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Sie kamen am späten Nachmittag des folgenden Tages.
Die Nacht hatte Arius einmal mehr aufgezeigt, dass die Wüste ihren schrecklichen Ruf ganz und gar zurecht hatte. Ein Sturm hatte gewütet, gefolgt von einem regenlosen Gewitter, das nur aus Blitzen zu bestehen schien. Am Morgen dann war ein leuchtender Nebel aufgestiegen, der offensichtlich zu einem gewissen Grad säurehaltig gewesen war und den Einsatz der Maske nötig machte. Hinzu kamen die Geräusche aus dem ummauerten Turmkomplex.
Schreie und Heulen.
Wie es schien trieben sich noch immer ein paar der, dem Wahnsinn anheim gefallenen Soldaten auf dem Geländer herum. Immerhin schien niemand mehr die Fähigkeit zu besitzen das große Tor zu öffnen und ein Sprung von der Mauer wäre Selbstmord gleichgekommen.
Die Kolonne erschien mit dem Höchststand der Mittagssonne und der einhergehenden Hitze. Aus dem flimmernden Wogen eines Luftspiegelungsozeans schob sich ein bizarres Seeungeheuer, welches sich im Näherkommen als Leman Russ entpuppte. Ihm folgten zwei Chimären, drei LKWs und ein weiterer Kampfpanzer. Im Halbkreis formierten sie sich um den Posten und während die Panzer den Vormarsch deckten, entstiegen die den Chimären zwei Gruppen Soldaten.
Sie trugen die übliche Schutzausrüstung, hatten aber zusätzliche Sauerstoffflaschen auf dem Rücken, um ein längeres Agieren unter schweren Bedingungen zu gewährleisten. Arius erhob sich und gab sich zu erkennen.
Der Turm des vorderen Panzers schwang in seine Richtung, nach dem der Kommandant in der offenen Luke ihn scheinbar entdeckt hatte. Er sprach in das Mikro seines Funkkopfhörers und zwei Soldaten eilten auf den Späher zu.
Gefreiter Kruger? Wollte einer der beiden PVSler wissen, nachdem sie auf Rufweite heran waren. Sie hielten ihre Gewehre nicht in Vorhalte, hatten sie jedoch so ergriffen, dass sie jederzeit von ihnen Gebrauch machen konnten. Ihre Bewegungen und die barsche Stimme ließen vermuten, dass sie einen Angriff seitens ihres Kameraden nicht ausschlossen. Arius bestätigte seine Identität und wurde aufgefordert seine Dienstnummer zu nennen. Auch das tat er.
Die Soldaten schienen sich etwas zu entspannen, dennoch verlangten sie von Arius seine Waffen abzulegen. Schließend näherten sie sich und bezogen links und rechts Position. Ein Geigerzähler wanderte über Arius hinweg.
Erhöht, aber im Toleranzbereich bei Wüstenaufenthalt. Bemerkte der Soldat zu seinem Kameraden, dann wandte er sich an Arius. Gefreiter, sie werden mit uns kommen und sich einer ersten Dekontamination unterziehen.Haben sie irgendwelche Gegenstände aus dem Posten entfernt und bei sich? Aus Richtung des Turms kam ein Schuss. Dann noch einer, gefolgt von einer kurzen Salve.
Die Soldaten aus den Chimären waren in das Innere der Ummauerung eingedrungen und waren scheinbar weniger nachsichtig mit den Verrückten als es Arius es gewesen war. Der wurde derweil von den beiden Männern zum Führungspanzer eskortiert. Eine hochgewachsene Frau im Range eines Leutnants schien nicht nur die Befehlsgewalt über den Panzer zu haben, sondern auch über die gesamte Operation. Geschickt kletterte sie in diesem Moment von der stählernen Bestie und zupfte sich geziert die Lederhandschuhe von den Fingern. Ihr schmales Gesicht war von feinem Staub bedeckt, ausgenommen der Bereich, wo die Schutzbrille gesessen hatte, die sie inzwischen auf die Mütze hoch geschoben hatte.
Ah Gefreiter Kruger, wie ich vermute. Wie im Feld üblich, grüßten sich Offizier und Mannschaftsdienstgrade nicht militärisch. Auch die Hand gab der Leutnant nicht. Wohl weniger aus Standesdünkel, denn aus der Befürchtung sich mit irgendetwas anzustecken.
Ich bin Leutnant Hegens, 305te Panzerkompanie, in Unterstützung der 54. Chemiekampfkompanie. Ich bin von Leutnant Blanke bereits über das Wenige informiert wurden, was er mir mitteilen konnte. Möchte aber die Lage aus ihrem Mund hören. Im Übrigen schön, dass sie noch unter den Lebenden und den geistig Gesunden weilen.
Sind da drinnen wirklich alle irre geworden?
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Arius gab seine Waffen und das Tonbandgerät ab und ließ sich von den Soldaten zur kommandierenden Offizierin führen. Seit den Vorfällen von gestern, trug er seinen Aquilaanhänger über der Rüstung, hatte seine drei Heiligenbildchen fast schon wie Talismane an seiner Ausrüstung befestigt und trug auch jetzt sein Buch mit den Reden des heiligen Sebastian Thor aufgeschlagen mit sich herum. Es fehlte nicht mehr viel und man hätte ihn für einen Pilger auf Kreuzzug halten können.
Auch im Gespräch mit der Offizierin legte er das Buch nicht aus der Hand und blätterte sogar beim sprechen unbewusst darin herum.
So weit ich es beurteilen kann, Frau Leutnant, sind alle noch Lebenden Soldaten durchgedreht. Aber ich fange am besten wohl erst einmal von vorne an. Den Stützpunkt habe ich gestern grob um 1500 erreicht. Keinerlei Lebenszeichen und das Tor war verriegelt. Habe daher die Mauer erklommen und bei einer ersten Durchsuchung des Geländes sechs Tote gefunden. Ich traf dabei auch auf die Gefreite Nesh, die mich mit einem Küchenmesser angriff. Mir gelang es sie zu überwältigen und in eine der Arrestzellen einzusperren. Vielleicht kann ihr noch ein Priester helfen, so wenn der Imperator will. Im Inneren des Turms fand ich dann die Leiche des hiesigen Truppenarztes, der sich selbst gerichtet hatte. Vor seinem Selbstmord hat er noch einige Nachrichten auf einem Tonbandgerät hinterlassen, in denen er beschreibt, wie hier alle Ordnung immer mehr zusammengebrochen ist. Er scheint auch der Einzige gewesen zu sein, der nicht dem Wahnsinn anheim gefallen ist. Das Tonband befindet sich derzeit bei den beiden Soldaten, denen ich auch meine Waffen gegeben habe. Im Krankenrevier erschoss ich außerdem den fixierten und sedierten Unteroffizier Schneider, der sich nach mehreren Tagen ohne Trinken und Essen schon im Sterben befand. Auch er war wahnsinnig und ließ sich nicht helfen. Im Kommandoraum fand ich schließlich Kommissar Huf. Er hat wie es aussieht den Kommandanten getötet und Teile seines Leichnams verzehrt. Mir gelang es den Kommissar zu überwältigen und im Krankenrevier auf einer Liege zu fixieren. Er sollte also eigentlich noch leben. Danach benachrichtige ich Gohmor und habe seitdem auf sie gewartet.
Arius wandte sich leicht in Richtung der Schussgeräusche und begann noch einmal zu sprechen.
Ich möchte in keinster Weise ihre Order in Frage stellen, aber mir bereitet nach den Erfahrungen, die ich in der Anlage gemacht habe, dass Verhalten ihrer Soldaten etwas Sorgen. Wissen sie, der Truppenarzt hat erwähnt, wie alle Soldaten immer gewalttätiger wurden, bis er sich schließlich zu seiner eigenen Sicherheit im Krankenrevier verbarrikadierte. Er erzählte davon, dass er eine Stimme in seinem Kopf hörte, die immerzu redete und ihn quälte, bis er sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als sich zu töten. Ich muss zugeben, dass ich etwas ähnliches erlebt habe, als ich Unteroffizier Schneider erschossen habe. Da war irgendetwas in meinem Kopf, nicht wirklich eine Stimme, eher so ein Gefühl oder Drang. Ich wollte auf einmal alle töten, die sich im Turm aufhielten, aber nicht nur das. Ich wollte sie mit meinen bloßen Händen töten und das möglichst brutal. Nachdem der Kommissar mich verletzt hatte, übermannte mich für einige wenige Augenblicke eine merkwürdige Wut, in der ich ihn fast tötete. Im Turm lauert etwas Böses und Verschlagenes Frau Leutnant und es nistest sich heimlich im eigenen Geist ein. Mir gelang es, mich durch Gebete und Glauben an den Gottkaiser zu schützen, aber ich fürchte, dass dieses Böse auch versuchen wird sich in den Köpfen ihrer Leute einzunisten, die gerade die Anlage säubern.
Ich bin mir auch recht sicher, den Schuldigen an der ganzen Situation hier gefunden zu haben. Irgendein Mutant hat scheinbar versucht die Mauer zu erklimmen und wurde dabei erschossen. Den Leichnam und all seine Ausrüstung haben die Soldaten dann in Materiallager 3 aufbewahrt. Anscheinend waren da auch irgendwelche obskuren, heidnischen Gegenstände dabei. Im Dienstbuch hat der Kommandant das ganze Geschehen beschrieben. Derzeit liegt es noch in der Funkzentrale.
Name: Arius Kruger
Alter: 27 Standardjahre
Zugehörigkeiten: PVS
Rang: Unteroffizier
Loyalitäten: imperialer Fanatiker, Militarist
Aussehen: 190cm groß, sehnig, ausgezehrt, maskenhaftes, verkniffenes Gesicht, attraktives Lächeln, blonder Seitenscheitel, bleiche leere Augen, linker Arm durch bionisches Implantat ersetzt
Kleidung: Uniform, Zivilkleidung oder Gläubigengewandung, silberner Aquila
Charakter: Militarist, imperialer Fanatiker, tief gläubig, Frontveteran, begeisteter Hobbyfotograf, mangelhafte Empathie und auf sozialer Ebene ein Wrack
Fähigkeiten: erfahrener Grabenkrieger, guter Läufer,
Ausrüstung/Besitz: PVS-Standardinfanterieausrüstung, Mpi-01.3, Esseos Schema Laserpistole, Feldstecher, Fotoapparat, Wohnung, Kiste voller Erinnerungsstücke, Bücher, sonstiger Krimskrams
Konto: 1185 Schekel
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Der Leutnant hörte sich Arius Bericht mit zusammengekniffenen Augen an und kaute auf der Unterlippe. Es war schwer zu erkennen ob sie die Empfehlung des Gefreiten für voll nahm, oder ob der Standesdünkel sie dazu veranlassen würde den Rat eines einfachen Mannschaftssoldaten in den Wind zu schreiben. Nachdem Arius geendet hatte blickte sie sinnend einen Augenblick zwischen ihm und dem Turm hin und her. Sie verstaute die Zeugnisse des Geschehenen in ihrer Beintasche. Dann gebot sie mit einem kurzen Warten!, dass Bleiben der drei Soldaten. Sie erkletterte den Panzer, dabei sorgfältig darauf achtend, dass sie sich an dem kochend heißen Metall nicht verbrannte. Halb im Turm des Russ hockend ließ sie sich aus dem Inneren das Handsprechgerät des Funkt hinauf reichen.
Steinfaust an Zugriffgruppe!
Eine Antwort schnarrte in dem Gerät.
Der Einsatz ist unterbrochen. Kehren sie mit ihren Leuten zu den Panzern zurück.
Schweigen im Äther, dann eine knappe Antwort.
Kurz darauf verließen die Soldaten der 54. Chemiekampfkompanie den Posten durch das Tor wieder. Zwei PVSler zogen zwischen sich die Leiche eines Mannes mit. Auf den ersten Blick niemand von ihrem Team, sondern ein weiteres Mitglied der Besatzung, das dem Wahnsinn anheimgefallen war. Die Soldaten machten scheinbar sehr viel weniger Aufhebens um das Wohlergehen der Durchgedrehten als es der Späher der 10ten getan hatte. So verkündete der Feldwebel, der die Truppe anführte, auch nur lakonisch, dass der Mann sie angegriffen hätte und man gezwungen gewesen war ihn aus der Not heraus zu erschießen. Leutnant Hegens nahm das so hin und während sie die Chimären das Gebiet sichern ließ, befahl sie dem Rest der Soldaten anzutreten. Dann forderte sie Arius auf seinen Bericht für alle zu wiederholen.
