08-25-2012, 05:49 PM
Ihr Verhalten störte ihn eher als dass er Mitleid hatte,
er kniff die Augen zusammen und legte die Stirn in Falten. Ein Hauch von Abscheu war seiner Mimik zu entnehmen und er wandte den Blick von ihr ab. Er stemmte den rechten Arm auf die Armlehne des Drehsessels und stützte seinen Kopf mit der Hand ab.
Ihr Gefühlsausbruch war ihm zuwider und für einen kurzen Augenblick dachte er darüber nach sie einfach zu erschießen, vor seinem geistigen Auge sah er schon wie sich ihr Gehirn im Zimmer verteilte, nur um ihr hysterisches Gejammere nicht mehr ertragen zu müssen. Was hier aber noch hinzu kam, war dass er ihren Gefühlsausbruch nicht nachvollziehen konnte. Er hatte ihr nichts angetan, noch nicht. Oder war sein Verhalten schon so unmenschlich geworden, dass er es nicht mehr bemerkte wenn sein Denken und Handeln normalen Menschen Leid zu fügte?
Nein. Ria und die Anderen die ihm nun folgten und dies aus freien Stücken taten, waren normal,
... die Meisten zumindest.
Solch unlogisch, und verzweifelte Reaktionen waren Iras eigener, geistiger Beschaffenheit zu Schulden.
Sie würde alles für ihn tun, wollte aber nicht seine Sklavin sein.
Er zog eine Augenbraue hoch, sah sie aber wortlos an, wie sie zitternd auf der anderen Seite des Tisches stand.
Verdammte Sklaven, er wollte freiwillige Gefolgschaft und keine Leute auf die man ständig ein Augen haben musste.
Egal was er mit ihr machte, der Vertrag mit Nox hatte Bestand.
Dich frei lass'n?! er sah sie an, als wäre es das Dümmste, was sie hätte sagen können.
Wo komm' wir denn da hin?! Was glaubst du wird mit dir passier'n?! Du hast hier keene Freunde, keene Verbündet'n und niemand'n der sich um dich kümmert. Und wie willst du hier wechkomm'? Du bist mitt'n in'er Wüste, er deutete mit einem Nicken nach draußen aus den Fenstern, dann zeigte er mit der Rechten über die Stadtgrenze hinaus, im Niemandsland.
Seine Worte drangen kaum noch zu ihr durch, sie folgte nur kurz den Bewegungen seiner Hand mit ihren Blicken. Schwer atmend und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an.
Sie war hysterisch, dehydriert und sprach im Wahn, Pestor sah keine andere Möglichkeit.
Er nahm die Füße vom Tisch, stand auf, ging um den Tisch herum zu Ira. Sein Blick war stechend und bohrte sich in ihre Augen und seine Miene war zu Stein geworden, was Ira zur Ruhe mahnte. Ich sage dir das jez nur einmal! seine Stimme war hart wie sein Gesichtsausdruck und kontrolliert genug um ihr nicht seine volle Abscheu entgegen zu schleudern.
Du tust was ich dir sage, wenn ich es dir sage! Sonst ...
Der Schlag in ihr Gesicht war schnell und heftig. Ihre Augen wurden weiß und der Tisch fing ihren Sturz ab, konnte sie aber nicht halten und sie glitt zu Boden.
... denn sonst werd ich dir wehtun müss'n.
Noch einem Moment blieb er so über ihr stehen und betrachtete sie, es war das erste Mal dass er sie überhaupt genauer musterte.
Is dir eigentlich klar was du grade getan hast?!
Ich hab ne wehrlose Frau K. o. geschlagen?
Ja, aba ma abgesehen von dieser Heldentat ... wirst du sie jez tragen müss'n.
Ich werd bitte, was!?
Sieee traaagen. Weil sie sonnst verreckt, denn sie is ausgehungert und am verdursten. Die wacht nich' mehr alleine auf.
Ach, verdammte Scheiße.
