08-05-2013, 11:25 PM
Das Comgerät lag auf dem wackeligen Beistelltisch neben der Tür.
Hier war die einzige Stelle, wo eine Steckdose nahe genug lag, um das Ladegerät anzuschließen, ohne das man den Apparat auf den Boden hätte legen müssen. Der tragbare Fernsprecher war eines dieser billigen Geräte, welche zu tausenden von Übersee kamen und versuchten die großen und teureren Marken nachzuahmen. So hatte auch dieses Exemplar einen kleinen Flüssigkristallschirm für Bildübertragungen. Prinzipiell das erste Teil, das den Geist aufgab. Auch neigte dieses hier dazu zu flackern und die Farben in einen ungesund wirkenden Grünstich zu verzerren.
Gleich nach ihrer Ankunft hatten sie es angeschlossen, denn auch der Akku hielt nicht sonderlich lange.
Angeschlossen und vergessen.
Wer hätte sie auch anrufen sollen, wo die Devise doch „Gras wachsen lassen“ war.
So lag das gerät einige Stunden unbeachtet auf der zerkratzten Tischplatte.
Mbele war zurückgekommen, zwei Tüten voll Fertigfraß in den Händen. Die lauwarmen Pappkartons enthielten Nudeln, oder zumindest etwas das Nudeln darstellen sollte. Ihr Geschmack tendierte gegen Null und man musste sie in der mitgelieferten Soße ertränken um überhaupt etwas zu schmecken. Fleisch gab es, wie in den ärmeren aber nicht hoffnungslosen Gegenden der Stadt üblich, vom Fisch. Mbele hatte außerdem Spielkarten besorgt.
Die Karten zeigten pornografische Darstellungen und mit einem entschuldigen Schulterzucken erklärte der kräftige Schwarze, dass es die einzigen gewesen seien, die es an dem Kiosk gegeben hätte.
Also aßen sie und spielten hinterher ein paar Runden.
Die Zeit dehnte sich dennoch wie Kaugummi und als Leonid schließlich beschloss die leeren Speißekartons zum Müllschlucker vor der Tür zu bringen, bemerkte er das Blinken auf dem Display des Comgerätes.
Das Zeichen vermeldete das eine hinterlassene Bildnachricht auf dem Speicher des Apparats lag.
Die Kennung zeigte an, dass sie von Hassans Gerät aus aufgenommen wurden war.
Leonid beeilte sich sie abzurufen.
Erst war gar nichts zu sehen, außer einem grünen Flimmern. Offenbar brauchte es eine Weile, bis sich die kleine Linse an die herrschenden Lichtverhältnisse anpasste. Dann schälte sich ein Gesicht aus dem grobkörnigen, grünen Pixelnebel.
Es war nicht Hassan.
Die schlaffen Hängebacken, von Adern durchzogen, die wulstigen Lippen und das schwabbelige Doppelkinn. Das war niemand geringeres als Kalasto Bloodhand, Anführer jener Gang, deren Bezeichnung ihren Mitgliedern als Nachnamen dienten. In den Slums gab es nur Vornamen, oder aber die Gangzugehörigkeit. Bezeichnenderweise auch als Familiennamen bekannt.
Kalasto war sicher auch in seinen jungen Jahren kein schöner Anblick gewesen, doch im Moment sah er noch ungesunder aus als sonst. Seine Haut war käsig und fahl, die Lieder waren halb geschlossen und die Augen blickten starr. Gut möglich das er unter Drogen stand.
Ich grüße dich Leo. Die Stimme klang gepresst und nuschelig, die Lippen bewegten sich kaum. Vor einer halben Stunde kam der gute Hassan zu mir um diese unangenehme Sache mit dem Jagdunfall aus der Welt zu schaffen. Ich hätte ihm den Gefallen sehr gerne getan, doch weißt du... es ist es so... Das Kamerabild ging etwas nach hinten und erlaubte so einen größeren Ausschnitt zu betrachten. Auch die Stimme Kalastos veränderte sich, wurde etwas höher und sehr viel deutlicher.
Leider bin ich nicht mehr der Kopf der Gang.
Das stimmte wortwörtlich, denn nun sah man, dass unter dem dicken Hals des ehemaligen Gangführer nichts mehr kam. Lediglich ein ausgefranster Rest, von dem zähes Blut tropfte.
Jemand anderes hatte dem Schädel den nachlässigen Anschein von Leben verliehen und zwar indem er ihn gehalten hatte wie eine reife Melone und lediglich die Lippen zur nachgeahmten Stimme ein wenig mit Mittel- und Zeigefinger bewegte.
