01-13-2011, 12:08 AM
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Zwei Paar Füße wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die einen in seidene Pantoffeln gehüllt, die Spitzen nach oben gebogenen Schnäbeln gleich, konnten sie den schlurfenden Gang trotzdem kaum Würde verleihen. Sie wirkten winzig neben den gepanzerten Kampfstiefeln eines Rasankuriführers. Die Enden gewaltiger Säulen, dazu geschaffen einen Riesen zu stützen.
Haben die Seher etwas lesen können? Die klare Stimme hätte zu einem Opernsänger gepasst, nicht aber zu dem rothäutigem, sechsäugigem Mutanten, dessen sonderbar weicher Leib von Hornplatten und Rüstungsteilen gleichermaßen geschützt wurde. Auch der Kriegshammer, der Kopf nichts Geringeres als ein Feldstein, wirkte nicht eben wie das Werkzeug eines Schöngeistes.
Die Stadt ist sehr mächtig, schwerlich nur lassen sich Spähren darüber hinaus erblicken.
Der Andere reichte Meroch, um niemand anderen handelte es sich bei dem Riesen, kaum bis zur Hüfte. Schmächtig und beinahe verschrumpelt wirkend, benötigte der Heermeister zwei Watschelschritte um einen des Rasankuri wettzumachen.
Das soll also heißen ihr wisst es nicht.
Es ist um einiges komplizierter Krieger. Und du solltest dir nicht anmaßen die Kunst der Seherin in Frage oder gar verstehen zu wollen. Ihre Abwesenheit erschwert die Fokussierung der übrigen Kundigen. Wir sind berufen, sie aber ist auserwählt.
Schon gut, schon gut. Wir wissen also nicht wo sie sind, ob auf dem Rückweg, oder ob noch...
Am Leben wolltest du sagen?
Ob noch bei dem was sie tun.
Der Drachen ist unsterblich, begeh nicht den Fehler an meiner Zuversicht zu zweifeln. Mein Glaube überwiegt die Ehre deines Amtes. Der Gnomenhafte blickte zu dem Sechsäugien empor und entschied den Krieger nicht weiter zu reizen.
Die Rekrutierung geht voran?
Ja, jeden Tag erreichen uns mehr Mutanten und Ausgestoßene. Der Schwarze Drachen ist in ihre Träumen, er ruft sie und sie folgen dem Schlag seiner Schwingen. Jene die die Wüste überleben sind für gewöhnlich stark genug um für das Training geeignet zu sein.
Sieh selbst.
Sie waren auf einer Mauerkrone unterwegs und zehn Meter unter ihnen ließen sich abgetrennte Karrees erkennen, in denen die neuen Rekruten trainierten.
In Dreierreihen feuerten sie auf, an Pfähle gebundene, Leichname. Der hintere Bereich der Schießplatzes war dementsprechend mit Blut geradezu eingefärbt. Die erste Reihe der Krieger lag auf den Bäuchen, die folgende kniete und die Letzte feuerte im Stehen. Eine hochgewachsene Frau, mit Haut wie poliertes Perlmutt und knapper Lederrüstung schritt seitlich an den Krieger entlang. Missfiel ihr die Haltung oder das Schussergebnis eines Einzelnen, ließ sie eine lange Peitsche vorzucken und schrieb ihren Unmut in die Haut jenes Nachlässigen. Die roten Striemen auf Rücken, Armen und Beinen kündeten davon, dass sich wohl noch keiner als absolut perfekter Schütze hervorgetan hatte. Es war aber auch genauso gut möglich das die Ausbilderin einfach Freude am Bestrafen fand.
Wer ist sie? Die Stimme des Buckligen zitterte mit unverhohlener Gier und er benetzte die fahlen Lippen fahrig mit der Zunge.
