12-03-2017, 11:51 PM
Das Gesicht des Pferdemannes verzog sich zu einem Lächeln.
Ein verstörender Anblick, immer unter dem Vorbehalt, man wäre an einem Ort, wo nicht viel verdrehtere Segnungen der Götter die Regel und nicht die Ausnahme waren.
Damit wandte er sich dem geschuppten Geschöpf zu, das einem mythischen Drachen so ähnlich sah und sprach es ebenfalls voll Honig gelber Freundlichkeit an.
Vergebung für die unsägliche Dummheit dich mit einem Tier zu verwechseln. Die Spielarten der Götter sind für wahr absonderlich und selbst jenen voll Neuem, die glauben schon alles auf dieser Ebene des Seins erblickt zu haben.
Er runzelte die Stirn und für eine Sekunde wich sein schmeichelndes Reden einem Ausdruck der Verwirrung und einem langen Blick in die Ferne, als lausche er auf den Klang einer Glocke, die mehr zu ahnen denn wirklich zu hören war. Ebene des Seins... murmelte er, kaum hörbar, mehr zu sich selbst, denn zu den beiden Geschöpfen vor sich.
Steine die Fallen, auf der anderen Seite des Schleiers.
Was Selari spürte nahm auch er wahr, wenn auch auf sehr viel diffusere Art und Weise. Die Erforschung des Extremen und des Ekstatischen hatte seine Sinne für derartiges Geschärft.
Als dann die Stimme der Geflügelten zu ihm sprach, gewann er seine Beherrschung zurück, hielt die sonderbare Erfahrung für eine Begleiterscheinung dieser Art der Kommunikation.
Er lächelte nun noch breiter und verneigte sich ein zweites mal leicht.
Ich, meine liebe Selari, meine liebe Shivalin bin Mandias. Ein bescheidener, wenn gleich nicht der niederste Diener der Dame Nagari und ein Genießer alles Schönen. Genau dieser Umstand ließ mich schnellen Schrittes diesen Ort fliehen, da dort wo das raue Volk der Rasankuri haust nur wenig meinen Ansprüchen genügt. Gleich wohl bremste ich meine Eile, als ich euch beiden hier so fehl am Platze sah. Kommt, lasst uns ein Stück gehen.
Der Dienst an meiner Herrin gewährt mir dann und wann ein wenig Müßiggang, doch will ich die Minuten, die ich mir von meinen Pflichten stehlen darf, nicht in Staub und Sonne zerrinnen lassen. Gebt mir ein Stück des Weges Geleit und ich will euch im Mindestens ein kühlendes Getränk als Lohn versprechen und so wir darüber hinaus Gefallen an einander finden, vielleicht noch mehr dazu tun.
Da Shivalin und Selari nicht sonderlich andere Pläne geschmiedet hatten, schienen sie kurz stumme Rücksprache mit einander zu halten und dann einzuwilligen der spontanen Einladung Folge zu leisten. Sie nahmen den Pferdemann in die Mitte. Diesem gefiel die eigenwillige Eskorte augenscheinlich und während sie sich in die Richtung des belebteren Marktviertels auf machten, schwatzte er über Belanglosigkeiten, wobei er es jedoch meisterlich verstand nicht zu langweilen. Begegneten sie einem eitlen Händler, so entrichtete er höflich seinen Gruß und unterhielt dann die beiden Begleiterinnen mit einer erheiternden Anekdote, sobald deren Protagonist außer Hörweite war. Auch über dieses oder jenes Gebäude wusste er Interessantes und Amüsantes zu erzählen.
Schließlich erreichten sie eine Schenke, die ganz üblich für diese Art der Gebäude, flach war und sich eher unterhalb der Erde befand. Durch einen, mit einem bunten Tuch verhangenen Zugang stiegen sie fünf Stufen hinab und tauchten in das Zwielicht eines kühlen, mit allerlei kalten Erinnerungen an gerauchte Substanzen gefüllten, Gastraum ein.
Der Boden aus gestampftem Lehm war mit Teppichen bedeckt und rings um luden Diwane und Kissen zum Verweilen ein. Im Zentrum stand eine geschnitzte Statur. Jedenfalls ließ das die Silhouette vermuten, da das Objekt mit einem Tuch verdeckt war.
Nur drei weitere Gäste waren da. Zwei gerüstete Krieger aus den Reihen der Rasankuri, die beisammen saßen und flüsternd etwas ausbaldowerten. Außerdem ein vermummter Beduine, der in der Kühle zu schlafen schien. Hinzu kam der Wirt, der seinerseits verschlafen wirkte, in Mandias aber einen Begkannten zu haben schien.
Der Pferdemutant klopfte sich den Staub von seinem robenartigen Überwurf und streifte ihn sich schließlich ganz ab. Was zum Vorschein kam stand Stimme und Statur in nichts nach und wenn diese Dame Nagari ihn nicht nur wegen seinen geistigen Fähigkeiten zu einem hochrangigen Diener erkoren hatte, so schien ihr Geschmack erlesen. Mandias war muskulös, wobei jede Muskelwölbung auf Ästhetik definiert schien und nicht das unmittelbare Resultat von Kampf oder gar körperlich schwerer Arbeit. Seine Haut war überall schwarz wie Ebenholz und keine Narbe störte diese dunkle Perfektion. Einzig das Symbol des Slaanesh war um die rechte Brustwarze herum tätowiert, wenn auch in einem solchen Ton von Lila, dass nur genaues Betrachten zur Entdeckung führte.
Als die Robe unbeachtet hinter einem der Diwane landete, schien es im Schummerlicht, als sei er gänzlich entblößt, bis sich an die Dunkelheit anpassende Augen erkennen konnten, dass seine Männlichkeit von einem schwarzen Lendenschurz geschirmt wurde. Dieser musste von Seide sein, wie er zwischen die Schenkel des Pferdemannes floss, als dieser sich auf einen der Divane sinken ließ und behaglich streckte. Der Stoff deutete an und zeichnete nach, verriet jedoch nichts Konkretes. Nur Narren sahen hier Zufall.
Der Mutant bestellte Tee, ein Schälchen Staub und natürlich Wasser. Seinen Begleiterinnen bedeutete er es sich ebenfalls bequem zu machen.
Gönnt euren Lippen eine Leckerei, meine Blumen. Lächelte er und benetzte den kleinen Finger mit Staub, nachdem dieser zusammen mit den Getränken vom Wirt kredenzt wurde. Er rieb das Pulver auf seine Unterlippe und leckte es ab. Dann schenkte er allen Tee in flache Schalen ein und nippte an dem bitteren Trunk.
Wie ich sagte. Begann er dann. Ist das mein kleiner Dank für die reizende Gesellschaft zwei so hübscher Damen, die mir einen freudlosen Morgen mit ihrem Anblick veredeln. Doch will ich gern gestehen, dass mehr hinter meiner Einladung steckt. Aber eins nach dem anderen. Sagt mir, seid ihr lang schon in Rasankur? Welche Geschichte hat euch zum Zentrum? Was sind eure Geschäfte in der Stadt des Schwarzen Drachens?