Was die angetretenen Männer und Frauen von dem Gehörten hielten blieb ihm zum Großteil verborgen, denn ihn starrten überwiegend die ausdruckslosen Ungesichter der Masken an. Als der Gefreite mit seinem Bericht geendet hatte, stellte sich Leutnant Hegens neben ihn vor die Front.
Sie haben es gehört. Die Eindrücke des Gefreiten Kruger können durchaus subjektiv sein. Gut möglich, dass seine Wahrnehmung und seine Schlussfolgerungen falsch sind. Dennoch werde ich kein Risiko eingehen. Wir setzten die Operation mit voller Schutzausrüstung fort, werden darüber hinaus aber auch noch weitere Maßnahmen treffen. Hauptgefreiter Prüß! Ein Mann, der bei der Gruppe der Panzerbesatzungen angetreten war, straffte sich.
Hier Frau Leutnant.
Haben Sie ihr „Die siebenundsiebzig Wunder" mit? Prüß klopfte sich auf die Brusttasche.
Immer Frau Leutnant.
Dann sein sie doch so gut, treten vor die Front und erbauen unsere geistige Stabilität mit einem Sinngeschehniss.
Der Hauptgefreite tat wie ihm geheißen und während er mit seinen dicken Handschuhen umständlich aber sichtlich routiniert in dem zerlesenen, in grün gebundenen Büchlein blätterte, gesellten sich Arius und Leutnant Hegens zu den anderen Soldaten in die Reihe.
Endlich hatte Prüß eine Passage gefunden, die ihm passend schien und mit, durch seine Schutzmaske gedämpfter Stimmte hob er an.
Als sie nun aber fünf Tage und fünf Nächte durch die Wüste gewandert waren und allerlei Entbehrungen sie marterten, da hob unter den Gefährten des Heiligen ein Wehklagen und Zetern an. „Wir folgen dir in den Schlund jeder Unterwelt, erstürmen jede Feste mit dir. An diesem trostlosen Ort aber müssen wir verschmachten und all unsere Stärke und all unserer Waffen Schrecken ist nicht mehr von Nutzen als wie die Weidenruhten spielender Kinder. Herr, Herr errette uns, hier ist alle Kriegerkraft ohne Sinn!“
Der Herr Septinanus aber trat vor sie hin und schalt sie. „Oh ihr Armseeligen. In Kampf und Krieg folgt ihr mir und jeder will der Erste sein, wenn es gilt wider die Heiden und Barbaren. Laut und tapfer ist ein jeder von euch, steht es an sein Leben im mannhaften Streit zu lassen. Da euer Feind aber dergestalt ist, dass ihr ihn mit euren Klingen nicht schneiden, mit euren Lasern nicht niederstrecken könnt. Da werdet ihr zu den Kindern, mit deren Spielzeug ihr eure eigenen Gaben vergleicht. Im Feuer der Schlacht lebt das Vertrauen in euch, doch abseits des blutgeweichten Feldes, seid ihr nicht besser als die Götzendiener gegen die wir ziehen und die Kraft eurer Herzen verzagt“
Dieses Reden beschämte die Gefährten und sie senkten die Köpfe voll Demut. Septinanus sah es und Milde glättete seine Stirn. Denn einer jeder seiner Gefährten war ihm gleich einem Bruder und er konnte keinem von ihnen lang im Zorn entgegenstehen. Also lächelte er und sprach. „Verzagt nicht und seid fest in eurem Glauben. Unsere Sache ist Recht und wer das Rechte tut, dem steht der Allerhöchste bei.
Mit diesen Worten stieß er seinen lichten Speer in den Boden und wo die Waffe den Stein spaltete, da sprudelte frisches Wasser hervor und war ein Labsal für alle, auf das sie mit frischem Mut weiter zogen und das Werk des Gottkaisers taten.
Prüßner sah von dem Büchlein auf, sprach aber die letzten Worte im gleichen Tonfall.
Darum laßt uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem GoldenenThron der Gnade und der wahren Gewissheit ignoranter Richtigkeit, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Stärke finden zu der Zeit, wenn wir der Salbung und stützenden Hand bedürfen.
Der Hauptgefreite endete und verstaute seine Schrift wieder. Die Soldaten hatten die Köpfe gesenkt, denn egal wie hart zu sein sie auch vorgaben, die Frömmigkeit war ihnen seit jüngsten Kindertagen eingeimpft und niemand hätte sich abfällig oder herablassend über diesen improvisierten Feldgottesdienst geäußert.
Bewahren sie sich diese Worte und rufen sie sie sich ins Gedächtnis, wenn sie einen fremden Einfluss spüren, wie ihn der Gefreite beschrieben hat. Wir sind dieser bösartigen Macht nicht so lange ausgesetzt wie unsere unglücklichen Kameraden, wissen um die Gefahr und haben unsere Seelen gestählt. Dennoch werden wir keine Sekunde länger im Gefahrenbereich zubringen als irgend nötig. Und jetzt geben sie dem Gefreiten Kruger seine Waffe zurück und einen der Langzeitfilter. Wir gehen rein und sehen uns an, was der mutierte Abschaum in die Reihen unserer Kameraden getragen hat. Sie und sie der Leutnant deutete auf den Anführer der Zugriffgruppe und einen Unteroffizier, begleiten uns. Der Rest sichert bis in den Innenhof. Gefreiter wenn sie sich in der Lage dazu fühlen, dann zeigen sie uns den Weg zu dem toten Mutanten und seinen verfluchten Spielzeugen.
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Epilog?
[CENTER]Der LKW[/CENTER]
Nein nicht geboren.
Ausgespuckt!
In Gedanken revidierte Darrell die erste Assoziation, die sich eingestellt hatte, als er den LKW am Horizont entdeckte.
Man sagte zwar „so hässlich, dass nur eine Mutter es lieben kann“, doch was da aus der Staubhose hervorgebrochen kam sah mehr aus wie etwas, was eine Mutter angewidert von sich stoßen würde, wenn es ihr der Geburtshelfer hinhielt.
Auf den Punkt gebracht, das Fahrzeug sah aus wie etwas, dass die Einöde loswerden wollte.
Er strich mit dem Zeigefinger über das kleine Rädchen an der Oberseite des Sichtgeräts und der elektronische Zoom holte ihm den LKW heran.
Unmöglich die Farbe auszumachen.
Rot vielleicht, aber das konnte auch auf die Schicht aus Staub zurückzuführen sein.
Seine aufblitzende Abneigung und die blumigen Vergleiche waren natürlich Unsinn. Ein einsamer Springer auf dem Weg nach Golga, na und? Nichts Alltägliches, aber auch nichts Ungewöhnliches. Und waren nicht alle diese LKWs, die Versorgungsgüter zu den Außenposten oder Schrott aus der Wüste zu den Verwertstationen am Stadtrand brachten, ausnehmend hässliche Fahrzeuge?
Wer durch die Ödnis fuhr musste seiner Maschine sein Leben anvertrauen und da galt Funktionalität mehr als ästhetische Gesichtspunkte.
Dennoch...
Darrell vertraute seinen Instinkten nicht blind. Das war Blödsinn, der bei Tieren und in Groschenheften funktionieren mochte, aber nicht im wirklichen Leben. Wie oft stellten sich vermeintliche Instinkte als schlichte Vorurteile oder Irrtümer heraus?
Ganz zum Schweigen konnte man seine Intuitionen dann aber doch nicht bringen und so flüsterte sie leise aber penetrant, dass irgendetwas an diesem Wagen es wert war nicht gemocht zu werden.
Der LKW war bei weitem nicht das größte Exemplar, das Darrel jemals gesehen hatte. Nichtsdestotrotz ein gottverdammtes Monster.
Die langgezogene Schnauze war auf Fahrbahnhöhe mit einem Gitterräumschild bewährt, wie man ihn sonst nur an Zügen zu sehen bekam. Dieser Rammsporn, dazu gedacht Sandwehen und Steine aus dem Weg zu schieben, zeichnete ein zähnefletschendes Grinsen in das Gesicht der Maschine. In Verbindung mit den schrägen Sehschlitzen, welche die Scheibenwischer in die Dreckkruste auf den Fenstern gefressen hatten, verlieh es dem Antlitz des Vehikels eine unangenehme Fratze. Das mochte es sein was Darrel den LKW nicht gefallen lassen wollte.
Natürlich abergläubischer Unsinn.
Ein Lastwagen war ein Ding und irgendwelche Charakterzüge, die man ihm aufgrund seines Aussehens andichtete, sprachen allein dafür, dass der Beobachter etwas zu lange in der Sonne gewesen war. Allerdings gab es andere Aspekte, die sich weniger leicht von der Hand weisen ließen. Etwa die Geschwindigkeit, mit der der Schlepper unterwegs war.
Springer waren chronisch darauf bedacht so sparsam wie möglich zu fahren, jeden Tropfen Kraftstoffverbrauch gegen die Gewinnspanne der Fracht aufzurechnen. Keiner von ihnen würde das Gaspedal bis zum Bodenblech durchtreten, wenn dazu nicht absolute Notwendigkeit bestand.
Noch merkwürdiger wurde dieser Umstand durch die Tatsache, dass der LKW bis eben durch eine Staubhose gefahren war. Die Sicht in diesen unberechenbaren Wetterphänomenen betrug gleich Null und die gängige Methode war anzuhalten und die Sache auszusitzen. Weiterzufahren, dazu noch mit diesem Tempo, war nackter Irrsinn. Räumschild und mannsdicke Reifen hin oder her, eine ungünstige Bodenwelle und der Karren gesellte sich zu den ungezählten, rostigen Wracks, die von Unterschätzung der Wüste kündeten.
„Warum so eilig, mein Freund?“
Murmelte Darrel, an dessen Ohr jetzt auch das entfernte Geräusch des Motors klang. Ein seltsames Echo verzerrte den Laut zu einem Winseln, welches nicht recht zu der bulligen Maschine passen wollte. Das leicht krisselige Bild des Sichtgerätes wanderte über die Karosserie. Zeichen langer Benutzung und entbehrungsreicher Dienstjahre im Transit zwischen den Bastionen der Zivilisation. Wie bei einem uralten Meeresungeheuer zeichneten sich Narben und Dellen auf der metallenen Haut ab. An einigen Stellen deuteten hellere Teile darauf hin, dass hier nachgebessert und ausgetauscht wurde. Helle Flecken, wie Pockennarben, mochten geflickte Einschusslöcher sein. Ein Firmenlogo konnte er ebenso wenig auf der Flanke des LKWs erkennen, wie sich die Fracht eindeutig identifizieren ließ. Ein länglicher Auflieger vielleicht, aber mehr als eine Vermutung ließ der wirbelnde Staub nicht zu. Darrel tastete den LKW noch einmal mit den Augen ab und schwenkte das Sichtgerät dann nach Süden. Er vermutete, dass der Kurs des LKWs etwa zwei Kilometer an der Position der Stadtbälger vorbei führen würde.
Er hatte die Kids vor etwa einer Stunde kontrolliert. Zwei junge Burschen und ihre Freundinnen. Dezent aufgespritzte Lippen, makellose Brüste und kleine weiße Perlmuttzähnchen die Mädesl, Muskeln und künstlich gebräunte Haut die Typen.
Gottverdammte Hochglanzmagazinmenschen!
Sie waren freundlich zu ihm gewesen. Hatten ihm die Papiere des Fahrzeugs gezeigt, ihre ID und die Besitzerlaubnisse für die Jagdgewehre und Pistolen. Auf Mutanten waren sie aus, so hatten sie Darrel erklärt und tatsächlich war an der Ladefläche ihres chromglänzenden Pickups eine Kranwinde befestigt gewesen. Wie so ein Teil mit dem man Fische aus dem Wasser hieven und sich grinsend neben dem zur Schau gestellten Kadaver ablichten lassen konnte. Nur das es eben keine Fische, sondern mutierte Menschen waren, auf die Mamas und Papas Lieblinge da zum Halali bliesen.
Nicht das ihre Aussichten auf Erfolg besonders überwältigend gewesen wäre. Der Sinn stand ihnen wohl eher danach ihre Nobelkarosse ein bisschen mit Staub einzusauen, sich die Stürme anzusehen, zu trinken und vielleicht ein bisschen rumzumachen. Bevor die Nacht über das Land kam würden sie wieder in der oberen Etage der Stadt sein und auf irgendwelchen Stimulanzpartys Designerdrogen einwerfen.
Darrel konnte nicht aus eigener Anschauung bestätigen, dass so was wirklich in den Türmen abging. Die Aussicht, dass ein Grenzer wie er jemals mehr von der Oberstadt sehen würde, als die hell erleuchteten Türme, die nachts wie Nadeln in den Sternenhimmel stachen, war doch eher gering. Also verließ er sich auf das was er von anderen hörte, die es möglicherweise besser wussten, wahrscheinlich aber nicht.