Svetlana ist ihr Name. Sie kam vor einigen Tagen durch die Wüste. Auf einer Sänfte, von acht halb verdursteten und verbrannten Verehrern getragen. Im Gespräch fand ich heraus das sie bei ihrem Aufbruch aus Golga über zwanzig waren. Bei ihrer Ankunft waren einige Rasankuri erpicht darauf sie näher kennenzulernen. Sie enthauptete einen mit ihrer Peitsche... etwas das ich bis dahin nicht wirklich für möglich gehalten hätte... und verschönerte dem anderen das Gesicht. Ich sah es zufällig und konnte verhindern das nacheilende Krieger sie erschossen. Da sie mir als recht fähiges Mädchen erschien beschloss ich ihre Fähigkeiten bei der Ausbildung der Neuen zu nutzen.
Sie waren weitergegangen und ließen den Schießplatz hinter sich zurückfallen. Der Heermeister verrenkte sich noch immer den Hals nach der Peitschenschwingerin.
Zu dumm das eine derartige Schönheit so... temperamentvoll ist... wahrlich zu dumm.
Im Haupte Merochs öffneten sich zwei Augen zu dem bereit sehenden Paar und bedachten den Krötenhaften mit einem langen Blick, ohne das sich der Krieger zu einer Bemerkung hinreißen ließ. Er unterbrach die Stille zwischen ihnen, indem er ihr Gespräch auf eine andere Sache lenkte.
Wie geht es mit der Bestie des Drachens? Man erzählt sich allerlei...
Zur Antwort entrang sich ein wahrhaft gequälter Stoßseufzer aus der Brust des Majordomus und er tupfte sich den Schweiß mit einem Spitzentuch vom Rand seiner gepuderten Perücke weg.
Dieses Scheusal treibt mich in den Wahnsinn. Wie kommt es nur das, so unser geliebter Fürst bei uns weilt, diese Kreatur nur faul herumliegt und zuweilen seinem Darm unerquickliche Winde entsteigen lässt, nun aber, da es alle Zeit der Welt hat auf der faulen Schwarte zu liegen, nichts besseres mit sich anzufangen weiß, als mich zu quälen? Es war schon ein Akt der Unmöglichkeit das Tier aus dem Thronsaal und in den kleinen Hof zu bekommen. Man stelle sich vor es hätte die Vorhänge besudelt... Oh nein, oh nein. Als es uns endlich gelungen war das Monstrum in den kleinen Hof zu locken standen wir vor dem Problem der Fütterung. Es reicht bei weitem nicht ihm irgendeinen Fraß vorzuwerfen. Nein es muss sehr spezielle Kost sein... sehr spezielle Kost.
Ich hörte davon.
Eben, das ist ja das Problem. Fast jeder hörte davon und mir gehen inzwischen die Freiwilligen aus. Ich bin dazu übergegangen Sklaven in den Hof zu schicken. Sklaven die ich zu nützlicheren Aufgaben gebraucht hätte. Es ist zum Verzweifeln... zum Verzweifeln.
Ihr habt mein Mitgefühl Heermeister.
Dafür bin ich euch dankbar, oh Stimme des Bekenners. Ach... sind das alles Rekruten?
Sie hatten die nächste Hofkammer erreicht und blickten nun auf einen Platz herab, an das blutige Rund der Arenen erinnerte. Nicht nur von seiner Beschaffenheit, sondern auch von den Kriegern, die dort im Schweiße ihres Angesichts gegeneinander antraten. Bis auf die Beinkleider entblößt, hieben sie mit allerlei Blankwaffen aufeinander ein. Den Mordinstrumenten fehlte zwar die Schärfe, doch die Tatsache das sich die Kampfpaarungen über vier Gefallene hinweg duellierten, zeigte an das man sich hier nicht mit Spiel und Schein aufhielt.
Teils, teils. Die meisten sind tatsächlich Nark, aber es sind auch einige Rasankuri unter ihnen, die den Seelenpakt bereits eingegangen sind. So wirke ich Müßiggang entgegen, halte die Fähigkeiten der Krieger wach und sorge dafür das die Nark begreifen das ihnen in der Schlacht nicht nur Gegner gegenüberstehen, die ihrem Können mehr oder weniger ebenbürtig sind.
