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Zeitenwende
#91
Renold kämpfte mit den Kontrollen. 
Die fehlende Gondel sorgte dafür, dass der Schweber nach vorne ausbrechen und in den Sturzflug übergehen wollte. Das Antigravfeld lag wie ein Kissen unter dem Fahrzeug, und wenn es über den Kipppunkt sackte, würde es stürzen wie ein Stein. 
Es gab noch einen Notdämpfer, der die einmalige Zündung einer Zusatzgondel beinhaltete. Die Batterie, welche diese Schutzmaßnahme speiste, würde für genau einen Impuls ausreichen - vorausgesetzt, die Vorrichtung war noch funktionstüchtig.
Renold riss den Bügel nach unten, welcher einen roten Knopf abgedeckt hatte. Mit der Faust hieb er auf diesen und machte die Automatik scharf. Kurz vor dem Boden würde sie, so ihnen das Glück nicht abhold war, auslösen und sie vielleicht vor dem Zerschellen retten. Bis dahin musste er versuchen, den Schweber möglichst gerade zu halten. 
Ein Blick aus dem Fenster konnte den Verdacht aufkommen lassen, jener verhängnisvolle Boden lag bereits vor ihnen. Mit erschreckender Geschwindigkeit stürzten sie auf eine Ebene grauen Dunstes zu.
Nebel oder Wolken. 
Sie tauchten ein, zerschnitten singend einige Stahlkabel, als wären es nicht mehr als Bindfäden. Unvermittelt umgab sie eine Welt aus schmutziger Watte. Feine Tropfen zitterten über das demolierte Glas des Cockpits. Es wäre zu viel gesagt, hätte man behauptet, es wäre ruhiger geworden. Aber der hereinbrandende Lärm veränderte sich: das unstetige Brummen der überforderten und geschundenen Gondeln, das Pfeifen des Windes. Aber keine hupenden anderen Luftfahrzeuge mehr. 
Sie mussten dem Boden jetzt sehr nah sein. Hier flog man nicht mehr.
Renold brüllte Festhalten! Was niemand so recht hören konnte, und selbst wenn, hätte es auch nicht viel genutzt. 
Dann erfolgte ein gewaltiger Schlag. 
Das ganze Fahrzeug ruckte nach oben, jeder Knochen im Leib der unglücklichen Passagiere wurde zusammengestaucht. Zähne knirschten aufeinander, Eingeweide schwappten im Inneren ihrer Leiber umher. 
Das war jedoch nicht der Aufschlag auf dem Boden. Lediglich die Notfallzündung hatte sich aktiviert und den Schweber nach oben gedrückt, um seinen Fall wenigstens ein wenig abzubremsen.
Die unvermeidliche Kollision mit dem Boden war dennoch mörderisch. 
Der Aufprall war nicht nur ohrenbetäubend, sondern schleuderte Cassian und Pedwarsky in dem kleinen Raum herum, als wäre der Untergrund kein Metall, sondern ein straff gespanntes Trampolin. Funken sprühten und alles, was eben noch an warnender Elektronik geleuchtet und geblinkt hatte, erlosch. Für den Bruchteil einer Sekunde flog vor ihrem Sichtfeld eine abgerissene Antriebsgondel vorbei.
Der Schweber drehte sich um die eigene Achse, und der Arbites, die Rebellin und der Raketenwerfer wurden als Knäuel aus Gliedmaßen in den Fußraum unter eines der Pulte geschleudert. Hier wurden sie auch auf und ab gewirbelt und stießen sich alles, was man sich nur stoßen konnte. Aber der Raum, durch den sie geworfen werden konnten, und die Dinge, an denen sie sich die Knochen brechen konnten, waren überschaubarer. Hätte es die Sicherheitsvorkehrung der Impulszündung nicht gegeben, keiner von ihnen hätte das Ganze an einem Stück überstanden. Daran konnte kein Zweifel bestehen.

Als sich jetzt Stille über die Absturzstelle legte, war für einen Moment jeder mit sich selbst beschäftigt. Stöhnen, Ächzen und dazwischen überprüfen, ob noch alles einigermaßen heil war. Cassian hatte einen Schnitt auf der Stirn, der ziemlich stark blutete, aber nicht sehr tief zu sein schien. Davon abgesehen fühlte er sich wie ein gut durchgekneteter Brotteig. Definitiv war er weicher als vorher.
