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Projekt: Tyrfing
#1
Die Stadt viel unter ihnen ab wie ein Gebirge aus grauem Stahl, Schornsteinen, Antennen und zystenartigen Auswüchsen der Zivilisation. Ein gelblich, rußiger Nebel hielt alles in seinem erstickenden Würgegriff. Auf der rechten Seite beleuchtete ein Gewitter diesen künstlichen Nebel. Andere Gleiter huschten wie Tiefseekreaturen an ihnen vorbei, schemenhaft, oft nur an ihren Positionslichtern auszumachen.
Grunwald bediente sich an der Bar und goss sich ein Kristallglas mit einem goldenen Getränk ein. Drei Eiswürfel klirrten in die Flüssigkeit.
Bedienen sie sich ruhig, wenn sie mögen. Sie lehnte sich zurück und nippte an der Erfrischung.
Ich kann mir vorstellen das, dass alles sehr abrupt für sie kommt. Doch wir dachten uns es wäre besser das Ganze schnell über die Bühne zu bringen, bevor sie sich zu sehr in die Zehnte einleben. Sie werden sehen, die Kollegen sind alle sehr nett und werden ihnen die Arbeit so leicht wie möglich machen. Aber wenn sie noch Fragen haben, dann fragen sie nur immer frei heraus. Ich bin gern bereit... oh sehen sie!
Sie deutete mit einem Finger aus dem Fenster. In diesem Augenblick durchstieß die Limousine die Wolkendecke und die Welt wandelte sich in in ein perfektes Gegenteil. Licht durchflutete das Wageninnere und die Sonne stand als flammender Ball am Himmel. Unter ihnen erstreckte sich ein Ozean aus Wolken, so weiß wie der Wagen, Grunwalds Anzug und das Polster der Sitze. Die Stadt, der Moloch aus Arbeit, Dreck und Elend war dem Bild aus einem Märchen gewichen. Ein Schloss im Himmel, eine Gebilde aus schlanken Türmen, Kuppeln voll grüner Parks und marmornen Prunkbauten. Andere Schweber umkreisten das Ganze wie ein Schwarm himmlischer Heerscharen.
Beeindruckend, nicht wahr?
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#2
Wieso komme ich mir gerade vor, als würde ich gerade eine völlig andere Welt betreten? Oh, verdammt, vermutlich, weil dem so ist...in was bin ich hier reingeraten? Wie hat Johnson das immer gesagt? Von dort oben sehen sie aus wie Hautsegler...und sie schmecken wie Carnaks.

Im Fahrzeug selbst fühlte sich die Soldatin immer noch unwohl. Alles um sie herum machte den Eindruck von entweder Prunk oder ausdrücklicher Reinheit...und inmitten sie selbst, die unbedeutende Soldatin mit dem Scherbengesicht. Die Selbsicherheit und Austrahlung der anderen Frau machte das auch nicht gerade besser. Das ihr angebotene Getränk lehnte sie dankend ab, nicht zuletzt, weil ihr die "Fahrt" in dem ihr ungewohnten Schwebefahrzeug nicht geheuer war.

Einleben? Seltsamer Gedanke. Ich glaube nicht, daß ich das selbst in der Fünften wirklich geschafft habe. Eine gewisse Akzeptanz, möglicherweise. Aber einleben?

Dann durchstieß das Antigrav-Fahrzeug die Wolkendecke.

Kari blinzelte ins grelle Licht, vollkommen von der Sonne überrascht. Schließlich hatte sie ihre bisheriges Leben komplett unter der verdreckten Dunstglocke der Makropole und der lichtlosen Eingeweiden verbracht, wirkliches Sonnenlicht erblickte sie gerade zumersten Mal. Entsprechend wirkte Ihr sonst so ausdrucksloses Gesicht beinahe erschüttert. Die Hand vors Gesicht haltend, starrte sie zunächst weiter nach oben in Richtung der Türme, von denen sie ihr Leben lang nur die Umriße hatte sehen können.

