03-07-2021, 07:15 PM
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Als das Schlangennest zusammengebrochen war, war Jamaar bereits nicht mehr in der Nähe gewesen.
Auf seiner einsamen Wanderschaft durch die nächtlichen Straßen hatte er das Geschehen anfangs nur auditiv mitbekommen. Erst weit entfernte Schüsse, dumpf und unwirtlich. Dann Lautsprecherdurchsagen, blechernes Plärren. Aber da war er schon in einem Viertel unterwegs, wo die Lautsprecher nicht funktionierten, wodurch ihm der Inhalt der Nachrichten verborgen blieb.
Der Lärm ferner Kämpfe war näher gerückt, war bald nicht mehr fern.
Nun mischten sich die Laute der Angst darunter. Schreie und Rufen in Parallelstraßen, laufende Füße, Schatten die in Richtung Stadtmitte drängten. Die Schritte des Wanderer trugen ihn derweil ganz nach den Gelüsten des Großväterchens, ohne Plan. Oder zumindest nicht nach Plänen, die Sterbliche zu verstehen mochten.
Betrachtete man Rasankur als Ganzes, so lebten wenige Menschen in der Stadt. Mehr Häuser standen leer, als dass sie bewohnt waren.
Gerade jetzt, wo ein nicht unerheblicher Teil mit Kogan davongezogen war. Dennoch gab es tatsächlich Viertel, die weitaus verlassender waren, als die anderen Wohngebiete. Ob Diener der Götter oder nicht, die meisten vernunftbegabten Wesen tendierten zur Gemeinschaft und scharrten sich instinktiv umeinander.
Jamaar ging just in diesem Moment durch ein solches, vollständig verwaistes Viertel. Der Mond schimmerte hell durch das wundbrandige Lila des Krallennebels und ließ die Umgebung leidlich gut erkennen.
Das Zentrum dieses Viertels bildete ein gewaltiger Bau, wuchtig und kantig, die Verzierungen mehr angedeutet als überbordend ausgeführt. Vier Gebäude, jedes für sich schon riesig, bildeten die Ecken eines dazwischen aufragenden Blocks, dreißig oder mehr Stockwerke hoch.
Tatsächlich handelte es sich um eines der höchsten Gebäude der Stadt, abgesehen von den Bauten des Palastbereiches. Um so absonderlicher, dass in den Fenstern kein Feuerschein zu sehen war, kein Nachttier, kein Hautsegler seine Rufe erklingen ließ.
Dennoch lag etwas unter dem Mantel der Verlassenheit, etwas pulsierendes, Lebendiges, etwas dass Jamaar wahrnahm und mit unsichtbaren Fingern über ihn strich. Es schreckte nicht vor dem verdrehten und wuchernden Fleisch des Kriegers zurück, sondern erkannte es als etwas Vertrautes, etwas Artverwandtes.
Dieses Gemäuer war das Domizil jener Präsenz, der Fruchtköper. Nun konnte man auch einen Geruch wahrnehmen, der auf jene, die nicht die Wahrheit des Verfalls und Entstehens als einzige Konstante im Universum erkannt hatten, vermutlich abstoßend gewirkt hätte.
Verrottung, Verwesendes als Grundlage für neues Werden. Vitaler Schimmel, Totes als Nährboden für wimmelndes Leben, Maden, Fliegen und Bazillus.
All das Schwang in der Stille der Nachtluft und lockte Jamaar, wie der vertraute Geruch des Elternhaueses den Heimkehrenden lockt.
Sein klumpiger Fuß stieg gegen etwas, das klappernd und unangenehm laut den Rinnstein entlang rollte. Ein menschlicher Schädel.
Rasankur war ein Ort des Sterbens, aber hier gab es weit mehr Zeugnis davon, als hätte üblich sein sollen. Überall lagen menschliche Gebeine, von der Sonne ausgebleicht. Einige waren zu kleinen Haufen und Pyramiden aufgeschichtet, der Großteil aber willkürlich verstreut. Ein Schlachtfeld, eine absonderliche Art der Bestattung?
Durch die Gebeine waren Wege, wie Trampelpfade gescharrt, die zu dem Haupteingang des Gebäudes führten.
Im Näherkommen wurde auch ersichtlich, dass es sich um ein ehemaliges Krankenhaus zu handeln schien. Das Schild über dem ausladenden Eingangsbereich war vom Rost zerfressen, aber in der Auffahrt standen noch die Kadaver von Fahrzeugen, die an Ambulanzen gemahnten. Die Türen des Vorbaus standen offen, dahinter gähnte nur Schwärze.
Eine Schwärze, in welcher manches locken, vieles lauern mochte. Rief ihn der Brodem des Verfalls, welcher die Heraldik seines Gottes war? Oder war der Duft das Äquivalent zu jenen Gerüchen, die fleischfressende Pflanzen ausschickten, ihre Beute zu foppen?
Was wie der Ruf der Bestimmung erscheinen mochte, konnte ein simpler Trick sein und bald schon würden Jamaars Knochen sich zu den anderen hier gesellen.
Abgenagt und ausgespuckt.
Was immer in diesem Krankenhaus war, was es vielleicht trug wie ein Einsiedlerkrebs eine Muschelhülle, es lies dem Krieger die Wahl.
Er konnte eintreten und die Wahrheit auf die eine oder andere Art herausfinden oder er konnte seiner Wege gehen.