Bei der Kontrolle waren sie höflich gewesen. Die Jungen hatten ihn mit „Herr Grenzpolizist“ angesprochen, die Mädchen artig die Augen niedergeschlagen und nichts gesagt. Ganz so wie es die Etikette der feinen Leute verlangte. Aber seine Mutter hatte keinen Idioten großgezogen und Darrel wusste sehr genau wann er verarscht wurde. Unter der Oberfläche dieses zuvorkommenden Getues schwamm herablassender Spott. Er konnte sich vorstellen wie sie losgeprustet hatten, kaum dass er sich an den Hut getippt und von dannen gezogen war. Der verschwitzte Grenzhauser, der sich toll dabei vor kam vier besseren Herrschaften aus der Oberstadt zu befehlen ihm ihre Papiere zu zeigen.
Alles in Ordnung Freunde, schönen Tag noch.
Er hatte den Wagen der Vier entdeckt und zoomte heran. Das Fahrzeug stand hinter einer kleinen Anhöhe, wo sie den schlimmsten Auswirkungen des Staubsturms entkommen waren.
Seine Vermutungen waren in die richtige Richtung gegangen, denn rings um das Auto brach sich das Sonnenlicht auf weggeworfenen Bierdosen. Eine dieser Büchsen sprang in die Höhe und keine Sekunde danach drang auch der Schussknall an Darrels Ohr. Einer der Burschen stand auf der Ladefläche und feuerte auf die vorher geleerten Dosen. Schön wenn man so verschwenderisch mit Munition umgehen konnte. Seine Vorhersage war korrekt gewesen. Um diesen Kids zum Opfer zu fallen musste ein Muti schon selten dämlich sein, was sich mit dem Überleben in der Wüste ausschloss. Während einer der Wochenendhelden seine Schießkünste an dem selbst produzierten Müll ausließ, stand eines der Mädels bei ihm und himmelte ihn an.
Die anderen beiden trieben es auf der Motorhaube.
Was?
Er zoomte noch einmal heran und befeuchtete sich die Lippen, während das Bild langsam die Schärfe nachjustierte.
Nein, soweit waren die beiden da unten dann doch noch nicht. Sie schienen zu tanzen. Wenn man das denn so nennen wollte. Er hing halb auf der Motorhaube und sie rieb sich an ihm wie eine rollige Katze. Das sie dabei ihr Oberteil ausgezogen hatte und ihre Verrenkungen nur im BH oder einem Badeoberteil absolvierte sah zugegebenermaßen ansprechend aus, würde ihr jedoch morgen einen Sonnenbrand und wenn sie Pech hatte, in ein paar Jahren Hautkrebs einbrocken.
Wie dem auch sei, für den Moment genoss Darrel die Show.
Er fragte sich, ob denen da unten bewusst war, dass er sich beobachtete und ob die beiden vielleicht nur deswegen so loslegten. Nun vermutlich nicht und wenn doch, machten sie sich entweder einen Spaß daraus oder es war ihnen schlicht egal, ob so ein verstaubter Leguanfresser wie er sie bei ihrem Treiben begaffte. Sein schlechtes Gewissen jedenfalls hielt sich in Grenzen und er war tatsächlich enttäuscht, als sich die blonde Ballkönigin ihr Shirt wieder überwarf. Ihre Haut würde es ihr danken, aber es war trotzdem schade.
Als er mit einer weiteren Drehung an der Justierung das Bild wieder etwas weiter fächerte, sah er warum die kleine Darbietung so rüde unterbrochen wurde. Das andere Mädchen hatte sich auf der Ladefläche auf die Zehenspitzen gestellt und konnte damit über die kleine Felsformation spähen, hinter der sie geparkt hatten. Aufgeregt deutete es nach Westen.
Auf den hässlichen LKW.
Für eine angenehme Minute oder zwei, hatte Darrel den Springer schon wieder völlig vergessen und es stieß ihm umso saurer auf, dass er nun wieder an ihn erinnert wurde. Kurz zuckte sein Blick zu dem Fahrzeug. Immer noch nicht mehr, als ein herandonnernder Komet aus aufgewirbeltem Dreck. Die Augen wieder auf die Jugendlichen gerichtet, war nun zu sehen, dass sich alle Vier auf der Ladefläche versammelt hatten und in Richtung des LKWs spähten, die Augen durch beschirmende Hände an der Stirn gegen die unbarmherzige Sonne schützend. Eines der Mädels hüpfte auf und ab und winkte dabei euphorisch, was ihre Brüste anschaulich in Bewegung versetzte. Der Kerl mit dem Gewehr riss plötzlich seine Waffe an die Schulter und zielte.
Darrel zog scharf die Luft ein und legte seine Linke instinktiv auf den Griff seiner Pistole.
Eine gleichsam unbewusste, wie unnütze Geste.
Der Junge wurde vom Rückstoß seiner Waffe leicht in die Knie gedrückt, der Lauf ruckte hoch.
Der Knall jedoch blieb aus und der Klaps, dem ihm eines der Mädchen auf den Oberarm versetzte, ließ erkennen dass der Bursche nur so getan hatte als ob.
Die vier schienen sich zu beraten und als Darrel schon dachte, sie hätten das Interesse an dem LKW verloren, kam plötzlich Bewegung in die Truppe.
Ein Pärchen blieb auf der Ladefläche, die anderen beiden kletterten nach vorn und bestiegen die Kabine. Staub spritze auf, als sich die Räder des schweren Geländewagens durchdrehten und das Auto dann mit einem Satz nach vorn sprang. Die beiden auf der Ladefläche mussten sich an dem Scheinwerferaufbau festklammern, ihr Gebaren deutete jedoch nicht darauf hin, dass sie sich an der holprigen Fahrt störten. Vielmehr ließen die aufgerissenen Münder und in die Luft boxenden Fäuste darauf schließen, dass sie sich königlich amüsierten und ihren Kumpel zu mehr Geschwindigkeit und höherer Wahrscheinlichkeit einer selbst verschuldeten Katastrophe anspornten.
„Tut das nicht Leute!“
Springer waren an sich keine schlechten Kerle, jedenfalls nicht die, die Darrel bisher kennengelernt hatte. Aber sie waren auch oftmals durch die lange Einsamkeit und die Bedrohungen der Wüste verschroben und eigenbrötlerisch. Wer permanent mit Wetterkapriolen und Mutantenangriffen rechnen musste, der hatte für gewöhnlich nichts übrig für dumme Streiche. Das konnte schief gehen, aber er konnte auch niemanden davon abhalten neben einem Lastwagen herzufahren, der in Richtung Stadt rollte.
Er hoffte inständig, das die Kids es nicht übertrieben und das der Springer besonnen genug war, sich nicht irgendwie provozieren zu lassen und allzu schnell mit der Schrotflinte bei der Hand war.
Der Pickup hielt seitlich auf den Lastwagen zu. Dieser war gewiss schnell, konnte sich aber kaum mit der Höchstgeschwindigkeit des überzüchteten Nobelspielzeugs messen. Immerhin schien sich der Fahrer, so er die Aktion in seinem Kosmos aus brüllendem Motorenlärm und Staub überhaupt bemerkt hatte, nicht von seinem Tun abbringen zu lassen. Er wurde weder langsamer, noch versuchte er Abstand zu gewinnen oder die Halbstarken auch nur durch das Betätigen des Horns auf die Dummheit ihres Tuns aufmerksam zu machen.
Die Kids waren dem Sattelschlepper entgegen gefahren und ließen Darrel dadurch genug Zeit sein weiteres Vorgehen zu überdenken. Viel mehr als den stillen Beobachter zu spielen konnte er im Augenblick freilich nicht tun. Sich wie Arschlöscher zu benehmen und anderen Leuten auf die Eier zu gehen war hier draußen genauso wenig verboten wie seine leeren Bierdosen wegzuwerfen. Das war schließlich die verdammte Wüste.
Den Pickup zu beobachten war schwierig, denn die Sonnenreflektionen auf den verchromten Teilen des Autos stachen in den Augen.
Darrel klappte den Filter über die Linse. Damit war es erträglich.
Ah, sie hielten sich jetzt auf gleicher Höhe mit dem LKW, inzwischen ungefähr auf gerader Linie mit seiner eigenen Beobachtungsposition. Der Pickup war ein wuchtiger Wagen, nahm sich neben dem Koloss aber geradezu lächerlich klein aus. Der jugendliche Fahrer ließ das Auto zwei, drei Mal hin und her schlingern, wobei er jedoch keineswegs hinter dem Sattelzug zurück blieb.
Das Mädchen auf der Ladefläche hielt sich mit beiden Händen am Aufbau fest und hüpfte dabei wie irre auf und ab. Es sah aus als schrie sie etwas zum LKW rüber. Darrel fragte sich, ob sie irgendetwas eingeworfen hatten, was sie so die Gefahr missachten ließ. Das man sich in jungen Jahren für unsterblich hielt war ihm schon klar, schließlich war es ja bei ihm auch noch nicht so lange her. Das da unten aber war glatter Irrsinn. Eine unebene Stelle, eine Sekunde, in welcher der Fahrer die Kontrolle über den Pickup verlor und das Pärchen auf der Ladefläche machte einen Abgang. Wenn sich nicht gleich der ganze Wagen überschlug.
Jetzt setzen sie sich vor die Schnauze des LKWs, scheinbar frustriert darüber ignoriert zu werden. Der Bursche auf der Ladefläche leerte eine Bierdose und warf sie nach hinten.
Das funkelnde, sich überschlagende Objekt wurde von der Staubbestie verschluckt.
Das Mädchen riss ihr Shirt hoch und zeigte dem Springer was sie hatte.
Keine Reaktion, kein Hornsignal, kein Langsamerwerden oder Versuch auszuweichen.
Der Sattelzug wirkte geradezu stoisch.
Eigentlich machte der Typ am Steuer dieses hässlichen Wüstenschlachtschiffs genau das Richtige. Er ignorierte diese Gören, so wie ein geduldige Vater seine überdrehten Kinder ignorieren würde, in dem Wissen, dass er ihnen dadurch die Lust an ihrem Unsinn mehr nahm, als es jedwede Reaktion tun konnte.
Oder wie ein Alligator, der sich nicht um kleine Vögel kümmerte, die auf seinem tödlichen Maul herum hüpften.
Welchen Vergleich man auch bemühte, es schien jedenfalls tatsächlich zu funktionieren. Der Pickup verließ seine Position vor der Front des LKWs, fuhr auf einer Höhe mit der Zugmaschine, ließ sich langsam aber sicher zurückfallen, genauso wie die Kapriolen der hinteren Passagiere an Elan verloren.
Darrel entspannte sich.
Ein weiteres Zeugnis dafür, was er über Leute, gerade wohlhabende, junge Leute, aus der Stadt wusste und gehört hatte. Man konnte nur hoffen, dass sie daraus lernten, dass nicht jeder Mensch gewillt war auf ihre Launen einzugehen. Es stand zwar zu bezweifeln das...
Der LKW zog nach rechts!
Darrel blinzelte, mehr erstaunt als erschrocken und drückte das halb abgesetzte Sichtgerät wieder gegen die Nase.
Der schwere Lastwagen hatte nur einen kleinen Schlenker zur Seite gemacht. Für den Fahrer sicherlich kaum mehr als ein leichter Zug am Lenkrad, doch die Wirkung war nichtsdestotrotz fatal. Die Maschine touchierte das Auto, welches sich neigte und zur Seite ausbrach. Jetzt war überall Staub und für einen furchtbaren Augenblick glaubte Darrel das schreckensverzerrte Gesicht des Mädchens ausmachen zu können, als sie über die Umrandung der Ladefläche fiel.
„Verfluchte Scheiße!“
Er kämpfte den Drang nieder direkt zu seinem eigenen Wagen zu laufen und um Hilfe zu funken. Das würde er natürlich tun, doch er musste sich die Sekunde zurücknehmen, die er brauchte um die Situation besser einschätzen und entsprechend melden zu können.
Der LKW- Fahrer, dieser miese Bastard, fuhr weiter als wäre nichts gewesen. Egal, den würde er sich schnappen wenn er bei den Kids gewesen war, oder man brachte ihn spätestens an einem Einfahrtstoren der Stadt zur Strecke. Es war schließlich nicht so, dass sich dieses Monster großartig verstecken konnte und die Stadt war der einzige Anlaufpunkt im Umkreis von tausenden Rundmeilen.
Aber eins nach dem anderen.
Er fokussierte seinen Blick auf den verunfallten Pickup und stellte mit einiger Erleichterung fest, dass das Auto wenigstens nicht umgekippt war.
