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Mandias betrachtete das Treiben schweigsam und noch immer unter dem Zustand des Schocks.
Nagari war sein Anker in Rasankur gewesen. Sie hatte ihn unter ihre Fittische genommen, als er hier ankam, ein Fremder unter Fremden. Sie hatte ihn davor bewahrt den Weg des Rasankuris zu wählen, der damals die einzige Alternative, zum sehr viel härteren Leben der Paltas zu sein schien. In den Reihen der Krieger wäre er sicher zugrunde gegangen. Selbst in einer Gruppe, die sich gänzlich dem Dienst am dunklen Prinzen verschrieben hatte, wäre sein feinsinniges Verständnis von Exzess und Extrem kam das gewesen, was eine grobe Bande von Mordbrennern hätte würdigen können. Sie war immer da gewesen, hatte ihn gleichsam gefördert, wie sie ihn forderte. Sie hatte ihm den Weg des Prinzen gelehrt, das Verständnis seines Wesens, dass so viel mehr war körperlicher Genuss.
Nun war sie tot und ihr Werk stand in Flammen.
Ausgelöscht von der Barbarei und Ignoranz, die sie so sehr verabscheut hatte.
Die Mörder hatten bekommen was sie verdient hatten. Diese Rachetat war jedoch hohl, machte sie die Schlange doch nicht wieder lebendig. Als er, von dieser alles verschlingenden Leere erfüllt, stumpfsinnig und resigniert in die vielfarbigen Flammen blickte, drang eine Stimme an sein Ohr. Nein, in seine Seele.
Der Pferdehäuptige vernahm im Rauschen der Flammen ihr gezischtes Lachen und meinte ihren gleichsam schmeichelnden, wie keinen Widerspruch duldeten Tonfall zu hören. Sie tadelte ihn, fragte ob er nach all diesen Jahren ihrer Bemühungen noch immer mit Blindheit geschlagen sei?
Konnte er denn nicht sehen, was sich so prachtvoll und glänzend vor ihm ausbreitete. Sah er den Ölglanz des Feuers nicht auf dem Rot des vergossenen Blutes glitzern? Erkannte er nicht das Wirken des vielgeschlechtigen Gottes?
Tatsächlich holte ihn dieses Flüstern langsam aus dem Stadium heraus, in welchem er die Welt wie durch zähen Sirup wahrnahm.
Das Mädchen… sie war viel mehr als das. Wenn sie über derartige Kräfte verfügte, dass sie den Schleier der Realität zerreißen konnte und die Heerscharen der Anderswelt zu befehligen vermochte, dann war sie kein zusätzliches Anhängsel, sondern womöglich die stärkste Waffe, die noch in Rasankur verblieben war.
Vielleicht das Terbanakel, welches das enthielt, was die Abwesenheit des Drachens zu füllen vermochte. Verschlungene Pfade und Pläne waren die Ursache für den drohenden Niedergang. Gewalt war die stumpfsinnige Ausführung, Verfall das drohende Ergebnis. Nur das wonnig schlagende Herz und die orgastische Lebensbejahrung ihres Gebieters konnte das bröckelnde Rasankur erretten.
Über welche gewaltige Macht gebietest du Selari? Womit hast du die Lieber der Götter verdient?
Die Diener des Chaos ordneten sich Stärke unter. Körperlicher, wie auch geistiger. Mandias war darin keine Ausnahme. Alle, die von den Ereignissen nicht zu sehr erschüttert waren, betrachteten die zierliche Mutantin mit unverhohlener Ehrfurcht. Einige suchten Abstand zu gewinnen, wie man zu einem gefährlichen Tier Abstand zu schaffen versuchte. Andere kamen näher, als hofften sie so etwas von dem Segen zu erhalten, welches die Hexerin unzweifelhaft beschien.
Sie hat dich geschickt, uns zu erretten, uns zu führen. Sprach die ehemals rechte Hand der Schlange. Eine Erkenntnis nahm von ihm Besitz, eine Offenbarung.
Er verkündete es mit fester Stimme und bar jedweden Zweifels, wieder ganz der fanatische Diener, der er für Nagari gewesen war.
Der Weinlaub umkränzte Slaanesh prüft ihre Diener und salbt sie im Blut ihrer Geschwister. Er nimmt uns die liebende Mutter, sie ergötzt sich an unserem Jammern und Wehklagen.
Seine Stimme dröhnte jetzt über den Platz, übertönte das Feuer und das Wimmern der Verwundeten.
Kaum hätte Ort und Zeit weniger passend sein können, kaum hätten sie besser sein können.
Aber er ist eine huldvolle Herrin, sie ist ein liebender Herr. Während schwärzeste Finsternis uns umhüllt, sendet er uns ihren Apostel, auf das sie uns errette und ins purpurne Licht führe.
Sie schlägt unsere Feinde nieder und sprengt die Ketten, die uns knechten.
Nagari ist tot!
Es lebe Selari!
Gebenedeit in Lust und Ektase.
Führe uns, wie uns Nagari führte. Was vergeht, entsteht neu unter deinen Hufen.
Lass uns dich lieben und verherrlichen.
Er sank vor ihr auf die Knie, noch immer fast einen Köpf größer als sie und reckte ihr flehentlich die Hände entgegen, die Handflächen nach oben gerichtet. Ringsherum taten es ihr die Geretteten gleich. Sie beugten das Knie oder warfen sich bäuchlings in den Staub.
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Mit leicht schiefgelegtem Kopf betrachtete sie den Boden zu ihren Hufen und ließ sich von den Bewegungen und Klängen ablenken als sich der blutige Staub der deren schwarzes und silbernes Material berührte zu klagenden sanften Harfenklängen und kleine, unförmigen dünnen Gestalten aus tintenschwarzen Schatten wurde die sich an ihren Waden emporreckten oder kurz in zielloser Neugier umherwaberten ehe sie sich auflösten.
Mandias Worte entlockten ihr ein verträumtes Blinzeln als sie den Blick zu ihm hob. Mit an die Unterlippe gelegtem Finger bot sie einen Anblick kindlich verwirrter Überraschung der freilich eher auf die Plötzlichkeit des Ganzen als die sich vor ihr entfaltene Szenerie an sich zurückzuführen war. Dererlei Huldigungen waren ihr von den Zeremonien mit ihrem Stamm in der Heimat sehr vertraut.
