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Angrenzende Pässe
#2
Konstante, physische Gegebenheiten, das Weltengeschehen verlangte danach wie alles Leben nach frischem Wasser gierte. Abenddämmerung, eines dieser aufgezwungenen Gesetze, stets musste sie dem allmählichen qualvollen Sieden eines strahlenverseuchten Sonnenzyklus folgen, versprach Linderung und die kühlende Brise des nächtlichen Himmels, welcher gänzlich frei von ihrer schieren Boshaftigkeit war.

In den provisorisch ausgehobenen “Schützengräben”, gerade noch vermochte man mit freiem Auge Rasankur ausfindig machen, sofern man nur wusste in welche Richtung man den spähen musste. Dunkelhäutiges, hochgewachsenes Volk, schwarzes, krauses Haar, rituelle Narben zierten die Unterarme von Handgelenk aufwärts, rote, klare gestochene Linien, eingebrannt und durch verschiedene Toxine sichtlich gemacht. An unzähligen Feuerstellen brieten sie frisch geschlachtete Hautsegler, Sandkriecher und anderes Getier, schmausten gänzlich achtlos der nahenden Geschütze, während sie dicke Scheiben ungesäuerten Brots in den Fleischsaft tauchten und dazu schweren Essig tranken. Die meisten dieser Männer trugen auffällig verfilztes Haupthaar oder gänzlich geschorenes mit komplexen Symbolen und Göttermustern, welchen man heilerische oder schützende Fähigkeiten zuschrieb. Aufgeschlichtetes Gestein, kombiniert mit in aller Eile eingeschlagenen “Rostpfosten” und schlichten befüllten Sandsäcken diente als provisorische Barrikade. Indes hatte sich eine kleinere Gruppe von kaum zwanzig Mann südlich jenes Heerlagers versammelt, nur allzu bedacht darauf, durch vielfach geschürte Feuerherde, lauten Gesang und wilde Geräusch alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Noch gegen Mittag des vorherigen Tages hatte man mit geschliffenen Linsen die aufgespannten Reihen des Reitervolkes gesehen, wie sie vielfach entstellt und in demütigender Weise aufgebahrt worden waren. Diesen Spott musste man begegnen.

Was sich hier abspielte glich jenen Aufzeichnungen imperialer “Kreuzzüge”, Häresie und blasphemischer Beigeschmack klebte dabei schwer und unabwaschbar am Gaumen. Egal wie viel Speichel man schluckte, jene ekelhafte Darbietung mochte sich nicht verdünnen. Noch vor wenigen Stunden hatte man einige gedroschene, halb verblutete Wüstensöhne herbeigeschafft, “Meldereiter”, wie man es beiläufig durchs Lager munkeln hörte. Unablässige, psychopathische Marter hatte das gute Dutzend auf kaum mehr als vier besonders ausdauernde Krieger reduziert, welchen man gleichsam die Augenlider abgetrennt hatte, ihre Gesicht wiesen Brandmale auf, an mancher Stelle hatte man die Haut gänzlich vom Gewebe heruntergezogen und eifrig fressende “Würmer” eingepflanzt. Nach einiger Zeit hatte man dann schließlich wohl erfahren was man sich zu wissen erhofft hatte, man ließ von ihnen ab, wie eine übermütige Katze irgendwann von einer Maus ablassen mochte.

Um die größte Feuersbrunst zerhackter, geschlichteter Scheite herum, mehr ein Scheiterhaufen den ein einfaches Lagerfeuer, hatte man fünf mannsdicke Pfähle platziert, noch im sandigen, mergeligen Staub der großen Zentralwüste liegend.

Inzwischen riss man zumeist gewaltsam den anwesenden Männern die verbliebene, blutigschmutzige Gewandung von den Schenkeln, den alles andere war ohnedies durch die vormalige Folter zerrissen und herabhängend. Zwei kräftigere Beduinen ergriffen sie an den Handgelenken, die zerfurchte Haut jener war wie raues Pergament, ausgetrocknet und von schier endlosen Narbenmustern versehrt, stießen ihr schmerzhaft die Sohlen in die Kniekehle und zwangen sie so brutal nieder. Ein drittes Wüstengeschöpf, feist, fast aufgebläht wie eine schwellende Eiterbeule, kroch mit sichelartiger Klinge schwer prustend, atemlos heran, man vermochte das nachhaltige Schwabbeln seiner ausdünstenden Fleischfalten schon regelrecht am Klang wie am Geruch zu erkennen. Eine meerblaue, nietenversehene Stahlschärpe umspannte die ganze Kolossalität seines Wanstes. Findig zerschlitzte er in wenigen Handgriffen gänzlich was an “leiblichen” Kostbarkeiten noch an Gewändern verblieben war, ehe man ihr die Arme band, anschließend eine schwere Lederpeitsche gut zehnmal krachend über ihren nunmehr schmerzenden Rücken lecken ließ. Eine marode Mischung aus eisig empfundener Hitze und bohrenden “Fängen” wandte sich zwischen ihren Schulterblättern, während sie förmlich fühlte wie sich aus den gerissenen Wunden perlrote Bäche ergossen. Gleichsam brutal griff er ihr ins Haar und riss sie empor, nicht minder drohend das krumme Messer schwach ritzend über ihren doch weißen Hals gleiten lassend, wohl gewahr er dann etwas das von ähnlichem Interesse für ihn war. Die feinen, goldenen Linien stachen dem habgierigen Chareizwik wie Spieße in die Pupillen, weniger erfreulich gleichsam für sie, als er ihre abrupt den Nacken überspannte und ein dünnes Kettchen hindurch wand. Obwohl sie vermochte sich eine rasend ansteigende Schmerzenswelle auszumalen, überstieg die bewusst empfunde Qual alles bisher gekannte um eine mildes zehnfaches. Augenblicks löste sich ihr versinkender Verstand in den höllischen Torturen auf, so verspürte sie auch nicht mehr wie man sie wie die vier aufrechten Krieger an die Pfähle herüber zerrte und die Glieder an die daran befindlichen Querbalken fesselte.

Angesichts der sengenden Flammen ritzte man abschließend einem jedem “Delinquenten” einige kaligraphische Flüche auf die überspannte Bauchdecke, so das jeder sorgsam gezogene Letter durch quellendes Purpur nachgezeichnet wurde. Als man schließlich die rituelle Demütigung endete, zogen je drei der gelb gewandeten Beduinen einen dieser Pfähle empor, so das man im Widerschein der goldenen, roten und orangen Flammenzungen selbst von größter Entfernung noch jeden einzelnen der entblößten “Verräter” erkennen mochte, indes ein bis über beide Wangen lächelnder Feldheer Chaliks sich zwei schimmernde, goldene Drachenringe ans linke Ohr heftete, zusätzlich zu den zahlreichen anderen Schmuckstücken welche ihn ohnedies zierten.
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