Als das Schlangennest zusammengebrochen war, war Jamaar bereits nicht mehr in der Nähe gewesen.
Auf seiner einsamen Wanderschaft durch die nächtlichen Straßen hatte er das Geschehen anfangs nur auditiv mitbekommen. Erst weit entfernte Schüsse, dumpf und unwirtlich. Dann Lautsprecherdurchsagen, blechernes Plärren. Aber da war er schon in einem Viertel unterwegs, wo die Lautsprecher nicht funktionierten, wodurch ihm der Inhalt der Nachrichten verborgen blieb.
Der Lärm ferner Kämpfe war näher gerückt, war bald nicht mehr fern.
Nun mischten sich die Laute der Angst darunter. Schreie und Rufen in Parallelstraßen, laufende Füße, Schatten die in Richtung Stadtmitte drängten. Die Schritte des Wanderer trugen ihn derweil ganz nach den Gelüsten des Großväterchens, ohne Plan. Oder zumindest nicht nach Plänen, die Sterbliche zu verstehen mochten.
Betrachtete man Rasankur als Ganzes, so lebten wenige Menschen in der Stadt. Mehr Häuser standen leer, als dass sie bewohnt waren.
Gerade jetzt, wo ein nicht unerheblicher Teil mit Kogan davongezogen war. Dennoch gab es tatsächlich Viertel, die weitaus verlassender waren, als die anderen Wohngebiete. Ob Diener der Götter oder nicht, die meisten vernunftbegabten Wesen tendierten zur Gemeinschaft und scharrten sich instinktiv umeinander.
Jamaar ging just in diesem Moment durch ein solches, vollständig verwaistes Viertel. Der Mond schimmerte hell durch das wundbrandige Lila des Krallennebels und ließ die Umgebung leidlich gut erkennen.
Das Zentrum dieses Viertels bildete ein gewaltiger Bau, wuchtig und kantig, die Verzierungen mehr angedeutet als überbordend ausgeführt. Vier Gebäude, jedes für sich schon riesig, bildeten die Ecken eines dazwischen aufragenden Blocks, dreißig oder mehr Stockwerke hoch.
Tatsächlich handelte es sich um eines der höchsten Gebäude der Stadt, abgesehen von den Bauten des Palastbereiches. Um so absonderlicher, dass in den Fenstern kein Feuerschein zu sehen war, kein Nachttier, kein Hautsegler seine Rufe erklingen ließ.
Dennoch lag etwas unter dem Mantel der Verlassenheit, etwas pulsierendes, Lebendiges, etwas dass Jamaar wahrnahm und mit unsichtbaren Fingern über ihn strich. Es schreckte nicht vor dem verdrehten und wuchernden Fleisch des Kriegers zurück, sondern erkannte es als etwas Vertrautes, etwas Artverwandtes.
Dieses Gemäuer war das Domizil jener Präsenz, der Fruchtköper. Nun konnte man auch einen Geruch wahrnehmen, der auf jene, die nicht die Wahrheit des Verfalls und Entstehens als einzige Konstante im Universum erkannt hatten, vermutlich abstoßend gewirkt hätte.
Verrottung, Verwesendes als Grundlage für neues Werden. Vitaler Schimmel, Totes als Nährboden für wimmelndes Leben, Maden, Fliegen und Bazillus.
All das Schwang in der Stille der Nachtluft und lockte Jamaar, wie der vertraute Geruch des Elternhaueses den Heimkehrenden lockt.
Sein klumpiger Fuß stieg gegen etwas, das klappernd und unangenehm laut den Rinnstein entlang rollte. Ein menschlicher Schädel.
Rasankur war ein Ort des Sterbens, aber hier gab es weit mehr Zeugnis davon, als hätte üblich sein sollen. Überall lagen menschliche Gebeine, von der Sonne ausgebleicht. Einige waren zu kleinen Haufen und Pyramiden aufgeschichtet, der Großteil aber willkürlich verstreut. Ein Schlachtfeld, eine absonderliche Art der Bestattung?
Durch die Gebeine waren Wege, wie Trampelpfade gescharrt, die zu dem Haupteingang des Gebäudes führten.
Im Näherkommen wurde auch ersichtlich, dass es sich um ein ehemaliges Krankenhaus zu handeln schien. Das Schild über dem ausladenden Eingangsbereich war vom Rost zerfressen, aber in der Auffahrt standen noch die Kadaver von Fahrzeugen, die an Ambulanzen gemahnten. Die Türen des Vorbaus standen offen, dahinter gähnte nur Schwärze.
Eine Schwärze, in welcher manches locken, vieles lauern mochte. Rief ihn der Brodem des Verfalls, welcher die Heraldik seines Gottes war? Oder war der Duft das Äquivalent zu jenen Gerüchen, die fleischfressende Pflanzen ausschickten, ihre Beute zu foppen?
Was wie der Ruf der Bestimmung erscheinen mochte, konnte ein simpler Trick sein und bald schon würden Jamaars Knochen sich zu den anderen hier gesellen.
Abgenagt und ausgespuckt.
Was immer in diesem Krankenhaus war, was es vielleicht trug wie ein Einsiedlerkrebs eine Muschelhülle, es lies dem Krieger die Wahl.
Er konnte eintreten und die Wahrheit auf die eine oder andere Art herausfinden oder er konnte seiner Wege gehen.