"..."

Thron steh mir bei.

"...ja, ist es."

Nachdem sie sich wieder etwas gefangen hatte, stellte sie der Doktorin eine Frage: "Erlaubnis, offen zu sprechen? Ich vermute, Fragen bezüglich des Projekts selbst werden besser warten, bis ich weiß, womit ich es zu tun habe. Aber warum benötigt dieses Projekt jemanden wie mich?"

Immerhin baut ihre Firma doch die Kreiselstabilisatoren für die hiesigen Sentinels, oder nicht? Warum nicht darauf aufbauen/weitermachen und mit dem vorhandenen STK arbeiten? Oder, wenn es um die Schnittstellen/GIK's der Beine geht, sicherlich stehen ihnen doch mehr als genug Servitoren zur Verfügung? Oder gerate ich hier gerade in etwas, was dem Adeptus Mechanicus an die Zahnräder gehen würde, wenn sie davon wüssten?
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#3
Hm... eine berechtigte Frage. Sie ließ die Eiswürfel im Glas kreisen. Natürlich sind sie nicht die einzige Person in Gohmor die, die Kriterien erfüllt. Dennoch sind bei ihnen einige Umstände vorhanden, die sie zur ersten Wahl gemacht haben.
Das Offensichtlichste ist natürlich ihre Verletzung, so tragisch sie für sie auch sein mag.
Zum anderen haben sie keine Angehörigen mehr, sie verlassen also nicht Haus und Hof, wie man so schön sagt. Außerdem sind sie nicht von Belangen des Familienlebens abgelenkt und können sich ganz auf die Arbeit konzentrieren. Hinzu kommt das sie Soldat sind, was Disziplin impliziert und die Bereitschaft die Waffen, die wir ihnen anvertrauen werden, auch zu benutzen. Aus ihrem persönlichem Profil konnten wir entnehmen das sie besonnen sind und nicht zur Geschwätzigkeit neigen, was auf Grund der Brisant des Projekts bedeutend ist.

Sie blickte über den Rand des Trinkgefäßes.
Meine Gute, sie sind das Beste was uns passieren konnte.
Der Schweber legte sich in eine seichte Kurve und hielt auf eine Kombination von Türmen zu, die mit ihrer schlanken Konstruktionsweise der Schwerkraft zu spotten schienen.
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#4
Kari hörte der ihr gegenübersitzenden Frau hellhörig zu, auch wenn ihr Gesichtsausdruck inzwischen wieder die übliche Ruhe darstellte. Zumindest äußerlich. Innerlich versuchte sie, die gewonnen Informationen möglichst schnell zu verarbeiten.

"Das Offensichtlichste ist natürlich ihre Verletzung, so tragisch sie für sie auch sein mag."

Positiv, aus irgendeinem Grund benötigen sie jemanden, der daran gewohnt ist, Komplettprothesen für beide Beine zu tragen, was in einem unbekannten Zusammenhang mit ihrem Projekt steht, welches sich um die Entwicklung eines Waffensystems dreht, das bipedale Fortbewegung tätigen soll, vermutlich irgendeine Art von Läufer vom Grundprinzip her. Das Waffensystem kann aus unbekanntem Grund nicht rein mit Kreiselstabilisatoren verwendet/ausreichend bedient werden und scheinbar sind Servitoren-Operatoren auch keine Option. Zumindest sind sie nicht bereit, einem ihrer Hausmitglieder die Beine dafür abzusäbeln, sondern suchen sich vorhandenes Material. Oder wäre das ihre zweite Wahl/Option gewesen?

"..keine Angehörigen mehr..."

Inkorrekt, auch wenn ich meine Suche nicht mehr ganz so zielstrebig/regelmäßig verfolge. Da hat jemand in der Akte nur gelesen, ohne zwischen den Zeilen nachzustöbern? Nicht, daß ich da oben in den Türmen irgendeine Aussicht haben werde, derartiges zu tun. Sie werden mich vermutlich schön beschäftigt halten, nicht wahr, Frau Doktor?