Das Gefährt hatte Schlagseite. Vielleicht war bei der kleinen Schleuderpartie ein Reifen von der Felge gesprungen. Auf der rechten, nun tiefer liegenden Seite, hatte der Pickup eine Sanddüne vor sich aufgeschoben. Diese hatte das ausbrechende Fahrzeug nicht nur gebremst, sondern wohl auch vor dem Umkippen bewahrt.
Das Pärchen stieg aus der Fahrerkabine. Sie hielt sich den Arm, er massierte seinen Nacken.
Aber alles in allem schienen sie mit dem Schrecken davongekommen zu sein. Nun erkannte Darrel auch, dass der Junge von der Ladefläche noch genau dort war. Es hatte ihn von den Beinen geholt und er war der Länge nach hingeschlagen, doch auch ihm waren wohl einfach nur die Knochen ein bisschen zum Klappern gebracht wurden. Naja vielleicht ein wenig mehr als das, denn der Zoom zeigte einen Blutstrom, der im von der Nase abwärts das Gesicht verschmierte.
Blieb noch das Mädchen.
Er hoffte inständig, dass sie nur in den Staub gefallen war.
In diesem Moment hoffte er dies nicht einmal um seiner selbst Willen, nicht aus Furcht vor dem Zorn des Papas, der sicherlich weniger Himmel und mehr Hölle in Bewegung setzen würde um ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen, dass er sein Töchterlein zwar der Ausweise wegen kontrolliert, sie aber nicht vor einem wahnsinnig gewordenen Springer bewahrt hatte. In diesem Moment hoffte er um des Mädchens Willen, dass sie sich nur die gemachte Nase im Staub etwas verbogen hatte, dass im schlimmsten Fall ein Arm gebrochen war. Allein, er konnte sie bei den Schwaden aus feinem Staub in der Luft nicht entdecken. Also setzte er das Sichtgerät ab und spurtete zu seinem eigenen Wagen, dabei das Bild verdrängend, was passiert sein mochte, wenn sie bei ihrem Sturz noch so nah am LKW gewesen war das...
Darrel riss die Tür auf und griff nach dem Funkgerät, alle fruchtlosen Spekulationen so gut als möglich verbannend. Das Sprechgerät wechselte in die Linke, damit er den Motor starten konnte.
„Randposten Fünfzehn Drei an Zentrale, kommen!“
Er ließ die Sprechtaste im gleichen Moment los, in dem der Wagen zum Leben erwachte. Der Motor kündete mit einem Brüllen von den vierhundert PS, die ihm innewohnten und blies den Staub aus den vier Ansaugstutzen, als blähe er die Nüstern in Freude darüber die eigene Kraft einmal mehr erproben zu können. Der Wagen schoss vorwärts, während im Inneren eine automatisierte Stimme aus dem Empfänger knisterte.
„Momentan sind alle Kanäle überlastet oder aufgrund von wetterbedingten Störungen nicht verfügbar. Hinterlassen sie eine Nachricht. Diese wird schnellstmöglich an die zuständigen Stelle weitergeleitet.“ Derartiges war so üblich, dass Darrel sich nicht einmal die Mühe machte darüber zu fluchen. Wer am Rand war, der war allein, auf sich gestellt. Alles andere waren Ausnahmen von der Regel. Ein Signalton ertönte und er drückte erneut die Sprechtaste.
„Diese Nachricht muss an die zentrale Einsatzleitung der Wüstenausläuferüberwachung weitergeleitet werden.“ Er wartete kurz um eine klare Trennung zu haben. „Hier spricht Fünfzehn Drei, ich befinde mich bei Markstein Fünfzehn, Ringkilometer Vierzehn.“ Kurz huschten seine Augen von der Piste auf den kleinen Positionsbestimmer, der wie wild in seinem flüssigkeitsgefüllten Gehäuse schwamm und die holprige Fahrt auszugleichen versuchte.
„Über Vierzehn mit drei Strich. Unfall mit erwartetem Personenschaden, möglicherweise Verursacherflucht. Beschreibung Verursacher folgt nach Erstversorgung. Benötigt wird ein Rettungsflieger zu angegebener Position.
Fünfzehn Drei Ende.“
Er hängte das Sprechgerät wieder in die Gabel, nahm sich Zeit hochzuschalten und legte dann beide Hände auf das Lenkrad. Er hatte jetzt die natürliche Rampe passiert, welche den Zugang zu seinem Beobachtungshügel darstellte und trat das Gaspedal durch. Kurz blickte er aus dem Seitenfenster und stellte erleichtert fest, dass der Staubsturm von ihnen weg zog.
Wenigsten etwas!
Während er noch einen Gang höher schaltete, nahm er auf der anderen Seite des kleinen Ausschnitts Wüste, welchen ihn die verdreckte Windschutzscheibe zu sehen gestatte, wahr, dass der LKW keineswegs floh um sich seiner Verantwortung zu entziehen. Vielmehr hatte der Springer in einem weitläufigen Bogen gewendet und kam nun zurück. Dafür gab es zwei mögliche Erklärungen.
Nummer Eins, der Kerl hatte gar nicht mitbekommen was passiert war, weil seine Maschine durch das Rammen des Autos nicht mehr tangiert wurde, als führe sie über einen größeren Stein oder durch eine Bodenwelle. Bei der Fahrweise des Springers war beide sicher keine Seltenheit. Jetzt hatte der Bursche einen Blick in den Rückspiegel geworfen und das Schlamassel gesehen. Dann kam er vielleicht zurück um zu helfen. Wie gesagt, diese Typen waren verschroben und vierschrötig, ließen für gewöhnlich aber auch niemanden in der Wüste zurück ohne zu helfen.
Das wäre die angenehmere Variante.
Version Nummer Zwei war weniger vom Hauch der Nächstenliebe umweht und beinhaltete einen skrupellosen Wichser, der nicht nur einen Unfall verursacht und den Tot von vier Menschen billigend in Kauf genommen hatte, sondern der auch nicht gedachte Zeugen für seine Tat zu hinterlassen.
Darrel legte einen Kippschalter um, woraufhin die Lichtsirenen auf dem Dach seines Wagens zum Leben erwachten. Sie sandten in kurzen Intervallen weißes Gleißen nach allen Seiten. Die Intensität dieses Signals war stark genug, dass man es selbst bei hochstehender Mittagssonne bis zum Horizont zu erkennen vermochte. Der LKW musste es sehen und realisieren, dass hier ein Wüstenbulle Zeuge der ganzen Sache gewesen war. Kein Springer war so dumm sich mit einem aus dem Corps der Randposten anzulegen.
Die Kids hatten ihn auf jeden Fall gesehen. Einer der Jungs stand auf der Motorhaube und winke wild in seine Richtung. Der Sattelschlepper drehte derweil nicht ab, was eigentlich ein gutes Zeichen hätte sein müssen. Trotz der Anwesenheit eines Ordnungshüters schien er helfen zu wollen. Das Darrel dennoch wünschte er wäre näher an der Unfallstelle als der LKW lag daran, dass das rostige Ungeheuer nicht langsamer wurde.
Sein Wagen war schnell, doch der Schlepper war näher dran und jetzt war seine Absicht nicht mehr wegzudenken. Die Abgasfahnen der senkrechten Zwillingsauspuffrohre standen fast waagerecht. Die Jugendlichen winkten immer noch wie irre in seine Richtung, deuteten auf die Stelle wo der LKW sie gerammt hatte. Sahen oder hörten sie dieses heranstürmende Gebirge aus Metall etwa nicht? Waren sie denn blind?
Nein, jetzt drehte sich der Bursche auf der Ladefläche um und auch wenn er für einen Moment so aussah, als wäre er wie vom Donner gerührt regte er sich doch plötzlich.
Was er tat war freilich die größte Dummheit, die ihm hätte einfallen können. Unvermittelt hatte er wieder das Jagdgewehr in der Hand und schien es auch zu benutzen. Genau konnte Darrel das nicht erkennen, da seine eigene kleine Welt aus Motorenlärm Vibration, Geruckel und einem kleinen, verdreckten Sehschlitz von Windschutzscheibe bestand. Alles in Allem nichts, was ihm die Umgebung in Brillanz wahrnehmen ließ. Dennoch meinte er über den Krach seiner eigenen Maschine das Astknacken entfernter Schüsse zu hören. Gut möglich, dass der Junge sogar Glück hatte und den Fahrer erwischte. Die ganze Sache würde dadurch zwar auch nicht weniger kompliziert werden, aber vielleicht verhinderte der Bursche damit, dass er und seine Freunde ihr Leben in dieser unsterbenswerten Gegend ließen.
Das verbliebene Pärchen ließ sich zu einer weniger heldenhaften, aber wie Darrel fand, sehr viel verständlicheren Reaktion hinreißen. Sie rannten, er sie dabei an der Hand hinter sich herziehend.
Der LKW traf den Pick-Up!
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Der Wagen zerplatze regelrecht. Als das Schiebeschild und dann die hässliche Schnauze durch das Fahrzeug brachen, als sei es nicht viel mehr, als eine weitere Sanddüne. In einer Kaskade aus Lichtreflexen flogen Teile nach allen Seiten, Der Motorblock, oder besser der verdrehte Schrott, der er einmal gewesen war, segelte als brennender Brocken Schlacke davon. In dem Chaos des Aufpralls sah Darrel für einen Herzschlag ein rotes Aufblühen, welches sich sogleich mit der Staubwand vereinte. Er musste unwillkürlich an einen fetten Käfer denken, der auf die Windschutzscheibe klatschte. Sein Magen schlug einen Salto und das lag nicht am Tempo seiner Fahrt.
Der LKW hupte mit dem Triumpfgebrüll einer urzeitlichen Bestie. Brachial und gleichzeitig fröhlich.
Die beiden Flüchtenden hatten ebenso wenig eine Chance auf Überleben, wie Darrel eine Chance hatte sie rechtzeitig zu erreichen.
Sie blickten sich immer wieder nach dem Monstrum in ihrem Nacken um, welches den Abstand spielerisch schrumpfen ließ. Der Grenzer brüllte vor Frustration, hieb zornig gegen den Wagenhimmel, als wolle er ein störrisches Reittier zu mehr Geschwindigkeit anspornen. Sein Dienstwagen arbeitete an der Leistungsgrenze und die Temponadel des Tachometers zitterte im roten Bereich. Das Paar starb in keinster Weise so, dass es für eine romantische Erzählung als Stoff hätte dienen können. Dafür war nicht nur die Art des Verhängnisses verantwortlich, sondern auch der Umstand, dass der Bursche die Hand seiner Freundin abschüttelte und dem Tod so einige Meter abtrotzte. Das war keine schöne Sache, auch wenn Darrel es auf beschämende Art und Weise nachvollziehen konnte.
In den letzten Sekunden waren sich vermutlich die meisten Menschen selbst der Nächste.
Das Mädchen wurde von dem LKW regelrecht verschluckt. In einem Moment war sie noch da, dann kam die Bestie über sie und tilgte sie schlicht und unspektakulär vom Angesicht dieser Welt. Kein Blut, keine fliegenden Gliedmaßen, zumindest nicht so das man sie ausmachen konnte. Was sich in der Bugwelle aus Staub abspielte sah gewiss anders aus.
Der Junge drehte sich vor dem Ende noch einmal um, blickte seinem Verfolger in die hässliche Fratze. Dann war auch er an der Reihe. Das schnelle Ableben seiner Gefährtin war ihm nicht vergönnt. Darin mochte eine Ironie, ausgleichende Gerechtigkeit liegen, oder schlichtes Pech. Der LKW nahm ihn auf die Hörner und für schrecklich lange Sekunden konnte der heranrasende Polizist mit ansehen, wie der Bursche schreiend auf dem Räumschild der Zugmaschine hing. Wie er den Aufprall überlebt hatte blieb Darrel schleierhaft, aber das kreideweiße Gesicht in dem Wirbel aus rotem Staub lebte definitiv noch.
Sekunden, die sich zu Ewigkeiten zu strecken schienen, hing der Junge zwischen den rostigen Zähnen der Bestie, wie eine grausige Kühlerfigur oder eine Jagdtrophäe. Dann rutschte er langsam. Er wurde Stückchenweise unter den Stahl gezogen und verschwand schließlich ganz.
Der LKW wurde ein wenig langsamer, Darrel nicht.
