12-28-2011, 07:18 PM
Der geht da wirklich noch mal rein!
Ja und du hast gesagt er wäre zu feige.
Pssst
Viel wichtiger ist ja die Frage wo hin.
Na nach unten!
Wieso nach unten?
Weil schreckliche Dinge immer entweder im Keller lauern oder auf dem Dachboden und da wir alle wissen das er zur Faulheit neigt... oder zum Faulen... jaja, jedenfalls deswegen wird er wohl lieber Treppen hinab als hinauf steigen.
Kapiert soweit?
Klar wie'n Klapperstorch.
Nen was?
Ach egal!
Sah man einmal von seinen geistigen Begleitern ab war Pestor dieses mal wenigstens nicht allein unterwegs, als er erneut die hohe Eingangshalle betrat. Auch wenn der Rattenmutant nicht gerade das war was man eine schlagkräftige Rückendeckung nennen konnte, so war seine Anwesenheit doch besser als nichts. Der einsickernde Dunst der ersten Nachtstunde erlaubte es gerade eben noch einige Umrisse zu erkennen. Die kleine Taschenlampe brachte Abhilfe.
Als Pestor bereits neuerlich den Weg zu den Treppenhäusern eingeschlagen hatten und die ersten Etagen nach unten gegangen war meldeten sich die Stimmen in ihm wieder zu Wort.
Ne nicht da lang, andere Seite.
Oder hast du vorhin was gesehen das solche Laute wie gerade von sich geben kann?
Nicht? Wir auch nicht, also kehrt Marsch!
Folgsam schlug der Seuchenjünger die Richtung quer über eine der unteren Etagen ein. Sein Weg führte ihn durch eine breite Schwingtür, dahinter etwas wie ein Warteraum. Unzählige Stühle, einige noch in Reih und Glied, andere waren umgeworfen oder standen kreuz und quer im Raum herum. Weiter hinten huschte das Licht der kleinen Lampe über einen Annahmeschalter wo die einstigen Patienten ihre Anliegen hatten vortragen können. Die Einrichtung war wirklich gigantisch, dieser Teil hier etwa war so groß wie gesamte Krankenhäuser in manch anderen Städten und dabei war die Abteilung allein für Erkrankungen der Atemwege gedacht.
Ne Fackel wäre ja ne gute Idee gewesen.
Hä? Wieso er hat doch ne Lampe.
Man weißt du denn gar nichts?
Die Taschenlampen sterben immer zu erst.
Wie um diesen Fakt zu unterstreichen flackerte der Lichtkegel einmal kurz bevor er sich wieder fing.
Siehste!?
Als der Wartesaal durchschritten war folgte ein Gang mit Behandlungsräumen, weiter hinten schlossen sich Labore an. Wo der Diener Nurgels in die offenen Türe strahlte ließen sich hochwertige Instrumente ausmachen, vom Lebenssaft des Stroms getrennt und dick mit Staub bedeckt, aber ansonsten so wirkend als warteten sie nur darauf wieder in Betrieb genommen zu werden. Am Ende des Ganges wartete erneut ein Fahrstuhl auf Benutzer die nicht mehr kommen würden. Daneben ein Treppenhaus.
Die Waffe im Anschlag ging es tiefer nach unten. Seltsamerweise war der nackte Beton mit Feuchtigkeit überzogen. Schon beim ersten Mal hatte Pestor das Tropfen von Wasser bemerkt und auch jetzt ließ sich das Geräusch wieder vernehmen. In einer Wüstenstadt war es recht unwahrscheinlich das sich lediglich in einem einzelnen Haus Wasser sammelte.
Die Lampe flackerte wieder.
Oh oh!
Etwas knirschte unter den abgewetzten Kampfstiefeln des Rasankuri.
Als der den Lichtfinger der Lampe darauf richtete brach sich der Schein in einer gesplitterten Brille. Weiter hinten lag ein rostiges Feuerzeug, daneben eine Armbanduhr und ein verbeultes Zigarettenetui. Mit jedem Schritt den sie weitergingen mehrten sich die persönlichen Gegenstände, wobei auffiel das es sich nur um metallische Objekte handelte. So fanden sie ein rostiges Sturmgewehr wie es die Rasankuri verwendeten, Schaft und Holzverkleidung fehlten, ebenso der Trageriemen.
Das da kenn ich!
Meldete sich Pocke als Twiks flinke Hände etwas aufhoben was wie ein Winkel aussah dessen beide Schenkel in der Mitte mit einer beweglichen Kugel verbunden war.
Ein Bumerang?
Quatsch, das ist ein künstliches Hüftgelenk.
Nachdem der Mutant bemerkte das man den Fund weder essen noch für irgendetwas anderes praktisch gebrauchen konnte ließ er ihn fallen und suchte erneut die Nähe zu dem Krieger.
Auf ihrem Abstieg fanden sie noch weitere Dinge, darunter auch nicht wenige Gesichtsplatten der Verteidiger.
Etwas anderes war jedoch noch bemerkenswerter. Die Wände waren mit einem grünlichen Pilz überzogen der an Schimmel gemahnte. Erst sprenkelte er nur vereinzelt die Wände, nahm jedoch mit jedem Schritt den sie taten an Dichte zu. Schließlich bedeckte er die gesamte Wand wie ein Farbanstrich.