WECHSEL! WAFFEN! Brüllte der Ausbilder und die Paarungen warfen sich im schnellen Tausch das Kriegswerkzeug zu, sahen sich nun nicht nur einer anderen Art des Todes gegenüber, sondern ihrerseits mit einer anderen ausgerüstet. Die Kurze Pause im Klirren Stahl auf Stahl verlor sich in neuerlichem Lärm.
Der Ausbilder war ein krasses Gegenteil zu der grazilen Svetlana. Grenbein war sein Name und die Gestalt schien zur Gänze aus Muskeln zu bestehen. Verschnörkelte Tätowierungen ringelten sich über die sonnengerötete Haut, was auf merkwürdige Weise zum wallenden, roten Bart und dem ebenso gefärbten Haupthaar passte. Grenbein erspähte die beiden Hochgestellten auf der Mauer und entbot einen knappen Gruß. Sodann wandte sich wieder den Duellanten zu.
Das wollt ihr Kämpfen nennen? Seine Stimme deutete Verwandschaft mit einer Kesselpauke an.
Ich habe Weiber auf dem Fischmarkt erlebt die mehr Einsatz zeigten als ihr. Glaubt ihr die imperialen Bastarde nehmen Rücksicht darauf ob ihr müde, verwundet oder überfordert seit?
Sie sind Feiglinge und suchen sich die Schwächsten als erstes Ziel heraus. Sie werden mehr sein als ihr, sie werden besser verschanzt sein als ihr, denn sie fühlen sich nur hinter Mauern und in Bunkern sicher. Sie haben Angst vor dem Tod, haben Angst vor Schmerz, haben Angst vor der Dunkelheit und dem Fremden.
WECHSEL! GEGNER! Die Kämpfenden trennten sich voneinander und wandten sich anderen Kriegern zu. Der Schlagabtausch hob wieder an.
Werdet die Verkörperung dieser Angst. Die Maske der Rasankuri, die Un-Anbara. Sie ist mehr als nur ein verziertes Atemgerät. Es ist das Angesicht des Abgrunds, die Fratze der Dämonen und des Krieges. Werdet selbst zu diesem Angesicht.
Ist eure Waffe an euren Feinden zerbrochen, dann erwürgt sie und drückt ihnen die Augen in die Schädel. Wenn sie euch die Arme wegschießen, dann trampelt sie nieder. Hacken sie euch die Beine ab, dann kriecht auf sie zu und beißt ihnen die Kehlen durch.
Tötet, tötet, tötet... tötet sie alle.
WECHSEL WAFFEN! Wieder ging das Ballett der fliegenden Klingen Reih um. Unter den, durch den Ansporn Grenbeins heftiger werdenden, Hieben war ein weiterer Nark zu Boden gegangen und blieb blutend im Staub liegen.
Sie fürchten die Gräuel des Khorne, der ihre Länder verwüstet und ihre Ernten verbrennt.
Sie fürchten die Verlockungen Slaaneshs, der ihre Sinne benebelt und ihre hehren Überzeugungen erniedrigt.
Sie fürchten Tzeentch, der sich in ihre Reihen schleicht und Bruder gegen Bruder leitet.
Und sie fürchten Nurgle, der ihre Mauer verlacht und sie dahinsiechen lässt, ohne Schuss und Schlag.
Das alles fürchten sie, zerfrisst es doch ihre niedere Existenz. Doch auf dem Schlachtfeld werden sie euch fürchten, denn ihr werdet die Personifizierung all dessen sein.
Du da! Wozu haben dir die Götter Hörner geschenkt, nutze sie zu deinem Vorteil, verdammt. Und du! Siehst du nicht das dein Gegner hinkt? Nutze seine Schwäche, brich ihm die Knochen. Eure Veränderungen sind nicht eure Schuld, sie sind Segnungen, eure Herkunft ist nicht eure Schuld, ihr seit in die Unterdrückung geboren. Schwäche aber ist allein eure Schuld. Der unbedingte Wunsch zu siegen liegt bei euch und nur bei euch...