Der Puppenspieler drehte das tote Gesicht seinem eigenen zu. Es handelte sich um einen Mann zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahren. Er war kräftig, hatte aber keine erkennbaren Kunstmuskeln. Sein Schädel war ebenso rasiert wie der des Toten, nur das er ein Implantat an der Schläfe hatte. Irgendeine Buchse, wie es schien. Die Haut darum war wund und gerötet. Ansonsten hätte dieser Kerl einen Kontentest für Bilderbuchganger sicherlich gewonnen. Er trug nur eine zerschlissene Hose in Tarnfarben. Der drahtige Oberkörper war nackt, sah man von den beiden schweren Pistolen in ihren Achselhalftern ab.
Auch Granaten hingen an diesem Koppelzeug und die Riemen unterbrachen das Muster aus Tätowierungen, die Arme und Brust zierten und die diversen Narben geschickt mit in ihren eigenwilligen Stil einfassten.
Wenn du willst über nehme ich ab hier Pa.
Er ließ den Schädel energisch nicken.
Danke für dein Vertrauen, mein Alter. Ich werde dich nicht enttäuschen.
Damit warf er den Kopf über die Schulter, wo er mit einem ekelerregenden Geräusch aufschlug und davonrollte.
Der Ganger drehte sich der Kamera zu und wischte beiläufig seine Rechte an der Brust ab, wo sie einen dunklen Streifen auf seiner Haut hinterließ.
Ich glaube wir hatten noch nicht das Vergnügen... Leonid.
Ich bleibe bei der vollen Anrede, schließlich sollte man die Form wahren.
Wie du gesehen hast, ist mein lieber alter Vater in den Ruhestand übergetreten. Er hat es sich verdient, der Gute wusste ja in letzter Zeit kaum noch wo ihm der Kopf stand. Er schlug sich die Hand vor den Mund um ein Lachen unterdrücken, doch es gelang ihm nicht. Es platze aus ihm heraus und schließlich bog er sich geradezu, stützte sich auf den Knien ab und wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln.
Sorry... Ich weiß ein bescheuerter Kalauer, aber den konnte ich mir echt nicht verkneifen. Haaach ich bin so unreif.
Naja wieder zur Sache.
Also du und dein Kumpel habt meinen beknackten kleinen Bruder mit in die Kanäle geschleppt. Wo er sich von irgendeiner Riesenratte, Grox oder was immer da unten für Scheißhausviehzeug rum rennt, das Bein abbeißen lässt. Schöner Mist für ihn, würde ich mal sagen. Wenn der kleine Pisser Glück hat, überlebt er die Amputation. Der Mann ging während er sprach durch eine Lagerhalle oder etwas ähnliches, dass zum Hauptquartier der Bloodhands umfunktioniert wurden war. Im Hintergrund konnte man andere Mitglieder sehen, alle schwer bewaffnet.
Apropos rechte Hand.
Was ist eine rechte Hand ohne rechte Hand?
Ich verrate es dir. Er blieb vor einem Stuhl stehen, auf dem eine Leiche gefesselt war. Der Körper war fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Nur noch zum Heizen gut.
Aber ich langweile dich sicher, mit meinen kleinen familieninternen Eskapaden. Wieso verschwende ich dummes Arschloch also deine kostbare Zeit?
Also es ist so. Unser gemeinsamer Kumpel Hassan hier... die Kamera schwenkte wieder und zeigte nun den unglücklichen Hassan, welcher der gefesselten Leiche gegenüber saß. Auch er war gebunden und geknebelt. Man hatte ihn offensichtlich verprügelt, aber er war bei Bewusstsein und die Platzwunden und das zugeschwollene Auge sah nicht lebensbedrohlich aus.
...hat doch tatsächlich die Eier besessen hier aufzukreuzen. Der Sprecher Blickte in die Kamera, stürzte die Unterlippe und zog anerkennend die Augenbrauen hoch. Alte Scheiße, das nenne ich Mut. Oder nein warte... DAS NENNE ICH VERFICKTEN SCHWACHSINN!
Das Bild wackelte und kippte zur Seite, ein dumpfes Geräusch folgte, ein gedämpfter Schrei und das Bild war für eine Sekunde weg. Offenbar hatte der neue Gangboss Hassan mit dem Comgerät geschlagen.
Dieser kleine Wichser kommt also hier her und bietet meinem alten Herren an die Sache zu vergessen.