Tja, ers denken dann schlagen. Du bist doch keen Khorneberserker.
Ers'ma rauch ich Eine, dann überleg ich mir ob ich sie nich' einfach vom Balkon werfe. Wer weis ob sie die Mühe überhaupt wert is'.
Quatsch nich' so'n Mist.
Genau.
Seit wann seid'n ihr so'ne Menschenfreunde?!
Ach, bla bla bla. Nu, heb sie schon auf.
Mit unwilligem Seufzen hob Pestor die friedlich Schlafende auf und legte sie sich über die Arme. Habt ihr überhaupt 'ne Ahnung wie anstrengend das wird?!
Tja, selber schuld.
Über fünfzig Stockwerke zu Fuß und mit einer Bewusstlosen in den Händen, ließ den Abstieg unendlich lang erscheinen. Der Seuchenjünger machte mehrmals Halt um Armen und Beinen eine Pause zu gönnen.
Bei einer weiteren Rast saß er auf den Stufen der Treppe und fixierte Ira mit leerem Blick, wie sie vor ihm auf dem Zwischenpodest lag. Der Schlag war sehr viel fester gewesen als gedacht, ihre rechte Gesichtshälfte war mittlerweile leicht angeschwollen und hatte sich rötlich-violett gefärbt.
Zigarette um Zigarette wurde geraucht und die Sonne war schon längst wieder im Begriff unter zu gehen.
Was starrst du sie so an?
Ich überleg grad ob ich ihr 'n Bein abschneide.
Was?! 'N Bein?
Ja, erstens hab ich Hunger und zweitens wird sie dann leichter.
Das wäre dann so ziemlich das Teuerste was du jemals gegess'n hast.
Hmm, 'ne Delikatesse.
Das würde dann aba auch ihren Wert in jeglicher Hinsicht schmälern.
Ein resignierendes Seufzen enkam seinen Lippen und flüchtete ins Treppengewölbe. Und nun? Sperr ich sie in 'nen Käfig damit sie mir nich' wegläuft? Diese verfickte Scheiße geht mir doch jez' schonn auf'n Sack.
Koron spendete schon lange kein Licht mehr, als Pestor immer noch nicht zurück war. Er hatte Ira seine Taschenlampe in den Schoß gelegt um sich den Weg zu leuchten als er endlich wieder die große Halle erreichte. Nur Ria, Lubina, die Kräuter Hexe, und Ibrahim, der Schamane und Geistheiler, waren noch wach, die Kinder und die Anderen schliefen bereits im Raum verteilt, Saul war nirgends zu sehen, er stand wahrscheinlich draußen und hielt Wache. Leise Gespräche klangen durch die große Halle.
Pestor legte Ira auf einem der Betten ab und es war Ria die auf ihn zu kam, ihr Blick ging schnell zu der Bewusstlosen und sie legte ein Gesicht auf. Was is' passiert?
Ich musste sie ruhig stellen.
War das wirklich nötig? sprach sie mit ruhiger Stimme aber in ihren Worten schwang auch ein leichter Ton von Anschuldigung mit. Und für den Bruchteil einer Sekunde war ein Anflug von Verachtung in ihren Augen zu sehen.
Ria war eine Freie und war auch schon immer gewesen, trotzdem kannte sie die Sklaverei, sie war immer ein Teil ihrer Umwelt gewesen und sie hatte sich nie daran gestört. Es gab viele Gründe ein für den Verlust der Freiheit, als Verurteilter, als Kriegsbeute oder einfach nur Pech das Opfer von Sklavenjägern zu werden. Sie glaubte das Ira zu den Letzteren gehörte und deswegen meinte sie dass die junge Frau es nicht verdient hatte so behandelt zu werden, zu mal sie in ihren Augen auch keine Bedrohung darstellte.