So donnerte der Bärtige weiter auf die Zweikämpfer ein, während diese sich gegenseitig malträtierten. Meroch und der Heermeister hatten innegehalten und dem Treiben einen Augenblick zugesehen.
Nicht nur Schwertkundiger, sondern auch geistiger Lehrer?
Wichtiger als ihr denkt, Heermeister. Viele kommen her, zwar entschlossen etwas an ihrer Situation zu ändern, aber im Kopf noch immer in den alten Knechtschaftsgefügen gefangen. Hier mögen sie zwar auch die Peitsche schmecken, doch nur bis sie ihre eigene Stärke erkennen.
Wo ihr davon redet. Was geschieht mit jenen die das Training nicht überstehen, ohne das sie ihr Leben lassen? Sie setzten ihren Schlendergang fort und passierten eine Parzelle, in der eine stämmige Frau an einem Kartentisch Grundlagen in Taktik vermittelte.
Sind die Betreffenden für den Dienst in der Schlacht gar nicht zu gebrauchen, so werden sie in den Rang des Palta entlassen. Arbeitskraft kann auch im handwerklichen Bereich der Stadt von Nutzen sein. Sind sie nur in der direkten Konfrontation mangelhaft, so werden sie für anderen Zweige des Heeres eingebunden. Etwa für die Garnisonsartillerie, Fliegerabwehr... solche sekundären, wenn auch nicht weniger wichtigen Aufgaben eben. Natürlich wird ihnen der Blutkelch verwehrt. Aber sie können ihren Teil zum Korpus darbringen. Bedenkt das es Festungen im Massiv des Dämonentrittes gibt, die wir momentan unmöglich mit Mannschaften aus reinen Rasankuri besetzen können. Auch bedürfen die Fahrzeuge und Flieger Techniker, die sich ihrer annehmen.
In der Tat.
Es ist erfreulich das die Blitzfallen im Gebirge reaktiviert werden konnten. Der Drachen wird zufrieden sein.
Das werden sie in der Tat.
Die Zweifaltigkeit der Gebieterfigur war inzwischen so vollständig in den Sprachgebrauch übergegangen, dass sich niemand mehr am Plural störte, das sich hinter der eigentlichen Begrifflichkeit „Drachen“ verbarg.
Durch den elektrischen Strom hat auch die Treibstoffherstellung beginnen können. Es gibt noch ein paar Probleme, zwar sind die chemischen Prozesse bekannt, doch die Anlage ist sehr eigen und viele Techniker müssen erst richtig ausgebildet werden. Aber dennoch haben wir die ersten Fahrzeuge klar machen können. Unsere Macht wächst Heermeister!
In Merochs heller Stimme klang Stolz mit, den zu verstecken der Mutant sich keine Mühe machte.
Was ist mit dem Wasser?
Der Trupp, denn dieser Rasankuri entsannt... ihr wisst schon... der mit dem Drachen zog.
Naradas?
Ja so war sein Name. Nun er schien recht geschickt mit dem was er tat. Vor seiner Abreise beauftragte er ein paar Krieger die erste Reparatur zu vervollständigen und was soll ich sagen? Wir haben volle Leistung. Alle Brunnen in der Stadt sprudeln fröhlich vor sich hin. Mehr als das. Durch die Wasserversorgung konnten wir die unterirdischen Hydrofarmen wieder in Betrieb nehmen. Wie bei der Treibstoffanlage haben wir so unsere kleinen Problemchen, doch es wird gelingen... es wird gelingen.