Schwamm drüber!
Mein Alter kriegt das Geld zurück und noch eine kleine Prämie obendrauf. Entschädigung hat unser lieber Hassan das genannt.
Er stand jetzt hinter Hassan, beugte sich herunter und legte sein Gesicht an die Wange der Gefangenen. Nackte Angst stand in Hassans Augen.
Der Bloodhand flüstere, während beide in die Kamera blickten.
Und weißt du was das schärfte ist Leonid?
Mein Pa willigt ein. Er zog seine Waffe, ein großkalibriges Monstrum von einer Pistole und tippte sich damit gegen die Stirn, als könne er es immer noch nicht fassen. Der Schweineficker sagt okay.
Vergeben und vergessen.
Kannst du dir das vorstellen?
Der Lauf der Waffe lag nun auf Hassans Schulter, die Mündung auf die Seite seines Kopfes gerichtet.
In diesem Augenblick wurde mir klar, dass der Alte seinen Biss verloren hat und reif für die Rente ist. Naja der Rest ist Schweigen.
Bleibt nur noch die Frage was ich mit unserem Freund hier machen soll.
Ich hab ihn ein wenig bearbeitet... jetzt nahmen seine Worte einen gespielt entschuldigenden Tonfall an. Der Stress, verstehst du. Ich war gerade zur Vollwaise geworden... sowas nimmt einen verdammt mit. Mein Bruder auf der Schwelle zum Tod. Mein lieber Onkel Raxx da drüben, vollkommen abgebrannt. Da bin ich einfach ausgetickt. Er streichelte Hassans Wange mit der Mündung seiner Pistole.
Aber du vergibst mir mein Freund. Oder? Du verstehst meinen Schmerz doch...
Was hätte der Gefesselte anderes tun können als zu nicken?
Als wären ihm damit alle Sünden seines Lebens vergeben wurden, sprang der Gangboss freudestrahlenden wieder in den Stand.
Danke Mann, das bedeutet mir echt viel.
Aber ich muss gestehen, dass ich auch überlegt hatte dich mit Benzin zu übergießen und die Grillparty zu verlängern.
Nur ganz kurz. Er legte die Hand wie zum Schwur auf sein Herz.
Letztlich hast du mir immerhin geholfen meine politische Karriere voranzutreiben, außerdem ich Sprit scheiße teuer hier unten.
Der liebe Hassan hat mir also vergeben, was mich zu unseren Angelegenheiten bringt, Leeooooolein.
Mein Vater hat vierhundert Schekel für euren kleinen Zoobesuch bezahlt. Unser Freund hier hat auf tausend aufgerundet. Entschädigung und so...
Aber das entschädigt mich nur für meinen kleinen Bruder.
Ich habe auch einen Onkel und was noch schlimme ist, meinen geliebten Erzeuger verloren.
Das macht... Lukas hilf mir...
Äh ich glaube das sind... äh Kam es von irgendwo aus der Umgebung
Zweitausend du Vollidiot.
Du blamierst mich Mann.
Also zweitausend Schekel. Außerdem werde ich dir und deinem Kumpel eine Hand und ein Bein abhacken.
Ausgleichende Gerechtigkeit.
Mein Vater war ein Schwächling und mein Bruder ist ein Idiot. Aber Blut ist dicker als Wasser, gel?
Ich will euch nicht fertig machen oder so, echt nicht.
Ihr kommt her, bezahlt und ich schlag euch den Kram ab. Ihr könnt euch aussuchen wem ich was abschneide. Dir die Hand, deinem Nigger das Bein, oder andersherum. Eure Entscheidung.
Sowas kann man ja alles durch Prothesen ersetzten lassen. Halb so wild also.
Mir sagt man nichts nach und wir sind quitt. Mein Ehrenwort.
Danach haben wir keine Böcke mehr miteinander zu melken.
Er grinste in die Kamera und ließ das Comgerät los. Es fiel zu Boden und ein Riss zerschnitt das Bild quer.
Der Bandenführer blickte jetzt wie ein Riese auf den Zuschauer herab, sein Gesicht von der gesplitterten Linse in zwei Teile geteilt.
Ihr findet mich im Hauptquartier der Bloodhands. Sollte ihr der Meinung sein nicht herkommen zu müssen, dann wird sich die Hölle über eurem Freund auskotzen und er wird sehr viel länger leben als er es sich wünschen wird.
Ihr habt 48 Stunden!