Wer noch lebt, sagt piep!, ließ sich der Prediger mit kratziger Stimme vernehmen. Es kamen Antworten aller Art. 
Es glich einem Wunder, dass tatsächlich alle noch am Leben und lediglich leicht verletzt waren. 
Nachdem sie sich gesammelt hatten, machten sie sich daran, das Wrack zu verlassen. Durch die Tür, durch welche sie gekommen waren, ließ sich das nicht bewerkstelligen, da es die Schräglage des Gefährts verhinderte. Zum Glück war die Frontscheibe des Cockpits inzwischen so desolat, dass ein paar beherzte Schläge mit der Unterseite des Raketenwerfers den Widerstand des Sicherheitsglases brachen und ihnen den Weg auf die Oberseite des Schwebers gestatteten.
Ihr verunglücktes Vehikel stellte eine Insel inmitten eines roten Meeres dar. Oder einer roten Wüste. Beide Beschreibungen passten gleich gut oder gleich schlecht. Sie befanden sich am Boden des Canyons, so viel war klar. Die gewölbten Wände ragten zyklopisch zu beiden Seiten auf. Grau, pockennarbig und ohne sichtbare Öffnungen, Fenster, Türen oder Einlässe. Zumindest auf den ersten Blick, denn aus der Wolkendecke über ihnen fiel ein stetiger, feiner Nieselregen, der sich nicht nur als klammer Film über alles legte, sondern auch die Sicht erheblich einschränkte.
Was in die eine oder andere Richtung lag, war ungewiss. 
Der Boden um sie her war eine unebene Landschaft aus Schrott, Müll und unzähligen Wracks, zu denen sie ein weiteres hinzugefügt hatten. Nur mit dem Unterschied, dass ihr Schweber noch nicht von eine Kruste roten Rosts bedeckt war, wie alles andere hier. Das niedergehende Wasser schien selbst schon oxidierende Partikel mit sich zu tragen, denn die rote Schicht lag auch über Kunststoff und Beton.
Hier fanden sich die Skelette von anderen Schwebern, Hubschraubern, Verbrennerfahrzeugen mit Rädern und Ketten. Eine Lok mit geborestenem Kessel und in einiger Entfernung sogar etwas, was wie ein Boot aussah. Generationen von verunfallten Geräten oder entsorgtem Schrott. Mit genügend Motivation hätte man hier einen Querschnitt durch die Entwicklung der gohmorischen Mobilität der letzten paar hundert Jahre zusammenstellen können.
Es war unnatürlich leise. Natürlich nicht still, denn das war es in einer Makropole niemals. Aus den Wänden drang gedämpftes Dröhnen von Maschinen, die dahinter ihren rastlosen Dienst taten. Über ihnen war das durchgehende Brausen des Verkehrs zu hören. Aber dennoch: Diese Geräusche schienen aus anderen Welten zu stammen und nur zufällig hier herüberzuschwappen und mit diesem Kosmos nicht wirklich etwas zu tun zu haben.
Wir sollten schleunigst verschwinden, bemerkte ihre Anführerin, nachdem sie eine Minute lang die Szenerie auf sich hatten wirken lassen. Nicht nur, weil uns jemand verfolgt haben könnte. Wer weiß, welche armen Seelen hier leben und ein abstürzendes Fahrzeug und seine Insassen als ein verspätetes Geschenk zum Tag der Helden verstehen. Hast du eine Ahnung, wo wir sein könnten, Renold?"
Nicht die Geringste, gab der Schulterzuckend zu. Ich meine, ich weiß natürlich, dass wir uns am Grund des Transitcanyons Eins befinden. Aber der ist allein schon 300 Kilometer lang. Wir sind vielleicht zehn oder fünfzehn Kilometer von da entfernt, wo wir gestartet sind. Ich könnte nur raten, wo wir runtergekommen sind und welche Ebenen angrenzen. Ich schlage vor, wir suchen uns einen Zugang zu einer bewohnten Gegend, schauen wo wir sind und wie wir dann Kontakt zu unseren Freunden aufnehmen können.