Ein weiterer, ummauerter Abschnitt lag unter ihnen, nach dem sie eine Freifläche passiert hatte, wo angehende Piloten mit der Technik der torpedoförmischen Flieger Rasankurs vertraut gemacht wurden. Dieser Bereich mutete besonders abstrus an, gerade deswegen, weil er sich von den anderen durch seine augenscheinliche Friedlichkeit unterschied. Hier waren die Anwesenden nicht der prallen Sonne ausgesetzt, sondern saßen im löchrigen Schatten eines aufgespannten Tarnnetzes. Wie im Hörsaal einer Universität hockten die gerüsteten Rasankuri im Schneidersitz um einen Mann, höchstens 23 Lenze mochte er zählen, in sonderbar adretter Kleidung. Auch er passte zum Sinnbild der Lehranstalt, denn mit gekämmten Haar und weißem Kittel dozierte er vor einer Schiefertafel, so wie vor einem Schaubild des menschlichen Körpers. Vor ihm, gut sichtbar für alle, lag ein entkleideter Leichnam aufgebahrt.
...die Serratus aneterios mit einem langen Schnitt öffnen. Wie wir gelernt haben ist dabei möglichst ein scharfes Schneidewerkzeug zu verwenden, läuft man ansonsten doch Gefahr die Organe zu verletzen und das Fleisch zu verunreinigen. Wir entnehmen also ein möglichst großes Stück... Hier Er deutete die Bewegung mit dem Zeigestock auf dem Kadaver an. Was haben wir über die Lagerung gelernt?
Ja sie da! Einer der Rasankuri antwortete mit knirschender Stimme. In der Sonne trocknen, zu Pulver zerreiben, salzen oder nach Möglichkeit sofort verspeisen.
Und die Knochen?
Auskochen, Fleischherr!
Ja, sehr richtig. Ein Feind, der es verdient hat von euch getötet zu werden, ist es auch wert gänzlich in euch aufgenommen zu werden, das wisst ihr selbst. Aber das Wie ist entscheidend. Seine Zähne in das Fleisch einer Leiche schlagen kann ein jeder. Von elementarer Bedeutung ist es, Herrschaften, dass wir wissen wie man einen derart reichhaltige Quelle für Nahrung und notfalls auch diverse andere, nützliche Materialien, optimal nutzt. Selbst ein Leichnam der bereits in das Stadium der Verwesung übergegangen ist, kann unter Umständen noch der Erhaltung des eigenen Lebens dienlich sein. Selbstredend wohnt nur dem frischen, selbst getönten Widersacher noch genügend geistiger Rückstand ein um die eigene Essenz zu verstärken und zu erfrischen. Der Feind schreckt vor dieser Art der Ressource zurück, was uns einen unschätzbaren Vorteil verleiht. Während er hungern muss, vom geschmacklosen, vielleicht vergammelten Essen geschwächt und demoralisiert, ziehen wir gestärkt und gesättigt in den Krieg. Ihr seht also wie weit die Lossagen alter Moralvorstellungen unser Leben berührt und zum Besseren wendet.
Zustimmendes und verstehendes Nicken aus den Reihen der Zuhörenden. Der Mann in weiß ließ seine Worte wirken und erblickte während dieser Kunstpause die beiden Beobachter auf der steinernen Wehr. Er lächelte freundlich, was offenbarte warum er den Weg in die Wüste gefunden haben mochte. Das makellose, ja wirklich als schön zu beschreibende, Gesicht zeigte, da sich die Lippen zur Gunstbezeugung teilten, Reihen unregelmäßiger, Dornenzähne. So wie man sie bei Moränen finden konnte.
Dies Mal war es am Heermeister den Gruß mit einem knappen Heben der Hand zu erwidern.
Sie setzten ihren Weg fort und ließen den Übungsbereich hinter sich zurück. Steinerne Stufen, blendend weiß und strahlend durch die Einwirkung der Sonne, trugen ihre Schritte zu einem aufragenden Seitentor. Die Wachen schlugen die Faust vor die Brust, das Metall auf Metall klang.
