10-30-2008, 02:35 AM
Der Empfang gestaltete sich ein wenig reservierter als sie es ursprünglich angenommen hatten, war aber in Anbetracht der Zusammensetzung ihrer Gruppe nicht weiter wunderlich. Bruder Viator, so der Name des wandernden Apostels, hatte sein Wort gehalten und sie durch verschlungenste Irrgänge der Altstadt geführt, neben verfallenden Wohnhabitaten, Ruinen aufragender Firmenkomplexe und Gerippe eines einstmaligen Skulpturenparks entlang, deren geschwärzten, geschmolzenen oder sonstwie randalierten Leiber sich wie stumm kreischende Figuren gebärdeten, die die fingerlosen Arme und konischen Köpfe gen Firmament richteten, als flehten sie das Weltenende herauf. Dunkle Wolken hatten ihren gesamten Weg begleitet und ein unterschwelliges Grollen rumorte in ihren unheilschwangeren Gebilden, fast mochte man meinen sie spotteten der Lebenden die sich furchtsam vor den Gewalten des Himmels flüchteten und versteckten, ehe er seinen sauren Zorn auf sie herniederließ.
Ähnliches graute wohl auch der Anhängerschaft jener weißen Rose, denn kaum ersahen die auswärts vor den majestätischen Mauern der Kathedrale eingesetzten Brüder und Schwestern die wahrhaft chaotische Schar, die dort auf sie zuhielt, stellten so manche ihre Tätigkeit der Versorgung Bedürftiger ein und sandten verwirrte, erschrockene bis drängende Blicke zu einer, anscheinend ranghöheren Schwester, welche hieraufhin unversehens durch eine der aufgesperrten Portaltüren eilte und in der dahinterliegenden Finsternis verschwand.
Der leutselige Viator hingegen stockte hierbei ebenfalls zum ersten Male in seinem bezeugten Schritt und wandte sich um, nachdem er die Reaktionen seiner Mitmenschen auf dem großen Platz vor sich erfasste und keuchte dann geängstigt auf, das Glockenspiel verhallte.
Seine Finger fuhren durch die Luft, schrieben das Zeichen vom Schutz gegen das Böse während er die sich versammelnde Truppe begutachtete die er zu seinem Allerheiligsten geführt hatte. Mutierte, Verstümmelte, Okkultisten, Verdorbene Seelen, er hatte sie durch den Sumpf des brüchigen und beklemmenden Umlands direkt zum Licht gelenkt. Sein Antlitz war noch immer in der Weite seiner Kapuze verborgen, doch die Bestürzung einen nicht wieder gutzumachenden Fehler begangen zu haben, schimmerte dennoch aus der Düsternis.
Jarred musste seine Gesichtsmuskeln dazu zwingen sich nicht zu einem Lächeln zu verziehen, dies hätte falsch gedeutet werden können. Er bewahrte seine ernste Mimik und mengte Zutraulichkeit hinzu, hob die Hände zu einer Geste der Besänftigung.
„Bruder, ich kann mir vorstellen das wir ein… absonderliches, befremdliches, ja sogar dubioses Bild abgeben, ich und meine Gefährten. Ich habe sie absichtlich in den Schatten belassen weil ich wusste wie Ihr ihnen begegnet wäret, wären sie hervorgekommen. Ihr ward so gütig und so Herzensrein uns ohne viel Zwietracht herzubringen, ohne uns in Frage zu stellen. Ihr wolltet bloß helfen und das könnt Ihr noch... das bestätige ich Euch erneut. Es war kein Vergehen uns zu vertrauen. Wir wollen Euch und Eurer Gemeinschaft nichts böses, wir bitten lediglich auf Heilung wir unsere Wunden.“
„Aber… aber… ihr seid… “ begann Viator zu haspelte und fuhrwerkte noch intensivier mit dem Armen, wohl weil er befürchtete allein die Absprache mit einem Ketzer würde ihn verdammen.