Pestor fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar und versuchte die Wogen in und auf seinem Kopf zu Glätten. Das war wohl alles zu viel für sie. Sie wurde hysterisch und ich hatte keine Lust mich zu streiten, mit ihr zu diskutieren.
In mancherlei Hinsicht war er ein Einzelgänger, ein Kämpfer, Soldat und Rasankuri, fühlte sich wohl unter Gleichgesinnten, er hatte bis jetzt schon einiges gesehen und erlebt aber Menschenführung gehörte nicht zu seinen erwähnenswerten Qualitäten.
In diesem Moment musste er auch nichts sagen es geschah wie von selbst, Ibrahim brachte Wasser welches die junge Frau dringend benötigte und auch Lubina gesellte sich dazu.
Ich geh schlafen und morgen such ich nach 'nem Schmied.
Ira erwachte in einem Raum, Ornamente waren ein fester Bestandteil der Sandsteinwände und setzten sich vielfältig an der Decke fort. Die Verzierungen wirkten sehr lebendig, wie ein Geflecht aus Wurzeln und Ästen, als wären die Wände zur Decke gewachsen. Durch ein großes Fenster erhellte die Morgensonne das Zimmer. Die beiden steinernen Betten, in die Kunst von Decke und Wänden integriert, zeigten dass körperliche Größe in dieser Stadt noch nie eine Seltenheit war, mit zweieinhalb Metern Länge und über einem Meter Breite dominierten sie den Raum. Grober Sand, in einer Art Wanne, verborgen unter einem Laken, bildete die Liegefläche und machte sie unerwartet bequem. Die beiden Kopfenden der Betten wurden durch eine lange, kniehohe Stufe miteinander verbunden, welch auch als Tritt zum Fenster hin dienen konnte. Auf dieser Stufe standen ein Krug und ein Becher gefüllt mit Wasser.
Inzwischen waren zwei Wochen ins Land gegangen.
Die Nachwirkungen Iras Züchtigung waren längst verblasst, nur das Brandzeichen auf ihrem rechten Schulterblatt schmerzte noch einwenig. Ansonsten ging es ihr gut, sie musste keine Ketten tragen war aber nie allein außer in diesem Zimmer, sie wurde versorgt wie die Anderen von Pestors Gefolge.
Mit zwei Ausnahmen: Die beiden Rasankuri hatten bald damit angefangen, jeden der körperlich dazu in der Lage war, im Gebrauch von Schusswaffen und im einfachen Nahkampf zu unterrichten, mit Ausnahme von Ira. Und sie wurde jeden Abend, sobald sich die Meisten zur Ruhe begaben, in diesen Raum gebracht und das letzte was sie hörte, war das Quietschen des Riegels der vor die Tür geschoben wurde. Natürlich hatte man ihr auch die Waffen und brauchbare Medikamente abgenommen.
Arbeit gab es für alle genug, erst wurde die große Halle geräumt, dann wurden nach und nach Zimmer und Flure in Schuss gebracht, es wurde aussortiert was an Ausrüstung und Interieur noch brauchbar war, der Rest wurde dem nächsten Schmied und einigen Handwerkern zur Wiederverwertung gebracht.
Saul, der hagere Riese mit dem Horn auf der Stirn, hatte ein ungeahntes Talent mit Kindern umzugehen und es war ihm wie selbstverständlich zugefallen die Älteren unter ihnen auszubilden. Er war so umgänglich dass man schon fast vergaß, dass man ein Mörder sein musste um den Kelch zu erhalten, der einem zum Krieger macht.
In einer Nacht als Sandstürme auch die letzte Sicht nahmen und alle anderen Laute, außer ihr eigenes Tosen, verschluckten, hatten drei Verteidiger versucht wieder ihre alte Behausung in Besitz zu nehmen. Der Gehörnte konnte, trotz der schlechten Sichtverhältnisse, zwei mit seinem Sturmgewehr niederstrecken bevor sie die Tür erreichten und den letzten erlegte er mit seinem Khopesh noch bevor er die Türschwelle überschritt. Dieser Vorfall rief allen wieder ins Gedächtnis dass Saul nicht ohne Grund ein Rasankuri war.