Die Kühle des inneren Palastbereiches umfing sie und schmeichelte der Haut beider Würdenträger mit sanfter Bewegung. Die ausgeklügelte Konstruktion des Gebäudes sorgte auch ohne mechanische Hilfsmittel dafür, dass der Höllenodem der Wüste vor der Tür blieb. Palta waren eifrig bemüht die Spuren jahrhundertelangen Schlafes zu beseitigen und trugen Körbe mit Schutt und zerfallenem Inventar aus den Räumen. Dieser Flügel lag sehr weit am Rand der Anlage und war wohl schon zu Zeiten der alten Stadtbewohner nicht übermäßig frequentiert gewesen. Nun jedoch hatte er eine Aufgabe erhalten, die ihn wieder mit Aktivität füllen würde. Stiegen und Rampen ließen sie durch Halbdunkel und sporadische Lichtinseln schreiten um schließlich ein offenstehendes Portal zu passieren, welches in einen ausladenden Innenhof führte.
Dessen Ausmaße waren überraschend gewaltig und zeigten einmal mehr in welchen Dimensionen man hier gedacht hatte und nun wieder dachte.
Das war aber keineswegs das, was diesen Ort besonders erscheinen ließ. Vielmehr war es der zentrale Schacht, in der Mitte der Freifläche. Ein brunnenartiger Abgrund, groß genug das man ein Landungsschiff hinein manövrieren könnte, ohne das die Gefahr zu groß ausfiele die Seiten zu schrammen.
Wozu er einst diente wussten die Götter allein. Jetzt jedenfalls hing darüber das Grundgerüst einer kugelförmigen Konstruktion, die Ausmaße eines Herrenhauses problemlos sprengend. Zu einem kleinen Prozentsatz war das metallene Skelett dieses metallenen Runds mit Messingplatten gedeckt und die Vermutung drängte sich auf, dass dereinst die gesamte Kugel von diesen Fliesen umschlossen sein würde. Den Anschein des Schwebens erzeugten unzählige, mannsdicke Ketten, in den umgebenden Mauer verankert und das ganze Konstrukt an Ort und Stelle haltend. Durch die fehlende Verkleidung ließen sich im Inneren mehrere Ebenen Erkennen, was den Eindruck erweckte, man habe den Querschnitt eines Hauses vor sich wenn auch der abstrusen Fantasie eines Künstlergeistes entsprungen. Die Arbeiten an diesem Ding stellten die Aufräumbemühungen im umgebenden Gebäude mühelos in den Schatten. Hier waren es an die 100 Personen, die ihren Aufgaben nachgingen. Du wurden weitere Ketten in Position gebracht, Paneele an die Streben genietet und Etagen eingezogen. Rings um die eigentlich Baustelle standen Werkbänke, vornübergebeugte Handwerker darüber. Meroch schritt zu einer dieser Arbeitsstellen und griff das was darauf lag. Es handelte sich um eben eine der Fliesen, die so sorgfältig als Verkleidung angebracht wurden.
Der Sechsäugige hielt das handgroße Stück schräg gegen das Licht. So ließen sich filigrane Ritzungen auf der Oberfläche ausmachen. Komplizierte Zeichen der dunklen Sprache, in ihrer vollendetsten, möglichen Form, bedeckten jeden Zentimeter. Meroch strich mit dem Daumen darüber und verspürte ein ehrfürchtiges Schaudern. Er gab die Platte an den Heermeister weiter, welcher die Untersuchung wiederholte, alsdann legte er das Stück zurück an den angestammten Platz. Berobte Gestalten untersuchten jede einzelne Fliese, bevor sie angebracht werden durfte und nicht wenige fielen durch diese Prüfung durch.
Es wird grandios!
die Stimme des Bekenners legte die Hände auf dem Stiel des Kriegshammers ab und blickte an der Konstruktion empor.
Das wird es!
...Was ist das, Heermeister?
Ich habe nicht die geringste Ahnung!
Zwei Paar Füße wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die einen in seidene Pantoffeln gehüllt, die Spitzen nach oben gebogenen Schnäbeln gleich, konnten sie den schlurfenden Gang trotzdem kaum Würde verleihen. Sie wirkten winzig neben den gepanzerten Kampfstiefeln eines Rasankuriführers. Die Enden gewaltiger Säulen, dazu geschaffen einen Riesen zu stützen.
