der geißelnde Hitzeodem der erstrahlenden Sonne? Unmöglich abzuschätzen. Nicht minder schmerzte es an den größeren Nervensträngen unterhalb der schlitzförmig geöffneten Pupillen, Sinneswahrnehmungen welche wie mikroskopische Faserklingen den Glaskörper darunter verwundeten. Entnervend kratzten stählerne Röhrchen an den unersichtlichen Innenseiten ihres Fleisches, kaum erwacht, vernahm sie dessen überwältigende “Bedrängung” deutlicher als sie hätte etwas anderes wahrnehmen können. Stockend rasselte ihr die angestaute Feuchtigkeit innerhalb der Bronchien, während sich trockene Fäden quer über den Lungenlappen dahin spannten, Spinnennetzen gleich und dennoch nicht von physischer Natur. Wie viel Zeit war eigentlich verstrichen… undeutbar. Groteske Zahlenreime schwangen sich ermuntert durch die Peripherie ihres Selbstbewusstseins. Verdrängend generierten die lose schwebenden Nervenzellen weitere rudimentär wichtige Grundfragen, allesamt von wenig mehr Bedeutung als “Hunger” oder etwa “Aufstehen”. Langsam drehte sie ihren in formfreie Kissen gebetteten Kopf in eine etwas angenehmere Haltung.
Eine schwarzhaarige menschenähnliche Gestalt wringte soeben einen blutigverfärbten Lappen in eine tönerne Schale, Moschus haftete diesem entstellen wohl weiblichen Wesen an, faulig süß, viehisch. Man behauptete die exotischen Aromen jenes Lockstoffes würden auf etwa ein Drittel anziehend wirken, ein anderes ignorierte ihn da er nicht wahrnehmbar war, ein drittes verabscheute den bestialischen Gestank gänzlich. Anmaßend genug, entsprach das Geschöpf nicht etwas einem bestimmten “Hässlichkeits Ideal”, lediglich die nähere Struktur der Schultermuskulatur, sowie der Brust und verdrehten Arme war nachhaltig beschädigt, wenigstens das zart nach hinten fliehende Antlitz spiegelte noch eine begreifliche Sinnesruhe, etwas anziehendes, nicht zu sagen beschwichtigendes. Wohl drang nun auch das unterbewusste Erfassen des Wachzustandes in den Schädel der anderen, die karmesinroten Iriden zuckten unwillkürlich zusammen, fast als habe sie etwas erschreckendes wahrgenommen, oder würde sich zumindest über derartiges “brüskieren”. Was zunächst als “Scheu” hätte gewertet werden können, entpuppte sich als nachhaltiges Interesse, die spindeldürren, abgemergelten Knochenfinger wischten spürbar das eigentümliche Halsband beiseite während sie entlang ihrer hinteren Kieferpartie strich. Was immer sie tat, brannte unangenehm, als würden die säurebehafteten Hautpartikel über eine Schleimhaut oder dergleichen gleiten. Angespannt grub sie gereizt die eigenen Fingerkuppen tief genug ins zarte Unterarmsfleisch der anderen. Benetzend sprudelten winzigkleine Blutströpfchen hervor, die nachtmahrischen Pupillen schlitzten sich, sie zerrte das fragile Geschöpf übermäßig kraftvoll an ihre Liegestatt herab. Unerwartet wohl, sie gab nach. Reflex, möglicherweise hervorgerufen durch den eben erst entbrannten Schmerz, der blutige Lappen fiel, klatschend, verteilte aufgesaugtes körperwarmes Wasser, sowie rötlichere Strähnen über den Sandstein und das herab gleitende Laken. Erwiderung zeichnete sich als runzeliges Mienenspiel um die gekerbten Lippen, dies erstarb jedoch als sie erstickend, siedendheiß die angespitzten Fänge in die Kehle der unvorsichtigen Zweiten grub. Das spärlich gesegnete Leben wurde binnen Bruchteilen weniger Atemzüge regungslos ausgeblasen, erlischend wie ein Kerzendocht im Schneegestöber. Umständlich wälzte sie das entstellte Geschöpf unter ihre Bettdecke, während sie selbst sich von der pyramidenartigen Ruhestätte befreite, ungeschickt, torkelnd wie eine betrunkene Nachtgestalt herab balancierend.