Da niemand eine bessere Idee hatte, wurde es so beschlossen. Wie viel Zeit Cassian schinden musste, war derweil unmöglich zu sagen. Gut möglich, dass ein Arbites-Zugriffteam bereits auf dem Weg war und jeden Moment auf flammenden Triebwerken durch den Dunst brechen würde. Genauso gut konnte es noch Stunden dauern. Auch ob der Sender den Absturz überstanden hatten war nicht zu sagen.
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#92
Die Landung war brutal gewesen. Sie konnten von von wahnwitzigem Glück reden, dass sie es alle überlebt hatten. Er alleine auf Terra hatte wohl seine Hände dafür im Spiel gehabt.
Mühsam hatte sich der Arbites wieder aufgerichtet und verrenkte Gliedmaßen wieder gerichtet. Das von seiner Stirn tropfende kräftig rote Blut war ihm dabei schnell über das Gesicht und in die Augen geflossen, ehe es seinen Weg von seinem Kinn tropfend auf dem Boden beendete. Pedwarsky war schnell zur Stelle und half Cassian dabei die notwendigen Verbände aus der Sanitätstasche zu suchen, die Blutung zu stoppen und die Wunde zu verbinden. Nun mit einem weißen Stirnband ausgestattet folgte er den anderen aus dem Transporter hinaus ins freie, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen.
Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes ganz angekommen. Also eigentlich nicht ganz. Schließlich gab es noch die Minusebenen und die in der Erde vergrabenen Stützelemente, die der Makropole erst ihre Stabilität gaben, um sich so himmelsstrebend den Sternen anzunähern. Einerlei. Das hier war kein Kurs an der Gohmorer Universität Sankt Septinanus, in der sich Theologie- und Philosophiestudenten an sprachlichen Ungenauigkeiten ergötzen konnten.
Nein. Sie waren am Nullpunkt angekommen. Wortwörtlich der Schrotthalde des Transitcanyons. Wie sie hier wieder herauskommen sollten, wusste nur der Imperator. Cassians Stimmung war an einem mismutigem Tiefpunkt angekommen, auch wenn man ihnen, während der Arbitesausbildung Gleichmut in allen Lebenslagen eingeprügelt hatte. Während der Rest sich umschaute und versuchte die Lage zu erfassen, fingerte er selbst in seiner Jacke herum und versuchte zu ertasten, ob der Sender ihren Absturz unbeschädigt überstanden hatte. Soweit er das durch das Jackenleder spürte, fühlte sich alles wie vorhin während der Aktivierung an. Für eine genauere Untersuchung des kleinen Apparats war jetzt aber keine Zeit und ihm fehlte ohnehin die technische Ausbildung, um den Sender auf seine Funktion zu überprüfen.
Also hieß es erst einmal Soraya und dem Rest zu folgern. als größtem und kräftigstem in ihrer Gruppe fiel es ihm zu den Raketenwerfer und einen Teil der Munition zu tragen, auch wenn Renold ihm einen Teil dieser abgenommen hatte. Pedwarsky war derweil für die Sanitätstasche zuständig und Soraya blieb unbeladen. Ihr Zustand hatte sich nach dem Einsatz ihrer Hexenkräfte immer noch nicht vollständig erholt und so hatte sie keiner vorerst körperlich belasten wollen.
Mühsam bahnte sich ihre kleine Gruppe ihren Weg durch die Schrottlandschaft in der Hoffnung möglichst schnell einen Zugang zu einer Wartungsebene zu finden. Die Blicke wanderten nervös zwischen ihrer Umgebung und dem Weg direkt vor ihren Füßen hin und her. die Sorge um Trittsicherheit und die vor hungrigen Augen wechselte sich beständig ab.
Cassian war es schließlich, der sein nächstes Unglückslos für diesen Tag zog. Wahrscheinlich lag es einfach an dem Gewicht, das er im Vergleich zu den Anderen auf die Waage brachte, aber plötzlich knackte Stahl unter seinem linken Fuß, gab mit einem gequälten Geräusch nach und im nächsten Moment rutschte sein Bein bis zum Knie in das soeben entstandene Loch des verschrotteten Schwebers. Ihm blieb nicht einmal Zeit zu fluchen, aber guten Reflexen sei Dank schaffte er es sich noch irgendwie zu fangen bevor sein Bein in einem ungünstigen Winkel abgeknickt wäre.