Haben die Seher etwas lesen können? Die klare Stimme hätte zu einem Opernsänger gepasst, nicht aber zu dem rothäutigem, sechsäugigem Mutanten, dessen sonderbar weicher Leib von Hornplatten und Rüstungsteilen gleichermaßen geschützt wurde. Auch der Kriegshammer, der Kopf nichts Geringeres als ein Feldstein, wirkte nicht eben wie das Werkzeug eines Schöngeistes.
Die Stadt ist sehr mächtig, schwerlich nur lassen sich Spähren darüber hinaus erblicken.
Der Andere reichte Meroch, um niemand anderen handelte es sich bei dem Riesen, kaum bis zur Hüfte. Schmächtig und beinahe verschrumpelt wirkend, benötigte der Heermeister zwei Watschelschritte um einen des Rasankuri wettzumachen.
Das soll also heißen ihr wisst es nicht.
Es ist um einiges komplizierter Krieger. Und du solltest dir nicht anmaßen die Kunst der Seherin in Frage oder gar verstehen zu wollen. Ihre Abwesenheit erschwert die Fokussierung der übrigen Kundigen. Wir sind berufen, sie aber ist auserwählt.
Schon gut, schon gut. Wir wissen also nicht wo sie sind, ob auf dem Rückweg, oder ob noch...
Am Leben wolltest du sagen?
Ob noch bei dem was sie tun.
Der Drachen ist unsterblich, begeh nicht den Fehler an meiner Zuversicht zu zweifeln. Mein Glaube überwiegt die Ehre deines Amtes. Der Gnomenhafte blickte zu dem Sechsäugien empor und entschied den Krieger nicht weiter zu reizen.
Die Rekrutierung geht voran?
Ja, jeden Tag erreichen uns mehr Mutanten und Ausgestoßene. Der Schwarze Drachen ist in ihre Träumen, er ruft sie und sie folgen dem Schlag seiner Schwingen. Jene die die Wüste überleben sind für gewöhnlich stark genug um für das Training geeignet zu sein.
Sieh selbst.
Sie waren auf einer Mauerkrone unterwegs und zehn Meter unter ihnen ließen sich abgetrennte Karrees erkennen, in denen die neuen Rekruten trainierten.
In Dreierreihen feuerten sie auf, an Pfähle gebundene, Leichname. Der hintere Bereich der Schießplatzes war dementsprechend mit Blut geradezu eingefärbt. Die erste Reihe der Krieger lag auf den Bäuchen, die folgende kniete und die Letzte feuerte im Stehen. Eine hochgewachsene Frau, mit Haut wie poliertes Perlmutt und knapper Lederrüstung schritt seitlich an den Krieger entlang. Missfiel ihr die Haltung oder das Schussergebnis eines Einzelnen, ließ sie eine lange Peitsche vorzucken und schrieb ihren Unmut in die Haut jenes Nachlässigen. Die roten Striemen auf Rücken, Armen und Beinen kündeten davon, dass sich wohl noch keiner als absolut perfekter Schütze hervorgetan hatte. Es war aber auch genauso gut möglich das die Ausbilderin einfach Freude am Bestrafen fand.
Wer ist sie? Die Stimme des Buckligen zitterte mit unverhohlener Gier und er benetzte die fahlen Lippen fahrig mit der Zunge.
Svetlana ist ihr Name. Sie kam vor einigen Tagen durch die Wüste. Auf einer Sänfte, von acht halb verdursteten und verbrannten Verehrern getragen. Im Gespräch fand ich heraus das sie bei ihrem Aufbruch aus Golga über zwanzig waren. Bei ihrer Ankunft waren einige Rasankuri erpicht darauf sie näher kennenzulernen. Sie enthauptete einen mit ihrer Peitsche... etwas das ich bis dahin nicht wirklich für möglich gehalten hätte... und verschönerte dem anderen das Gesicht. Ich sah es zufällig und konnte verhindern das nacheilende Krieger sie erschossen. Da sie mir als recht fähiges Mädchen erschien beschloss ich ihre Fähigkeiten bei der Ausbildung der Neuen zu nutzen.