Einer der umherwabernden Schatten folgte dem Geräusch der kleinen Ansprache. Er schwang sich windend und drehend einen schlanken Schenkel hinauf und glitt dann die Falten von Selaris Toga empor. In Manias Blickfeld ahmte seine Gestalt eine der Kreaturen nach die die Kämpfer Knochenbackes getötet hatten. Sie schien ihn höhnisch anzugrinsen während sie verblasste. Selari kümmerte sich nicht darum und legte eine schmale Hand und Manias offene Pranke.
Ich wurde für die Geister geboren und werde durch und für sie gebären. So wie es meine Vorfahrinnen und meine Nachfahrinnen vom Beginn bis zum Ende taten und tun werden, beantwortete sie sanft zumindest eine seiner Fragen.
Anschließend bugsierte sie ihn zurück auf die Füße, seine Gefolgschaft und die der Anderen mit einem huldvollen Kopfneigen annehmend. Erhebt euch, forderte sie sie Knieenden und Niedergeworfenen auf.
Die Zeit schreitet voran und wir müssen es ebenfalls tun. Ruhe und Rast werden wir hinter den Mauern des dritten Rings finden und dann werden wir sehen wie und wohin sich der Lauf der Dinge entwickelt.
Name: Selari
Alter: 20
Rasse: Mutantin
Zugehörigkeit: Chaos
Aussehen: 1,55m, schlank & zierlich, grauweiße Haare, Ziegebmutationen
Ausrüstung: Amulett, Obsidianmesser, Beutel
Fähigkeiten: Stammesriten, Verwandlung der Umwelt, Zweites Gesicht, Realträume
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Unter Führung ihrer neuen Herrin bewegte sich die Schar aus Überlebenden in Richtung Palast.
Wenn nun auch einige der ehemaligen Gefolgschaft der Schlange bewaffnet waren, musste man sich wohl keine Illusion darüber hingeben, dass ein gezielter Angriff das Aus gewesen wäre. Einstweilen schützte sie jedoch die Größe ihrer Gruppe. Einzelne Mordbrenner zogen sich in Gassen zurück, wenn sie den Pulk um Selari erblickten.
In der Stadt herrschte eine sonderbare Stimmung aus heller Aufregung und brütendem Abwarten. Die Ordnung war nicht vollkommen zusammengebrochen. Grade die befestigten Anwesen höher gestellter oder wohlhabender Persönlichkeiten bildeten Insel der Beständigkeit, mit Wachen an den Fenstern und auf den Zinnen. Auch einige Straßenzüge hatten sich als geschlossene Gemeinschaft bewaffnet und waren bereit sich, zumindest den unorganisierteren, Plünderungsversuchen zu erwehren. Dem gegenüber standen jene Viertel und Straßenzüge, wo gekämpft und Gebrandschatzt wurde. Wer sich nicht selber auf die eine oder andere Art daran beteiligte, suchte sein Heil in der Flucht.
Der Palast und der ihn umgebende Ring war diesen Fliehenden ein Leuchtfeuer vermeintlicher Sicherheit. Auf ihrem Weg in diese Richtung, schlossen sich erst zaghaft, dann zunehmend, mehr und mehr Palta an. Einige nur mit dem was sie am Leibe trugen, andere, mit Tragekörben und gar mit Karren. So vergrößerte sich der Zug zusehends.
Als erstes passierten sie das Engelstor, so genannt, weil der Fürst in den ersten Tagen des Wiedererwachens einen Mutanten, der es gewagt hatte ihm Paroli zu bieten hier hatte exekutieren lassen. Dieser Mutant hatte sie durch ein paar schneeweiße Flügel ausgezeichnet und als Mahnung waren diese über dem Tor angenagelt wurden. Sandstürme und Hautsegler hatten dieses Zeichen längst der Nichtexistenz überantwortet, doch der Name war geblieben.
Hier staute sich der Zug, doch nicht etwa weil das Tor verschlossen, sondern weil der Andrang zu groß war. Man ließ die Menschen ein, die wenigen Rasankuri, die dies zu bewerkstelligen versuchten, bemühten sich nach Kräften alles in gesitteten Bahnen geschehen zu lassen. Das führte unweigerlich zu Verzögerungen. Durch diese Stauung hatten die Wartenden, Drängenden, Schiebenden, alle Zeit der Welt sich im Verbreiten von Gerüchten zu ergehen.
Die gängigsten Narrativere waren die, dass Balius Verrat begangen und das Warptor zum Einsturz gebracht hatte. Die Armee des Fürsten war entweder geschlagen oder auf der anderen Seite des Sternenmeeres verschollen. Die Verratsgeschichte variierte mit dem Hexer Magal oder den Brakh als Antagonisten. Weniger häufig war die Behauptung, das Imperium greife an und stünde kurz davor auf Rasankur zu marschieren, zu vernehmen. In dieser Version standen das Heer des Fürsten noch im aussichtslosen Kampf gegen die Überzahl der Angreifer. So fruchtlos all diese Geschichten waren, sie halfen doch die Furcht zu schüren und das keine Massenpanik, samt Sturm auf das Tor ausbrach, war gleichwohl dem Zufall, wie den drohend herabklotzenden, schweren Waffen auf den Zinnen zu verdanken.
Endlich gelang die Passage. Hinter dem Tor herrschte kaum mehr Ordnung.
Der Palast war gewaltig, ragte auf wie ein kantiger Block, bei dem ein riesenhafter Bildhauer bisher nur dazu gekommen war aus dem oberen Drittel, fein zisilierte Türme, Erker, Bauten und Brücken zu schlagen, während der untere Teil ein abweisender Klotz blieb. Die Anlage hätte dem Zehnfachen an Flüchtlingen Platz geboten, ohne dass sich jemand im Inneren über Überfüllung würde beschweren können. Der Standesdünkel sorgte jedoch dafür, dass ein Großteil der Palta gar nicht erst versuchte ins Innere zu kommen, sondern sich auf dem Gelände des Ringes einrichtete. Wie sie versorgt werden sollten, ob der Palast dies übernahm, wusste niemand.
Lediglich ein paar wenige, dem Augenschein nach besser situierte Persönlichkeiten, näherten sich einem der Eingänge und debattierten mit den maskierten Kämpfern der Stadt. Dann und wann wurde einer eingelassen, auch wenn nicht ersichtlich schien, auf welchen Kriterien diese Entscheidungen beruhten. Die meisten vertröstete man jedoch, was Geschrei und Gezeter nach sich zog.