Wohl eine Vermutung überprüfen wollend schirmte Pestor die Lampe mit der Hand ab und tatsächlich. Der Pilz phosphoreszierte und strahlte ein kränklich grünes Licht aus. Es ließ das Fell des Rattenmenschen noch räudiger und das bleiche Gesicht des Mannes noch eingefallener erscheinen.
Sie überwanden ein weiteres Tiefgeschoss und langten schließlich in den Kellergewölben an.
Der Bewuchs hatte hier fast so etwas wie ein eigenes Biotop erschaffen. In dicken Schlingen hing er von der Decke und in den Ecken entwuchsen merkwürdige Gebilde die tatsächlich an Knollen oder Pilzhüte denken ließen. Über einigen hingen träge Wolken aus gelben Sporen, andere zogen sich zurück wie die Stielaugen von Schnecken als das Licht auf sie fiel. Sie schritten mittlerweile über einen weichen Teppich aus Bewuchs und das Leuchten der Biomasse was stellenweise so hell das die Lampe gar nicht von Nöten gewesen wäre.
Zu ihrer Rechten hatte der Pilz einen toten Verteidiger überwuchert und gänzlich zugedeckt. Aus dem eingesunkenen Brustkasten sprossen langstielige Auswüchse.
Immer tiefer drangen sie in diese Welt unter der Welt ein und Pestor konnte an seinem Rücken das Fell der Ratte spüren, die furchtsam seine Anwesenheit suchte und nur hin und wieder ein ängstliches Quieken von sich gab.
An den Wänden schlängelten sich armdicke Adern entlang, einige sogar so breit wie der Oberschenkel eines Orks. Eine andere Bezeichnung als Adern wäre für die sonderbaren Tentakel nicht treffen gewesen, denn als Pestor etwas näher trat und und das Licht seiner Lampe darauf richtete ließ sich erkennen das unter einer dünnen Membran eine Flüssigkeit träge dahinsickerte. Darin trieben undefinierbare Stücken.
Von weiter vorne ertönte ein gequältes Stöhnen und da der Seuchendiener nun den hellen Kegel ruckartig in diese Richtung schwenkte konnte er nicht mehr sehen wie in dem Strang ein skelettierter Schädel vorbeitrieb.
Im Gegenlicht seiner Lampe zeichnete sich am Ende des Korridors etwas scharf ab, wie ein nachtschwarzer Scherenschnitt.
Eine Kreatur, auf den ersten Blick sah es wie eine überdimensionale Spinne aus, doch bei näherem Hinsehen wurden sie gewahr das es zwar eng am Boden kroch, aber nur vier Gliedmaßen hatte, einem Menschen nicht unähnlich, jedoch dürr und unnatürlich verlängert. Auch der Kopf sah menschlich aus, aber er wirkte falsch herum an den Torso angepasst.
Pestor brachte seine Waffe in Anschlag und drückte ab. Mochte er hier unten auch glauben irgendeine Wahrheit zu finden, der soldatische Instinkt ließ sich schwerlich unterdrücken. Die Schüsse waren zwar laut aber dennoch gedämpfter als normal. Die Kugeln schlugen in den fremdartigen Körper ein, auch Twik gab ein paar Schüsse um die Beine ihres Beschützers herum ab, wenn auch mehr aus Kollegialität heraus und die meisten gingen ohnehin daneben.
Das Wesen erzitterte und wich ein Stückchen zurück. Es gab einen Schmerzenslaut von sich, jedoch mehr ein gequältes Stöhnen als die Folge derartigen Beschusses.
Träge wand es sich um und verschwand in die Richtung aus der es gekommen war. Dabei schleppte es einige der Adern, Tentakel oder wie immer man sie nennen wollte hinter sich her als hinge es auf diese Weise an Kabelsträngen.
Als Pestor einen Fuß voran setzte um weiter zu gehen quitsche Twik einmal mehr. Alles in der Ratte sträubte sich dagegen weiterzugehen und das Fell des kleinen Mutanten stand nach allen Seiten ab wie drahtige Borsten. In ihr tobte ein Kampf zwischen dem Instinkt zu fliehen, zu laufen was die Beine hergaben und dem Wissen das sie dann den Weg den sie gekommen waren allein zurück gehen musste, mit all den Schrecken die dort lauern mochten.
Also schlich die Ratte bangen Herzens hinterdrein.
Das Spinnenwesen, oder was immer es war, zeigte sich nicht wieder und der Gang mündete schließlich in eine wahrhaft gewaltige Kammer. Schwer zu sagen wozu sie einst gedient haben mochte denn solche Ausmaße hatten bei derart kleinen Zugängen kaum einen praktischen Nutzen.
Auch dieser Ort war gänzlich mit dem grünen Bewuchs bedeckt, hier schien er sogar seinen Ausgang zu nehmen.
In der Mitte gähnte ein schier bodenloses Loch, perfekt rund.
Adern, inzwischen so dick wie ein kräftiger Mann, ragten dort hinein und pulsierten wie Schläuche durch die Wasser gepumpt wurde. Hier gab es Knochen, Gebeine waren an den Wänden regelrecht mit dem Bewuchs verflochten und stellten einen schaurigen Wandschmuck dar. Ein widerlich fauliger Geruch drang aus der Grube und vereinte in sich den Grabesgestank aller Massengräber des Universums.