Versunken in eigensinnigen, möglicherweise befremdlichen Begehren, kauerte eine ältliche Gestakt gekrümmten Rückens über einem aufgeschlagenen Folianten. Die pergamentartigen Seiten waren stellenweise vergilbt oder angesengt worden, krachend strich er lesend abermals eine glatt. Unbemerkt glitt sie lauernd, wie durch einen bisher ungekannten animalischen Trieb heraus näher heran. Zirkulierend konnte sie beinahe schon dessen wärmenden Atem durch die Luftröhre hinab in den aufgeblähten Lungen sehen, Kompression, Überdehnung, ausgebeuteter Lebenshauch wurde ausgestoßen. Graues, loses Haar bedeckte seine warzige Schädeldecke, seine plumpen Hände waren stellenweise verwachsen, sieben anstatt zehn Fingern. Dicke Knorpel verzierten eine nackte Stelle entlang seines Rückenmarks, etwas wucherte unterhalb des Haaransatzes, etwas wie ein schleimiges Wundmal, und dennoch, schien dieser eine Art Medicus im primitiven Sinne zu sein. Dies änderte sich abrupt, verräterisch feucht mochte ihr ausgestoßener Atem kräuselnd über seine Nackenhaare gewandert sein, den Schädel seitwärts neigend, versuchte er sich darin eine unbekümmerte, nur allzu menschliche Frage zu artikulieren, scheitere jedoch am Widerstand einer plötzlich vorgehaltenen Hand. Verwunderung, wenn auch getrübt durch ein winziges Quäntchen Abscheu oder Bestürzung, prangerte da zwischen seinen Lidern. Seine drei fingrige Linke scharte rücklings nach einem seiner halbekliptischen Operationsmesser, gleichsam ungeschickt wie sie wohl selbst sein mochte, führte er dies geradeso zwischen sie beide, das es dem Mädchen keine größere Schwierigkeit bereitete ihm das Messer zu entwenden.
Melancholisch blinzelte ein entsagendes Grinsen im verzogenen Mundwinkel des langsam einsackenden Alten, gerade als hätte er bereits erahnt das er eines Tages durch sein eigenes Werkzeug den Todeskuss empfangen würde. Schlagartig implodierten die mehrmals durchstochenen Flügel seiner sich langsam entleerenden Lungen, keuchend rang er selbst unter vorgehaltener Hand noch nach dem wichtigen Element und dessen lebensspendender chemischen Verbindung. Es war ihm versagt, tastend griff er sich orientierungslos den Torso ab, quetschte ausströmenden Lebenssaft zurück, während sich seine Augen immer mehr in gläserne Kugeln verwandelten, durchsichtig und filigran, rangelnd schlitterten seine ausgestreckten Füße übers aufgeraute Fliesenbildnis des Gemachs, endlich sank er. Verdrehter Augen umfing in die stille Nacht, der ewige, zeitenlose Schlaf. Nicht so sie, fast instinktiv, ermuntert aus dem ursprünglichen Wesen heraus, erspürte sie etwas, etwas das sie anzog wie Metall durch Magnetgestein angezogen wurde. Ungesehen stahl sie sich wie eine das Mondlicht scheuende Katze durch die viel zu engen Korridore, zog jedoch eine rot getränkte Spur zaghafter Fußabdrücke hinter sich her, etwas das ihrer Aufmerksamkeit schmählich entging. An einem altertümlichen Treppenkopf angekommen, lauschte sie zunächst den flüchtig aufsteigenden Geräuschen stählerner Sohlen, gefolgt von gutturalen Flüchen und etwas das wie ersticktes Gestammel klang. Dann huschte sie hinab, selbst an den durchdachten Zwischenebenen des Thronsaals, tiefer, vorbei an einer neubelebten Waffenkammer, sowie Kerkern, deren staubige Kettenglieder noch immer mahnend durch ungesehenen Wind schaukelten. Knochen säumten die untersten Stufen, Becken, Oberarm und dicke Schenkelknochen, ein geborstener Schädel lag schief auf einer Kante. In der ferne war stummes Rauschen zu vernehmen, hell klingend, erfrischend, segensreich. Sie eilte voran, weiter auf den Quell zu, vernahm das sonst ignorierte Bersten winzigster Wasserkristalle, das kaum hörbare platzen eines Tropfens, den dem menschlichen Geist entfremdeten Klan des Urmeeres, wie es wohl vor Äonen existiert haben mochte. Da lagen sie, hünenhafte, kolossale Zisternen, im selben überdimensioniert verschnörkelten Stil wie die restliche Wüstenpromenade errichtet und nicht minder huldvoll als die mächtig emporsteigenden Pyramiden der Oberwelt.