--> Der Saal der tausend Völker
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Lust. Eskatase. Liebe. Bebinnedeit. Gebären. Worte, die der lauernde Jäger aus dem Schatten der Simse Rasankurs heraus belauschte, aber nicht verstand. Was bedeuteten sie? Was redeten diese Wesen miteinander? Merkwürdige Laute, für ihn kaum mehr als Anhäufungen von Geräuschen, die aber bei den Versammelten offenbar große Bedeutung genossen. Yok erinnerten sie jedoch nur an die Ausdrucksweisen des schwarzen Drachen bei ihren Treffen und auch in den Botschaften, die der Herr Rasankurs ihm hatte zukommen lassen. Oft hatte er sich bemühen müssen, zu verstehen, wenn der hohe Lord in seinen Worten heraldisch geworden war und all zu viele Metaphern verwendete. Bhrak hatten keinen Sinn für sowas, waren entwickelt worden, um Ideologen, Panikmachern und anderen Schreckensgestalten zu widerstehen und sie auszurotten. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes Anti-Menschen, befreit von den Lastern übermäßigen Intellekts, der ihre Besitzer bloß mit Angst, Ideologie und verwirrender Bildsprache peinigte. Für Kreaturen wie Yok war die Welt einfach aufgebaut, ohne Gedanken, die über den Erhalt seiner Spezies all zu weit hinaus gingen. Daher war der Hass, den der Alpha empfand schon etwas Untypisches für einen Bhrak, selbst für einen Alpha, denn bei aller Brutalität waren Bhrak Dinge wie Zorn, Hass und Grausamkeit ebenso fremd wie Liebe, Lust und Leidenschaft. Sie töteten, weil es ihre Natur war, so wie es die Natur von Raubtieren war, zu töten, um zu essen. Verstümmelung und Folter waren ineffizient, hielten den Jäger nur auf, machten ihn langsam und angreifbar. Unverzeilicher Luxus in einer Welt erfüllt von Bestien, die einem binner weniger Sekunden ein Ende setzen konnten.
So wurde auch nicht groß über die Bedeutung der Worte des behuften Fohlens und seiner neuen Anhänger gerätselt, während Yok seine Kreise zog und beobachtete. Pfeil und Bogen zwar entspannt, aber doch aufgelegt.
Er war unschlüssig, was er tun sollte, selbst als sich die kleine Gruppe auf den Weg machte, tat der sonst so zielstrebige Alpha sich schwer, sich eine klare Meinung zu bilden. Er kannte die Richtung, in die sie gingen und hatte das Wort "Palast" sehr wohl verstanden, doch war sein einfacher Verstand immernoch überwältigt von der Fülle an Gedanken, die ihn durchfuhren.
Das Echo seines Traumes versuchte, seine Schritte ebenfalls Richtung Palast zu lenken, doch ein tiefes Gefühl von Anwiderung und Verlust pochte dagegen an wie ein schwerer, dröhnender Pulsschlag, gelegentlich überspielt von einem einzigen, krähenden Wort. "Akosh".
So ketteten sich die Schritte des Alphas an die Spuren des kleinen Pulks, ständig verborgen im Schatten, oder getragen von den Blutwinden oberhalb der Gassen, von denen aus der Alpha weiter beobachtete, was geschah. Er sah die Flammen, das Plündern und Abschlachten der Menschen und Mutanten, die hier dominierten. Das Treiben der Blutjäger und ihrer Verräter-Stämme beschränkte sich offenbar auf einen anderen Teil der Stadt, zumindest bis jetzt.
Hier und da ließ er einzelne Plünderer verschwinden, die seine Verfolgung hätten ruinieren können, indem sie ihn angriffen, oder für Hilfe anderer auf ihn aufmerksam gemacht hätten. Etwas, das er sich als Einzelgänger nicht leisten konnte, zumal es angesichts des allgemeinen Durcheinanders keinen Unterschied machte, ob ein, oder zwei Köpfe mehr rollten. Zumindest, bis er sich einen Moment zu lange aufhielt, um einen seiner Pfeile zu bergen und von einer zitternden, bebenden Gestalt aufgestöbert wurde, schwer behangen mit Talismanen und einehüllt in weite, zerfetzte Kleidung. Der Bhrak hatte seine Klinge bereits gezückt, als die Gestalt schlicht mit einem Finger auf ihn zeigte und sprach. "D-d-d-d-du bist a-a-a-a-einer von d-d-d-d-denen, die unse-re-re-re-re F-f-f-f-f-f-FUCK! F-f-f-f-amilien verschleppen!" Yok verstand nicht, was das Wesen, das mehr Mantel als Mensch zu sein schien, von ihm wollte, erkannte aber die Bedrohung und beeilte sich, den Fremdling zu erreichen, ehe er Hifle holen konnte. Eine Böhe kam auf und strich die Gewänder des Fremden auseinander, sodass Yok von dem was er sah, doch kurz zum Halten gebracht wurde: Füße und Hände waren nicht etwa misgestaltete Glieder eines der typischeren Bewohner dieser Straßen, oder gehüllt in Kleidung, sondern glichen abermals den Klauen eines Vogels, mit schuppiger Haut und den Ansätzen silberfarbenen Gefieders. Träumte der Alpha? Verwirrung setzte ein und legte seinen Verstand in Ketten, presste alle Wucht aus seinem Tun wie Luft aus seinen Lungen. Ein elektrisierender Schauer rollte über seine ledrige Haut bis tief in seine Knochen, nichteinmal schreien konnte Yok noch. Rastlosigkeit übermannte ihn, Panik setzte ein, während sein Verstand raste, tausende Gedanken auf einmal ihn durchfluteten. Er rang mit sich, doch sein Körper schien ihm nicht zu gehorchen, während sich seine Augen verdrehten und er geifernd und zuckend zusammen sackte.
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Die Ohnmacht konnte nur Sekunden gedauert haben und als Yok wieder zu sich kam, musste er verwirrt feststellen, dass er sich bewegte, ohne auch nur einen Muskel zu gebrauchen.
Die Wüstennacht mit ihrer zahnlosen Kälte und dem chemischen Gestank eines verlorenen Krieges war nur mehr verwehte Erinnerung.