Während die kleine Ratte schlotterte wie Espenlaub befand sich der Nurgelanbeter in tranceähnlichen Faszination. Er trat an den Rand des Abgrundes, die Waffe am langen Arm hängen lassend, und richtete den Lichtstrahl in die Tiefe.
Es war als würde man in etwas Lebendiges hinein blicken, denn alles waberte dort und zuckte und da wo sich der Lichtschein verlor bewegte sich eine so gewaltige Masse, dass es war als beobachte man einen Leviathan der unter der Wasseroberfläche, knapp außerhalb des Wahrnehmbaren dahin glitt.
Einige der Adern krochen wie von unheiligem Eigenleben beseelt auf Twik zu, welche erschrocken zurück sprang. Alsdann schlängelten sie sich um Pestors Knöchel, wanderten daran empor und ließen den dünnen Spitzen ihre langen, schleimig weichen Körper folgen. Wenige Augenblicke später war der Seuchenjünger bis zur Hüfte in dieser Umarmung einer Schlangenparodie gefangen. Das er sich dagegen nicht im mindesten wehrte lag an der Bewegung dort unten im Schlund, die ihn fesselte und alles herum vergessen ließ. Etwas entwuchs der Schwärze und streifte den lächerlichen Strahl der Lampe wie um seine gewaltigen Ausmaße zu untermauern.
Etwas unbeschreibliches hauste seit mindestens zweihundert Jahren unter diesem einstigen Ort der Heilung und Genesung. Etwas unbeschreibliches dessen langen Totenschlaf die beiden Eindringlinge gestört hatte.
Einen Pilz musste man es wohl heißen, auch wenn diese Beschreibung nicht im Mindesten an die Wahrheit heran kam. Dennoch wies es Ähnlichkeiten mit diesen Lebensformen auf. Das Dinge, welches bereits über den Rand der Grube hinaus wuchs, gemahnte in seinen Formen grob an eine Morchel. Ein langer Stiel, allerdings beweglich wie der Hals eines Tieres und darauf eine knollige Verdickung. Weiße Fäden, wohl so etwas wie das Myzel, verbanden den Stiel mit dem Rand der Grube, rissen bei Bewegung ab und sponnen sich sogleich neu wie frische Spinnennetze.
Von all diesen Ungeheuerlichkeiten abgesehen war die Verdickung, die Knolle, der Kopf das Furchtbarste.
Diese Zusammenballung bestand gänzlich aus menschlichen Schädeln. Es musste hunderte, wenn nicht gar tausende sein. Einige hatten durch den schimmligen Bewuchs wieder so etwas wie ein Gesicht auf ihren blanken Knochen erhalten, andere lachten mit bleichem Totenkopfgrinsen auf die Sterblichen herab. Dazwischen bewegte und pumpte die grüne Schleimmasse, platzte auf und bildete sich neu, ließ Schädel in ihrer fleischigen Oberfläche versinken und andere auftauchen.
Das Ding stieß einen Schrei aus, eben jenen den sie oben bereits gehört hatten. Tausend stimmbandlose Kehlen gaben das Geräusch von sich, dass hier unten jedoch drohte den beiden Menschen die Trommelfelle zu zerreißen.
Dann senkte sich das Haupt zu dem Mann am Grubenrand herab, während die triefenden Tentakeln ihn zu dem widernatürlichen Kopf emporhoben.
Unzähligen Augenhöhlen sah der Krieger entgegen, einige mit schleimigen Nachahmungen von Augäpfeln gefüllt, andere leer aber nicht tot.
Ein einzelner dieser Schädel löste sich aus der Dolde mit dem Geräusch reißenden Fleisches, sich dehnender Knorpel und knirschender Knochen. Auf einem gedehnten Strang aus Fasern und Flüssigkeits durchströmte Adern näherte sich dieser überwucherte Schädel dem Gesicht Pestors.
Der Schimmelbewuchs sah aus als bemühte er sich die Sehnen und sogar Haut nach zu formen. Als der Schädel nur noch eine Handbreit vom Gesicht des Rasankuris entfernt war öffnete sich der Kiefer in der perversen Imitation menschlicher Funktionen.
Was dann geschah spielte sich in der Zeitspanne eines Herzschlages ab. Myzelfäden schossen aus der Mundöffnung und suchten das Gegenstück um sich dort durch Nasenlöcher, Ohren und Lippen zu zwängen.
Twik konnte beobachten wie ihr Begleiter in die Luft gehoben wurde und wie sein Kopf kurz darauf von weißem Gespinst umhüllt war.
Pestor fand sich in einem sonnendurchfluteten Raum wieder und das Licht stach ihn in die Augen. Nur langsam gewöhnte er sich an die Helligkeit und konnte die Augen öffnen.
Er stand auf der breiten Eingangstreppe des Krankenhauses und blickte auf der Vorplatz. Aber das konnte nicht stimmen, unmöglich das es sich dabei um Rasankur handelte. Auf den Gebäuden der Umgebung wuchs üppiges Grün, in den Gärten sprossen Obstbäume und Palmen. Als er den Blick hob konnte er sehen das sogar der Dämonentritt mit flachen Wäldern überzogen war.