Er hielt direkt auf das Fahrzeug zu, steuerte mit einer Hand und zog mit der anderen seine Pistole. Es war eine schwere Waffe, dazu bestimmt dem Gesetz auch in den gesetzlosesten Gegenden Geltung zu verschaffen. Trotzdem, nicht einmal die Hohlspitzgeschosse würden bei dieser Geschwindigkeit eine Wirkung auf die Reifen des LKWs haben. Noch so ein Groschenheftmythos. Das Zerschießen von Reifen in voller Fahrt war alles andere als ein Leichtes. Die Kugeln prallten von den sich schnell drehenden Rädern ab. Außerdem hatten diese Lastzüge oftmals verstärkte Doppelreifen. Doch selbst wenn er all diese Fakten nicht gewusst hätte, Darrel hatte nicht die Absicht dem Bastard nur die Reifen zu zerschießen.
Die jungen Städter hatte er nicht retten können, blieb also nur sie zu rächen.
Er ging vom Gas, trat die Bremse und ließ den Wagen herumschleudern. Die Fliehkraft war so groß, dass sich sein Gefährt fast einmal um die eigene Achse drehte. Darrel ließ es geschehen, senkte den Fuß wieder auf das Gaspedal und verfolgte den LKW jetzt auf gerader Linie, schloss schnell auf. Der Mordwagen ließ sich von seinem Verfolger nicht stören. Er lenkte leicht ein, um im weiten Bogen auf seinen ursprünglichen Kurs zurück zu finden. Der Mord an den vier Jungendlichten kaum mehr als ein kurzes Intermezzo, eine heitere Unterbrechung einer ansonsten langweiligen Fahrt durch die Wüste.
Darrel tauchte in den Schweif aus Staub ein. Spielerisch kam er auf eine Höhe mit der Fahrerkabine. Dieser Vorteil war umso schmerzlicher, da er nicht schnell genug gewesen war um den Kids beizustehen. Das Protokoll sah vor, dass er den Schlepper über den Lautsprecher auf dem Dach anrufen und zum Anhalten auffordern sollte. Doch das würde nicht geschehen. Ein Knopfdruck an der Lenkradarmatur ließ die Scheibe auf der Beifahrerseite herunter gleiten. Heulend brach der Fahrtwind ins Wageninnere ein und brachte roten Staub, Hitze und brüllenden Motorenlärm mit sich. Mit Zeigefinger und Daumen schob Darrel sich die Schutzbrille vor die Augen, das Halstuch vor Mund und Nase. Die Pistole legte er dabei nicht aus der Hand. Vielmehr klickte er den Sicherungshebel um und die verchromte Schutzkapsel an der Front der Waffe teilte sich und gab den Lauf frei.
Der LKW stieß nach ihm! Er schwenkte träge aus, ein halbherziger Versuch den Polizeiwagen zu rammen, kaum mehr als ein Büffel, der mit dem Schwanz nach lästigen Fliegen schlägt. Dem Angriff zu entkommen war ein Leichtes, ein kleines Rucken am Lenkrad und das Auto entzog sich dem Stoß. Darrel musste ohnehin etwas Abstand gewinnen um die hoch liegende Fahrerkabine ins Visier zu bekommen.
Er hob den Arm, zeigte mit der Mündung auf Tür und Seitenfenster des LKWs.
Er feuerte!
Die Pistole bockte in seiner Faust, einmal, dreimal, fünfmal, dann ein siebtes Mal. So schnell wie Darrel befähigt war den Finger zu krümmen spuckte sie ihre tödlichen Insassen auf den Schlepper. Ein kleiner Kreis aus silbernen Stanzlöchern entstand dort, wo der Polizist den Fahrer vermutete, dann zeichneten zwei Kugeln Spinnennetze in die dreckverkustete Scheiben. Das Glas zersprang nicht, auch wenn Darrel sicher war, dass seine Munition selbst durch das kugelsicheres Glas gedrungen sein würde.
Was Folgte untermauerte seine Vermutung.
Der LKW bremste abrupt ab. Die Kaskaden aus Staub steigerten sich noch einmal. Der Polizeiwagen schoss weiter, während der Laster langsamer wurde. Kreischende Bremsen, in der alles umhüllenden Wolke brach der Auflieger unvermittelt aus, schwenkte nach einigen Metern wieder hinter der Zugmaschine ein, schlingerte in die andere Richtung, drohte für einem Moment zu kippen und fing sich dann. Der Bremsweg war lang doch schließlich kam der LKW tatsächlich zum Stehen. Auch Darrel wurde langsamer, fuhr eine Kurve und näherte sich dem gefällten Monster im Schritttempo. Träge verzog sich die rote Wolke und gestatte nun erstmals einen ganzheitlichen Blick auf das waidwunde Ungeheuer. Die Fracht des Fahrzeuges stellte ein Konstrukt dar, das an einen Tank gemahnte, aber keinerlei Deckel oder Befüllungsöffnungen aufwies. Unter als dem verharschten Schmutz war eine Farbe schwerlich auszumachen, auch wenn Darrel auf irgendetwas in Richtung weißlich tippte. Nun, wo der Motor seines eigenen Wagens, mit dem Langsamerwerden etwas weniger brachial röhrte, konnte er hören, dass von dem LKW ein durchgehender Hupton ausging. Ansonsten zeigte das Vehikel keinerlei Aktivität mehr.
Der Wagen hielt knirschend auf dem steinigen Boden. Ohne den Blick von der durchgehend hupenden Bestie zu nehmen, schob er ein neues Magazin in die Waffe und wartete auf das kurze Doppelpiepen, welches den korrekten Ladezustand bescheinigte. Dann öffnete er die Tür und stieg aus.
Er näherte sich zügig aber nicht überhastet, die Waffe in die Armbeuge der angewinkelten Linken gelegt. Sein Blick zuckte zu dem Räumschild, in dessen verbeulter unterer Hälfte Steine steckten. Weiter oben hatte sich etwas verfangen, was von der Größe her auch ein Stein hätte sein können, ihn aber aus entsetzten, wenngleich leblosen Augen anstarrte. Darrel gönnte sich keinen Moment des Ekels. Auskotzen konnte er sich, wenn das ganze hier vorbei war.
In gemessenem Abstand hatte er die lange Schnauze des LKWs hinter sich gelassen und kam nun auf Höhe der Fahrertür.
„Hey!“ Versuchte er das Quäken der Hupe zu übertönen, deren Nerv tötendes Monotongeräusch langsam in den Ohren zu schmerzen begann.
Keine Reaktion. Dort wo die Tür mit dem Rahmen der Kabine abschloss, tropfte es rot heraus. Auf dem Trittbrett hatte sich bereits eine kleine Lache gebildete, auf der sich Staubkörner von gleicher Farbe abzeichneten. Darrel war versucht noch ein Magazin durch die Tür zu jagen, nur um auf Nummer sicher zu gehen. Ließ es dann aber. Er wollte in seinem Bericht nicht mehr Protokollbrüche verschleiern müssen als nötig.
Langsam näherte er sich der Seite, Schritt für Schritt. Wäre in diesem Moment das Hupen verstummt, er hätte die Kabine trotz aller Überlegungen zersiebt. Aber das geschah nicht. Quälend dröhnte das Signalhorn vor sich hin. Halb um es endlich hinter sich zu bringen, halb um das Geräusch abzuwürgen, setzte er einen Fuß auf den untersten Tritt, riss die Tür auf und sprang im selben Moment zurück.
Die Tür schwang auf, etwas zögerlich, da sie durch ihr Alter und das eigene Gewicht schräg in den Angeln hing. Aus dem Inneren der Kabine drang ein erbärmlicher Gestank. Ein Geruch nach altem Schweiß, verbrauchter Luft, Fäkalien, Blut und undefinierbarer, schwerer Süße. Der Fahrer hing zusammengesackt auf dem gewaltigen Lenkrad. Doch nicht sein vornübergebeugter Körper hatte die Hube ausgelöst, wie Darrel es vermutet hatte. Vielmehr war der rechte Arm des Truckers nach oben verrenkt und hing schlaff im Seilzug des Signalhorns. Richtig, diese Wüstenschiffe hatten meist Zughupen der alten Art. Diesen Irrtum seinerseits nahm Darrel jedoch nur am Rande wahr. Zu sehr war er von dem Toten eingenommen. Was war das für ein Typ?
Der Kerl trug eine Art Schutzanzug, oder eher noch eine Rüstung. Metallplatten schützen den Körper. Rot mit goldenen Applikationen, alles verschnörkelt und verziert. Er wusste nicht woher, doch das Wort „Barrock“ trieb durchs Darrels Geist. Kunstvoll und verspielt, dabei doch aggressiv, wie ein bösartiges Insekt, dessen schillernder Panzer nicht über die Zangen des Kiefers hinwegtäuschen können. Der Tote, dass er tot war verrieten die Einschusslöcher in der Seite, aus denen dunkles Blut träge hervor sickerte, hatte eine Atemflasche auf dem Rücken. Unmöglich sich damit bequem im Sitz zurückzulehnen, er musste permanent vorgebäugt und verkrampft hinter dem Lenkrad gehockt haben. Schwarze Schläuche führten zu einer Maske, die in ihrer Gestaltung an die Fratze irgendeines Fabelwesens oder Dämons gemahnte.
„Was zur Hölle bist du denn für einer?“ Fragte er den Leichnam durch das dämpfende Tuch vor seinem Gesicht hindurch. Die Leiche blieb ihm die Antwort schuldig. Dass der Fahrer nicht nur den Toten spielte um seinen Angreifer zu täuschen war ziemlich eindeutig. Die abstruse Rüstung hatte der panzerbrechenden Munition des Polizisten keinen wirklichen Widerstand leisten können. Vier der abgegebenen Schüsse hatten ihr Ziel gefunden und da das Blut nur mehr aus den Wunden tröpfelte, stand kein funktionierendes Herz mehr dahinter, welches die Zirkulation vorantrieb. Darrel steckte die Waffe in das Halfter zurück und setzte erneut einen Fuß auf den Tritt. Er drückte sich hoch und lehnte den Oberkörper in die Kabine. Wenn der Tote dieses Atemgerät benutzt hatte um dem selbst fabrizierten Gestank zu entgehen, dann hatte er gut daran getan. Darrel würgte ob der Dünste, die die Kabine beherrschten. Er zerrte am Arm des Toten herum, um ihn aus der Leine des Signalhorns zu befreien. Der leblose, gepanzerte Arm war schwer aber letztlich gelang es ihm und nach Motoren, Schüssen und Hupe war die einsetzende Stille ohrenbetäubend.
Seine Bemühungen hatten zur Folge, dass der Tote zur Seite kippte und auf ihn zu rutschte. Da Darrel darauf aus war so wenig Körperkontakt wie möglich mit diesem stinkenden Verrückten in Kauf zu nehmen, schwang er sich wie ein Affe zur Seite und ließ den Körper an sich vorbei ins Freie sacken. Hart schlug die Leiche auf und wenn er nicht schon hinüber gewesen wäre, jetzt wäre er es vermutlich gewesen. Denn sein Kopf wurde unnatürlich zur Seite genickt, als er mit dem gesamten Gewicht seiner abstrusen Rüstung darauf landete. Es knirschte unschön. Darrel blickte von Oben auf den Toten und hätte sich gewünscht grimmige Befriedigung zu verspüren, den Mörder der Jugendlichen so entwürdigt zu seinen Füßen zu sehen. Doch die ganze, surreale Situation und das langsam abflauende Adrenalin in seiner Blutbahn, ließen ihn im Augenblick gar nichts fühlen. Das würde heute Abend kommen, wenn er auf der Sache bei einem Whisky herumdachte. Doch bis dahin würde er noch einiges zu tun haben und noch mehr erklären müssen. Er wandte den Blick ab und konzentrierte sich wieder auf die Fahrerkabine. Vielleicht ließen sich Hinweise auf die Herkunft des LKWs finden. So etwas wie Frachtpapiere oder eine Routenliste. Doch seine diesbezügliche Hoffnung schwand schnell. Der Fahrer war ganz eindeutig des Wahnsinns Beute gewesen. Die gesamte Fahrerkabine war mittels Fettkreide mit kantigen, irgendwie bösartig aussehenden Symbolen beschrieben. Jeder noch so kleine Freiraum war damit beschmiert wurden. An der Decke hing ein funktionsuntüchtig aussehendes Funkgerät, von dessen Halterung ein abartiger Fetisch aus Federn, dem verwachsenen Totenkopf eines kleinen Vogel und… Darrel würgte… einem menschlichen Ohr hing. Darum schwirrten Fliegen. Der Wüstencop spuckte bittere Galle in den Fußraum, in dem sich der Müll stapelte. Verpackungen von Notrationen, irgendwelche Buchseiten, Getränkedosen und Essensreste. Nur um die Pedale waren Mulden in diesen Teppich aus Abfall gescharrt wurden. Es bedurfte einiges an aufgebrachter Willenskraft sich weiter nach vorn zu beugen um das Handschuhfach zu begutachten. Dabei fiel ihm die Puppe auf, die ordentlich auf dem Beifahrersitz saß. Absonderlich, dass es bei der wilden Fahrt nicht in den Fußraum gefallen oder wenigstens zur Seite gekippt war. Es war eines dieser billigen Dinger, wie sie Kinder für ein paar Schekel auf dem Rummel gewinnen konnten. Sie war nackt, es fehlte ein Arm und man hatte ihr mit Lippenstift ein breites Grinsen auf das Gesicht gemalt. Irgendwie zog das für Darrel einen dicken Strich unter das Urteil es mit einem komplett Irren zu tun gehabt zu haben. Mehr noch als selbst der Mehrfahrmord und die durchgeknallte Aufmachung des Toten. Er ignorierte das entstellte Spielzeug angestrengt und langte nach dem Handschuhfach, in dem der letzte Funken Hoffnung irgendeine Art von Identifizierung glomm. Das sich der Vorhang bewegte, der die Fahrerkabine von der schmalen Schlafkabine hinter den Sitzen abtrennte, registrierte er zwar, doch seine geschundenen Nerven sahen darin seine eigene Schuld. Zu sehr hatten Körper und Geist sich darüber geeinigt, dass der Kampf erledigt war und dass es nun galt die Scherben aufzufegen. Erst als er das Unendlichzeichen des stummeligen Flintenlaufes sah, blitzte Ärger über die eigene Nachlässigkeit auf. Seine Hand zuckte zur Waffe, der Donner der Entladung kam schneller.