Die Kälte, welche jetzt das Zepter führte war anders, klarer, schneidender, wahrer.
Yok bewegte sich, weil er gezogen wurde. An Armen und Beinen gefesselt, durch den Schnee gezerrt wie ein erlegtes Tier.
Schnee, tatsächlich! Dick und verharscht. Die staubigen Straßen waren fort. Über ihm entspannt sich ein nächtliches Blätterdach, dann und wann von den funkelnden Punkten durchwirkt, wo Nadelstiche den Mantel der Nacht durchbohrt hatten. Die Bäume um ihn her waren riesig, alt und knorrig. Ihre Zweige schwer vom Schnee.
Als der Bhrak den Kopf ein wenig anhob, gewahrte er den gebeugten, breiten Rücken eines Anderen, der einige Schritt voraus ging und sich in den Strick stemmte, mit dem er seinen Gefangenen voran zerrte.
Jetzt da Yok sich bewegte hielt er in. Das Schleifgeräusch machte allumfassender Stille Platz.
Durch die Schneedecke wurde das Licht der Sterne genügend reflektiert um zu sehen. So ließen sich die zwei Äxte erkennen, die sich, von Lederriemen gehalten, auf dem Rücken voraus überkreuzten. Sie waren einfach aber kunstvoll gearbeitet. Nichts was die Hände eines Bhrak zu schmieden vermochten. Der kalte Glanz der Sterne fing sich in der Schärfe ihrer breiten Köpfe.
Der der ihn da zog wandte sich um.
Ein Bhrak, genau wie Yok nur uralt. Älter als es sich für einen Bhrak zu werden schickte. Ihresgleichen starben im Kampf oder im Duell mit einem Rivalen, machten Jüngeren und Stärkeren Platz. Zu altern und in der eigenen Hülle zu verfaulen war obszön. Das Gesicht, das ihn da über die Schulter anstarrte, war ebenso wulstig und knorrig wie die schweigenden Bäume ringsherum. Ein Auge fehlte, das andere funkelte aus einer tief liegenden Höhle. Die Nase war nur ein Loch im Gesicht. Das Maul, ein verzerrter Strich, aus dem Speichel triefende Hauer ragten, wie ein Wald schlampig aufgepflanzter Piken. Alles andere ein einziges, ineinander verschwimmendes Merkmal aus Narben, Falten und kaum verheilten Schnitten. Wie zu einem Hinterhalt verbarg sich alles hinter fettigen Strähnen grauen Haars, in denen die hineingeflochtenen Knochen kleiner Tiere klimperten. So unbestreitbar alt der Bursche war, so wenig ließ sich die Kraft leugnen, die noch immer in ihm wohnte. An den Muskeln der bloßen Oberarme und dem Nacken war kein Fett, nur Sehnen und singende Anspannung.
Der Alte hinkte zu ihm. Weit herab musste er sich nicht beugen, denn sein Gang war dem Boden ohnehin näher als den Baumkronen. Seine Kleidung war ein unbeschreibliches Sammelsurium aus Lumpen, die nicht gewechselt, sondern bei drohendem Verfall lediglich mit einer neuen Schicht bedeckt zu werden schienen. Einzig ein schartiger und verbeulter Brustpanzer, wohl ebenso ein Beutestück wie die Äxte, rundete die schäbige Aufmachung mehr ab, als dass er sie unterbrach.
Wach ist der Brütling… Er kam neben ihn gehinkt, denn ein Bein zog er steif nach. Hat dich der kleine Lumpenpiepmatz erschreckt? Er beugte sich noch weiter runter, gehüllt ihn eine Dunstwolke aus Schweiß, saurem Atem, dem Gestank heißen Kupfers und alten Bluts. Dann verpasse er ihm einen Tritt in die Rippen, der einer Dampframme alle Ehre gemacht hätte.
Ganz Instinkt seines Volkes versuchte sich Yok natürlich auch mit gebundenen Pranken zu wehren, den Alten anzugreifen, irgendwie auf die Beine zu kommen. Das jedoch wurde mit einem weiteren Tritt quittiert, der ihn zurück in den Schnee schickte. Der Greis hinkte wieder nach vorn, hatte sich die kleine Pause schlicht gegönnt um seiner Last eine Abreibung zu verpassen. Er fingerte das Seil aus dem Schnee und begann wieder zu ziehen.
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Yoks Gehirn lief Gefahr, heiß zu laufen, ob der ständigen, widernatürlich drastischen Veränderung um ihn herum. Die Hitze und das Chaos der Stadt hatte sich in die serene Ruhe eines Gebirgswaldes gewandelt, wie er sie seit dem Verlassen seiner Heimat nicht mehr erlebt hatte. Wo war er hier? Was war geschehen und warum war er gefesselt?!
Blicke wurden wirr in die kalte Umgebung geworfen, um sich der Situation gewahr zu werden. Es dauerte nicht lange, ehe Yok den Uralten erblickte, der ihn hier wie Beute verschnührt durch den Schnee zerrte. Statt sich jedoch wie zu erwarten einfach befreien und den Alten überfallen zu können, wurde Yok mit ein paar Tritten abgespeißt, die angesichts des Bau seines Gegenüber überhaupt nicht möglich sein dürften. Die Luft wurde aus Yoks Lungen gerpesst, als der zweite Tritt ihn traf, nachdem er erst noch der Versuchung erlegen war, sich befreien zu wollen.
Innerlich schäumte der Bhrak vor Wut, fühlte er sich momentan doch wie ein hilfloser Schwächling. So völlig unangemessen seiner Art gegenüber. "Das hier ist nicht Ras-An-Kur. Was ist das hier für eine dreckige Hexerei?! Wenn ich erwache, werde ich den Gefiederten in Fetzen reißen!" Überlebensinstinkte, die Yoks ganzes System mit einem Cocktail an Hormonen durchfluteten, neben denen Adrenalin wie ein milder Raumduft wirkte, übernahmen nun ein Großteil des Denkens des Alphas, während er weiter durch den Schnee geschleifgt wurde, ohne groß etwas dagegen tun zu können, auch wenn all seine Instinkte sich dagegen aufbäumten. "Ich bin kein Brütling! Ich bin Yok von den Reißzähnen! Ich! Ich..." Würgelaute setzten ein, als der Kreislauf des Alphas wegen der Kälte und des Stresses ein wenig kollabierte und er begann, sich im Schnee zu erbrechen. Sein System war offensichtlich im Overdrive, überschlug sich nun aber selbst, wie ein kleines Schiff inmitten eines Sturmes und stellte den aufgebrachten Jäger für eine ganze Weile ruhig.