Jemand riss ihn aus seinem Erstaunen indem er ihn heftig an der Schulter packte und durchschüttelte. Pestor wurde herumgerissen und starrte durch die Kunststoffscheibe eines Schutzanzuges in das Gesicht einer jungen Frau.
Was ist los mit dir Syrax? Schrie sie ihn an und ihre Worte drangen gedämpft an seine Ohren. Das Spiegelbild in ihrem Helm verriet auch wieso, denn er selbst trug den gleichen Anzug, doch das Gesicht welches Pestor anstarrte war nicht sein eigenes. Der Blick nach unten zeigte versiegelte Handschuhe und eine blinkende Anzeige auf dem Handrücken. Die Frau schüttelte ihn wieder.
Reiß dich zusammen! Wo ist Doktor Lumbista?
Als Pestor antwortete war die Stimme weder seine eigene, noch gehorchte das Gesagte seinem Willen. Jede Handlung wurde wie in einem Traum ausgeführt, in welchem der Schläfer zum hilflosen Zusehen verdammt ist.
Ich glaube er bereitet die Isolationsbereiche vor. Antwortete er mit fremd klingenden Worten.
Dann sieh zu das du die Leute herein bekommst, es war nicht nur ein Gerücht. Sie haben es getan... diese Schweine. Hör doch.
Tatsächlich, ein auf und abschwellender Alarmton jaulte vom Stadtzentrum her. Lang, kurz lang. Das bedeutete biologischer Angriff. Und noch mehr fiel ihm auf. Der Platz vor dem Krankenhaus war nicht etwa leer, nein vielmehr füllte er sich mit panischen Menschen, die schreiend und kreischend in Richtung der Treppe drängten. Davor standen vier Verteidiger, aufrechte Krieger gezüchtet um Rasankur und seine Bewohner vor als den verblendeten Feinden zu schützen die es bedrohten und seinen Anspruch auf Alleinherrschaft nicht anerkannten. Hoch gewachsen und in schwarze Uniformen gehüllt waren sie mit ihren spiegelnden Metallplatten vor den Gesichtern ein Sinnbild für die Herrlichkeit der Stätte. Doch selbst diesen Vier dort unten gelang es nicht den Strom der Flüchtlinge in eine geordnete Bahn zu leiten. Bald schon sahen sie sich an den Rand gedrängt und gingen dazu über den Gestrauchelten aufzuhelfen.
Schaff so viele rein wie möglich, wahrscheinlich müssen wir den Eingang in ein paar Minuten versiegeln.
Mit was haben wir es zu tun?
Ich habe keine Ahnung aber wenn sie Großalarm geben muss es etwas sehr schlimmes sein.
Herr der Heilung steh uns bei!
Er berührte ein kleines goldenes Nurgelsymbol das unter dem Gummianzug auf seiner Haut lag.
Die ersten Fliehenden hatten nun den oberen Bereich erreicht und weiteres Krankenhauspersonal eilte herbei um die Leute ins Innere des Gebäudes zu schaffen. Einige der Helfer waren in Schutzanzüge gehüllt, andere nicht.
Pestor bemerkte eine Frau die keuchend an einer Säule des Portals lehnte und um Atem rang. Er hielt auf sie zu um ihr beizustehen. Die Frau war prächtig gekleidet und musste wohl zur Sippe eines Rasankuris gehören. Auch wenn der Ritterstand dieser Tage keine wirkliche Macht mehr hatte, haftete dem Rang doch noch immer ein gewisser Hauch von einstiger Glorie an.
Kommen sie hier entlang. Wir haben da hinten Liegen, wenn sie sich ausruhen möchten. Warten sie ich helfe ihnen.
Als Pestor nach dem Arm der Dame griff war es als würde er einen nassen Schwamm berühren. Erschrocken zog er die Hand zurück und sofort durchtränkte sich der Stoff am Ärmel mit dunklem Blut. Keuchend sackte die Frau an der Säule zu Boden, Blut quoll aus ihren Augen und ran wie Tränen die Wangen herunter. Auf ihrer Haut, die eben noch makellos und rein gewesen war, breiteten sich schwarze Flecken aus und innerhalb von wenigen Sekunden fiel ihr Gesicht in sich zusammen wie Pergament das im Zeitraffer ein Opfer des Alters wurde.
Unfähig etwas zu tun stütze er die sterbende Frau bis sie in seinen Armen nur noch Knochen war und sich der Rest ihren Leibes in ihre geschmolzene Masse aus verflüssigtem Fleisch und Körpersäften verwandelte.
Ringsherum spielten sich ähnliche Szenen ab. Willkürlich starben Menschen einen unfassbaren schmerzhaften Tot und die Helfer hatten keine Möglichkeit etwas zu tun. Innerhalb von zwei Minuten war der Boden mit den Überresten hunderter Menschen bedeckt die langsam gurgelnd in den Reinigungsabflüssen verschwanden. Die letzten starben gerade unter Qualen.
Zurück blieben nur die wenigen die Schutzanzüge trugen.
Von diesen brach plötzlich einer in die Knie und spuckte Blut von innen gegen die Scheibe seines Helmes. Krachend fiel auf auf sein Gesicht und man konnte sehen wie er sich in seinem Anzug verflüssigte.
Ein weiterer sank zu Boden, dann noch einer.
Pestor sah auf seine Handschuh und kleine Risse breiteten sich auf dem hellgrünen Gummi aus, machten es porös und zersetzten es schnell.