Hinter dem alten Krankenhaus war ein großes Atrium angebaut, die meisten Pflanzen darin waren schon längst vertrocknet aber Lubina machte es sich zur Aufgabe diesen Teil des Gebäudes wieder instand zu setzen und vor allem den Kräutergarten wieder nutzbar zu machen. Ibrahim Hussein Madi Emi Hilal half ihr dabei am tatkräftigsten, denn sein Wissen über Kräuter war, nach dem von Lubina, das Größte., vor allem kannte er sich mit denen aus die ihm dabei halfen mit Geistern und Göttern in Verbindung zu treten.
Ria hatte schnell die häusliche Führung übernommen, noch gab es nicht viel zu dirigieren doch zweifelte niemand ihre Hingabe und ihr organisatorisches Geschick an, welches später, wenn dieser Ort der Heilung wieder seinem eigentlichem Zweck dienen würde, gebraucht wurde.
Weitere zwei Wochen gingen ins Land,
als einer der Jungen aufgeregt ins mittägliche Mahl platzte um gute Neuigkeiten zu verkünden, er wandte sich so gleich an den Herren und sprach mit schneller, kindlicher Stimme, dass die Worte nur so aus ihm heraussprudelten: Ein Ausrufer hat in der Stadt verkündet, dass's in zwei Tagen ein großes Fest geben soll, er brauchte eine Pause zum zweimal Luft zu holen, dann redete er weiter, und blutige Spiele in'er Arena, alle sind eingeladen. Danach will der schwarze Drache verkünd'n welch'n Feind er als nächstes erschlagen will.
Guter Junge, sehr aufmerksam, dabei tätschelte Pestor ihm den Kopf.
Saul, Ira ihr werdet mich begleiten! Den Ander'n steht es frei diese Festlichkeit'n zu besuchen aber ich verlange dass immer jemand hier is' der auf alles Acht gibt!
er kniff die Augen zusammen und legte die Stirn in Falten. Ein Hauch von Abscheu war seiner Mimik zu entnehmen und er wandte den Blick von ihr ab. Er stemmte den rechten Arm auf die Armlehne des Drehsessels und stützte seinen Kopf mit der Hand ab.
Ihr Gefühlsausbruch war ihm zuwider und für einen kurzen Augenblick dachte er darüber nach sie einfach zu erschießen, vor seinem geistigen Auge sah er schon wie sich ihr Gehirn im Zimmer verteilte, nur um ihr hysterisches Gejammere nicht mehr ertragen zu müssen. Was hier aber noch hinzu kam, war dass er ihren Gefühlsausbruch nicht nachvollziehen konnte. Er hatte ihr nichts angetan, noch nicht. Oder war sein Verhalten schon so unmenschlich geworden, dass er es nicht mehr bemerkte wenn sein Denken und Handeln normalen Menschen Leid zu fügte?
Nein. Ria und die Anderen die ihm nun folgten und dies aus freien Stücken taten, waren normal,
... die Meisten zumindest.
Solch unlogisch, und verzweifelte Reaktionen waren Iras eigener, geistiger Beschaffenheit zu Schulden.
Sie würde alles für ihn tun, wollte aber nicht seine Sklavin sein.
Er zog eine Augenbraue hoch, sah sie aber wortlos an, wie sie zitternd auf der anderen Seite des Tisches stand.
Verdammte Sklaven, er wollte freiwillige Gefolgschaft und keine Leute auf die man ständig ein Augen haben musste.
Egal was er mit ihr machte, der Vertrag mit Nox hatte Bestand.
Dich frei lass'n?! er sah sie an, als wäre es das Dümmste, was sie hätte sagen können.