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Der Alte kicherte trocken wie rasschelndes Laub ohne sich umzudrehen.
Du würdest Hexerei nicht von einer Offenbarung unterscheiden können, wenn sie dir in den Arsch beißt.
Er blickte beiläufig über die Schulter und spuckte verächtlich aus, als er Yoks Anfall aus Wut, Ohnmacht und Empörung gewahrte.
Überansteng dich nicht, mein Junge.
Ich meiner… mächtiger Yok von den Reißzähnen. Wieder lachte er und stapfte weiter unverdrossen durch den Schnee und den Wald. Letzterer lichtete sich zusehends, während das Gelände allmählich anstieg.
Wann genau hast du diese deine Reißzähne denn das letzte Mal in die Kehle eines Feindes geschlagen?
Aus dem Dunkel und aus der Ferne heraus tötest du, mit deinem albernen Bogen. Zuckst vor Blendwerk und Taschenspielertricks zurück.
Lässt dich von Schwächlingen fordern und die Herrschaft nehmen.
Deine Beute ist schwach,
deine Feinde sind schwach,
du bist schwach.
Kein Brutling mmh? Stimmt, ein Brutling kämpft permanent mit allen anderen um Nährschlamm und weil ihm das Kämpfen im Blut liegt.
Sie traten jetzt aus dem Wald und in den Schatten eines hoch aufragenden Berges, dessen gezackte Spitze die tiefhängenden Wolken aufspießte. In seiner Flanke klaffte ein Loch. Das offenkundige Ziel ihres Weges. Über gefrorenen Schnee und blanken Stein zerrte der Alte den Gefesselten und schließlich in eine Höhle.
In deren Mitte glomm ein Feuer, das der Greis nun schürte und mit frischen Scheiten ins Leben zurück rief. Als die Flammen aufloderten und ihren zuckenden Schein über die Wände schickte, ließ sich das Innere der Behausung besser ausmachen.
Der Felsen war bemalt, mit gezackten und bösartig aussehenden Symbolen und mit Szenen von Jagden und Schlachten. Stilisierte Krieger, langgliedrig und teilweise gehörnt, fochten, töteten und starben zuckend im Rot des Feuers.
Der Alte risse ein blutiges Rippenstück von einem Holzgestell und warf es in die Glut, so dass das Fett und das Blut bald zu zischen anfingen. Der Geruch des kohlenden Fleisches waberte köstlich durch die Höhle. Nachdem die Nahrungszubereitung erledigt war, legte der Greis Waffen und Pelze ab, trank einen gewaltigen Schluck aus einem Tonkrug, dass es ihm Schwarz am Kinn herunterlief. Dann endlich ließ er sich mit einem tiefen Seufzer auf einen kruden Stuhl sinken, der aus Knochen, Holz und Leder gezimmert war und der dadurch erhöht wurde, dass er auf einem kleinen Hügel aus Schädeln stand. Diese setzten sich aus den skelettierten Häuptern von Menschen, Tieren, Bhrak und Dingen dazwischen zusammen. Als nun das Gewicht des Alten darauf einwirkte, kamen einige ins Rutschen und rollten klappernd herab.
Yok, Yok, Yok… Sprach er sinnend und mit einem resignierten Unterton, als gelte es ein ungezogenes Kind zu schelten, bei dem man ohnehin wusste, dass dies wenig Früchte tragen würde.
Lieg da nicht herum, wie das Spottbild, das du bist. Tatsächlich schienen die Fesseln keinesfalls so fest zu sein, wie bei ihrem Weg den Berghang hinauf. Ja, fast konnte man glauben, schon das Anspannen der Muskeln würde genügen sie zu lösen.
Setz dich, nimm dir Fleisch und Sud oder greif mich an, um deinem Selbstwert zu schmeicheln. Darin bist du dieser Tage ja gut.
Dann erkenne das es nichts bringt und nimm dir nach der Demütigung Fleisch und Sud.
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Die spöttischen Worte des Alten hallten dumpf in Yoks Verstand wider, der für einen Moment eine Pause einzulegen schien, während sich der nasskalte Untergrund Yoks ledriger Haut annahm, als er durch Schmutz, Gräser, Wurzeln und kleine Steine gezogen wurde. Der einfache Verstand des Jägers war offensichtlich nicht dafür gemacht, sich besonders gut an außerkörperliche Erfahjrungen anzupassen und schien sich nach außen hin abzuschotten, bis die Welt wieder einen Sinn ergab.
Selbst im Inneren der Höhle blieb der Bhrak liegen, während der Alte es sich gemütlich machte, die Wärme des Feuers und die spöttische Aufforderung des Riesen schienen kaum von Belang zu sein. Erst das Klappern purzelnder Schädel schien diesen Wachkoma-änlichen Zustand zu durchdringen, denn als der Schädel eines Menschen zu ihm hinüber purzelte, richtete Yok seinen Blick auf ihn. Mensch. Die Augen des Entthronten leuchtete auf, als sein BLick auf die Wandmalereien fiel. War dies seine Heimat? Eines seiner unförmigen Ohren zuckte, als der Alte von Fleisch und Sud sprach. Der Geist des Bhrak schien ein Fahrwasser zu erreichen, dass er verstehen und verarbeiten konnte.
Als hätte der Jäger einen Marathon hinter sich, zitterten einzelne seiner Muskeln, als er sich schließlich vom Boden der Höhle aufraffte. Alles schmerzte. Selbst das Öffnen seiner Augen, das Füllen seiner Lungen mit Luft verlangte Anstrengung, als lastete die Schmähung des Alten physisch auf ihm. Er blickte sich in der Höhle um, beachtete den Thron seines Gastgebers kaum, aber die Malereien an den Wänden dafür umso mehr. Fast mochte man glauben, er würde lesen. "Wieviele Ahnen haben diese Wände beschrieben? Deine Sippe muss... Urgewaltig sein." Yok war nicht fähig, sich vorzustellen, was in einem Jahrhundert alles geschehen konnte, oder gar in Jahrtausenden pausenlosen Abschlachtens, was die Wirkung der Malereien auf ihn nur verstärkte. Dennoch fühlte er sich kraftlos, als wäre er nicht gänzlich da, fühlte sich änlich, wie in dem Moment, als der Wirbel des Portals ihn mit sich gerissen hatte, nur auf andere Weise. So oder so wusste Yok unterbewusst, dass er nicht einmal ans Kämpfen denken sollte. Wie beim Herren Rasankurs zuvor schien der Bhrak zu erkennen, dass er ein mächtiges Wesen vor sich hatte, das zu bekämpfen für den Moment sinnlos und unnütz war.