"...Soldat sind, was Disziplin...Bereitschaft die Waffen...zu benutzen. "

Korrekt. Allerdings hätte ich vorher gerne die Frage geklärt, wessen Befehle ich entgegen nehme. Wird das Haus Siris nur das Waffensystem liefern und eine beratende Funktion einnehmen, sobald es zum Feld-/Kampfeinsatz kommt, während meine Befehlsgeber in der Zehnten sind oder stellen sie sich das anders vor, um ja keine unerwünschten Griffel an ihrem neuen Spielzeug zu haben? Ich hege wenig Motivation/Lust, gegen Artikel 4733/67y zu verstoßen und erschossen zu werden, sobald ich ihr Waffensystem verlasse oder die Testphase vorbei ist.

"...persönlichem Profil...nicht zur Geschwätzigkeit...Brisanz des Projekts..."

Brisanz? Also doch. Daran denken, Kari, den Kopf schön unten halten und dem Bolterfeuer der Politik schön aus dem Weg gehen, so denn möglich. Du bist nur der Testpilot.

"Meine Gute, sie sind das Beste was uns passieren konnte."

Im Gefecht wäre das jetzt der Zeitpunkt, wo der Trupp harte Deckung sucht, weil irgendein Idiot eine APM-24 ausgelöst hat.

Derweil änderte sich die Flugbahn des Schwebers leicht, wie Karis Magen ihr still mitteilte und näherte sich einer der Turmgruppierungen, vermutlich zum Landeanflug.

/edit: Verschreiber korrigiert
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#5
Der Wagen verlor an Geschwindigkeit und Höhe. Sie waren an einigen Gebäuden vorbeigekommen die keinen Hehl aus ihrer Wehrhaftigkeit gemacht hatten. Geschütze und Raketen mochten unter Pagoden verborgen sein, oder Kanonenläufe in kunstvollen Wasserspeiern enden, dennoch war die Botschaft klar. “Mischt euch nicht in unsere Angelegenheiten und alle sind glücklich“. Bei dem Elfenbeinturm, auf den die Luxuskarosse nun zuhielt war das nicht der Falle. Keine Waffenbank störte die schnörkellose Schönheit des Bauwerkes. Die glänzende Oberfläche schien überhaupt keine Fenster oder Öffnungen zu haben. Die Spiegelung des Schwebers huschte als perfekte Verdoppelung daran entlang. Dann öffnete sich doch eine Art Schleuse, sie erschien nahtlos auf der Oberfläche des Gebäudes, so als beschließe der Turm einfach das dort eine gute Stelle dafür sei. Ein leichter Ruck ging durch das Gefährt als Leitstrahl und Autopilot die Landung übernahmen. Im Inneren folgen sie einem grell erleuchteten Tunnel der einige Auskunft über die Gewaltigkeit des Komplexes gab. Andere Fahrzeuge folgen hin und her, viele davon automatisierte Einheiten.
Endlich erreichten sie eine Art Hangar, in welchem zehn andere Antigravfahrzeuge von gleicher Bauart standen. Sanft setzte der Wagen auf die Halteklammer auf und ein Ausstiegssteg fuhr aus. Wieder war es der Fahrer der ihnen die Tür öffnete.
Grunwald streckte sich.
Da wären wir.
Für einige Zeit wird der Komplex ihr neues Zuhause sein. Sie erhalten später noch eine Zugangskarte für die genehmigten Bereiche. Doch jetzt zeige ich ihnen erst einmal ihre Unterkunft.
Ghost! Einen Elektrowagen bitte.
Sehr gern Doktor Grunwald!
schallte eine angenehm melodische Frauenstimme von der Decke und tatsächliche kam, wenige Augenblicke später, ein Wägelchen herbeigerollte das kaum mehr war als eine fahrende Bank.
Das ist Ghost, wie der Name schon sagt ist sie der gute Geist des Komplexes. Sie nahmen auf dem kleinen Gefährt Platz. Zu den SAK- Unterkünften. Der Wagen ruckte an.
Sie ist der Supercomputer der alle Vorgänge in den Gebäuden überwacht und die automatisierten Abläufe steuert. Wenn sie eine Frage haben, so stellen sie, sie ihr ruhig, soweit es ihre Autorisierung zulässt wird Ghost sie beantworten. Ich demonstriere es ihnen.
Ghost, nenne mir den Siedepunkt von Brom.
Brom erreicht seinen Siedepunkt bei 332 Kelvin, 59 Grad Celsius, 4 Einheiten auf der Galauntabelle.