Wo komm' wir denn da hin?! Was glaubst du wird mit dir passier'n?! Du hast hier keene Freunde, keene Verbündet'n und niemand'n der sich um dich kümmert. Und wie willst du hier wechkomm'? Du bist mitt'n in'er Wüste, er deutete mit einem Nicken nach draußen aus den Fenstern, dann zeigte er mit der Rechten über die Stadtgrenze hinaus, im Niemandsland.
Seine Worte drangen kaum noch zu ihr durch, sie folgte nur kurz den Bewegungen seiner Hand mit ihren Blicken. Schwer atmend und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an.
Sie war hysterisch, dehydriert und sprach im Wahn, Pestor sah keine andere Möglichkeit.
Er nahm die Füße vom Tisch, stand auf, ging um den Tisch herum zu Ira. Sein Blick war stechend und bohrte sich in ihre Augen und seine Miene war zu Stein geworden, was Ira zur Ruhe mahnte. Ich sage dir das jez nur einmal! seine Stimme war hart wie sein Gesichtsausdruck und kontrolliert genug um ihr nicht seine volle Abscheu entgegen zu schleudern.
Du tust was ich dir sage, wenn ich es dir sage! Sonst ...
Der Schlag in ihr Gesicht war schnell und heftig. Ihre Augen wurden weiß und der Tisch fing ihren Sturz ab, konnte sie aber nicht halten und sie glitt zu Boden.
... denn sonst werd ich dir wehtun müss'n.
Noch einem Moment blieb er so über ihr stehen und betrachtete sie, es war das erste Mal dass er sie überhaupt genauer musterte.
Is dir eigentlich klar was du grade getan hast?!
Ich hab ne wehrlose Frau K. o. geschlagen?
Ja, aba ma abgesehen von dieser Heldentat ... wirst du sie jez tragen müss'n.
Ich werd bitte, was!?
Sieee traaagen. Weil sie sonnst verreckt, denn sie is ausgehungert und am verdursten. Die wacht nich' mehr alleine auf.
Ach, verdammte Scheiße.
Tja, ers denken dann schlagen. Du bist doch keen Khorneberserker.
Ers'ma rauch ich Eine, dann überleg ich mir ob ich sie nich' einfach vom Balkon werfe. Wer weis ob sie die Mühe überhaupt wert is'.
Quatsch nich' so'n Mist.
Genau.
Seit wann seid'n ihr so'ne Menschenfreunde?!
Ach, bla bla bla. Nu, heb sie schon auf.
Mit unwilligem Seufzen hob Pestor die friedlich Schlafende auf und legte sie sich über die Arme. Habt ihr überhaupt 'ne Ahnung wie anstrengend das wird?!
Tja, selber schuld.
Über fünfzig Stockwerke zu Fuß und mit einer Bewusstlosen in den Händen, ließ den Abstieg unendlich lang erscheinen. Der Seuchenjünger machte mehrmals Halt um Armen und Beinen eine Pause zu gönnen.
Bei einer weiteren Rast saß er auf den Stufen der Treppe und fixierte Ira mit leerem Blick, wie sie vor ihm auf dem Zwischenpodest lag. Der Schlag war sehr viel fester gewesen als gedacht, ihre rechte Gesichtshälfte war mittlerweile leicht angeschwollen und hatte sich rötlich-violett gefärbt.
Zigarette um Zigarette wurde geraucht und die Sonne war schon längst wieder im Begriff unter zu gehen.
Was starrst du sie so an?
Ich überleg grad ob ich ihr 'n Bein abschneide.
Was?! 'N Bein?
Ja, erstens hab ich Hunger und zweitens wird sie dann leichter.
Das wäre dann so ziemlich das Teuerste was du jemals gegess'n hast.
Hmm, 'ne Delikatesse.
Das würde dann aba auch ihren Wert in jeglicher Hinsicht schmälern.
Ein resignierendes Seufzen enkam seinen Lippen und flüchtete ins Treppengewölbe. Und nun? Sperr ich sie in 'nen Käfig damit sie mir nich' wegläuft? Diese verfickte Scheiße geht mir doch jez' schonn auf'n Sack.