So folgte er der Einladung des Alten und griff nach dem kokelnden Fleisch, das ihm offenbar zugedacht war. Jetzt, wo sich sein Verstand wieder zu organisieren schien, nahm er auch wieder wahr, wie köstlich es roch und wie sehr er es begehrte. Wie sehr hungerte er nach etwas anderem, als dem gebrechlichen, von der Wüste und der Verderbtheit Rasankurs besudelten Fleisch, das er und seine Art im Teufelstritt fast ausschließlich zu sich nahmen. Wie sehr hatte er das Gefühl vermisst, seine Zähne in etwas schlagen zu können, das nicht von innen her zu verrotten schien.
Gierig schlang er einen Brocken hinunter und schlürfte einen guten Schluck Sud als wäre er völlig ausgehungert. Selbst das Atmen schien für einen kurzen Moment nebensächlich zu sein. Er atmete angestrengt und schlang noch einen großen Schluck Sud hinunter, dessen Temperatur und Geschmack offenbar völlig nebensächlich waren. Der animalische Teil seines Gehirns gab den Ton an und ließ den Bhrak nehmen, was er brauchte, ohne groß darüber nachzudenken, bis das Gefühl von Entkräftung und Leere für den Moment getilgt schien. Yoks Augen fielen auf den Alten, wie er da auf seinem Thron saß. "Wer bist du?" Seine Stimme war weder besonders fordernd, noch eingeschüchtert, mehr neugierig als alles andere. Offensichtlich mühte sich sein Gehirn immernoch damit ab, zu versuchen, seine momentane Lage zu ergründen.
Ooc: Hat eine ganze Weile gedauert, sorry. ^^ Verschiedene Gründe ,dafür hoffe ich, dass der Beitrag was taugt! Für den Schwarm!
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Wer ich bin?
Er machte eine lange Pause, als müsse er über diese Frage selber nachgrübeln.
Die lange Antwort: Achtundachzig Namen habe ich, alle in Zorn geschrien und Raserei gebrüllt. Meine Sprache ist das Krachen der Äxte und das Gurgeln durchschnittener Kehlen.
Er stütze sich auf die Lehne seines Stuhls, hob eine Seite des Hinterns an und lies einen Wind entfahren.
Aber das ist am Ende alles nur Geschwätz. Das Geschwätz von Menschen, die etwas beschreiben wollen, was nicht dafür gemacht ist mit Worten beschrieben zu werden. Er griff seinerseits nach einem Stück Fleisch und riss einen Brocken ab.
Abpropos Geschwätz…er kaute ausgiebig. Ich will dir eine Geschichte erzählen.
Schau nicht so herablassend du Welpe. Ich bin alt und es ist das Vorrecht der Alten Geschichten zu erzählen.
Also machs Maul zu und die Ohren auf. Vielleicht dringt ja was in den Stein vor, der dir als Hirn dient.
Das hier, mit der Fleischkeule beschrieb er einen weiten Bogen, der die Höhle und alles andere umfassen mochte, ist Mors. Wie es war, lange vor deiner Geburt und lange vor deiner Ahnen Geburt. Eine hübsche kleine Welt, voll grüner Wälder, in denen sich das Wild gegenseitig auf die Füße trat. Eine ungefährliche Welt, in der kein Räuber größer als ein Hund wurde.
Menschlein kamen von den Sternen und bauten ihre Hütten und Häuser hier. Aus Dörfern wurde eine Stadt, aus einer Stadt wurden viele Städte. Sie handelten untereinander und verließen ihre Welt, um mit anderen Städten auf anderen Welten zu handeln.
So weit, so langweilig.
Dann und wann führten sie kleine Kriege gegeneinander, denn sie hielten sich Armeen mit bunten Uniformen und blank geputzten Knöpfen.
Nichts was wirklicher Kampf war.
Den Menschlein war langweilig und wem langweilig ist, der kommt auf dumme Ideen. Diese Menschlein nun hatten die dumme Idee, sich neue Götter zu suchen. Ihr eigener Gott war weit weg, auf der Welt von der sie kamen. Er war schwach und kaum mehr als der Kadaver eines Gottes. Die gelangweilten Menschlein suchten sich neue Götter, die auf ihre Gebete hörten und ihren faden kleinen Leben etwas Würze gaben.
Einen Gott des Genusses und der Lust, der sie noch fetter, noch träger und fauler werden ließ, einen des Wissens, der ihnen Geheimnisse zu wisperte, mit denen sie ihren Reichtum mehrten und ihre Gehirne vollstopften. Angewidert zog der Alte einen Klumpen Schleim hoch und spuckte ihn ins Feuer, wo er fauchte und zischte. Sie kultivierten ihre Dekadenz und ihre Selbstverliebtheit. Sie dachten, sie könnten diese Kräfte beherrschen und bändigen und begriffen nicht, dass sie die Beherrschten waren.
Den Göttern, wie auch jenen, die ihnen huldigen, ging jegliche Wahrheit ab. Sie vollführten ein gewaltiges Ritual, dass ihre Welt in die Ebene der Träume heben sollte, wo sich alles erfüllt, was man sich nur vorzustellen vermag.
Tausende wurden geopfert, in blaue Flammen geschleudert, wo sie in Verzückung und aus freien Stücken brannten.
Endlich gelang es und der Himmel riss auf, blutete Farben, die kein Menschenauge je gesehen hatte. Der Schein des Feuers tanzte über die Wände, wo sich die gezeichneten Strichmännchen mit emporgerissenen Armen zum steinernen Himmel wandten.