Die Doktorin lächelte zufrieden.
So ging die Fahrt durch Flure voller Arbeitsbereiche und Bürokomplexe. Auch die ein oder andere Technikhalle passierte man, ohne das jedoch genug Zeit gewesen wäre um einen Blick ins Innere werfen zu können. Schließlich verkündete ein Schild das sie nun besagten Unterkunftsbereich der SAK- Gruppe erreichten. Hier ging es zu Fuß weiter und die Wanderung endete schließlich vor einer Tür die sich, von geschätzte Einermillionen anderen, nur durch die Zahl 4461 unterschied.
So! Grunwald zog eine Kunststoffkarte durch das Lesegerät neben dem Eingang und die Tür verschwand mit einem Zischen in der Wand.
Das Erste was man sah war das endlose Wolkenmeer, hier und da von Kondensstreifen gemustert. Das Panoramafenster macht die komplette, jenseitige Wand, des Wohnraumes aus. An diesen schloss sich eine kleine Küchenzeile an.
Machen sie sich keine Sorgen wegen des Fensters. Sie können es auf Wunsch verdunkeln lassen, aber es kann so oder so niemand von außen hereinblicken. Das Wiedergabe gerät zeigt ihnen sämtliche Unterhaltungsmedien Korons. Wenn sie etwas kochen möchten so geben sie eine Liste mit den gewünschten Zutaten an Ghost weiter, es wird dann alles geliefert. Sie haben auch Zugriff auf eine Menüauswahl, benutzen sie den Bildschirm in der Küche.
Das Bad befindet sich hinter dieser Tür.
Sie deutete auf den gemeinten Durchgang.
Sie werden sehen das es zwei Schlafzimmer gibt, denn sie werden sich die Unterkunft mit einer weiteren Dame teilen müssen. Diese ist für ihren persönlichen Schutz zuständig. Sie lächelte. Machen sie sich deswegen jedoch keine Sorgen, das ist Routine bei Teilnehmern an Regierungsprogrammen. Außerdem haben sie so ein wenig Gesellschaft in dieser fremden Umgebung. Sie ist im Übrigen kein Hausangehöriger sondern… nun ja… im freischaffenden Sicherheitsgewerbe. Wenn sie noch Fragen haben fragen sie, falls nicht lasse ich sie jetzt allein. Ihre Leibwächterin wird auch heute noch eintreffen, so das sie sich miteinander bekannt machen können. Auch ihr persönlicher Besitz wird heute noch gebracht. Spannen sie den Rest des Tages ruhig aus, eine Ebene über ihnen gibt es Pool und Sauna. Morgen früh beginnen wir dann mit dem Projekt, ich lasse ihnen ihre Sicherheitskarte da.
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#6
Der Schweber näherte sich schnell einer Landeluke, die als eine art Schleuse diente und der Schweber wurde sanft durch einen langen Korridor von imenser Größe geleitet, bevor er in einem Hangar verlangsamte und zum stehen kam.

Claire stieg aus dem Gleiter aus und wurde sogleich von Mr. Skotch mit einer Frau bekannt gemacht, die Dr. Grunwald nannte.

"Ich werde sie jetzt zu ihrem Quartier begleiten, wo sie auf Frau Kari treffen werden. Dies hier ist ihre Sicherheitskarte für diesen Komplex, sie gewährt ihnen Zutritt zu allen für sie relevanten Bereichen."