Ja und du hast gesagt er wäre zu feige.
Pssst
Viel wichtiger ist ja die Frage wo hin.
Na nach unten!
Wieso nach unten?
Weil schreckliche Dinge immer entweder im Keller lauern oder auf dem Dachboden und da wir alle wissen das er zur Faulheit neigt... oder zum Faulen... jaja, jedenfalls deswegen wird er wohl lieber Treppen hinab als hinauf steigen.
Kapiert soweit?
Klar wie'n Klapperstorch.
Nen was?
Ach egal!
Sah man einmal von seinen geistigen Begleitern ab war Pestor dieses mal wenigstens nicht allein unterwegs, als er erneut die hohe Eingangshalle betrat. Auch wenn der Rattenmutant nicht gerade das war was man eine schlagkräftige Rückendeckung nennen konnte, so war seine Anwesenheit doch besser als nichts. Der einsickernde Dunst der ersten Nachtstunde erlaubte es gerade eben noch einige Umrisse zu erkennen. Die kleine Taschenlampe brachte Abhilfe.
Als Pestor bereits neuerlich den Weg zu den Treppenhäusern eingeschlagen hatten und die ersten Etagen nach unten gegangen war meldeten sich die Stimmen in ihm wieder zu Wort.
Ne nicht da lang, andere Seite.
Oder hast du vorhin was gesehen das solche Laute wie gerade von sich geben kann?
Nicht? Wir auch nicht, also kehrt Marsch!
Folgsam schlug der Seuchenjünger die Richtung quer über eine der unteren Etagen ein. Sein Weg führte ihn durch eine breite Schwingtür, dahinter etwas wie ein Warteraum. Unzählige Stühle, einige noch in Reih und Glied, andere waren umgeworfen oder standen kreuz und quer im Raum herum. Weiter hinten huschte das Licht der kleinen Lampe über einen Annahmeschalter wo die einstigen Patienten ihre Anliegen hatten vortragen können. Die Einrichtung war wirklich gigantisch, dieser Teil hier etwa war so groß wie gesamte Krankenhäuser in manch anderen Städten und dabei war die Abteilung allein für Erkrankungen der Atemwege gedacht.
Ne Fackel wäre ja ne gute Idee gewesen.
Hä? Wieso er hat doch ne Lampe.
Man weißt du denn gar nichts?
Die Taschenlampen sterben immer zu erst.
Wie um diesen Fakt zu unterstreichen flackerte der Lichtkegel einmal kurz bevor er sich wieder fing.
Siehste!?
Als der Wartesaal durchschritten war folgte ein Gang mit Behandlungsräumen, weiter hinten schlossen sich Labore an. Wo der Diener Nurgels in die offenen Türe strahlte ließen sich hochwertige Instrumente ausmachen, vom Lebenssaft des Stroms getrennt und dick mit Staub bedeckt, aber ansonsten so wirkend als warteten sie nur darauf wieder in Betrieb genommen zu werden. Am Ende des Ganges wartete erneut ein Fahrstuhl auf Benutzer die nicht mehr kommen würden. Daneben ein Treppenhaus.
Die Waffe im Anschlag ging es tiefer nach unten. Seltsamerweise war der nackte Beton mit Feuchtigkeit überzogen. Schon beim ersten Mal hatte Pestor das Tropfen von Wasser bemerkt und auch jetzt ließ sich das Geräusch wieder vernehmen. In einer Wüstenstadt war es recht unwahrscheinlich das sich lediglich in einem einzelnen Haus Wasser sammelte.
Die Lampe flackerte wieder.
Oh oh!
Etwas knirschte unter den abgewetzten Kampfstiefeln des Rasankuri.
Als der den Lichtfinger der Lampe darauf richtete brach sich der Schein in einer gesplitterten Brille. Weiter hinten lag ein rostiges Feuerzeug, daneben eine Armbanduhr und ein verbeultes Zigarettenetui. Mit jedem Schritt den sie weitergingen mehrten sich die persönlichen Gegenstände, wobei auffiel das es sich nur um metallische Objekte handelte. So fanden sie ein rostiges Sturmgewehr wie es die Rasankuri verwendeten, Schaft und Holzverkleidung fehlten, ebenso der Trageriemen.
Das da kenn ich!
Meldete sich Pocke als Twiks flinke Hände etwas aufhoben was wie ein Winkel aussah dessen beide Schenkel in der Mitte mit einer beweglichen Kugel verbunden war.
Ein Bumerang?
Quatsch, das ist ein künstliches Hüftgelenk.
Nachdem der Mutant bemerkte das man den Fund weder essen noch für irgendetwas anderes praktisch gebrauchen konnte ließ er ihn fallen und suchte erneut die Nähe zu dem Krieger.
Auf ihrem Abstieg fanden sie noch weitere Dinge, darunter auch nicht wenige Gesichtsplatten der Verteidiger.
Etwas anderes war jedoch noch bemerkenswerter. Die Wände waren mit einem grünlichen Pilz überzogen der an Schimmel gemahnte. Erst sprenkelte er nur vereinzelt die Wände, nahm jedoch mit jedem Schritt den sie taten an Dichte zu. Schließlich bedeckte er die gesamte Wand wie ein Farbanstrich.