Der Rest schaute ihn erschrocken an, gefolgt von besorgten Fragen nach einer Verletzung.
Renold half dem fluchenden Arbites sich aus dem so plötzlich enstandenden Loch zu stemmen und untersuchte Bein wie Fuß auf vorhandene Verletzungen. Außer rostigem Schmier und leichten Schnittspuren in Stiefel wie Hose fiel ihm aber nichts auf. Der Fuß ließ sich auch normal belasten und machte auch sonst keine Beschwerden. Glück gehabt. Für den Moment. Denn keiner von ihnen wusste welcher andere Schrott in dieser Trümmerwüste noch so weit durchgerostet war, dass er zur tückischen Falle wurde.
Und ob nicht vielleicht doch etwas durch den Lärm auf sie aufmerksam geworden war. Der Nieselregen verbarg mal mehr mal und mal weniger. Wie gut er Lärm verdeckte, war nicht abschätzbar. Und dass es hier unten Leben gab, war trotz aller Ödnis und Ressourcenmangel für Cassian keine Möglichkeit, sondern eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Er hatte lange genug beim Arbites gedient, um zu wissen, wie hartnäckig sich Leben auf allen Ebenen einer Makropole halten konnte.
Die spannende Frage war eher, ob sie Kontakt zu diesem Leben vermeiden konnten und wann sie einen Ausweg finden würden. Denn mit ihrer derzeitigen Kleidung und so gut wie nicht vorhandenen Vorräten würden sie nicht lange in dieser Umgebung aushalten.
Langsam, vorsichtig, dass eben Erlebte verarbeitend, setzte sich ihr kleiner Trupp wieder in Bewegung und hielt nach einem Ausweg Ausschau.
Name: Cassian Khline
Rasse: Mensch
Alter: 27 Standardjahre
Größe: 198cm
Zugehörigkeiten: Adeptus Arbites, Sektion 17
Aussehen: groß, breit, muskulös, schwarzer Vollbart, schwarz-graue Haare, grüne Augen
Kleidung: Zivil: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Lederjacke
Ausrüstung: Zivil: Inkor-Körperpanzer, KM2P13 (Halbautomatik), kurzläufige Schrotflinte mit Klappschaft, Handschuhe mit Protektoren, Block, Stift, Kabelbinder, Rucksack mit allerhand Kleinkram/Ausrüstung
Konto: 459 Schekel
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#93
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Elviras hochhackige Schuhe klickten auf dem schwarz geäderten Weiß des polierten Marmorbodens. Ein Geräusch, dass die Stille der Szenerie störte und doch wie gemacht für diesen Ort schien. 
Es gab auf nicht wenigen Welten eine Jenseitsvorstellung, die durch ihre Kontinuität vermuten ließ, dass Siedler sie vom prä- imperalen Terra mitgebracht hatten. Sie drehte sich um ein Refugium der Reinheit und Ruhe, das oftmals in den Himmel oder auf einen hohen Berg verortet wurde. 
Jene, die ihr Leben sündenfrei oder besonders aufopferungsvoll verbracht hatten, durften an diesem Platz ihre Ewigkeit verbringen. 
Eben dieser Ort hier schien dies zu sein. 
Eine leichte Briese aromatischer Luft wehte warm durch den Raum. Alles war weiß und sauber. 
Riesige Arkaden gestatten den Blick auf ein atemberaubendes Wolken-Panorama. Es machte zwar den Eindruck, als wären die weiten Bögen unverglast und man müsse nur die Hand ausstrecken, um die wattigen Gebilde aus Dampf zu berühren. 
Aber das stimmte natürlich nicht. 
Die Kälte in diesen Höhen hätte kaum erlaubt, dass die wenigen Personen, die hier den Ausblick genossen, so leicht bekleidet lustwandelten oder versonnen saßen, wie sie es taten. 
Wer sich hier von seinen Erkrankungen erholte, hatte genug Geld, dass die Welt sich seinen Bedürfnissen anpasste. 
Der Mann, der auf einem der Stühle saß und in die Wolken blickte, war keiner dieser Megareichen. Kein Hausadliger oder Großindustrieller. Kein Superstar oder Händler der auf fremden Welten zu Geld gekommen war. 
