11-26-2017, 09:13 PM
Mädchen!
Die Stimme war volltönend und melodisch schwer, wie ein guter Wein. Nicht verwunderlich, denn die Brust aus der sie drang war breit genug um ihr voluminösen Charakter zu schenken. Die Gestalt löste sich aus dem kühlen Schatten der Staturensockel, die hier einen Spalier des Verfalls bildeten.
Sie war in die typischen, weißen Leinengewänder gehüllt, die so viele Bewohner Rasankurs trugen, wenn sie sich im Freien aufhielten. Sie schützten vor schmirgelndem Flugsand und ihre Farbe nahm die Wärme weit weniger schnell auf als dunkle Kleidung. Schwarze Arme entsprangen den weiten Ärmeln, langten nach der ebenso weit ausfallenden Kapuze und schlugen sie zurück. Wollte man nicht für einen Attentäter gehalten werden, gebot es der Anstand sich bei einem Gespräch dergestalt zu erkennen zu geben. Das Antlitz, welches so zum Vorschein kam, gehörte einem von Mutation reichhaltig Gesegneten. Denn auf dem Rumpf dieses groß gewachsenen Mannes saß das Haupt eines Pferdes, so schwarz wie der sichtbare Rest. Die Mähne war zu einer aufwendigen Frisur geflochten und spöttische Intelligenz schimmerte in den menschlichen Augen des Veränderten.
Geruhsame Tage und erquickliche Nächte.
Der Mann legte die Rechte auf die Brust und deutete eine leichte Verbeugung an.
Was für ein wundersames Tier du dort hast und was für ein erbaulicher Anblick du selber bist. Wie ist dein Name, schönes Kind?
Die subtile Veränderung, die Selari an dem Standbild vorgenommen hatte bemerkte er nicht, hätte es doch eines langfristigen Beobachtens bedurft. Außerdem war seine Aufmerksamkeit gänzlich von der Anatomie der zierlichen jungen Frau und ihres geschuppten Begleiters gefangen. Seine Worte und sein Gebaren waren in Freundlichkeit gekleidet, doch darunter zeichnete sich die professionelle Beobachtungsgabe eines Fleischbeschauers ab.