Wohl eine Vermutung überprüfen wollend schirmte Pestor die Lampe mit der Hand ab und tatsächlich. Der Pilz phosphoreszierte und strahlte ein kränklich grünes Licht aus. Es ließ das Fell des Rattenmenschen noch räudiger und das bleiche Gesicht des Mannes noch eingefallener erscheinen.
Sie überwanden ein weiteres Tiefgeschoss und langten schließlich in den Kellergewölben an.
Der Bewuchs hatte hier fast so etwas wie ein eigenes Biotop erschaffen. In dicken Schlingen hing er von der Decke und in den Ecken entwuchsen merkwürdige Gebilde die tatsächlich an Knollen oder Pilzhüte denken ließen. Über einigen hingen träge Wolken aus gelben Sporen, andere zogen sich zurück wie die Stielaugen von Schnecken als das Licht auf sie fiel. Sie schritten mittlerweile über einen weichen Teppich aus Bewuchs und das Leuchten der Biomasse was stellenweise so hell das die Lampe gar nicht von Nöten gewesen wäre.
Zu ihrer Rechten hatte der Pilz einen toten Verteidiger überwuchert und gänzlich zugedeckt. Aus dem eingesunkenen Brustkasten sprossen langstielige Auswüchse.
Immer tiefer drangen sie in diese Welt unter der Welt ein und Pestor konnte an seinem Rücken das Fell der Ratte spüren, die furchtsam seine Anwesenheit suchte und nur hin und wieder ein ängstliches Quieken von sich gab.
An den Wänden schlängelten sich armdicke Adern entlang, einige sogar so breit wie der Oberschenkel eines Orks. Eine andere Bezeichnung als Adern wäre für die sonderbaren Tentakel nicht treffen gewesen, denn als Pestor etwas näher trat und und das Licht seiner Lampe darauf richtete ließ sich erkennen das unter einer dünnen Membran eine Flüssigkeit träge dahinsickerte. Darin trieben undefinierbare Stücken.
Von weiter vorne ertönte ein gequältes Stöhnen und da der Seuchendiener nun den hellen Kegel ruckartig in diese Richtung schwenkte konnte er nicht mehr sehen wie in dem Strang ein skelettierter Schädel vorbeitrieb.
Im Gegenlicht seiner Lampe zeichnete sich am Ende des Korridors etwas scharf ab, wie ein nachtschwarzer Scherenschnitt.
Eine Kreatur, auf den ersten Blick sah es wie eine überdimensionale Spinne aus, doch bei näherem Hinsehen wurden sie gewahr das es zwar eng am Boden kroch, aber nur vier Gliedmaßen hatte, einem Menschen nicht unähnlich, jedoch dürr und unnatürlich verlängert. Auch der Kopf sah menschlich aus, aber er wirkte falsch herum an den Torso angepasst.
Pestor brachte seine Waffe in Anschlag und drückte ab. Mochte er hier unten auch glauben irgendeine Wahrheit zu finden, der soldatische Instinkt ließ sich schwerlich unterdrücken. Die Schüsse waren zwar laut aber dennoch gedämpfter als normal. Die Kugeln schlugen in den fremdartigen Körper ein, auch Twik gab ein paar Schüsse um die Beine ihres Beschützers herum ab, wenn auch mehr aus Kollegialität heraus und die meisten gingen ohnehin daneben.
Das Wesen erzitterte und wich ein Stückchen zurück. Es gab einen Schmerzenslaut von sich, jedoch mehr ein gequältes Stöhnen als die Folge derartigen Beschusses.
Träge wand es sich um und verschwand in die Richtung aus der es gekommen war. Dabei schleppte es einige der Adern, Tentakel oder wie immer man sie nennen wollte hinter sich her als hinge es auf diese Weise an Kabelsträngen.
Als Pestor einen Fuß voran setzte um weiter zu gehen quitsche Twik einmal mehr. Alles in der Ratte sträubte sich dagegen weiterzugehen und das Fell des kleinen Mutanten stand nach allen Seiten ab wie drahtige Borsten. In ihr tobte ein Kampf zwischen dem Instinkt zu fliehen, zu laufen was die Beine hergaben und dem Wissen das sie dann den Weg den sie gekommen waren allein zurück gehen musste, mit all den Schrecken die dort lauern mochten.
Also schlich die Ratte bangen Herzens hinterdrein.
Das Spinnenwesen, oder was immer es war, zeigte sich nicht wieder und der Gang mündete schließlich in eine wahrhaft gewaltige Kammer. Schwer zu sagen wozu sie einst gedient haben mochte denn solche Ausmaße hatten bei derart kleinen Zugängen kaum einen praktischen Nutzen.
Auch dieser Ort war gänzlich mit dem grünen Bewuchs bedeckt, hier schien er sogar seinen Ausgang zu nehmen.
In der Mitte gähnte ein schier bodenloses Loch, perfekt rund.
Adern, inzwischen so dick wie ein kräftiger Mann, ragten dort hinein und pulsierten wie Schläuche durch die Wasser gepumpt wurde. Hier gab es Knochen, Gebeine waren an den Wänden regelrecht mit dem Bewuchs verflochten und stellten einen schaurigen Wandschmuck dar. Ein widerlich fauliger Geruch drang aus der Grube und vereinte in sich den Grabesgestank aller Massengräber des Universums.