Die abgefeuerten Läufe spien ihren Inhalt auf den Polizisten und trafen in an Hals und Brust. Seine halb aufgerichtete Haltung, gepaart mit dem Hammerschlag des Treffers, warf ihn zurück und schleuderte ihn aus der Kabine. Schmerzen explodierten in seiner Brust und er bemerkte den harten Aufprall auf der Leiche des Fahrers gar nicht. Er wusste nur, dass er plötzlich im Freien war, in einer Wolke aus Staub und sich mit den Beinen von dem Toten abstieß, was ihn ein paar kümmerliche Meter von der Zugmaschine weg brachte. Er tastete nach seinem Hals und fasste in ein breiiges Schlamassel, dass feucht und sämig an seinen Fingern klebte. Er konnte nicht atmen, als ob er unter Wasser wäre, als ob er Wasser schluckte. Aber das war doch albern, er war in der Wüste. Er wollte etwas sagen, wollte Fluchen, um Hilfe rufen oder seine Verwunderung über alles hier äußern, er wusste es selbst nicht. Doch dem was von seiner Kehle noch übrig war, entrang sich nur ein gurgelndes Stöhnen. Mit verschwimmenden Blick konnte Darrel ausmachen, wie sich im Halbdunkel der Fahrerkabine eine Gestalt abmühte sich zwischen den Sitzen hindurch aus der Schlafnische hervorzuschieben. Diese Person trug auch so einen merkwürdigen Schutzanzug, auch wenn die Verzierungen und die Maske nicht eins zu eins der des Toten glichen. Auch war diese Person zierlicher und etwas kleiner als der leblose Fahrer. Vielleicht eine Frau. Darrel spekulierte darüber, auch wenn ihm klar war, dass er sich eher darüber Gedanken machen sollte, dass er nicht mehr richtig atmen konnte und dass seine Beine kalt und taub zu werden begangen. Er ließ von seinem Hals ab und schob sich halb liegend, halb auf dem Hintern rutschend, ein weiteres Stück von dem LKW und seiner tödlichen Fracht weg. Dabei musste er Blut von dem erschossenen Fahrer mit sich gezogen haben. Es war doch unmöglich, dass die rote Schleifspur von ihm stammte.
Die Tür der Kabine quietschte, als der Beifahrer sich an ihr fest hielt und mit den schweren Stiefeln Halt auf dem blutnassen Tritt suchte. In der anderen Hand hielt sie eine rostige, noch rauchende Schrotflinte mit abgesägtem Lauf. Als letzte Stufe nutzte sie den Körper ihres leblosen Kameraden. Darrel hatte seine eigene Waffe ziehen und die Frau erledigen können. Doch in seiner Situation kam er gar nicht auf den Gedanken. Er war zu sehr damit beschäftigt dem Tod ein paar weitere, feucht keuchende Sekunden abzuringen.
Die Frau in der Rüstung versuchte die Schrotflinte zu öffnen, scheiterte aber an dem schlechten Pflegezustand der Waffe. Sie drehte den Oberkörper ein wenig und warf sie zu dem restlichen Müll im Fußraum der Kabine. Ohne Hast machte sie zwei Schritte auf den Polizisten zu, der seinerseits versuchte von ihr fort zu kriechen. Gleichwohl ein reichlich aussichtsloses Unterfangen. Jetzt konnte er den Atem der Frau hören, der vernehmlich durch die Schläuche ihrer Maske rasselte und seine eigenen Bemühungen, Luft in die Lungen zu ziehen, zu verspotten schien. In ihrem hastlosen Schritt ging sie leicht in die Hocke und zog eine lange, boshaft gezähnte Klinge aus ihrem Stiefelschaft. Diese Waffe war ebenso braun von Rost wie die Flinte. Doch die Schneide glänzte in geschliffener Schärfe. Dieses oxidierte Stück Stahl verhieß kein erlösend schnelles Ende und brachte Darrel dazu sich nun doch seiner Waffe zu entsinnen. Er nestelte mit tauben und schlüpfrigen Fingern am Holster herum, bekam den Druckknopf jedoch nicht auf. Eine Tätigkeit, die ihm ansonsten keine bewusste Wahrnehmung mehr wert gewesen war. Es war ohnehin zu spät. Die Frau war heran und kniete sich neben ihn. Ihre behandschuhte Hand ging ebenfalls zum Halfter. Sie drückte seine Hand fast sanft beiseite, schlug sich dann etwas energischer fort, als er seinen Versuch nicht aufgeben wollte. Nicht brutal. Eher wie bei einem störrischen Kind, das die Dummheit der eignen Handlung nicht einsehen wollte. Mit frustrierender Leichtigkeit zog sie Darrels Pistole, besah sie sich kurz und warf sie dann weg. Die Waffe landete etwa zwei Meter weiter im Staub und hätte damit auch am anderen Ende der Wüste liegen können. Die Frau, dass es definitiv eine war konnte Darrel erkennen, wenn er in die Augen hinter den schmierigen, runden Sichtgläser der Maske sah, betrachtete ihn nur. Blickte ihn ausdruckslos an, atmete aufreizend schwer durch den Filter. Selbst ohne das Messer in ihrer Hand hätte Darrel nun keinen Angriff mehr auf sie unternehmen können. Alle Kräfte hatten ihn verlassen, sein Leib war nur noch ein kalter Klumpen Fleisch, die Ränder seines Sichtfeldes wurden bereits grau, die Farbe schien aus der Welt zu tropfen wie der Lebenssaft aus ihm ran.
„Wa…“ Mehr ein krächzender Laut als ein wirkliches Wort, doch die Frau schien zu verstehen. Sie legte den Kopf schräg und ihr Blick lächelte. Darrel konnte sehen, dass eines ihre Augen rot war, weil Äderchen darinnen geplatzt sein mussten.
„Warum?“ Ihre Stimme war angenehm, wenn auch durch das Material ihrer Maske gedämpft wie durch Watte. Der Polizist konnte bereits nicht mehr tun, als mit zunehmender Entrückung zu ihr aufzublicken. Alle verbleibende Kraft floss in die Bemühung neben Blut auch etwas Luft einzusaugen.
Sie blickte auf, als überlege sie oder horche auf ein fernes Geräusch. Dann sah sie flüchtig über die Schulter und zu dem LKW. Das Monster stand stumm da, warf einen scharf geschnittenen Schatten und sein Schiebeschild ließ es grinsen.
Die Frau sah wieder zu Darrel, hob das Messer und tippte sich mit der Spitze zwei Mal gegen das Sichtfenster über dem blutigen Auge. Das leise Klicken, mit dem der Stahl das Glas berührte, hörte Darrel sogar über dem auffrischenden Wind.
„Auf roten Rössern tragen wir den Wahnsinn zu euch.“ Die Worte klangen verträumt, als spräche sie mehr zu sich selbst als zu dem Mann. Letztlich stimme das auch, denn der Verwundete hatte aufgehört zu atmen und lag nun still. Sie lauschte wieder, während ihr Gesagtes vom Wind in die Wüste getragen wurde und sich roter Flugsand an dem Toten fing und seine Konturen bereits dem Land anglich. Die Frau ließ das ungebrauchte Messer wieder im Schaft ihres Stiefels verschwinden und erhob sich. Ohne den Kopf noch einmal nach dem toten Grenzer umzudrehen ging sie zurück zum LKW. Sie nutzte die Leiche wieder um auf deren ursprünglichen Platz zu klettern. Ihre Hand griff nach der Tür und der LKW verschluckte sie.
Schwarze Abgaswolken aus den aufragenden Auspuffrohren begleiteten das Erwachen des Motors. Der Schlepper ruckte an und beschrieb einen Bogen. Das Hinterrad der Zugmaschine überrollte die ausgestreckten Beine der gepanzerten Leichte und zerquetschte sie, ohne dass sich der Reifen auch nur spürbar hob. Dann passierte der LKW das Polizeiauto, auf dessen Dach noch immer Lichtsignale Aufmerksamkeit einforderten.
Langsam sein Tempo steigern, richtete sich die Bestie wieder auf die Stadt aus, die irgendwo hinter dem Horizont liegen musste.
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Von hier kommend...
„Hoffnungsschimmer“ war ein sehr pathetischer Name für einen alles andere als pathetischen Ort.
Eine Siedlung, ein Dorf konnte man es fast nennen, das sich auf beide Seiten der Bresche erstreckte. Zentrum war natürlich die Brücke, welche den Abgrund überspannte und ganz klarer Dreh- und Angelpunkt es Ortes war. Dabei konzentrierten sich die Wohn- und Wirtschaftsgebäude überwiegend auf den gohmrseitigen Bereich, während jenseits davon alles auf Kontrolle und Abwehr ausgelegt war. So spannte sich eine Mauer aus Schlacke, Felsbrocken und im Großteil aus Stahlschrott um die Hälfte des Ortes, die auf Seite der Vorwüste lag. Selbst einige Türme aus Stahl aller Art reckten sich in den Himmel.
Die Brücke hatte Platz genug für große Lastwagen, war aber an den Rändern ebenfalls befestigt, so dass Angreifern aus dem öden Land auf jedem Meter mit erbittertem Widerstand begegnet werden konnte.
Der Blaine zog natürlich die Aufmerksamkeit auf sich, wie ein frischer Kadaver die Fliegen. Krude Fahrzeuge gab es genug. Von einfachen Pickups, über LKWs aller Art und Dingen, die mehr Panzern als Nutzgerätschaften glichen.
Doch einen Landzug von der dreuenden Präsenz des Blain war schon eine ganz eigene Hausnummer. Die Siedlung hatte eine Hauptstraße, an welcher sich die wichtigsten Instruktionen drängten und die schnurgerade auf die Brücke zufuhr.
Hier versammelte sich eine vierschrötige Schar aus abgehärteten Menschen. Selbst die Kinder sahen aus, als hätten sie in den wenigen Jahren ihres Aufderweltseins bereits genug gesehen, dass es für ein ganzes Leben reichte.
Die Staubwolke verzog sich träge, ohne das die Neugier jemanden dazu verleitet hätte näher an das sonderbare Vehikel heranzutreten. Die Bewaffnung des Blaine sprach zu sehr dafür, eben genau das nicht zu tun. Auch die Bewohner von Hoffnungsschimmer waren bis an die Zähne bewaffnet, wobei ein jeder den Eindruck machte Willens und befähigt zu sein dieses Arsenal auch einzusetzen. Als sich die Ires der Tür öffnete und im rötlichen Licht der Schleuse die Umrisse von Sindri und Hector beschienen, wie sie in Roben gehüllt und von Servoschädeln umschwirrt, dastanden, ging ein Raunen durch die Menge. Die Menschen senkten den Kopf, einige sanken gar auf die Knie.
Kurt spielte die zweite Geige in der zweiten Reihe und war nicht unglücklich darüber. Er trug den Overall, seine beiden neuen Revolver auf Hüfthöhe umgeschnallt. Allein mit diesen Waffen hätte er Eindruck gemacht, aber im Schatten der beiden Techpriester hätte er genauso gut unsichtbar sein können.
Nicht verkehrt, wie gesagt.