Es übte eine magische, dämonische Ausstrahlung aus, die flachen, schimmernden Massen, welche in sich selbst zirkulierend, sachte an die steinernen Ränder brachen. Groteske Schauerfiguren erhoben sich aus den etwa zehn Meter erhöhten Balustraden, gossen aus geöffneten Amphoren glasklares Gewässer, während es sich dem Herzen jenes Bassins zu langsam in ein kränkliches Smaragdgrün wandelte. Zweifellos war jenes quellende, kühle Nass ebenso verdorben wie alles andere flüssige Element dieses Grates, dennoch sprang sie ohne notwendiges Federlesen und in tödlicher Verachtung mitten hinein in einen düsteren Schatten der bis zum finsteren Kern selbst hinab reichen mochte. Ungestüm wand sie sich in keimenden Süßwassergräsern, während schimmernde Algen entlang eines entfernteren Winkels heranvegetierten. Sekunden wandelten sich dahin, verformten sich zu merklich zeitlicheren Minuten, indes zeigten sich keinerlei merkliche Anzeichen irgendeiner Atemnot, anstelle deren fühlte sie sich beinahe in ihrem ursprünglichen Element, so als wäre dies seit grauer Urzeit schon Heimstatt ihrer selbst gewesen. Und es war noch etwas… wie ein sanfter Widerhall des eigenen Herzensschlages, fluktuierend, schwach ansteigend und dann wieder abebnend. Nicht allzu fern glitten singend herabstürzende Massen hinein in eine sonst beinahe stumme Umgebung, Präsenzen wurden spürbar, ältere, jüngere, entfernte und nahe, Welten verschoben sich, in kümmerlich ausgelöster Kiesel an der Oberfläche glich einem Donnerwetter, während laute innerhalb des Bassins außerhalb stumm und lautlos schienen. Wundersam, wie sich Geist und Leib zu einer materiellen Einheit verschmolzen, wie das klebrige Blut an Zähnen, Lippen und Fingern abblätterte, wie sich geschwungene Wasserströmungen an der fließenden Bewegung des Körper brachen. Sie verweilte und genoss, indes sich das ihr begreifliche Universum invertierte und einen gänzlich anderen Betrachtungswinkel ermöglichte.