Noch von den Dimensionen des Komplexes und dem Flug mit dem Schweber etwas überwältigt, war Claire nur zu einem Nicken fähig, als Zeichen, das sie verstanden hatte.

"Ghost, einen Elektrowagen. Ghost ist unser Zentralcomputer, sie ist quasi die gute Seele des Hauses, sollten sie etwas brauchen, so können sie sich einfach an Ghost wenden."

Als tatsächlich eine Art selbstfahrende Sitzgelegenheit im nächsten Moment vor ihnen hielt, war Claires erstaunen komplett, auch wenn sie es zu verbergen versuchte, so war sie nicht in heimischer Umgebung und ganz verbergen konnte sie dies nicht.

Der Wagen schlängelte sich durch eine verwirrende Anzahl von Korridoren, Gängen, Bürokomplexen und Hallen, bis sie einen Bereich erreichten der sich SAK-Unterkünfte nannte.
Endlos erschienen ihr die Türen an den Gängen, die sie nun zu Fuß passierten , so zahllos wie die Ratten im Untergrund, schließlich betraten sie nach einer kleine Weile einen Raum, dessen Tür die Nummer 4461 trug.

"Ihre und Frau Kari´s Unterkunft, ich hoffe sie fühlen sich bei uns wohl, ein Stockwerk höher befinden sich Pool und Sauna, wenn sie sich entspannen möchten."

Pool und Sauna, was auch immer das ist, wenn es der Entspannung dient, kann es erstmal nicht so wichtig sein. Beim Imperator, wer baut denn solche Fenster?

Voller erstaunen blickte Claire auf das gigantische Panoramafenster und die sich ihr bietende Aussicht.

"Haben sie keine Sorge, das Fenster ist abdunkelbar, und man kann von außen nicht hinein schauen."

"Panzerung? Wie sieht es mit der Panzerung der Scheibe aus?"

"Oh, das kann ich ihnen nicht sagen, dazu müssten sie ghost befragen, wenn sie dazu autorisiert sind. Vielleicht sollte ich einfach Ghost fragen, Ghost, die Fensterscheiben des Raums 4461 SAK-Unterkünfte, weist welche Panzerklasse auf?"

Die freundliche Damenstimme, welche wie Claire nun wusste Ghost gehörte erklärte daraufhin, das die Scheibe über eine mittlere Panzerung verfüge, die zwar gewöhnliche Geschosse aufhielte, aber bei Hochgeschwindikeitsprojektielen oder Hohlladungen versagen würde.

Claire sah sich mit geübten Blick im Apartment um, bis sie plötzlich eine junge, schwer vernarbte Frau sah, die aus einem der sich anschließenden Räume getreten war.

Granatsplitter, oder Sprengfalle, sieht aus, als wär sie schon ne harte Nummer. Die im Zweifelsfall umzubringen wird sicher nicht leicht, das ist ne Zähe, hoffentlich macht die keinen Blödsinn.

Claire lächelte und trat auf Kari zu.

"Hi, ich bin Claire, dein Schutz."
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#7
Kari war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, auch wenn der Siris-Komplex ihr etwas unheimlich war. Nicht nur die Größe oder die Konstruktion waren es, auch der Gedanke, wie hoch sie hier in den Türmen war, bereiteten ihr ein wenig Sorgen. Als die Stimme von irgendwo über ihr ertönte, zuckte Kari kurz zusammen. Sie hatte zwar damit gerechnet, in diesen Türmen einiges zu erleben, was ihr unbekannt war, aber sie hätte nicht gedacht, daß der gesamte Komplex mit einem Maschinengeist verdrahtet war, wie ihr erklärt wurde, als das Transportgefährt leise summend anfuhr.

"Das ist Ghost, wie der Name schon sagt ist sie der gute Geist des Komplexes."