Aber was kam war nicht das was sie erwartet hatten. Schrecken fielen über die wimmernden Menschlein her, denn die Gunst der alten Götter kann man sich nicht erkaufen… man muss sie verdienen. Ungeheuer und Bestien, deren Vater Wahnsinn und deren Mutter Albtraum waren, fielen über die Narren her.
Ein gewaltiger Sturm von der anderen Seite schnitt Mors vom Rest der Sternenreiche ab und damit von jeder Hilfe.
Ihre lächerlichen Armeen wurden beiseitegefegt und zermalmt. Sie schlossen sich in ihren Städten und Palästen ein und falteten die Hände, bettelten ihren alten Gott an, den sie so bereitwillig für Flitter und falsche Macht verkauft hatten. Der Greis äffte die Unglückseligen seiner Geschichte nach, faltete die Hände und stammelte sinnlose Worte, die Augen theatralisch zur Decke gedreht. Dann lachte er schallend.
Ha! Die Ohren ihres einstigen Gottes waren längst verwest und abgefallen. Ihre neuen Götter aber, die sie auf einen so hohen Sockel gehoben hatten, lachten schallend über ihre Dummheit. In ihrer Not nahmen sie Zuflucht zur Wissenschaft. Sie manipulierten die wenigen Kämpfer die sie noch hatten, zu mächtigeren Kriegern. Krieger die es nicht nach Weibern und Paarung gelüstete. Deren Köpfe nicht mit unnützem Wissen, sondern nur mit Zähnen und Knochenplatten gefüllt waren.
Diese Schar Weniger… gesegneter Weniger, flehten sie an. „Rettet uns, rettet uns!“
Und sie taten wofür sie geschaffen waren. Sie kämpften. Der Alte nickte zu einem Bild, auf dem eine schar größerer Gestalten aus einem Berg hervorbrach und sich auf vielarmige Monster stürzte.
Und was das für ein glorreiches Gemetzel war.
Sie waren Halbgötter unter den Menschen.
Sie drängten die Schrecken der anderen Seite zurück.
Sie zerfetzten ihre Feinde und wurden ihrerseits zerfetzt ohne zu klagen, denn in der Schlacht zu sterben war alles wonach es sie verlangte. So kam zum allersten Mal der Mut, die Tapferkeit und wahre Stärke nach Mors. Ein flackerndes kleines Kerzenlicht, das wenige mit ihren Taten zu einer Feuersbrunst entfachten. Wie um die Worte des Alten zu untermalen loderten die Flammen auf und erhellten das ringsherum tobende Schlachten.
Diese Flamme wurde von einem Gott erblickt, der bisher keinen Rülpser für Mors erübrigt hatte, denn ihm war nur Stärke und Mut Gebet und beides hatte es auf dieser Welt vorher nicht gegeben. Nun aber kämpften und Starben dort Streiter, die keine Belohnung erwartet und nicht um ihr Leben flehten.
Sie verlangten nach keinem Gott, also wurde er der Ihre.
Seine Herolde, aus kochendem Blut und glühendem Stahl geformt, schlossen sich ihnen an.
Oh glorreiche Tage des ewig währenden Kampfes. Flüsse färbten sich rot, die Berge aus abgeschlagenen Köpfen türmten sich bis zu den Wolken. Alles war Kampf, alles war Vergehen, Siegen und Besiegtwerden. Die Schreckensdiener der anderen, der schwachen Götter wurden nach und nach zurückgedrängt.
Die Schöpfer dieser neuen, dieser wahren Wesen aber, sahen voll Entsetzen auf die Perfektion, die sie geschaffen hatten. Sie erhoben in Furcht die Hand gegen ihre Geschöpfe und wurden vernichtet. So wie alles Schwache immer vor dem Starken fallen muss. Die neuen Menschen hatten Mors erstritten und rechtmäßig geerbt.
Und als der Gott des Gemetzels sie fragte, wie er sie nennen sollte, jetzt da sie so viel mehr als ihr einstiger Ursprung waren, da sagten sie ihm:
„Nenn uns Bhrak! Denn dies ist der erste Laut, den ein Brütling macht, wenn er den Kampf ins Leben gewonnen hat.“
So geschah es. Aus der Schwäche einer kümmerlichen und dekadenten Welt, erhob sich ein starkes und kampfgieriges Volk.
Der Gott aber verlangte keine Tempel und keine Gesänge. Sein Gebet war im Dröhnen der Trommeln, im Klirren der Waffen und im Schreien der Sterbenden. Die Bhrak vergaßen ihn, ehrten ihn jedoch trotzdem durch ihre Art zu leben. Das Feuer, welches die ganze Zeit schon die Erzählung des Alten unterstützt zu haben schien, sank nieder und erstarb zu einem bloßen Glühen. Der Alte saß im Schatten.
Das waren die strahlenden Tage deiner Vorfahren Yok. Aber jetzt hat sich eine Finsternis auf das stolze Volk der Bhrak herabgesenkt. Sie verlieren sich in Kämpfen untereinander, die nicht mehr von der Erhaltung ihrer Stärke getrieben sind, sondern von kleinlicher Missgunst und Gewinnsucht.
Sie verraten die alten Wege, sie nutzen die Gewehre der Schwachen, die keinen Mut und keine Stärke verlangen. Sie wenden sich falschen und unaufrichtigen Göttern zu, sie verlieren den Weg. Aus der Dunkelheit auf der anderen Seite der Glut glänzten die zwei Augen des Greises im kalten Mondblau des Raubtieres. Die Alphas werden weniger Yok. Das Feuer war nun ganz verloschen. Nur noch Dunkelheit war da, in der die beiden Augen hingen. Das Volk der Erwählten verliert die Gunst seines Gottes.
Es wird erbärmlich und vergeht am Ende.
Du kannst sie zurück auf den Pfad des Blutes führen. Du kannst sie reinigen. Andere Augen gesellten sich jetzt zu den beiden leuchtenden hinzu. Ein Dutzend, hunderte, tausende. Es waren die Augen all jener, die vor ihnen gekommen waren und jetzt voller Vorwurf auf das sahen, was die Bhrak zu werden drohten.
Die Augen waren Sterne, durchzogen vom bösartig leuchtenden Band des Krallennebels, der den Himmel über Rasankur in die Farbe von Blutergüssen tauchte.
Da war die kalte Nachtluft auf seiner Haut. Haut die frei lag, weil die Kleidung darüber entfernt wurden war.