Kurts Blick schweifte die Anwesenden nur kurz. Er kannte diesen Menschenschlag zum einen von den Übungen in dieser Gegend, zum anderen weil es sie überall im Imperium gab.
Die Aasfresser der Menschheit. Das meinte er nicht einmal despektierlich. Sie profitierten von dem, was eine Gesellschaft übrig ließ, wenn sie erst einmal kollabiert war. Daran war nichts auszusetzen.
Doch ihn interessierte mehr was es hier an Amüsierbetrieben gab.
Eine Fabrik war das größte Gebäude auf dieser Seite der Bresche. Zumindest vermutete Kurt das es eine Fabrik war. Ein langgezogener Betonbau, der irgendwann in der Vergangenheit, vermutlich im Zuge der Katastrophe, zur Hälfte zusammengefallen sein musste. Der dadurch fehlende Part war mit Schrott und Wellblech ersetzt wurden. Die zwei Schornsteine, von denen einer zu einem Großteil abgebrochen war, stießen schwarzen Rauch aus. Sicher wurde hier die Beute der Schrottsammler weiterverarbeitet.
Wohnhäuser, sogar viele mehrstöckig. Auch hier waren Ruinen mit Wellblech und allem anderen Material erweitert und repariert wurden.
Dann fiel sein Blick auf etwas, das seinen Goldzahn durch einen empor wandernden Mundwinkel aufblitzen ließ.
„Zum Absturz“ verkündete eine Neonreklame. „Alkohol, lizenzierter Sex und keine erlaubten Mutanten“, verkündete ein kleineres Schild darunter. Zeichen und Wunder.
Dachte Kurt und konnte es kaum erwarten, dass die beiden Priester mit irgendwelchen wichtigen Personen der Siedlung konfrontiert wurden. Dann konnte er nämlich endlich beginnen… Recherchen zu betreiben.
Auch dieses Mal schien der Gottkaiser auf seiner Seite zu sein. Durch die ehrfürchtige Menge schob sich ein stämmiger Mann, mit einem Bein. Er ging auf Krücken, bewegte sich aber so schnell, wie es mancher jüngere und gesündere Mensch nicht geschafft hätte. Ein breitkrempiger Hut beschirmte sein zerfurchtes Gesicht und Strähnen langen weißen Haares wehten hinter ihm her. Er trug eine Brille, welche wohl eine Augenklappe ersetzte. Denn ein Glas fehlte, während das andere mit Ruß geschwärzt wurden war. Am Oberschenkel steckte eine kurzläufige Flinte in einem Holster, auch wenn nur schwer vorstellbar war, wie er diese Waffe ziehen wollte. Im folgte eine untersetzte Frau, mit Kurzhaarschnitt und Oberarmen wie ein Bergarbeiter. Sie war in eine Mixtour aus Uniformsteilen gekleidet. Der zerkratzte Brustpanzer der PVS, einen Helm der imperialen Armee am Gürtel und Flecktarnhosen in grün und braun. Das sie jemand von Rang war wurde schon allein dadurch belegt, dass sie wirklich und wahrhaftig eine Boltpistole ihr Eigen nannte. Eine jener Varianten, die neben den Ausführungen der Space Marines für die Proportionen normal Sterblicher geformt waren und wohl auch aus irgendwelchen Armeebeständen stammte.
Ich bin Obmann Harry O`Donnell. ergriff der Mann das Wort und spuckte einen klumpen schwarzen Kautabaks auf die Straße. Einige der Umstehenden quintierten dies mit missbilligendem Kopfschütteln, in Anbetracht dieses außergewöhnlichen Besuchs. O`Donnell schien daran keinen Anstoß zu nehmen.
Gewählter Sprecher und Oberhaupt von Hoffnungsschimmer. Er sprach im fließenden Akzent Gohmors, garniert mit dem harten Einschlag der Slums. Bei mir ist meine Stellvertreterin und Ordnungsobere Maélys Korrten. Wir begrüßen die hohen Herrschaften des Adpetus Mechanikus in unserer bescheidenen Siedlung. Was verschafftn uns die Ehre ihres hohen Besuchs?
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Als der Blaine mit einem finalen Dröhnen seiner Plasmaturbinen zum stehen kam und sich die massive Sicherheitstür auf gut geölten Laufrollen beiseite schob eröffnete sich Hector ein Anblick, der ihn an die kleinen Siedlungen der Schrottsammler auf dem heiligen Mars zurückdenken ließ: „Hoffnungsschimmer“ bestand aus einet losen Gruppe schiefwinkliger Gebäude, von denen manche noch als veraltete Präfabrikate zu erkennen waren, wie sie die imperiale Garde bei der Errichtung von Feldlagern verwendeten. Der Großteil jedoch bestand aus einer wilden Mischung aus rotbraunem Sandstein und allem, was die Bewohner im Umland und am Grund der Bresche fanden. Stahlträgern, Gummidichtungen, Aluminium- und Carbonplatten, Fiberglasscheiben… Das Leben an diesem unwirtlichen Ort hatte seine Bewohner offenbar in gleichem Maße einfallsreich werden lassen, wie es sie abgehärtet hatte. Über ausnahmslos jedem Bau lag ein dünner, rötlicher Film aus Sandstaub und Rost, der die Siedlung beinahe nahtlos in den Hintergrund der Wüstenlandschaft einpasste.
Noch bevor sich der, von den Ketten des Zugs in Massen aufgewirbelte Staub gelegt hatte, waren alle Zugänge des zentralen Platzes mit neugierigen Menschen gefüllt, die aus gebührendem Abstand das Stahlungetüm bestaunten, das so unerwartet in ihrem ruhigen Dorf aufgetauht war und nun wie ein wartendes Raubtier in trügerischer Bewegungslosigkeit in ihrer Mitte stand. Aus der Menge lösten sich zwei Gestalten und traten an die Besucher heran, während Hector und die übrigen Mitglieder ihrer Expedition den Zug über eine ausklappbare Treppe verließen. Während sich der rüstige Mann als Vorsteher der Siedlung vorstellte, musterte Hector die beiden durch die verschiedenen Filter seines Auspex. Harry O’Donnell, wie der Mann sich selbst vorstellte, machte zwar auf den ersten Blick einen eher simplen und gebrechlichen Eindruck, jedoch wusste Hector, dass natürlicher Respekt gegenüber älteren Menschen außerhalb der relativen Zivilisation der mittleren und oberen Bezirke einer Makropole ein rares Gut war. Wenn O’Donnells Stellung nicht auf seine körperliche Konstitution zurückzuführen war, dann musste er einen deutlich helleren Kopf haben, als es sein unterwürfiges Auftreten scheinen ließ. Die Soldatin, die zumindest auf den zweiten Blick über ihre Streifen als Majorin der Planetaren Verteidigungsstreitkräfte zu erkennen war, viel neben ihrer beeindruckenden Statur insbesondere durch ihre unorthodoxe Bewaffnung auf und ein rotes Warnsignal in Hector’s Sichtfeld bestätigte seine Vermutung, dass Korrten mit einer waschechten Boltpistole bewaffnet war. Bolt-Waffen waren nicht nur selten, sondern auch sehr potent und selbst die Miniaturvariante der, ursprünglich für die Astartes entworfenen Pistole konnte einem untrainierten Menschen durch den enormen Rückstoß den Arm auskugeln… Nachdem der Ortsvorsteher seine Begrüßung beendet hatte, verneigte Hector sich leicht vor seinen beiden Gegenübern, kreuzte die Hände zum Zahnrad und antwortete in einer Lautstärke, die zwar deutlich war, jedoch nicht über die Ohren seier beiden Gesprächspartner hinaus trug. „Ave Deus Mechanicus, Obmann O’Donnell, Majorin Korrten. Ich bin Hector Aruken, Priester des Maschinengottes. Meine Begleiter sind mein Bruder Sindri und Herr Messer, ein lokaler Sicherheitsberater aus der Hauptstadt.", begann er und wies mit der Hand neben und hinter sich auf Sindri und Kurt."Wir kommen aus Magnus Rega und befinden uns auf einer dringlichen Mission, die uns für längere Zeit in jedem Sinne des Wortes in die Wüste schicken wird. Hiervor wollten wir nicht nur Hoffnungsschimmer für eine letzte kurze Rast vor unserer Fahrt nutzen, sondern darüberhinaus auch um die Erlaubnis bitten, die örtliche Brücke für die Überquerung der Bresche nutzen zu dürfen sowie Informationen über die Sicherheitslage in den Ebenen östlich von hier einzuholen. Unsere eigenen Berichte diesbezüglich sind nicht unbedingt aktuell und wir würden unangenehme Begegnungen abseits der Zivilisation gerne vermeiden.“ Hector ließ seinen Blick unverfänglich zwischen O’Donnel und Korrten hin und her schweifen, wobei er nicht nur einen möglichst ungezwungenen Eindruck machen wollte, sondern gleichzeitig ihre Gesicher auf irgendwelche unbewussten Reaktionen hin überwachte.
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Die beiden Oberen des Dorfes warfen sich einen langen Blick zu.
In diesem ließ sich viel lesen. Sowohl Überraschung, als auch Besorgnis. Erstes war sicher nicht nur auf den Umstand zurückzuführen, dass der Adeptus ihre beschiedene kleine Siedlung für einen Zwischenstopp ausgewählt hatte. Hinzu kam die relativ umgängliche Art Hectors, die kaum in das Bild passen wollte, welches ein gewöhnlicher Mensch von den Dienern des Maschinengottes hatte.
Das er mit ihnen sprach war schon einmal ungewöhnlich. Das er es dann auch noch sehr respektvoll tat und sogar einen kleinen Scherz machte war absolut atypisch.
Die Besorgnis stellte sich bei der Erwähnung der Wüste als Reiseziel ein. Das mochte eine natürliche Reaktion darstellen, schließlich kam von diesem Ort nur Unliebsames. Banditen, Mutanten, Beduinen und nicht zuletzt Stürme in allen nur erdenklichen Arten.
Gestatten sie mir, nahm O’Donnell den gesponnen Faden wieder auf, ihnen die wenigen, bemerkenswerten Sehenswürdigkeiten unserer Stadt zu zeigen. Vielleicht kommen wir darüber bereits in ein Gespräch, dass ihnen einige Fragen beantwortet. Besonders die Fabrik könnte ihr Interesse finden. Daraufhin handelte er sich einen vielsagenden Blick von Korrten ein, was vermuten ließ, dass mehr dahinter steckte als eine bloße Besichtigungstour. O’Donnell schien jedoch die Kunst zu beherrschen, die vielsagenden Mienen seiner Sicherheitschefin zu ignorieren.
Diesen Rundgang würden wir dann in meinen Räumlichkeiten beenden. Dort können wir eine Erfrischung zu uns nehmen und vom Staub geschützt über das palavern, was noch zu bereden is.
Sofern die hohen Herren es nicht so eilig haben, dass für sone Sachen wie Rundgänge keine Zeit nicht mehr is. Warf Korrten hastig und im nachlässigen Akzent der unteren Eben ein. Sie schien zu befürchten, dass O’Donnells Mangel an Respekt einen negativen Effekt haben könnte.
Als Hector jedoch einwilligte, zeigte sie sich erleichtert und machte sich daran die Leute zu zerstreuen. Die folgten ihrer Aufforderung den Platz zu verlassen und zurück an ihre Arbeit zu gehen, sichtlich mit Widerwillen. Viele blieben am Rand des Platzes stehen und besahen sich die sonderbaren Besucher und ihr Vehikel weiterhin.
Kurt meldete sich bei Hector mit der Bemerkung ab, er würde einige eigene Untersuchungen anstellen und er verschwand auffällig unauffällig in Richtung der Betreuungseinrichtung.
O’Donnell warf sich in die Brust und gefiel sich offensichtlich in der Rolle des Stadtführers, für so bedeutende Gäste. Er hielt zielstrebig auf die Brücke zu. Wie sie sehen können haben wir außerhalb der Siedlung einige Verwertungsfelder, er deutete mit seiner Krücke in drei verschiedene Richtungen, in den schwarze Fahnen aus dick quellendem Rauch aufstiegen. Da separieren wir die beweglichen Teile. Logikverabreiter, Com- Geräte Vid- Bildschirme, Leitungen und all sowas. Einiges lässt sich noch in den Anlagen der Bresche finden, vieles wird uns aber auch aus Gohmor angeliefert. Qualität setzt sich durch und wir sind billiger und schneller als viele Einrichtungen in der Stadt.
Hauptsächlich unsere Jüngsten sind damit beschäftigt. Sie schmelzen die Plastikverkleidungen von Kabeln und Platinen, um ans Innenleben zu kommen. Die Reste verbrennen sie. Sie nehmen den Isolierschaum aus Kühlschranktüren als Brennmaterial.