Er war Soldat. 
Hoch dekorier und ein Held, wie die Medien nicht müde wurden zu betonen. Aber selbst er hätte sich keinen Aufenthalt im Sanatorium Aureum leisten können. Ein angemessenes Militärkrankenhaus oder im St. Dreienburg in Gohmor, wo er nach dem Angriff auf die Ratshalle versorgt worden war. 
Aber kaum hier. 
Ein privater Spender hatte dafür gesorgt, dass der verwundete Held in den Genuss all dessen kam. Aber genoss er es wirklich? 
Der Rücken des Mannes war gerade wie eine Stahlrute und er schien ehr auf einem Beobachtungsposten, als auf Erholung aus. Das Glas in den Fensterbögen spiegelte kaum, doch im Näherkommen erkannte Elvira, dass ihn der Mann in der Reflektion beobachtete. 
Er war auf Posten. 
Feldwebel Kruger? Fragte sie, mehr um sich anzukündigen als um seine Identität festzustellen. Sie hatte sich bei Kruger anmelden lassen, aber wie gewöhnlich nicht mehr preisgegeben, als das es wichtig war und das sie wichtig war. 
Er hatte nicht nur den zweiten goldenen Schädel und ein Verwundetenabzeichen bekommen, sondern war auch eine Ehrenbeförderung. Elvira, die um seinen Lebenslauf natürlich wusste, spekulierte, dass von dem Mann nicht mehr viel übrig sein würde, wenn man ihm zum Major machte. Er schien seine Karriere mit Gliedmaßen zu zahlen.
Kurger drehte sich um und machte Anstalten sich zu erheben. Bitte behalten sie Platz… je unförmlicher wir unser Treffen gestalten um so lieber ist es mir. Sie setzte sich auf einer steinernen Bank neben dem Stuhl des Soldaten. 
Elvira reichte ihm die Hand und erwiderte den festen Druck seiner Rechten. Der linke Arm, in der Farbe eines frisch lackierten Kampfpanzers, lag unbewegt auf der Lehne. 
Herr Kruger, für gewöhnlich würde ich damit einsteigen, sie mit ihrem Lebenslauf zu konfrontieren. Ich würde alle Stationen ihres bisherigen Leben aufzählen und sie im besten Falle damit beeindrucken, dass ich Dinge weiß, die ich nicht wissen sollte. 
Persönliches oder offiziell als geheime eingestuftes. 
Ich wähle diesen Einstieg meistens, um meinem Gegenüber zu verdeutlichen, das ich die Abgesandte einer Organisation bin, die Dinge weiß. 
Die genug Einfluss hat, um sie zu wissen. 
Wer alles über sie erfahren will muss jedoch nur eines der hiesigen Käseblätter aufschlagen und bekommt einen ausführlichen Bericht. 
Ich spare mir das also. 
Ich gebe ihnen stattdessen das hier. 
Sie streckte die geschlossene Hand aus und forderte ihr Gegenüber wortlos auf entgegenzunehmen, was immer sie darbot. Es war das Symbol, dass sie seit ihrer Ankunft auf Koron schon mehrere Male verwendet hatte, um Personen in den Dienst zu befehlen. Selbst jene, die von der Inquisition noch nie etwas gehört hatte, erkannten in dem Medailon doch eine finstere, kompromisslose Machtpräsenz. 
Ein wuchtig erscheinendes, aufrechtes schwarzes „I" wurde von zwei dünnen horizontalen Balken gekreuzt. Hergestellt aus dunkel schimmerndem Adamantium – makellos poliert und dennoch ohne Brillanz. Ein silberfarbener Schädel überlagerte das „I", seine leeren Augenhöhlen schienen vorwurfsvoll ins Nichts zu blicken. Die Gesichtsstruktur dieses Totenkopfs unterschied sich von menschlicher Anatomie durch prominentere Wangenknochen und überproportionale Augenhöhlen – der Schädel einer ausgelöschten außerirdischen Spezies. 
Ist ihnen dieses Emblem ein Begriff, Soldat?