Der Absatz eines Stiefels verdunkelte das Bild und löschte es endgültig aus.
Hier war die einzige Stelle, wo eine Steckdose nahe genug lag, um das Ladegerät anzuschließen, ohne das man den Apparat auf den Boden hätte legen müssen. Der tragbare Fernsprecher war eines dieser billigen Geräte, welche zu tausenden von Übersee kamen und versuchten die großen und teureren Marken nachzuahmen. So hatte auch dieses Exemplar einen kleinen Flüssigkristallschirm für Bildübertragungen. Prinzipiell das erste Teil, das den Geist aufgab. Auch neigte dieses hier dazu zu flackern und die Farben in einen ungesund wirkenden Grünstich zu verzerren.
Gleich nach ihrer Ankunft hatten sie es angeschlossen, denn auch der Akku hielt nicht sonderlich lange.
Angeschlossen und vergessen.
Wer hätte sie auch anrufen sollen, wo die Devise doch „Gras wachsen lassen“ war.
So lag das gerät einige Stunden unbeachtet auf der zerkratzten Tischplatte.
Mbele war zurückgekommen, zwei Tüten voll Fertigfraß in den Händen. Die lauwarmen Pappkartons enthielten Nudeln, oder zumindest etwas das Nudeln darstellen sollte. Ihr Geschmack tendierte gegen Null und man musste sie in der mitgelieferten Soße ertränken um überhaupt etwas zu schmecken. Fleisch gab es, wie in den ärmeren aber nicht hoffnungslosen Gegenden der Stadt üblich, vom Fisch. Mbele hatte außerdem Spielkarten besorgt.
Die Karten zeigten pornografische Darstellungen und mit einem entschuldigen Schulterzucken erklärte der kräftige Schwarze, dass es die einzigen gewesen seien, die es an dem Kiosk gegeben hätte.
Also aßen sie und spielten hinterher ein paar Runden.
Die Zeit dehnte sich dennoch wie Kaugummi und als Leonid schließlich beschloss die leeren Speißekartons zum Müllschlucker vor der Tür zu bringen, bemerkte er das Blinken auf dem Display des Comgerätes.
Das Zeichen vermeldete das eine hinterlassene Bildnachricht auf dem Speicher des Apparats lag.
Die Kennung zeigte an, dass sie von Hassans Gerät aus aufgenommen wurden war.
Leonid beeilte sich sie abzurufen.
Erst war gar nichts zu sehen, außer einem grünen Flimmern. Offenbar brauchte es eine Weile, bis sich die kleine Linse an die herrschenden Lichtverhältnisse anpasste. Dann schälte sich ein Gesicht aus dem grobkörnigen, grünen Pixelnebel.
Es war nicht Hassan.
Die schlaffen Hängebacken, von Adern durchzogen, die wulstigen Lippen und das schwabbelige Doppelkinn. Das war niemand geringeres als Kalasto Bloodhand, Anführer jener Gang, deren Bezeichnung ihren Mitgliedern als Nachnamen dienten. In den Slums gab es nur Vornamen, oder aber die Gangzugehörigkeit. Bezeichnenderweise auch als Familiennamen bekannt.
Kalasto war sicher auch in seinen jungen Jahren kein schöner Anblick gewesen, doch im Moment sah er noch ungesunder aus als sonst. Seine Haut war käsig und fahl, die Lieder waren halb geschlossen und die Augen blickten starr. Gut möglich das er unter Drogen stand.
Ich grüße dich Leo. Die Stimme klang gepresst und nuschelig, die Lippen bewegten sich kaum. Vor einer halben Stunde kam der gute Hassan zu mir um diese unangenehme Sache mit dem Jagdunfall aus der Welt zu schaffen. Ich hätte ihm den Gefallen sehr gerne getan, doch weißt du... es ist es so... Das Kamerabild ging etwas nach hinten und erlaubte so einen größeren Ausschnitt zu betrachten. Auch die Stimme Kalastos veränderte sich, wurde etwas höher und sehr viel deutlicher.
Leider bin ich nicht mehr der Kopf der Gang.
Das stimmte wortwörtlich, denn nun sah man, dass unter dem dicken Hals des ehemaligen Gangführer nichts mehr kam. Lediglich ein ausgefranster Rest, von dem zähes Blut tropfte.
Jemand anderes hatte dem Schädel den nachlässigen Anschein von Leben verliehen und zwar indem er ihn gehalten hatte wie eine reife Melone und lediglich die Lippen zur nachgeahmten Stimme ein wenig mit Mittel- und Zeigefinger bewegte.