Blinzelt fegte sie ganze Makroversen wie lästige Grießkörner im Augenwinkel hinfort, dunstige Tränenperlen beendeten das schauderhafte Kometenwandern, während sie zunächst in apathischer Teilnahmslosigkeit die gemusterten, stellenweise korrigierten Firmamentbezeichnungen entlang des gegossenen Flurs besichtigte. Antrestes Primos, Luekta, seine fünf Monde, der blaue Gigant Ikemonlos, Pyrarch, Hydraphur mit seiner überdimensionierten Flottenbasis, Ultramar, die tausend Fangarme des unbegreiflichen Mahlstroms, Kar Duniashs nimmer müde Kriegsschmieden, Sol… Mars … Terra…
Fragmentarisch, durchsichtig wie eine angelaufene Buntglasscheibe, wie man sie aus klerikalen Bauwerken kannte, brachen verschieden getönte Lichterfacetten durch die ansonsten meist verhangenen Portalfenster. War es das silberne kühle Beschwichtigen des nächtlichen Mondes, oder der geißelnde Hitzeodem der erstrahlenden Sonne? Unmöglich abzuschätzen. Nicht minder schmerzte es an den größeren Nervensträngen unterhalb der schlitzförmig geöffneten Pupillen, Sinneswahrnehmungen welche wie mikroskopische Faserklingen den Glaskörper darunter verwundeten. Entnervend kratzten stählerne Röhrchen an den unersichtlichen Innenseiten ihres Fleisches, kaum erwacht, vernahm sie dessen überwältigende “Bedrängung” deutlicher als sie hätte etwas anderes wahrnehmen können. Stockend rasselte ihr die angestaute Feuchtigkeit innerhalb der Bronchien, während sich trockene Fäden quer über den Lungenlappen dahin spannten, Spinnennetzen gleich und dennoch nicht von physischer Natur. Wie viel Zeit war eigentlich verstrichen… undeutbar. Groteske Zahlenreime schwangen sich ermuntert durch die Peripherie ihres Selbstbewusstseins. Verdrängend generierten die lose schwebenden Nervenzellen weitere rudimentär wichtige Grundfragen, allesamt von wenig mehr Bedeutung als “Hunger” oder etwa “Aufstehen”. Langsam drehte sie ihren in formfreie Kissen gebetteten Kopf in eine etwas angenehmere Haltung.
Eine schwarzhaarige menschenähnliche Gestalt wringte soeben einen blutigverfärbten Lappen in eine tönerne Schale, Moschus haftete diesem entstellen wohl weiblichen Wesen an, faulig süß, viehisch. Man behauptete die exotischen Aromen jenes Lockstoffes würden auf etwa ein Drittel anziehend wirken, ein anderes ignorierte ihn da er nicht wahrnehmbar war, ein drittes verabscheute den bestialischen Gestank gänzlich. Anmaßend genug, entsprach das Geschöpf nicht etwas einem bestimmten “Hässlichkeits Ideal”, lediglich die nähere Struktur der Schultermuskulatur, sowie der Brust und verdrehten Arme war nachhaltig beschädigt, wenigstens das zart nach hinten fliehende Antlitz spiegelte noch eine begreifliche Sinnesruhe, etwas anziehendes, nicht zu sagen beschwichtigendes. Wohl drang nun auch das unterbewusste Erfassen des Wachzustandes in den Schädel der anderen, die karmesinroten Iriden zuckten unwillkürlich zusammen, fast als habe sie etwas erschreckendes wahrgenommen, oder würde sich zumindest über derartiges “brüskieren”. Was zunächst als “Scheu” hätte gewertet werden können, entpuppte sich als nachhaltiges Interesse, die spindeldürren, abgemergelten Knochenfinger wischten spürbar das eigentümliche Halsband beiseite während sie entlang ihrer hinteren Kieferpartie strich. Was immer sie tat, brannte unangenehm, als würden die säurebehafteten Hautpartikel über eine Schleimhaut oder dergleichen gleiten. Angespannt grub sie gereizt die eigenen Fingerkuppen tief genug ins zarte Unterarmsfleisch der anderen. Benetzend sprudelten winzigkleine Blutströpfchen hervor, die nachtmahrischen Pupillen schlitzten sich, sie zerrte das fragile Geschöpf übermäßig kraftvoll an ihre Liegestatt herab. Unerwartet wohl, sie gab nach. Reflex, möglicherweise hervorgerufen durch den eben erst entbrannten Schmerz, der blutige Lappen fiel, klatschend, verteilte aufgesaugtes körperwarmes Wasser, sowie rötlichere Strähnen über den Sandstein und das herab gleitende Laken. Erwiderung zeichnete sich als runzeliges Mienenspiel um die gekerbten Lippen, dies erstarb jedoch als sie erstickend, siedendheiß die angespitzten Fänge in die Kehle der unvorsichtigen Zweiten grub. Das spärlich gesegnete Leben wurde binnen Bruchteilen weniger Atemzüge regungslos ausgeblasen, erlischend wie ein Kerzendocht im Schneegestöber. Umständlich wälzte sie das entstellte Geschöpf unter ihre Bettdecke, während sie selbst sich von der pyramidenartigen Ruhestätte befreite, ungeschickt, torkelnd wie eine betrunkene Nachtgestalt herab balancierend.