Koron spendete schon lange kein Licht mehr, als Pestor immer noch nicht zurück war. Er hatte Ira seine Taschenlampe in den Schoß gelegt um sich den Weg zu leuchten als er endlich wieder die große Halle erreichte. Nur Ria, Lubina, die Kräuter Hexe, und Ibrahim, der Schamane und Geistheiler, waren noch wach, die Kinder und die Anderen schliefen bereits im Raum verteilt, Saul war nirgends zu sehen, er stand wahrscheinlich draußen und hielt Wache. Leise Gespräche klangen durch die große Halle.
Pestor legte Ira auf einem der Betten ab und es war Ria die auf ihn zu kam, ihr Blick ging schnell zu der Bewusstlosen und sie legte ein Gesicht auf. Was is' passiert?
Ich musste sie ruhig stellen.
War das wirklich nötig? sprach sie mit ruhiger Stimme aber in ihren Worten schwang auch ein leichter Ton von Anschuldigung mit. Und für den Bruchteil einer Sekunde war ein Anflug von Verachtung in ihren Augen zu sehen.
Ria war eine Freie und war auch schon immer gewesen, trotzdem kannte sie die Sklaverei, sie war immer ein Teil ihrer Umwelt gewesen und sie hatte sich nie daran gestört. Es gab viele Gründe ein für den Verlust der Freiheit, als Verurteilter, als Kriegsbeute oder einfach nur Pech das Opfer von Sklavenjägern zu werden. Sie glaubte das Ira zu den Letzteren gehörte und deswegen meinte sie dass die junge Frau es nicht verdient hatte so behandelt zu werden, zu mal sie in ihren Augen auch keine Bedrohung darstellte.
Pestor fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar und versuchte die Wogen in und auf seinem Kopf zu Glätten. Das war wohl alles zu viel für sie. Sie wurde hysterisch und ich hatte keine Lust mich zu streiten, mit ihr zu diskutieren.
In mancherlei Hinsicht war er ein Einzelgänger, ein Kämpfer, Soldat und Rasankuri, fühlte sich wohl unter Gleichgesinnten, er hatte bis jetzt schon einiges gesehen und erlebt aber Menschenführung gehörte nicht zu seinen erwähnenswerten Qualitäten.
In diesem Moment musste er auch nichts sagen es geschah wie von selbst, Ibrahim brachte Wasser welches die junge Frau dringend benötigte und auch Lubina gesellte sich dazu.
Ich geh schlafen und morgen such ich nach 'nem Schmied.
Ira erwachte in einem Raum, Ornamente waren ein fester Bestandteil der Sandsteinwände und setzten sich vielfältig an der Decke fort. Die Verzierungen wirkten sehr lebendig, wie ein Geflecht aus Wurzeln und Ästen, als wären die Wände zur Decke gewachsen. Durch ein großes Fenster erhellte die Morgensonne das Zimmer. Die beiden steinernen Betten, in die Kunst von Decke und Wänden integriert, zeigten dass körperliche Größe in dieser Stadt noch nie eine Seltenheit war, mit zweieinhalb Metern Länge und über einem Meter Breite dominierten sie den Raum. Grober Sand, in einer Art Wanne, verborgen unter einem Laken, bildete die Liegefläche und machte sie unerwartet bequem. Die beiden Kopfenden der Betten wurden durch eine lange, kniehohe Stufe miteinander verbunden, welch auch als Tritt zum Fenster hin dienen konnte. Auf dieser Stufe standen ein Krug und ein Becher gefüllt mit Wasser.
Inzwischen waren zwei Wochen ins Land gegangen.
Die Nachwirkungen Iras Züchtigung waren längst verblasst, nur das Brandzeichen auf ihrem rechten Schulterblatt schmerzte noch einwenig. Ansonsten ging es ihr gut, sie musste keine Ketten tragen war aber nie allein außer in diesem Zimmer, sie wurde versorgt wie die Anderen von Pestors Gefolge.