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#94
Die letzten Monate waren wie in einem Nebel an ihm vorbeigezogen. Nur die letzten zwei Wochen hatte er bewusst wahrgenommen. Davor Operationen, um seinen zertrümmerten Arm zu entfernen und ihm seinen bionischen anzupassen. Sein zweiter. Auch wenn sie sehr unterschiedlich waren. Der Linke aus seiner Zeit bei der Imperialen Armee. Spartanisch und rudimentär, wie es sich bei der Armee gehörte. Ein Knochenarm aus Stahl. Sein neuer rechter Arm war da schon ein anderes Kaliber. Besseres Material, bessere Verarbeitung, lebensechter. Soweit man das bei einer künstlichen Gliedmaße aus Stahl sagen konnte. Nichts, was ein gewöhnliches PVS Mitglied bekommen hätte. Genauso wie der Aufenthalt in diesem Sanatorium für das oberste Prozent. Man hatte ihn zu einem Symbol aufgebaut. Ihn aus all jenen herausgehoben, die in der Ratshalle geblutet und gelitten hatten. Einer im Himmel und den Rest in den Staub des Vergessens getreten. Er konnte diese Ungerechtigkeit gar nicht in Worte fassen.
Kruger war kein Politiker, aber auch er hatte Lunte gerochen. Sein wichtigstes Talent war die Zugehörigkeit zur 10. Kompanie gewesen. Das Herzprojekt des Gouverneurs. Ein Herzensprojekt das durch seine Taten an Prestige gewonnen hatte.
Im Gegenzug hatte er einen neuen Arm, eine weitere Medaille und eine Beförderung erhalten. Er freute sich schon darauf zu seiner Einheit zurückzukehren und seine Truppe anzuzführen, die ihm seit dem Luhtfeldzug unterstand. Bolowski, van Mürsted, Wràc und die Anderen. Hoffentlich waren sie alle noch am Leben.
Bis dahin musste er aber noch eine Weile hierbleiben. Man kümmerte sich gut um ihn, aber der Luxus war ungewohnt, fremdartig sogar und fühlte sich falsch an. Privatärzte, genau abgestimmte Programme, um einen gesunden zu lassen, erlesene Speisen für jedes Bedürfnis. Er fühlte sich wieder gesund, hatte sich an seinen neuen Arm gewöhnt, auch wenn er zutiefst bedauerte, nie wieder etwas mit seinen Fingern spüren, ertasten zu können.
Für heute war ihm wieder Besuch angekündigt worden. Keiner seiner Vorgesetzen oder Reporter, die seinen derzeitigen Gesundheitsstand festhalten und immer wieder die Geschichte aus der Ratshalle hören wollten. Die Leserschaft war begierig für jede Neuigkeit und jeden Klatsch. Besonders nachdem ein Mordanschlag auf ihn verübt worden war. Wie durch ein Wunder war der gute alte Waldorf genau zur richtigen Zeit zur Stelle gewesen und hatte ihn verhindert. Eine neue Heldengeschichte. Leider hatte er ihn persönlich nicht mehr seit der Ratshalle gewesen. Hoffentlich ging es ihm gut.
Bei dieser Elvira musste es sich also um einen ganz anderen Gast handeln. 
Pünktlich auf die Minute erschien seine Besucherin dann auch und marschierte zielstrebig auf ihn zu. Von der Kleidung her hätte er auf jemanden aus den oberen Ebenen getippt, vielleicht eine Gönnerin, wie derjenige , der ihm den Aufenthalt an diesem Ort hier ermöglichte. Die Sprechweise kam ihn dann für diese Gesellschaftsschicht wieder zu gewöhnlich vor. Narbe und Tätowierung schrien hingegen wiederum Unterstadt. Eine Gangerin. Eine reiche Gangerin um genau zu sein, wenn er Elektrotätowierung sich so anschaute. Es würde spannend werden.
Ihre Vorstellung, die aus aneinandergreihten Andeutungen und der Benennung von offensichtlichem Bestand nahm er regunglos zur Kenntnis. Sie würde schon zu dem Thema kommen welches ihr auf dem Herzen lag. Das tat sie schließlich auch, indem sie ihm zusammen mit einer letzten Andeutung einen Gegenstand in die Hand drückte.
Kruger hielt das Symbol einen langen Moment in seinen bionischen Händen und atmete tief durch, während si ihn nach seiner Bedeutung fragte.