Versunken in eigensinnigen, möglicherweise befremdlichen Begehren, kauerte eine ältliche Gestakt gekrümmten Rückens über einem aufgeschlagenen Folianten. Die pergamentartigen Seiten waren stellenweise vergilbt oder angesengt worden, krachend strich er lesend abermals eine glatt. Unbemerkt glitt sie lauernd, wie durch einen bisher ungekannten animalischen Trieb heraus näher heran. Zirkulierend konnte sie beinahe schon dessen wärmenden Atem durch die Luftröhre hinab in den aufgeblähten Lungen sehen, Kompression, Überdehnung, ausgebeuteter Lebenshauch wurde ausgestoßen. Graues, loses Haar bedeckte seine warzige Schädeldecke, seine plumpen Hände waren stellenweise verwachsen, sieben anstatt zehn Fingern. Dicke Knorpel verzierten eine nackte Stelle entlang seines Rückenmarks, etwas wucherte unterhalb des Haaransatzes, etwas wie ein schleimiges Wundmal, und dennoch, schien dieser eine Art Medicus im primitiven Sinne zu sein. Dies änderte sich abrupt, verräterisch feucht mochte ihr ausgestoßener Atem kräuselnd über seine Nackenhaare gewandert sein, den Schädel seitwärts neigend, versuchte er sich darin eine unbekümmerte, nur allzu menschliche Frage zu artikulieren, scheitere jedoch am Widerstand einer plötzlich vorgehaltenen Hand. Verwunderung, wenn auch getrübt durch ein winziges Quäntchen Abscheu oder Bestürzung, prangerte da zwischen seinen Lidern. Seine drei fingrige Linke scharte rücklings nach einem seiner halbekliptischen Operationsmesser, gleichsam ungeschickt wie sie wohl selbst sein mochte, führte er dies geradeso zwischen sie beide, das es dem Mädchen keine größere Schwierigkeit bereitete ihm das Messer zu entwenden.