Grandios. Aber wenn mich dieser Maschinengeist hier drin überall hören kann, heißt das gleichfalls auch, daß hier vollständige Audio-Überwachung herrscht. Ich muß also wirklich darauf achten, was ich sage, wer weiß, wer noch alles mithört.

Auch wenn ihr auf der Fahrt durch die hellen Gänge kaum Zeit und Möglichkeit dazu blieb, schaute sich Kari aufmerksam um.

Als sich die Tür zu ihrer Unterkunft öffnete, dachte sie durch das enorme Fenster zuerst, sie würde direkt in den Himmel sehen, bevor sie sich des Restraumes gewahr wurde. Ein wenig mulmig war ihr bei dem Anblick im Nachhinein allerdings schon, auch wenn er zweifelsohne atemberaubend war. Aber Kari war es nun mal auf dem Boden der Makropole und darunter aufgewachsen, entsprechend verunsicherte sie der weite Himmel etwas.

"Sie werden sehen das es zwei Schlafzimmer gibt, denn sie werden sich die Unterkunft mit einer weiteren Dame teilen müssen. Diese ist für ihren persönlichen Schutz zuständig."

Aha. Ich bekomme also einen Wachhund zugeteilt. Sollte mich vermutlich nicht wundern. Sollte außerdem nicht verwundern, wenn der Wachhund in beide Richtungen beißt, sollte es nötig sein.

"Wenn sie noch Fragen haben fragen sie, falls nicht lasse ich sie jetzt allein."

"Negativ, ich habe keine Fragen, Frau Doktor." sagte sie kurz und bündig und nahm ihre Sicherheitskarte entgegen.

Inkorrekt, aber ich hege die Vermutung, daß sich der Großteil davon erst vernünftig stellen läßt, wenn die Herren Wissenschaftler ihr Projekt enthüllen. Und Dinge wie mir genehmigte Bereiche werde ich wohl auch noch früh genug erfahren. Oder indem ich den Maschinengeist befrage.

Ein wenig Ironie hat es schon, wenn einem gemeinen Soldaten wie mir ein Leibwächter zugeteilt wird. Aber lassen wir uns doch einfach mal überraschen, Kari. Ich bin mir sicher, du wirst dich eh an Überraschungen in nächster Zeit gewöhnen müssen.

Nachdem der Doktor gegangen war und die Tür hinter ihr sich automatisch schloß, atmete Kari kurz tief ein und aus, bevor sie in aller Ruhe die Räumlichkeiten inspizierte. Allein das Schlafzimmer war größer als alles, was Kari jemals an Wohnung ihr Eigen hatte nennen können, ganz zu schweigen davon, daß sie sich ziemlich sicher war, auf etwas derartig dekadent Weichem wie diesem Bett kaum vernünftig schlafen könnte. Sie wollte gerade den nächsten Raum betreten, als sie vom Eingang Türgeräusche und Stimmen hörte. Zwei davon waren ihr mehr oder minder bekannt, die eine war vermutlich dieser Skotch, die andere war der Maschinengeist. Die dritte Stimme im Bunde, die nach der Panzerung gefragt hatte, war ihr unbekannt, aber sie konnte sich denken, wer es war.

Mittlere Panzerung für Baumaterial in dieser Höhe, was auch immer der Standard dafür ist. Immerhin müssen die Dinger hier oben einen ziemlichen Druck und Wind aushalten, vermute ich. Aber wenn wirklich jemand aus dieser Richtung kommen sollte, dann vermutlich eh nur mit Flug- und schwerem Gerät.

"Hi, ich bin Claire, dein Schutz."

Schutz. Kuriose Formulierung. Macht sie den Eindruck einer ausgebildeten Leibwächterin auf dich, Kari? Vermutlich in meinem Alter, scheinbar keine Hausangehörige, wie der Doktor schon sagte, wenn ich sie so neben Skotch sehe. Muß aber nichts heißen, immerhin nur erster äußerlicher Eindruck. Übertrieben bedrohlich wirkt sie auch nicht, hoffentlich ein Zeichen für Professionalität?