"Ja, ich kenne es. Von Meran Magna. Nach dem Krieg wurden wir entsprechenden Sondereinheiten zur Seite gestellt, um sie bei den Säuberungen unter den Verrätern zu unterstützen." Sein Blick war nicht auf seine Gesprächspartnerin, sondern aus dem Fenster auf die sich auftürmenden Wolkenbänke gerichtet. "Massenverhaftungen. Schnellgerichte. Transporte zu Gefängniswelten, um ihre Sünden abzuarbeiten. Weinrote Keramitrüstungen mit dem hier als Abzeichen." Er hielt kurz das Symbol hoch. "Das hatten ihre Soldaten getragen."
Langsam wandte er sich ihr wieder zu und von der Vergangenheit ab. Ein Lächeln umspielte seine Lippen und durchschnitt die starre Maske, die sein Gesicht darstellte.
"Es ist gut, dass sie hier sind. Diese Welt ist krank. Wie ich schon lange gepredigt habe. Nachlässigkeit und Arroganz haben uns hierhergeführt, auch wenn einige der Verantwortlichen in der Ratshalle für ihren Leichtsinn bezahlen durften. Aber sie sind wohl da um endlich aufzuräumen. Deswegen sind sie wohl auch zu mir gekommen. Nicht? Wie kann ich also genau zu Diensten sein? Bin schon viel zu lange hier gewesen. Man rostet so schnell ein Elvira."
Seine Augen waren so ausdrucklos wie immer, aber an den Rändern seiner bleichen Pupillen tanzte der Wahnsinn wie die Flammen eines Scheiterhaufens.
[Bild: 69kp-h.gif]
Name: Arius Kruger
Alter: 27 Standardjahre
Zugehörigkeiten: PVS
Rang: Unteroffizier
Loyalitäten: imperialer Fanatiker, Militarist
Aussehen: 190cm groß, sehnig, ausgezehrt, maskenhaftes, verkniffenes Gesicht, attraktives Lächeln, blonder Seitenscheitel, bleiche leere Augen, linker Arm durch bionisches Implantat ersetzt
Kleidung: Uniform, Zivilkleidung oder Gläubigengewandung, silberner Aquila
Charakter: Militarist, imperialer Fanatiker, tief gläubig, Frontveteran, begeisteter Hobbyfotograf, mangelhafte Empathie und auf sozialer Ebene ein Wrack
Fähigkeiten: erfahrener Grabenkrieger, guter Läufer,
Ausrüstung/Besitz: PVS-Standardinfanterieausrüstung, Mpi-01.3, Esseos Schema Laserpistole, Feldstecher, Fotoapparat, Wohnung, Kiste voller Erinnerungsstücke, Bücher, sonstiger Krimskrams
Konto: 1185 Schekel
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#95
hier geht es  mit Arius weiter. 
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#96
Transitcanyons Eins

Sie kamen nicht wirklich gut voran. 
Das lag zum einen natürlich an dem schwierigen Gelände. Es gab kaum Stellen an denen man den Boden berühren konnte. MEest musste man über Wracks und Schrott aller Art klettern. Jeder Schritt war trügerisch, denn das stark korrodierte Metall und spröde Plastik konnte jeder Zeit unter einen Halt suchenden Fuß nachgeben. Glas und scharfkantige Stücke aller Art taten ihr Übriges. 
Darüber hinaus, waren sie alles andere als frisch an Körper und Seele. Nach dem überlebten Absturz und den davor durchlittenden Strapazen hätten sie Ruhe gebraucht, vielleicht sogar einen Krankenhausaufenthalt. 
Stress und Schock konnten jedoch nicht berücksichtigt werden und so kämpften sie sich Meter um Meter mühselig voran. Nach einer Stunde schienen sie kaum die Absturzstelle hinter sich gelassen zu haben. 
Trotz ihrer Erschöpfung mussten sie obendrein die Augen nach etwaigen Gefahren offenhalten. Es war bekannt, dass die tieferen Ebenen von allerlei Ausgestoßenen und degenerierten Gesellschaftsformen bevölkert wurden. Eigentlich waren die das Wasser auf den Mühlen der Rebellen, doch im Moment stellten sie eher einen Gefahr dar. 