Der Puppenspieler drehte das tote Gesicht seinem eigenen zu. Es handelte sich um einen Mann zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahren. Er war kräftig, hatte aber keine erkennbaren Kunstmuskeln. Sein Schädel war ebenso rasiert wie der des Toten, nur das er ein Implantat an der Schläfe hatte. Irgendeine Buchse, wie es schien. Die Haut darum war wund und gerötet. Ansonsten hätte dieser Kerl einen Kontentest für Bilderbuchganger sicherlich gewonnen. Er trug nur eine zerschlissene Hose in Tarnfarben. Der drahtige Oberkörper war nackt, sah man von den beiden schweren Pistolen in ihren Achselhalftern ab.
Auch Granaten hingen an diesem Koppelzeug und die Riemen unterbrachen das Muster aus Tätowierungen, die Arme und Brust zierten und die diversen Narben geschickt mit in ihren eigenwilligen Stil einfassten.
Wenn du willst über nehme ich ab hier Pa.
Er ließ den Schädel energisch nicken.
Danke für dein Vertrauen, mein Alter. Ich werde dich nicht enttäuschen.
Damit warf er den Kopf über die Schulter, wo er mit einem ekelerregenden Geräusch aufschlug und davonrollte.
Der Ganger drehte sich der Kamera zu und wischte beiläufig seine Rechte an der Brust ab, wo sie einen dunklen Streifen auf seiner Haut hinterließ.
Ich glaube wir hatten noch nicht das Vergnügen... Leonid.
Ich bleibe bei der vollen Anrede, schließlich sollte man die Form wahren.
Wie du gesehen hast, ist mein lieber alter Vater in den Ruhestand übergetreten. Er hat es sich verdient, der Gute wusste ja in letzter Zeit kaum noch wo ihm der Kopf stand. Er schlug sich die Hand vor den Mund um ein Lachen unterdrücken, doch es gelang ihm nicht. Es platze aus ihm heraus und schließlich bog er sich geradezu, stützte sich auf den Knien ab und wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln.
Sorry... Ich weiß ein bescheuerter Kalauer, aber den konnte ich mir echt nicht verkneifen. Haaach ich bin so unreif.
Naja wieder zur Sache.
Also du und dein Kumpel habt meinen beknackten kleinen Bruder mit in die Kanäle geschleppt. Wo er sich von irgendeiner Riesenratte, Grox oder was immer da unten für Scheißhausviehzeug rum rennt, das Bein abbeißen lässt. Schöner Mist für ihn, würde ich mal sagen. Wenn der kleine Pisser Glück hat, überlebt er die Amputation. Der Mann ging während er sprach durch eine Lagerhalle oder etwas ähnliches, dass zum Hauptquartier der Bloodhands umfunktioniert wurden war. Im Hintergrund konnte man andere Mitglieder sehen, alle schwer bewaffnet.
Apropos rechte Hand.
Was ist eine rechte Hand ohne rechte Hand?
Ich verrate es dir. Er blieb vor einem Stuhl stehen, auf dem eine Leiche gefesselt war. Der Körper war fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Nur noch zum Heizen gut.
Aber ich langweile dich sicher, mit meinen kleinen familieninternen Eskapaden. Wieso verschwende ich dummes Arschloch also deine kostbare Zeit?
Also es ist so. Unser gemeinsamer Kumpel Hassan hier... die Kamera schwenkte wieder und zeigte nun den unglücklichen Hassan, welcher der gefesselten Leiche gegenüber saß. Auch er war gebunden und geknebelt. Man hatte ihn offensichtlich verprügelt, aber er war bei Bewusstsein und die Platzwunden und das zugeschwollene Auge sah nicht lebensbedrohlich aus.
...hat doch tatsächlich die Eier besessen hier aufzukreuzen. Der Sprecher Blickte in die Kamera, stürzte die Unterlippe und zog anerkennend die Augenbrauen hoch. Alte Scheiße, das nenne ich Mut. Oder nein warte... DAS NENNE ICH VERFICKTEN SCHWACHSINN!
Das Bild wackelte und kippte zur Seite, ein dumpfes Geräusch folgte, ein gedämpfter Schrei und das Bild war für eine Sekunde weg. Offenbar hatte der neue Gangboss Hassan mit dem Comgerät geschlagen.
Dieser kleine Wichser kommt also hier her und bietet meinem alten Herren an die Sache zu vergessen.
Schwamm drüber!