Kari wollte zuerst salutieren, erinnerte sich aber noch rechtzeitig, daß hier zwei Zivilisten vor ihr standen, keine Militärsangehörigen und entschied sich zu einer entsprechend ungewohnten, "normalen" Erwiderung.

"Kari, Gefreite, 10. Kompanie PVS Koron. Auf gute Zusammenarbeit." Nicht unfreundlich, aber bemüht ohne Lächeln, um ihrem Scherbengesicht möglichst wenig Bewegung zu gönnen. Immerhin wußte sie nicht, wie abgehärtet die beiden Zivilisten diesbezüglich waren. Ihrer künftigen Leibwächterin traute sie in dieser Hinsicht mehr zu als dem Siris-Häusler, aber auf die Probe stellen wollte sie das nicht unbedingt.

Sehen wir also einfach mal, was die nähere Zukunft bringt...
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#8
"Kari, Gefreite, 10. Kompanie PVS Koron. Auf gute Zusammenarbeit."
kam es recht neutral von der PVS Soldatin.

Wie lustig, ich soll auf eine PVS Veteranin aufpassen, die kann besser auf mich aufpassen. Ein wenig mitgenommen sieht die Kleine schon aus, aber nicht einmal halb so schlimm wie auf dem Foto aus der Akte, und sie ist kleiner als ich.

Aus irgend einem Grund schien, sich Claire über die Anwesenheit von Kari zu freuen, oder aber es war die Begeisterung über ihr neues Zuhause.

Claire wandte sich noch einmal an Frau Grunwald:

"Ich bräuchte dann später noch die Information, über welche Schutzmaßnahmen unser Apartment verfügt, wenn sie mir die als Akte zukommen lassen würden, wär ich sehr dankbar, ansonsten seh ich mir jetzt mal die anderen Räume an, wenn es recht ist."

Nach diesem für sie untypischen Redeschwall fing Claire an die anderen Räume zu besichtigen, wobei sie anfing zu grinsen, als sie ihren Schlafraum und das Bad sah.

"Bei den Zähnen des Imperators, das ist ja unglaublich, so ein Luxus!"

Claire stellte ihren Rucksack mit ihrem gesamten Habe in das Schlafzimmer und warf sich dann etwas übermütig auf das Bett, welches weich unter ihr nachgab.

Nachdem sie sich satt gesehen hatte trat sie wieder in den Wohnbereich ein, wo sie sich auf ein Sofa setzte und Kari musterte und sie dann anlächelte:

"Magst du erzählen wo du herkommst und warum du dich zur PVS gemeldet hast? Wir müssen ja nen weilchen zusammen hocken, da kann es nicht schaden, wenn man ein bisschen was vom anderen weiß."
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#9
Nachdem Claire und Kari allein in der riesenhaften Wohnung waren, machte sich die Leibwächterin daran, selbige auszukundschaften, wie Kari es zuvor getan hatte. Nur das die andere Frau ihrem Wohlgefallen mehr verbalen Nachklang gab. Scheinbar war sie ebenfalls andere Lebensumstände als die hiesigen gewohnt. Als sie mit der Exkursion durch die Räumlichkeiten fertig war, setzte Claire sich auf ein Sofa im Wohnbereich und fragte Kari, die immer noch an Ort und Stelle stand:

"Magst du erzählen wo du herkommst und warum du dich zur PVS gemeldet hast? Wir müssen ja nen weilchen zusammen hocken, da kann es nicht schaden, wenn man ein bisschen was vom anderen weiß."

Defintiv untere Ebenen, ihrem Gotisch nach zu urteilen. Das ist vermutlich...besser/macht eine Kommunikation einfacher? Ich erinnere mich weiterhin nicht, ein "Du" angeboten zu haben. Ah, Zivilist, stimmt. Ungewohnte Sache, das.