Mit zwei Ausnahmen: Die beiden Rasankuri hatten bald damit angefangen, jeden der körperlich dazu in der Lage war, im Gebrauch von Schusswaffen und im einfachen Nahkampf zu unterrichten, mit Ausnahme von Ira. Und sie wurde jeden Abend, sobald sich die Meisten zur Ruhe begaben, in diesen Raum gebracht und das letzte was sie hörte, war das Quietschen des Riegels der vor die Tür geschoben wurde. Natürlich hatte man ihr auch die Waffen und brauchbare Medikamente abgenommen.
Arbeit gab es für alle genug, erst wurde die große Halle geräumt, dann wurden nach und nach Zimmer und Flure in Schuss gebracht, es wurde aussortiert was an Ausrüstung und Interieur noch brauchbar war, der Rest wurde dem nächsten Schmied und einigen Handwerkern zur Wiederverwertung gebracht.
Saul, der hagere Riese mit dem Horn auf der Stirn, hatte ein ungeahntes Talent mit Kindern umzugehen und es war ihm wie selbstverständlich zugefallen die Älteren unter ihnen auszubilden. Er war so umgänglich dass man schon fast vergaß, dass man ein Mörder sein musste um den Kelch zu erhalten, der einem zum Krieger macht.
In einer Nacht als Sandstürme auch die letzte Sicht nahmen und alle anderen Laute, außer ihr eigenes Tosen, verschluckten, hatten drei Verteidiger versucht wieder ihre alte Behausung in Besitz zu nehmen. Der Gehörnte konnte, trotz der schlechten Sichtverhältnisse, zwei mit seinem Sturmgewehr niederstrecken bevor sie die Tür erreichten und den letzten erlegte er mit seinem Khopesh noch bevor er die Türschwelle überschritt. Dieser Vorfall rief allen wieder ins Gedächtnis dass Saul nicht ohne Grund ein Rasankuri war.
Hinter dem alten Krankenhaus war ein großes Atrium angebaut, die meisten Pflanzen darin waren schon längst vertrocknet aber Lubina machte es sich zur Aufgabe diesen Teil des Gebäudes wieder instand zu setzen und vor allem den Kräutergarten wieder nutzbar zu machen. Ibrahim Hussein Madi Emi Hilal half ihr dabei am tatkräftigsten, denn sein Wissen über Kräuter war, nach dem von Lubina, das Größte., vor allem kannte er sich mit denen aus die ihm dabei halfen mit Geistern und Göttern in Verbindung zu treten.
Ria hatte schnell die häusliche Führung übernommen, noch gab es nicht viel zu dirigieren doch zweifelte niemand ihre Hingabe und ihr organisatorisches Geschick an, welches später, wenn dieser Ort der Heilung wieder seinem eigentlichem Zweck dienen würde, gebraucht wurde.
Weitere zwei Wochen gingen ins Land,
als einer der Jungen aufgeregt ins mittägliche Mahl platzte um gute Neuigkeiten zu verkünden, er wandte sich so gleich an den Herren und sprach mit schneller, kindlicher Stimme, dass die Worte nur so aus ihm heraussprudelten: Ein Ausrufer hat in der Stadt verkündet, dass's in zwei Tagen ein großes Fest geben soll, er brauchte eine Pause zum zweimal Luft zu holen, dann redete er weiter, und blutige Spiele in'er Arena, alle sind eingeladen. Danach will der schwarze Drache verkünd'n welch'n Feind er als nächstes erschlagen will.
Guter Junge, sehr aufmerksam, dabei tätschelte Pestor ihm den Kopf.
Saul, Ira ihr werdet mich begleiten! Den Ander'n steht es frei diese Festlichkeit'n zu besuchen aber ich verlange dass immer jemand hier is' der auf alles Acht gibt!