Er lag im Staub der Straße und ringsherum waren die Geräusche einer Stadt in Aufruht zu vernehmen. Schüsse, nicht sonderlich weit entfernt, Schreien, Rufen und das Prasseln von Feuer. Aber auch noch etwas anders, sehr viel näher. Schritte, von nackten Krallen, die über Straßenpflaster kratzten. Der Vogelmensch war noch immer bei ihm, begleitet vom leisen Klimpern der Talismane und Anhänger.
Er hockte mit dem Rücken zu Yok, etwa zwei Schritt entfernt und war gerade damit fertig etwas mit Farbe an die nahe Hauswand zu malen. Irgendein kompliziertes Symbol, dem keine gute Absicht innewohnte. Tatsächlich waren die Steine ringsherum schon mit diesen Zeichen beschmiert. Die Kreatur murmelte etwas und drehte sich gedankenverloren um. Sie stockte, als sie sah, dass ihr Opfer offensichtlich erwacht war.
Nein, nein, nein. S-s-s-s-s-o geht geht ge-ge-ge-geht das ni-ni-nicht. Der Andere kam näher und wühlte in den Untiefen seines Gewands, bis er ein langes gebogenes Messer, in Form einer Vogelkralle herausholte. Krallen, die eine noch größere Kralle hielten. Du da-a-a-arfst erst auf- auf-aufwachen und schrei-ei-ei-en, wenn ich angefangen ha-ha-a-a-abe.
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Zu behaupten, dass Yok den Erzählungen des alöten Riesen lauschte, wäre eine nahezu beleidigende Untertreibung gewesen. Auch wenn ihm der Horizont fehlte, um sich die Tragweite der Erzählung als Ganzes vor Augen zu führen, folgen konnte er ihr und tat es mit zunehmender Begeisterung. Nicht in dem Sinne, wie Menschen sie empfanden, dadurch, dass sie lachten, jauchzten und klatschten, nein. Bhrak empfanden Begeisterung als etwas gänzlich anderes. Etwas, dass Yok in den ungezählten Monaten im Gebirge mehr und mehr hatte vermissen müssen: Antrieb.
Er wollte diese Schlachten sehen, wollte eine der Figuren aus Kreide und Blut sein, die den unförmigen Ungeheuern an den Wänden die Beine ausrissen. Es spielte keine Rolle, ob der alte Riese es bemerkte, oder sogar bezweckt hatte, denn das Ergebnis änderte es nicht: Der Schleier aus brütendem Nachgrübeln und fruchtlosem Hassen, aus dem Horten von Kontrolle und dem Grähmen über mangelnden Fortschritt, war durchtrennt worden. Der depressive Würgegriff, den der Dämonentritt dem Alpha wie eine Eisenfessel angeschmiedet hatte, lockerte sich grade genug, dass pulsierende Adern und eingesogene Luft keine Mühe mehr hatten, den Rest der Umklammerung zu sprengen. Sein zuvor nur langsam erwachender Körper wurde von Adrenalin durchflutet, als würde jemand die Zündung eines Panzerwagens betätigend und die erste Galone Diesel durch die Maschine jagen, um sie aufzuwärmen. Yoks Füße dürsteten danach, zu laufen, zu springen, Welten wollte er umrunden, den Horizont jagen, bis er ihn zu fassen bekam und dennoch blieb der Jäger stehen und lauschte, während sein Blut mit jeder Silbe mehr zu kochen begann. Bald glaubte er das Donnern von Kanonen zu hören, wie es von dröhnenden Trommeln erstickt wurde, ehe dem Augenblick jede Lebendigkeit entrissen wurde und der Alte mahnende Worte an Yok richtete.
Ohne seinen Verstand groß zu bemühen, malten die Worte Bilder in seinen Verstand. Bilder von Verrätern, die es zu schlachten galt, Bilder von Freunden, die es zu finden galt und Bilder eines Schicksals, wie er es seit seiner Flucht von Mors nicht mehr gesehen hatte: Bhrak als geistlose Maschinensklaven der Menschen. Alles im Körper des Jägers drängte danach, dem Urgewaltigen entgegen zu bellen, dass er seine Art reinigen würde und es wenn es bedeutete, die Hälfte von ihnen eigenhändig niederzustrecken, doch die Allgewalt der Vision riss ihn hinfort, verfolgt von den zahllosen Augen der Vorangegangenen.
Benommenheit und Nebel verblassten. Yoks Gehirn begriff wieder, was es sah, fühlte, roch und schmeckte. Alles ergab wieder Sinn. Die kalte, wenn auch von der Schlacht erhitzt Luft, der Lärm der chaotischen Stadt um ihn herum und auch das all zu bekannt erscheinende, sachte Kratzen von Krallen auf hartem Boden.
Seine gelben Augen versuchten, den zahlreichen Lauten und Gerüchen ihre Quellen zuzuordnen, während sich Yok mühsam auf die Beine stemmte, auch wenn er mehr hockte, als alles andere. Offensichltich hatte sich der Vogelmensch auf die Stärke seiner Hexerei verlassen und den Jäger deshalb nicht richtig fixiert, sodass Yok jetzt wertvolle Sekunden hatte, um abermals den Kampf um sein Bewusstsein zu kämpfen. Ein zweites Mal würde er nicht verlieren.
Der Vogelmann war entdeckt, die verhüllte Gestalt bei ihrer Tätigkeit ausgemacht, ehe diese ein ungewolltes Schnaufen des Jägers bemerkte und herum fuhr. Das Lamentieren seines Gegenüber wirkte verschwommen und unverständlich, schien von Yoks Gehirn blockiert zu werden, während das Aufblitzen eines Messers sein Blut in Wallung brachte. Das Donnern einiger explosionen und Schüsse ertönte wie Trommeln in seinem Kopf, seine eine Hand wühlte auf dem Boden vor ihm, ehe sie einen losen Stein zu fassen bekam. Kein Gedanke wurde in diesem Moment verschwendet, es war, als geschahen die Dinge um Yok herum wie von selbst, was ihn mit einer denkbar einfachen Aufgabe betraute. KÄMPFEN UND TÖTEN! "TCHU BHA GLOCH!" So gröhlte der Jäger in Bhrak-Dialekt, während er sich nackt auf den gefiederten Hexer stürzte, um ihm den Schädel einzuschlagen.
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