"Untere Ebenen, einer der Manufakturschächte im Ostsektor. Von dort unten wirkte die PVS vergleichsweise als eine Verbesserung meiner Lebensumstände, zumal meine Vorerfahrungen mir den Dienst erleichtert/ermöglicht haben. Drei Jahre Pionierdienst, vor kurzem transferiert zur 10. Kompanie. Vor knapp einer Stunde aus dem regulären Dienst entfernt, wenn ich die Frau Doktor von eben richtig verstanden habe."

Ich muß ja nicht direkt erzählen, daß ich einen Großteil meines Lebens damit verbracht habe, Dinge in die Luft zu jagen. Und Menschen. Oder mich mit dem Gegenteil abgemüht habe, um nicht selbst zerfetzt zu werden. Und das ich jetzt an einem Projekt teilnehme, von dem ich keinen Plan habe und welches scheinbar nicht zwingend den Wohlgefallen aller trifft.

Sie neigte kurz den Kopf zur Seite, bevor sie fortfuhr:

"Ich sollte vermutlich hinzufügen, daß meine Sozialfähigkeiten zu wünschen lassen. Ich bin ein ziviles Leben nicht gewohnt. Aber keine Sorge, ich habe nicht vor, ihnen ihre Arbeit schwieriger als nötig zu gestalten."

Immerhin hänge ich an meinem Leben. Schätzungsweise hätte ich das pro und contra dieses Projektes etwas genauer in Augenschein/unter Bedacht nehmen sollen, bevor ich zugestimmt haben sollte. Aber ich erinnere mich nicht, eine solche Option der Informationssuche/Wartezeit gehabt zu haben.

Kari ging während ihres kurzen Gedankenganges in Richtung Fenster, um das Draußen besser zu betrachten können. Wogendes Wolkenmeer umringte die daraus hervor ragenden Spitzen der Makropole. Die Szenerie erinnerte sie in gewisser Weise nicht wenig an die vom Appellplatz, auf dem sie vor kurzem noch gestanden hatte. Nur das sie hier keine Angst haben mußte, von der Gischt durchnäßt zu werden. Sie legte kurz ihre Hand gegen das Fenster, in Richtung Horizont starrend.

Transparentes Ceramit oder Karbongewebe? Fühlt sich seltsam vertraut an und würde bei dieser Höhe statisch Sinn machen. Aber wer weiß schon, welche Höllenstoffe die Architekten dieses Dings verwendet haben...

Dann drehte sie sich um und lehnte sich gegen das Fenster, um Claire ins Auge zu fassen.

"Erlaubnis, eine artverwandte Frage zu stellen? Sie wirken äußerlich nicht zwingend wie eine Leibwächterin, ist diese Vermutung korrekt?"
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#10
Also auch von den unteren Ebenen, aber eindeutig zulange bei der PVS gewesen, naja mit dem Gesicht kann man es vermutlich vergessen sich anderswo zu bewerben

"Du kannst mich duzen, ich duze dich ja auch einfach. Ich komme auch aus den unteren Ebenen, aber noch ein bisschen tiefer, wo es keine Fabrikkomplexe mehr gibt, also bin ich auch ohne ID geboren und konnte mich so noch nicht mal zur PVS melden, oder irgendwas anders machen. Ich hab mich halt so durch gekämpft."

Bei diesen Worten senkte Claire den Kopf, als sie der Schatten ihrer Vergangenheit einholte, plötzlich sprach sie leiser und ihre Stimme war nicht mehr so fest wie vorher.

"Ich habe jede Gelegenheit genutzt um irgendwie an Geld zu kommen, ich versuche meistens mit Kopfgeldjagden über die Runden zu kommen, aber immer funktioniert das nicht."

Sie sah Kari an, die sich gegen das Fenster lehnte und lächelte schief

"Ich habe keine Erfahrung als Leibwächterin, ehrlich gesagt, aber das schien auch Haus Siris nicht so wichtig zu sein, vielleicht rechnen sie hier nicht ernsthaft mit einem Angriff auf dich"
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