Während die kleine Ratte schlotterte wie Espenlaub befand sich der Nurgelanbeter in tranceähnlichen Faszination. Er trat an den Rand des Abgrundes, die Waffe am langen Arm hängen lassend, und richtete den Lichtstrahl in die Tiefe.
Es war als würde man in etwas Lebendiges hinein blicken, denn alles waberte dort und zuckte und da wo sich der Lichtschein verlor bewegte sich eine so gewaltige Masse, dass es war als beobachte man einen Leviathan der unter der Wasseroberfläche, knapp außerhalb des Wahrnehmbaren dahin glitt.
Einige der Adern krochen wie von unheiligem Eigenleben beseelt auf Twik zu, welche erschrocken zurück sprang. Alsdann schlängelten sie sich um Pestors Knöchel, wanderten daran empor und ließen den dünnen Spitzen ihre langen, schleimig weichen Körper folgen. Wenige Augenblicke später war der Seuchenjünger bis zur Hüfte in dieser Umarmung einer Schlangenparodie gefangen. Das er sich dagegen nicht im mindesten wehrte lag an der Bewegung dort unten im Schlund, die ihn fesselte und alles herum vergessen ließ. Etwas entwuchs der Schwärze und streifte den lächerlichen Strahl der Lampe wie um seine gewaltigen Ausmaße zu untermauern.
Etwas unbeschreibliches hauste seit mindestens zweihundert Jahren unter diesem einstigen Ort der Heilung und Genesung. Etwas unbeschreibliches dessen langen Totenschlaf die beiden Eindringlinge gestört hatte.
Einen Pilz musste man es wohl heißen, auch wenn diese Beschreibung nicht im Mindesten an die Wahrheit heran kam. Dennoch wies es Ähnlichkeiten mit diesen Lebensformen auf. Das Dinge, welches bereits über den Rand der Grube hinaus wuchs, gemahnte in seinen Formen grob an eine Morchel. Ein langer Stiel, allerdings beweglich wie der Hals eines Tieres und darauf eine knollige Verdickung. Weiße Fäden, wohl so etwas wie das Myzel, verbanden den Stiel mit dem Rand der Grube, rissen bei Bewegung ab und sponnen sich sogleich neu wie frische Spinnennetze.
Von all diesen Ungeheuerlichkeiten abgesehen war die Verdickung, die Knolle, der Kopf das Furchtbarste.
Diese Zusammenballung bestand gänzlich aus menschlichen Schädeln. Es musste hunderte, wenn nicht gar tausende sein. Einige hatten durch den schimmligen Bewuchs wieder so etwas wie ein Gesicht auf ihren blanken Knochen erhalten, andere lachten mit bleichem Totenkopfgrinsen auf die Sterblichen herab. Dazwischen bewegte und pumpte die grüne Schleimmasse, platzte auf und bildete sich neu, ließ Schädel in ihrer fleischigen Oberfläche versinken und andere auftauchen.
Das Ding stieß einen Schrei aus, eben jenen den sie oben bereits gehört hatten. Tausend stimmbandlose Kehlen gaben das Geräusch von sich, dass hier unten jedoch drohte den beiden Menschen die Trommelfelle zu zerreißen.
Dann senkte sich das Haupt zu dem Mann am Grubenrand herab, während die triefenden Tentakeln ihn zu dem widernatürlichen Kopf emporhoben.
Unzähligen Augenhöhlen sah der Krieger entgegen, einige mit schleimigen Nachahmungen von Augäpfeln gefüllt, andere leer aber nicht tot.
Ein einzelner dieser Schädel löste sich aus der Dolde mit dem Geräusch reißenden Fleisches, sich dehnender Knorpel und knirschender Knochen. Auf einem gedehnten Strang aus Fasern und Flüssigkeits durchströmte Adern näherte sich dieser überwucherte Schädel dem Gesicht Pestors.
Der Schimmelbewuchs sah aus als bemühte er sich die Sehnen und sogar Haut nach zu formen. Als der Schädel nur noch eine Handbreit vom Gesicht des Rasankuris entfernt war öffnete sich der Kiefer in der perversen Imitation menschlicher Funktionen.
Was dann geschah spielte sich in der Zeitspanne eines Herzschlages ab. Myzelfäden schossen aus der Mundöffnung und suchten das Gegenstück um sich dort durch Nasenlöcher, Ohren und Lippen zu zwängen.
Twik konnte beobachten wie ihr Begleiter in die Luft gehoben wurde und wie sein Kopf kurz darauf von weißem Gespinst umhüllt war.
Pestor fand sich in einem sonnendurchfluteten Raum wieder und das Licht stach ihn in die Augen. Nur langsam gewöhnte er sich an die Helligkeit und konnte die Augen öffnen.
Er stand auf der breiten Eingangstreppe des Krankenhauses und blickte auf der Vorplatz. Aber das konnte nicht stimmen, unmöglich das es sich dabei um Rasankur handelte. Auf den Gebäuden der Umgebung wuchs üppiges Grün, in den Gärten sprossen Obstbäume und Palmen. Als er den Blick hob konnte er sehen das sogar der Dämonentritt mit flachen Wäldern überzogen war.
Jemand riss ihn aus seinem Erstaunen indem er ihn heftig an der Schulter packte und durchschüttelte. Pestor wurde herumgerissen und starrte durch die Kunststoffscheibe eines Schutzanzuges in das Gesicht einer jungen Frau.