„Ja, ich weiß was wir sind. Wonach es aussieht was wir sind…“ pflichtete ihm der dunkelhaarige Mann von Decimus bei und neigte kurz niedergedrückt das Haupt.
„…aber das war einmal. Wir sind „das“ nicht mehr. Wir haben uns losgelöst, uns von dem Zerwürfnis getrennt, die Bande gekappt die uns mit dem Immaterium verbanden. Wir sind nicht mehr „die“! Wir sind nicht mehr und nicht weniger als Opfer. Entführt, geschlagen, gebrandmarkt, beraubt und unterdrückt von Mächten waren wir, deren rohe, pulsierende Energien uns durchströmten, unser Weichen der Gesetzmäßigkeit verstellten, die uns verlernten was Richtig und Falsch war, unseren Widerstand brachen, uns kontrollieren wollten indem sie unsere Verstände nach ihrem Gutdünken kneteten, die uns zu Kläglichen und Willigen machten, zu nichts mehr als Werkzeugen. Drahtpuppen, Wachsfiguren, Statisten, denen sie nach Willkür Arme und Beine ausreißen konnten, oder ihre Gehirne mit dunklen Abszessen vergifteten damit sie ihre unstillbare Gier nach Blut und Seelen dienten…“
Unterdessen er sprach, straffte Jarred sein Gesicht, sodass die Adern an den Schläfen anschwollen, ließ seine Augen abschweifen, als blicke er mit ihnen zurück in eine Unendlichkeit der Folter und der Pein und genehmigte dem Speichel sich in seiner Mundhöhle zu sammeln, woraufhin seine Stimme erstickender und elender klang, als man dies auch nur gewöhnlich zu schauspielern vermochte. Aus den Augenwinkeln heraus erkennend, versäumte seine Leistung nicht die erhoffte Wirkung. Bruder Viator beugte leicht – vielleicht mitleidig – seinen Kopf und verlagerte sein Körpergewicht auf einen anderen Fuß, als wüsste er nicht wohin mit sich.
„Ich bitte Euch nochmal Bruder, steht für uns ein. Wir sind Gezeichnete ja, wir sind verdorben ja, aber nicht bis ins Mark. Wir sind den Klauen den Dämonenverseuchten Äthers entronnen und hoffen nun auf Erlösung… wir möchten uns von den teuflischen Infektionen, den Geschwülsten der ewig Finsteren, ihren brennenden Symbolen und schändlichen Gedanken befreien, bitte, Ihr müsst unsere Seelen retten!“
Der Geistliche hätte sich vermutlich an einen anderen Ort gewünscht, fern diesem und der Entscheidung die ihm jener auferlegte, doch er fasste sich ein Herz und stellte sich der Prüfung der Gegenwart. Hob entschlossen seinen Schädel empor und verbannte die Furcht und Abscheu aus seinen flackernden Augen. Seine Haltung wurde zu der eines Mannes, der sein eigenes Erachten gebildet hatte und dies mit Wort und Tat verteidigen würde. Der Azazerner atmete innerlich auf.
Einen Moment darauf schoben unsichtbare Kräfte auch die zweite freskenreiche Flügeltür des Entreebogens des Gotteshauses auf und eine Flut von blaugewandeten Jüngern ergoss sich aus dem mürrischen Inneren in die helle Freiheit. Diese unterschieden sich jedoch in vielfältiger Weise von den anderen Famuli der Kirche, denn ihre Füße steckten nicht in Sandalen, sondern in festen Panzerstiefeln, während ihre äußerliche Erscheinung nicht die der hageren Glaubensbrüdern und Schwestern waren, sondern hochaufragend und breitschultrig daherkamen, was zweifelsohne von den schweren Armaplast und Ceraplastharnischen herrührte, die unter ihren luftigen Pelerinen aufblitzten. Energielanzen, Geißelpeitschen, Streithämmer und der ein oder andere Flammenwerfer zählten zu ihrer Bewaffnung, die im generellen und im Vergleich zu ihrem Aufgebot an Gegenwehr recht beachtlich ausfiel. Büßerkappen, die nur Kinnpartie und Schlitze für die Augen frei ließen, stülpten sich über die Schädel jener Verfechterkohorte und verliehen ihnen ein unerbittliches Aussehen das gewiss schon so manchen draufgängerischen Bandenboss, der dachte leichtes Spiel mit den Ordensfrommen zu haben, zum Überdenken seiner raublustigen Pläne bewogen hatte. Insgesamt betrug die Zahl der heiligen Krieger an die dreißig, viel zu viele für sie. Ein Kampf war also keine Voranwartschaft.