Auch von einem Zugang war nichts zu sehen. Dann und wann waren in den Mauern zu beiden Seiten Lüftungsauslässe zu sehen, aus denen es dampfte. Doch waren diese nicht nur zu klein, sondern auch unerreichbar weit oben. Vor zwanzig Minuten hatten sie ein Fluttor passiert, das vielversprechend ausgesehen hatte. Aber es war mit Gitterstäben blockiert. Zu dick um zu versuchen, sie mit dem Lasergewehr zu bearbeiten. 
Über ihnen rauschte der Verkehr, das normale Leben, als stetiges Hintergrundgeräusch. Menschen, die ihren eigenen Sorgen hatte, eigene Ambitionen, Hoffnungen und Wünsche. Die nicht wusste, dass unter ihnen Gefahr entlang kroch. Oder Befreiung. Darüber gingen die Meinungen selbst innerhalb der Vierergruppe auseinander. 
Cassian wollte gerade ein Wrack überwinden, dass einmal eine Zugmaschine von irgendetwas gewesen sein musste. Es hatte einen lange Schnauze, die es zu überklettern galt. Als der verdeckte Arbites sich an einem, einigermaßen fest wirkenden Griff empor zog, und auf Augenhöhe mit der Haube war, gewahrte er etwas Eigentümliches. 
Auf dem geschundenen Blech der zerstörten Maschine tanzten Rostflocken. Einige hatten sich aufgestellt, andere schwebten ein paar Millimeter über der Oberfläche. 
Cassian kannte diesen Effekt und alles in ihm verkrampfte sich. Wären diese Leute, mit denen er hier unterwegs war, tatsächlich seine Kameraden gewesen, es wäre der Moment der Warnung gewesen. Aber er schwieg.
Allerdings war er nicht der einzige, der etwas bemerkte. Renold, der gute alte, redselige Renold, bemerkte es ebenfalls.
Verstecken! Es kommt etwas.
Sie hielten auf einem skelettierten Bus zu, der ganz am Rand der Mauer lag. Niemand hinterfragte die Warnung oder wartete ab, was genau da kommen würde. 
Jetzt konnte man das Nahende spüren. Ein tiefes Vibrieren, dass erst die Zähne im Zahnfleisch schmerzen ließ und sich dann im Bauch bemerktbar machte. 
Sie hatten das Innere des Wracks gerade erreicht und sich hinter der rostdünnen Wand niedergekauert, als es sich durch den Nebel schob.
Es schwebte langsam und gestattete einen Blick auf sich, wenn man kurz den Kopf hob oder eine zerfressene Stelle in der Seitenwand des Busses fand. 
Ein Block, hässlich und monolithisch. 
Nichts was schweben können sollte. 
Aber es schwebte und bei näherem Hinsehen entpuppte sich das Ding als ein Antigrav. Fahrzeug. Dem gar nicht unähnlich, mit dem sie gerade einen Burchlandnung gemacht hatten, wenn auch viel massiger. Als hätte man einem Bunker zum Fliegen verholfen. Die dafür nötigen, gewaltigen Antigrav. Gondeln waren es auch, deren Wellen sie so deutlich spürten. 
Es war in einem pockennarbigen Schwarz gehalten, welches lediglich auf der Front von einem goldenen, zweiköpfigen Adler unterbrochen wurde. Es war jetzt fast über ihnen und das dröhnende Vibrationsbrummen ließ jeden Knochen in ihrem Körper klingeln. 
Cassian kannte dieses Ding.     
Justicia-Castellum / Koron Sondervariante 3. Auf Basis der heimischen Technologie, um den Anforderungen der Makropole gerecht zu werden. Vier Scheinwerfer die so hell waren, dass sie den Dingen, die sie erfassten die Farbe zu entziehen schienen, tasteten wie suchende Finger über den Grunde des Canyons. Neben den zwei unteren Waffengondeln, die mit schweren Boltern bestückt waren, gab es darüber äußere Laufwege, auf denen Arbitration nach unten spähten und jeder Zeit bereit waren, sich abzuseilen, wenn die Lichtfinger ein lohnendes Ziel erfassten.

Der Adeptus Arbites war gekommen.
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