Mein Alter kriegt das Geld zurück und noch eine kleine Prämie obendrauf. Entschädigung hat unser lieber Hassan das genannt.
Er stand jetzt hinter Hassan, beugte sich herunter und legte sein Gesicht an die Wange der Gefangenen. Nackte Angst stand in Hassans Augen.
Der Bloodhand flüstere, während beide in die Kamera blickten.
Und weißt du was das schärfte ist Leonid?
Mein Pa willigt ein. Er zog seine Waffe, ein großkalibriges Monstrum von einer Pistole und tippte sich damit gegen die Stirn, als könne er es immer noch nicht fassen. Der Schweineficker sagt okay.
Vergeben und vergessen.
Kannst du dir das vorstellen?
Der Lauf der Waffe lag nun auf Hassans Schulter, die Mündung auf die Seite seines Kopfes gerichtet.
In diesem Augenblick wurde mir klar, dass der Alte seinen Biss verloren hat und reif für die Rente ist. Naja der Rest ist Schweigen.
Bleibt nur noch die Frage was ich mit unserem Freund hier machen soll.
Ich hab ihn ein wenig bearbeitet... jetzt nahmen seine Worte einen gespielt entschuldigenden Tonfall an. Der Stress, verstehst du. Ich war gerade zur Vollwaise geworden... sowas nimmt einen verdammt mit. Mein Bruder auf der Schwelle zum Tod. Mein lieber Onkel Raxx da drüben, vollkommen abgebrannt. Da bin ich einfach ausgetickt. Er streichelte Hassans Wange mit der Mündung seiner Pistole.
Aber du vergibst mir mein Freund. Oder? Du verstehst meinen Schmerz doch...
Was hätte der Gefesselte anderes tun können als zu nicken?
Als wären ihm damit alle Sünden seines Lebens vergeben wurden, sprang der Gangboss freudestrahlenden wieder in den Stand.
Danke Mann, das bedeutet mir echt viel.
Aber ich muss gestehen, dass ich auch überlegt hatte dich mit Benzin zu übergießen und die Grillparty zu verlängern.
Nur ganz kurz. Er legte die Hand wie zum Schwur auf sein Herz.
Letztlich hast du mir immerhin geholfen meine politische Karriere voranzutreiben, außerdem ich Sprit scheiße teuer hier unten.
Der liebe Hassan hat mir also vergeben, was mich zu unseren Angelegenheiten bringt, Leeooooolein.
Mein Vater hat vierhundert Schekel für euren kleinen Zoobesuch bezahlt. Unser Freund hier hat auf tausend aufgerundet. Entschädigung und so...
Aber das entschädigt mich nur für meinen kleinen Bruder.
Ich habe auch einen Onkel und was noch schlimme ist, meinen geliebten Erzeuger verloren.
Das macht... Lukas hilf mir...
Äh ich glaube das sind... äh Kam es von irgendwo aus der Umgebung
Zweitausend du Vollidiot.
Du blamierst mich Mann.
Also zweitausend Schekel. Außerdem werde ich dir und deinem Kumpel eine Hand und ein Bein abhacken.
Ausgleichende Gerechtigkeit.
Mein Vater war ein Schwächling und mein Bruder ist ein Idiot. Aber Blut ist dicker als Wasser, gel?
Ich will euch nicht fertig machen oder so, echt nicht.
Ihr kommt her, bezahlt und ich schlag euch den Kram ab. Ihr könnt euch aussuchen wem ich was abschneide. Dir die Hand, deinem Nigger das Bein, oder andersherum. Eure Entscheidung.
Sowas kann man ja alles durch Prothesen ersetzten lassen. Halb so wild also.
Mir sagt man nichts nach und wir sind quitt. Mein Ehrenwort.
Danach haben wir keine Böcke mehr miteinander zu melken.
Er grinste in die Kamera und ließ das Comgerät los. Es fiel zu Boden und ein Riss zerschnitt das Bild quer.
Der Bandenführer blickte jetzt wie ein Riese auf den Zuschauer herab, sein Gesicht von der gesplitterten Linse in zwei Teile geteilt.
Ihr findet mich im Hauptquartier der Bloodhands. Sollte ihr der Meinung sein nicht herkommen zu müssen, dann wird sich die Hölle über eurem Freund auskotzen und er wird sehr viel länger leben als er es sich wünschen wird.
Ihr habt 48 Stunden!
Der Absatz eines Stiefels verdunkelte das Bild und löschte es endgültig aus.