(wird fortgesetzt)
Ähnliches graute wohl auch der Anhängerschaft jener weißen Rose, denn kaum ersahen die auswärts vor den majestätischen Mauern der Kathedrale eingesetzten Brüder und Schwestern die wahrhaft chaotische Schar, die dort auf sie zuhielt, stellten so manche ihre Tätigkeit der Versorgung Bedürftiger ein und sandten verwirrte, erschrockene bis drängende Blicke zu einer, anscheinend ranghöheren Schwester, welche hieraufhin unversehens durch eine der aufgesperrten Portaltüren eilte und in der dahinterliegenden Finsternis verschwand.
Der leutselige Viator hingegen stockte hierbei ebenfalls zum ersten Male in seinem bezeugten Schritt und wandte sich um, nachdem er die Reaktionen seiner Mitmenschen auf dem großen Platz vor sich erfasste und keuchte dann geängstigt auf, das Glockenspiel verhallte.
Seine Finger fuhren durch die Luft, schrieben das Zeichen vom Schutz gegen das Böse während er die sich versammelnde Truppe begutachtete die er zu seinem Allerheiligsten geführt hatte. Mutierte, Verstümmelte, Okkultisten, Verdorbene Seelen, er hatte sie durch den Sumpf des brüchigen und beklemmenden Umlands direkt zum Licht gelenkt. Sein Antlitz war noch immer in der Weite seiner Kapuze verborgen, doch die Bestürzung einen nicht wieder gutzumachenden Fehler begangen zu haben, schimmerte dennoch aus der Düsternis.
Jarred musste seine Gesichtsmuskeln dazu zwingen sich nicht zu einem Lächeln zu verziehen, dies hätte falsch gedeutet werden können. Er bewahrte seine ernste Mimik und mengte Zutraulichkeit hinzu, hob die Hände zu einer Geste der Besänftigung.
„Bruder, ich kann mir vorstellen das wir ein… absonderliches, befremdliches, ja sogar dubioses Bild abgeben, ich und meine Gefährten. Ich habe sie absichtlich in den Schatten belassen weil ich wusste wie Ihr ihnen begegnet wäret, wären sie hervorgekommen. Ihr ward so gütig und so Herzensrein uns ohne viel Zwietracht herzubringen, ohne uns in Frage zu stellen. Ihr wolltet bloß helfen und das könnt Ihr noch... das bestätige ich Euch erneut. Es war kein Vergehen uns zu vertrauen. Wir wollen Euch und Eurer Gemeinschaft nichts böses, wir bitten lediglich auf Heilung wir unsere Wunden.“
„Aber… aber… ihr seid… “ begann Viator zu haspelte und fuhrwerkte noch intensivier mit dem Armen, wohl weil er befürchtete allein die Absprache mit einem Ketzer würde ihn verdammen.
„Ja, ich weiß was wir sind. Wonach es aussieht was wir sind…“ pflichtete ihm der dunkelhaarige Mann von Decimus bei und neigte kurz niedergedrückt das Haupt.