Melancholisch blinzelte ein entsagendes Grinsen im verzogenen Mundwinkel des langsam einsackenden Alten, gerade als hätte er bereits erahnt das er eines Tages durch sein eigenes Werkzeug den Todeskuss empfangen würde. Schlagartig implodierten die mehrmals durchstochenen Flügel seiner sich langsam entleerenden Lungen, keuchend rang er selbst unter vorgehaltener Hand noch nach dem wichtigen Element und dessen lebensspendender chemischen Verbindung. Es war ihm versagt, tastend griff er sich orientierungslos den Torso ab, quetschte ausströmenden Lebenssaft zurück, während sich seine Augen immer mehr in gläserne Kugeln verwandelten, durchsichtig und filigran, rangelnd schlitterten seine ausgestreckten Füße übers aufgeraute Fliesenbildnis des Gemachs, endlich sank er. Verdrehter Augen umfing in die stille Nacht, der ewige, zeitenlose Schlaf. Nicht so sie, fast instinktiv, ermuntert aus dem ursprünglichen Wesen heraus, erspürte sie etwas, etwas das sie anzog wie Metall durch Magnetgestein angezogen wurde. Ungesehen stahl sie sich wie eine das Mondlicht scheuende Katze durch die viel zu engen Korridore, zog jedoch eine rot getränkte Spur zaghafter Fußabdrücke hinter sich her, etwas das ihrer Aufmerksamkeit schmählich entging. An einem altertümlichen Treppenkopf angekommen, lauschte sie zunächst den flüchtig aufsteigenden Geräuschen stählerner Sohlen, gefolgt von gutturalen Flüchen und etwas das wie ersticktes Gestammel klang. Dann huschte sie hinab, selbst an den durchdachten Zwischenebenen des Thronsaals, tiefer, vorbei an einer neubelebten Waffenkammer, sowie Kerkern, deren staubige Kettenglieder noch immer mahnend durch ungesehenen Wind schaukelten. Knochen säumten die untersten Stufen, Becken, Oberarm und dicke Schenkelknochen, ein geborstener Schädel lag schief auf einer Kante. In der ferne war stummes Rauschen zu vernehmen, hell klingend, erfrischend, segensreich. Sie eilte voran, weiter auf den Quell zu, vernahm das sonst ignorierte Bersten winzigster Wasserkristalle, das kaum hörbare platzen eines Tropfens, den dem menschlichen Geist entfremdeten Klan des Urmeeres, wie es wohl vor Äonen existiert haben mochte. Da lagen sie, hünenhafte, kolossale Zisternen, im selben überdimensioniert verschnörkelten Stil wie die restliche Wüstenpromenade errichtet und nicht minder huldvoll als die mächtig emporsteigenden Pyramiden der Oberwelt.
Es übte eine magische, dämonische Ausstrahlung aus, die flachen, schimmernden Massen, welche in sich selbst zirkulierend, sachte an die steinernen Ränder brachen. Groteske Schauerfiguren erhoben sich aus den etwa zehn Meter erhöhten Balustraden, gossen aus geöffneten Amphoren glasklares Gewässer, während es sich dem Herzen jenes Bassins zu langsam in ein kränkliches Smaragdgrün wandelte. Zweifellos war jenes quellende, kühle Nass ebenso verdorben wie alles andere flüssige Element dieses Grates, dennoch sprang sie ohne notwendiges Federlesen und in tödlicher Verachtung mitten hinein in einen düsteren Schatten der bis zum finsteren Kern selbst hinab reichen mochte. Ungestüm wand sie sich in keimenden Süßwassergräsern, während schimmernde Algen entlang eines entfernteren Winkels heranvegetierten. Sekunden wandelten sich dahin, verformten sich zu merklich zeitlicheren Minuten, indes zeigten sich keinerlei merkliche Anzeichen irgendeiner Atemnot, anstelle deren fühlte sie sich beinahe in ihrem ursprünglichen Element, so als wäre dies seit grauer Urzeit schon Heimstatt ihrer selbst gewesen. Und es war noch etwas… wie ein sanfter Widerhall des eigenen Herzensschlages, fluktuierend, schwach ansteigend und dann wieder abebnend. Nicht allzu fern glitten singend herabstürzende Massen hinein in eine sonst beinahe stumme Umgebung, Präsenzen wurden spürbar, ältere, jüngere, entfernte und nahe, Welten verschoben sich, in kümmerlich ausgelöster Kiesel an der Oberfläche glich einem Donnerwetter, während laute innerhalb des Bassins außerhalb stumm und lautlos schienen. Wundersam, wie sich Geist und Leib zu einer materiellen Einheit verschmolzen, wie das klebrige Blut an Zähnen, Lippen und Fingern abblätterte, wie sich geschwungene Wasserströmungen an der fließenden Bewegung des Körper brachen. Sie verweilte und genoss, indes sich das ihr begreifliche Universum invertierte und einen gänzlich anderen Betrachtungswinkel ermöglichte.