Diese Methode haben wir hier entwickelt und verfeinert. Spart uns das käufliche Brennmaterial. Wir schmeißen kein Geld für die teuren Chemobrandblöcke raus, ne wir nich.
Ein natürlicher Kreislauf bei uns, wenn man so will. Dabei kriegen sie Gold, Coltan oder vor allem Kupfer, raus.
Das ist nur ein Zubrot, aber wie sind stolz darauf, dass auch die Kinder schon ihren Beitrag zur Gemeinschaft liefern können.
Sie gingen auf die Brücke zu, bei der es sich um eine Bogenbrücke handelte. Die Bögen selbst waren durch Leitern, Rampen und Plattformen begehbar gemacht wurden und kamen einer regelrechten Festung gleich. Fluch und Segen unserer Siedlung ist die Brücke. Sprach O’Donnell weiter und tätschelte das rostige Metall. Sie erlaubt es den Schrottsammlern, die Jenseits der Bresche ihr Jagdgebiet haben, bei uns wieder in die Zivilisation zurück zu kommen und die meisten lassen ihre Beute auch gleich hier verarbeiten.
Dadurch floriert nicht nur unsere Schwerindustrie, sondern auch alles was so mit dran hängt. Vom Schneider, übern Fressalienhändler bis zum Puff. Was der müde Sammler zum Glücklichsein braucht, findet er hier. Aber natürlich is es auch ein Einfalltor für den ganzen Abschaum der anderen Seite.
Ab und an versucht es eine Mutantengruppe oder ein Banditenkönig. Wer hier durch kommt, der könnte die weniger gut geschützten Gemeinden in unserem Rücken überfallen und sich mit Treibstoff, Munition und Sklaven versorgen. Die PVS kann kaum schnell genug auf solche Blitzangriffe reagieren, nicht mal mit den Flugzeugen. Die meisten Siedlungen haben auch keine Möglichkeit mit der Hauptstadt Kontakt aufzunehmen und um ehrlich zu sein, interessiert es Gohmor wohl auch nicht so wirklich.
Bei uns jedenfalls weiß jedes Kind, jede Frau und jeder Mann wie er eine Waffe laden und abfeuern, einen Speer werfen und zur Not einen Stein schleudern kann. Regelmäßig ist all das auch verdammt nötig und wir haben schon manchen Angriff zurückgeschlagen, der das Hinterland verwüstet hätte. Er spuckte einen schwarzen Klumpen Kautabak vor seinen Fuß. Hätten nen verdammten Orden verdient, dass wir hier Bollwerk der Zivilisation spielen. Sehen sie die da… Wieder bemühte er seine Krücke als Zeigestock und deutete auf eine Stellung auf der Spitze der Brücke, von der aus Geschützrohre in den Himmel wiesen. Selbst die verdammten Geierpiraten überlegen sich zwei mal ob sie uns Scherereien machen. Letztes Jahr haben wir zwei von ihnen runtergeholt.
Sie waren auf die Brücke getreten und konnten nun einen Blick in die Tiefe werfen. Die Bresche war an dieser Stelle schmal, was jedoch nicht hieß dass sie nicht beeindruckend, ja beängstigend gewesen wäre. Ein gewaltiger Abgrund.
Auf Vorsprüngen und Absätzen ließen sich die Überreste von herabgestürzten Gebäuden erkennen, die oftmals gefährlich über der Tiefe hingen. An einigen davon war Aktivität zu sehen. Die Lichtbögen von Schweißbrennern und das glühende Wabern von Handschmelzern beleuchteten die Kadaver der einstigen Fabriken. Noch tiefer unten war das rötliche Höllenglosen von Lava zu erahnen.
Die mutigsten der Sammler steigen runter um die Fabriken auszuschlachten. Gleichsam lohnend wie gefährlich. Wer das macht wird hier schnell reich, ist angesehen und stirbt jung.
Die besten Sachen findet man unten. Neben dem Stahl und den Edelmetallen sind manchmal noch funktionstüchtige Maschinenteile, ganze Apparate oder sogar Servitoren dabei. Das kann einen armen Schlucker in einen reichen Mann verwandeln. Aber wie sie ja sehen tanzt das alles auf Messers Schneide. Hat man ein lohnendes Teil gefunden und schneidet es raus, kracht vielleicht die ganze Angelegenheit nach unten. Dann is der Bart ab!
Er lachte gleichsam bitter wie ehrlich belustigt.
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Der Anblick der sich ihnen bei Verlassen des Blaine bot ließ auch Sindri an die Schrottsammler-Siedlungen und kleinen Außenposten in der roten Wüste des geheiligten Mars zurückgedenken. Der rötliche Pulverfilm der über allem lag verstärkte dies nur noch und rief beinahe nostaglische Anwandlungen in ihm hervor. Brokkr schwebte leise surrend von seinem Platz über seiner Schulter hervor um über den Zug hinweg die andere Seite der gaffenden Menschenmenge zu begucken. Ebenso wie seinem Bruder der Maschine entging ihm die Reaktion der Imperialen auf ihren Anblick nicht die einen Gegensatz zum Verhalten des Obmanns darstellte. Auch Sindri empfand die Art als nicht gerade höflich auch wenn er nicht reagierte. Brokkr flog einen kleinen Kreis um die beiden Dorfvorsteher und ließ das grün flimmernde Licht eines kleinen Scanners über ihre Gestalten wandern wobei ein grünes Lämpchen in den optischen Augmentationen blinkte. Als dieses die Boltpistole der als Korrten vorgestellten Majorin erreichte schaltete sich ein rotes Lämpchen an und auch er musterte die Boltwaffe aufmerksam auch wenn dies aufgrund Kapuze und Maske verborgen blieb. Außerhalb der oberen Dienstränge und besonders in diesem Randgebiet der Zivilisation waren sie ein seltener Anblick der so einiges verriet, sowohl über den Besitzer als auch seine Umgebung denn Munition war allgemein nicht gerade leicht zu beschaffen und auch die angemessene Wartung war kompliziert. Er mochte sich zwar irren denn vom Astra Militarum und der PVS des Imperium wusste er nur wenig aber außerhalb der richtig hohen Dienstgrade musste ein Offizier entweder sehr gute Leistungen erbracht oder lange Finger haben wenn er seine Dienstwaffe bei Austritt mitnehmen konnte statt sie abzugeben.
Kaum hatte O'Donnell etwas von seinem Kautabak ausgespuckt surrte Brokkr hinüber und ließ einen Auspex über den kleinen Klumpen fahren ehe er zu dessem Uhrheber zurückschwebte. Ein zweites Mal aktivierte er das grüne Scannerlicht aber diesmal blinkte das dazugehörige Lämpchen gelb. Scharfäugige abergläubische Zuschauer würden daraus sicherlich ihre Schlüsse ziehen. Während er dem Austausch aufmerksam zuhörte ließ Sindri achtsam den Blick schweifen um ebenso wie die Vid-Aufzeichnungen und anderen Aufnahmegeräte seines Servoschädels in sich aufzunehmen.
Besonders der langgestreckte Bau einer früheren Fabrik zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Die Vermutung des Obmanns war absolut treffend. Die Maschinen ihres Fahrzeugs hatten seit ihrem Aufbruch einen beständigen Fluss an Daten generiert, von der momentanen Wetterlage, der atmosphärischen und zum Teil auch materiellen Zusammensetzung des aktuellen Aufenthaltsortes, geographische Abtastungen und was der Maschinengeist sonst noch an Informationen gewinnen konnte. Alles war beständig für die Aufzeichnung in den Archiven nach Magnus Rega geschickt worden wo man ihren bisherigen Weg en Detail nachverfolgen konnte. Und selbst jetzt sog der Blaine alles auf was seine Geräte an Informationen an diesem Ort erstellen konnten. Bruder Hectors wenn auch etwas unnötig wortschweifige Erläuterung würde ihnen Gelegenheit geben manuell dazu beizutragen. Die angebotene Führung war da der erste Schritt zu. Major Korrten machte sich daran die Menge zu zerstreuen und etliche zuckten erschrocken als es unter seiner Kapuze wogte und schlängelte ehe sein optischer Mechandrit ins Freie kam um die Datensammlungsrate zu steigern.
Die Brücke ansteuernd musterte er mit sparsamen effeizienten Kopfbewegungen die zusammengestückelte Natur der Gebäude und der Verteidigungsanlagen und stellte müßig ein paar kleine Brechnungen an, ob seiner Natur als Techpriester reizte es ihn hier strukurelle Ordnung, akurrate klare Einheitlichkeit und Effizienz zu verbreiten, da mussten Hector als ehemaliger Artisan die Logik-Verarbeiter surren vor Messungen, Materialabschätzungen und Bauplansimulierungsplänen angesichts dieses Dorfes. Mittlerweile erläuterte der Obmann die Arbeit des Dorfes und Sindri verschränkte unbewusst die Finger vor dem Bauch zum Zahnrad, er wäre kein Jünger des Maschinengottes wenn ihn da nicht das Bedürfnis packte sich zwecks Datensicherung einmal durch ihre Materialhaufen zu wühlen. Ebenso überlief ihn bei den Ausführungen der Kinderarbeit ein glücklichweise in seiner Robe für die Imperialen unbemerkt untergehendes recht organsiches Schaudern, diese Ineffizienz, diese Ressourcenverschwendung! Einige marschianische Bekannte in den für das Rohstoffrecycling zuständigen Abteilungen würden ölige Tränen weinen wenn sie das gehört hätten.
Auf der Brücke präsentierte sich ihnen einen auch optisch eindrückliches Panorama in den Abgrund und er konnte sich nicht zurückhalten an das Geländer tretend den Mechandriten auf seine vollen sieben Meter auszufahren und hinunter auf die Lichtpunkte an den Gebäudeüberresten zu richten. Die gesamte Bresche war eine Fundgrube in der Hundertschaften an Techpriester mit Menials und Servitoren in regelrecht kindlicher Begeisterung nach Daten und Material schürfen konnten. Auf das Glühen der Lava schauend wusste er dass es auch für zahlreiche Luminen jede Menge Arbeit geben würde, über geothermale und windkrafttechnische Energieversorgung dieser und anderer Gemeinden bis hin zu der Elektrizitätsnutzung durch die einzelnden Bewohner. Er löste sich aus seinen Subroutinen die bereits die Baupläne eines Thermalkraftwerks in den Stichwortverzeichnissen seiner Datenspeicher suchten. Zum Einen war ihre Mission eine Andere und zum Anderen war Magnus Regas Zustand auch ohne diese die prioritätshöhere Baustelle. Wieder einmal erwies sich ein ironischerweise Imperiales Sprichwort als wahr: ´Ein jeder kehre vor seiner Tür, und rein ist jedes Stadtquartier.´ Oder wie eine umgangssprachliche Version sagte: ´da hat er genug Dreck dafür.´
Bezüglich Informationsgewinnung bot sich hier für ihn auch eine weitere Möglichkeit. Da sie wohl für unbestimmte Zeit nicht mehr nach Gohmor reisen würden hatte er Schwester Kins über den geheimen Kom-Kanal kontaktiert und sie mit der erarbeiteten Liste und anderen Informationen versorgt damit die ersteinmal die Wiederherstellung des Informantennetzwerks in Gohmor und anderorts übernahm und das Projekt nicht vermeidbarerweise ins Stocken kam. Es würde für ihn jedoch sicher möglich sein hier neue Kontakte dafür zu knüpfen, die Siedlung würde wie auch immer geartete Leistungen & Nachfragen des Mechanicus absolut dankbar annehmen und keine Fragen stellen angesichts dessen das es sie lediglich Informationen kosten würde. Major Korrten schien ihm die geeignetere Person dafür zu sein als ihr Vorgesetzer. Nach dem Rungang und dem folgenden Gespräch bei dem O'Donnell hundertprozentig geschäftliches besprechen wollte wie er aus deren vielsagenden Blick und dem Inhalt der Tour schloss würde er sie darauf ansprechen, vielleicht würde sich aber auch schon vorher ganz offiziell die Möglichkeit für etwas derartiges bieten.
Name: Sindri
Rasse: (Mensch)
Alter: Geboren vor 352 Jahren
Größe: 1,882 m
Aussehen: bleich und dürr, Gesichtsmaske, rote Gugel, schwarze Robe, zahlreiche Electoos, kristallines Potentia Coil
Fähigkeiten: schlechter Schütze, passabler Nahkämpfer, guter Techniker
Begleiter: Brokkr, ein Servoschädel
Zugehörigkeit: Adeptus Mechanicus
Ausrüstung: technische Ausrüstung, Beinschutz, Laserpistole
Kontostand: 2000 Schekel
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