„…aber das war einmal. Wir sind „das“ nicht mehr. Wir haben uns losgelöst, uns von dem Zerwürfnis getrennt, die Bande gekappt die uns mit dem Immaterium verbanden. Wir sind nicht mehr „die“! Wir sind nicht mehr und nicht weniger als Opfer. Entführt, geschlagen, gebrandmarkt, beraubt und unterdrückt von Mächten waren wir, deren rohe, pulsierende Energien uns durchströmten, unser Weichen der Gesetzmäßigkeit verstellten, die uns verlernten was Richtig und Falsch war, unseren Widerstand brachen, uns kontrollieren wollten indem sie unsere Verstände nach ihrem Gutdünken kneteten, die uns zu Kläglichen und Willigen machten, zu nichts mehr als Werkzeugen. Drahtpuppen, Wachsfiguren, Statisten, denen sie nach Willkür Arme und Beine ausreißen konnten, oder ihre Gehirne mit dunklen Abszessen vergifteten damit sie ihre unstillbare Gier nach Blut und Seelen dienten…“
Unterdessen er sprach, straffte Jarred sein Gesicht, sodass die Adern an den Schläfen anschwollen, ließ seine Augen abschweifen, als blicke er mit ihnen zurück in eine Unendlichkeit der Folter und der Pein und genehmigte dem Speichel sich in seiner Mundhöhle zu sammeln, woraufhin seine Stimme erstickender und elender klang, als man dies auch nur gewöhnlich zu schauspielern vermochte. Aus den Augenwinkeln heraus erkennend, versäumte seine Leistung nicht die erhoffte Wirkung. Bruder Viator beugte leicht – vielleicht mitleidig – seinen Kopf und verlagerte sein Körpergewicht auf einen anderen Fuß, als wüsste er nicht wohin mit sich.
„Ich bitte Euch nochmal Bruder, steht für uns ein. Wir sind Gezeichnete ja, wir sind verdorben ja, aber nicht bis ins Mark. Wir sind den Klauen den Dämonenverseuchten Äthers entronnen und hoffen nun auf Erlösung… wir möchten uns von den teuflischen Infektionen, den Geschwülsten der ewig Finsteren, ihren brennenden Symbolen und schändlichen Gedanken befreien, bitte, Ihr müsst unsere Seelen retten!“
Der Geistliche hätte sich vermutlich an einen anderen Ort gewünscht, fern diesem und der Entscheidung die ihm jener auferlegte, doch er fasste sich ein Herz und stellte sich der Prüfung der Gegenwart. Hob entschlossen seinen Schädel empor und verbannte die Furcht und Abscheu aus seinen flackernden Augen. Seine Haltung wurde zu der eines Mannes, der sein eigenes Erachten gebildet hatte und dies mit Wort und Tat verteidigen würde. Der Azazerner atmete innerlich auf.
Einen Moment darauf schoben unsichtbare Kräfte auch die zweite freskenreiche Flügeltür des Entreebogens des Gotteshauses auf und eine Flut von blaugewandeten Jüngern ergoss sich aus dem mürrischen Inneren in die helle Freiheit. Diese unterschieden sich jedoch in vielfältiger Weise von den anderen Famuli der Kirche, denn ihre Füße steckten nicht in Sandalen, sondern in festen Panzerstiefeln, während ihre äußerliche Erscheinung nicht die der hageren Glaubensbrüdern und Schwestern waren, sondern hochaufragend und breitschultrig daherkamen, was zweifelsohne von den schweren Armaplast und Ceraplastharnischen herrührte, die unter ihren luftigen Pelerinen aufblitzten. Energielanzen, Geißelpeitschen, Streithämmer und der ein oder andere Flammenwerfer zählten zu ihrer Bewaffnung, die im generellen und im Vergleich zu ihrem Aufgebot an Gegenwehr recht beachtlich ausfiel. Büßerkappen, die nur Kinnpartie und Schlitze für die Augen frei ließen, stülpten sich über die Schädel jener Verfechterkohorte und verliehen ihnen ein unerbittliches Aussehen das gewiss schon so manchen draufgängerischen Bandenboss, der dachte leichtes Spiel mit den Ordensfrommen zu haben, zum Überdenken seiner raublustigen Pläne bewogen hatte. Insgesamt betrug die Zahl der heiligen Krieger an die dreißig, viel zu viele für sie. Ein Kampf war also keine Voranwartschaft.
(wird fortgesetzt)