Was ist los mit dir Syrax? Schrie sie ihn an und ihre Worte drangen gedämpft an seine Ohren. Das Spiegelbild in ihrem Helm verriet auch wieso, denn er selbst trug den gleichen Anzug, doch das Gesicht welches Pestor anstarrte war nicht sein eigenes. Der Blick nach unten zeigte versiegelte Handschuhe und eine blinkende Anzeige auf dem Handrücken. Die Frau schüttelte ihn wieder.
Reiß dich zusammen! Wo ist Doktor Lumbista?
Als Pestor antwortete war die Stimme weder seine eigene, noch gehorchte das Gesagte seinem Willen. Jede Handlung wurde wie in einem Traum ausgeführt, in welchem der Schläfer zum hilflosen Zusehen verdammt ist.
Ich glaube er bereitet die Isolationsbereiche vor. Antwortete er mit fremd klingenden Worten.
Dann sieh zu das du die Leute herein bekommst, es war nicht nur ein Gerücht. Sie haben es getan... diese Schweine. Hör doch.
Tatsächlich, ein auf und abschwellender Alarmton jaulte vom Stadtzentrum her. Lang, kurz lang. Das bedeutete biologischer Angriff. Und noch mehr fiel ihm auf. Der Platz vor dem Krankenhaus war nicht etwa leer, nein vielmehr füllte er sich mit panischen Menschen, die schreiend und kreischend in Richtung der Treppe drängten. Davor standen vier Verteidiger, aufrechte Krieger gezüchtet um Rasankur und seine Bewohner vor als den verblendeten Feinden zu schützen die es bedrohten und seinen Anspruch auf Alleinherrschaft nicht anerkannten. Hoch gewachsen und in schwarze Uniformen gehüllt waren sie mit ihren spiegelnden Metallplatten vor den Gesichtern ein Sinnbild für die Herrlichkeit der Stätte. Doch selbst diesen Vier dort unten gelang es nicht den Strom der Flüchtlinge in eine geordnete Bahn zu leiten. Bald schon sahen sie sich an den Rand gedrängt und gingen dazu über den Gestrauchelten aufzuhelfen.
Schaff so viele rein wie möglich, wahrscheinlich müssen wir den Eingang in ein paar Minuten versiegeln.
Mit was haben wir es zu tun?
Ich habe keine Ahnung aber wenn sie Großalarm geben muss es etwas sehr schlimmes sein.
Herr der Heilung steh uns bei!
Er berührte ein kleines goldenes Nurgelsymbol das unter dem Gummianzug auf seiner Haut lag.
Die ersten Fliehenden hatten nun den oberen Bereich erreicht und weiteres Krankenhauspersonal eilte herbei um die Leute ins Innere des Gebäudes zu schaffen. Einige der Helfer waren in Schutzanzüge gehüllt, andere nicht.
Pestor bemerkte eine Frau die keuchend an einer Säule des Portals lehnte und um Atem rang. Er hielt auf sie zu um ihr beizustehen. Die Frau war prächtig gekleidet und musste wohl zur Sippe eines Rasankuris gehören. Auch wenn der Ritterstand dieser Tage keine wirkliche Macht mehr hatte, haftete dem Rang doch noch immer ein gewisser Hauch von einstiger Glorie an.
Kommen sie hier entlang. Wir haben da hinten Liegen, wenn sie sich ausruhen möchten. Warten sie ich helfe ihnen.
Als Pestor nach dem Arm der Dame griff war es als würde er einen nassen Schwamm berühren. Erschrocken zog er die Hand zurück und sofort durchtränkte sich der Stoff am Ärmel mit dunklem Blut. Keuchend sackte die Frau an der Säule zu Boden, Blut quoll aus ihren Augen und ran wie Tränen die Wangen herunter. Auf ihrer Haut, die eben noch makellos und rein gewesen war, breiteten sich schwarze Flecken aus und innerhalb von wenigen Sekunden fiel ihr Gesicht in sich zusammen wie Pergament das im Zeitraffer ein Opfer des Alters wurde.
Unfähig etwas zu tun stütze er die sterbende Frau bis sie in seinen Armen nur noch Knochen war und sich der Rest ihren Leibes in ihre geschmolzene Masse aus verflüssigtem Fleisch und Körpersäften verwandelte.
Ringsherum spielten sich ähnliche Szenen ab. Willkürlich starben Menschen einen unfassbaren schmerzhaften Tot und die Helfer hatten keine Möglichkeit etwas zu tun. Innerhalb von zwei Minuten war der Boden mit den Überresten hunderter Menschen bedeckt die langsam gurgelnd in den Reinigungsabflüssen verschwanden. Die letzten starben gerade unter Qualen.
Zurück blieben nur die wenigen die Schutzanzüge trugen.
Von diesen brach plötzlich einer in die Knie und spuckte Blut von innen gegen die Scheibe seines Helmes. Krachend fiel auf auf sein Gesicht und man konnte sehen wie er sich in seinem Anzug verflüssigte.
Ein weiterer sank zu Boden, dann noch einer.
Pestor sah auf seine Handschuh und kleine Risse breiteten sich auf dem hellgrünen Gummi aus, machten es porös und zersetzten es schnell.