Sie waren weitergegangen und ließen den Schießplatz hinter sich zurückfallen. Der Heermeister verrenkte sich noch immer den Hals nach der Peitschenschwingerin.
Zu dumm das eine derartige Schönheit so... temperamentvoll ist... wahrlich zu dumm.
Im Haupte Merochs öffneten sich zwei Augen zu dem bereit sehenden Paar und bedachten den Krötenhaften mit einem langen Blick, ohne das sich der Krieger zu einer Bemerkung hinreißen ließ. Er unterbrach die Stille zwischen ihnen, indem er ihr Gespräch auf eine andere Sache lenkte.
Wie geht es mit der Bestie des Drachens? Man erzählt sich allerlei...
Zur Antwort entrang sich ein wahrhaft gequälter Stoßseufzer aus der Brust des Majordomus und er tupfte sich den Schweiß mit einem Spitzentuch vom Rand seiner gepuderten Perücke weg.
Dieses Scheusal treibt mich in den Wahnsinn. Wie kommt es nur das, so unser geliebter Fürst bei uns weilt, diese Kreatur nur faul herumliegt und zuweilen seinem Darm unerquickliche Winde entsteigen lässt, nun aber, da es alle Zeit der Welt hat auf der faulen Schwarte zu liegen, nichts besseres mit sich anzufangen weiß, als mich zu quälen? Es war schon ein Akt der Unmöglichkeit das Tier aus dem Thronsaal und in den kleinen Hof zu bekommen. Man stelle sich vor es hätte die Vorhänge besudelt... Oh nein, oh nein. Als es uns endlich gelungen war das Monstrum in den kleinen Hof zu locken standen wir vor dem Problem der Fütterung. Es reicht bei weitem nicht ihm irgendeinen Fraß vorzuwerfen. Nein es muss sehr spezielle Kost sein... sehr spezielle Kost.
Ich hörte davon.
Eben, das ist ja das Problem. Fast jeder hörte davon und mir gehen inzwischen die Freiwilligen aus. Ich bin dazu übergegangen Sklaven in den Hof zu schicken. Sklaven die ich zu nützlicheren Aufgaben gebraucht hätte. Es ist zum Verzweifeln... zum Verzweifeln.
Ihr habt mein Mitgefühl Heermeister.
Dafür bin ich euch dankbar, oh Stimme des Bekenners. Ach... sind das alles Rekruten?
Sie hatten die nächste Hofkammer erreicht und blickten nun auf einen Platz herab, an das blutige Rund der Arenen erinnerte. Nicht nur von seiner Beschaffenheit, sondern auch von den Kriegern, die dort im Schweiße ihres Angesichts gegeneinander antraten. Bis auf die Beinkleider entblößt, hieben sie mit allerlei Blankwaffen aufeinander ein. Den Mordinstrumenten fehlte zwar die Schärfe, doch die Tatsache das sich die Kampfpaarungen über vier Gefallene hinweg duellierten, zeigte an das man sich hier nicht mit Spiel und Schein aufhielt.
Teils, teils. Die meisten sind tatsächlich Nark, aber es sind auch einige Rasankuri unter ihnen, die den Seelenpakt bereits eingegangen sind. So wirke ich Müßiggang entgegen, halte die Fähigkeiten der Krieger wach und sorge dafür das die Nark begreifen das ihnen in der Schlacht nicht nur Gegner gegenüberstehen, die ihrem Können mehr oder weniger ebenbürtig sind.
WECHSEL! WAFFEN! Brüllte der Ausbilder und die Paarungen warfen sich im schnellen Tausch das Kriegswerkzeug zu, sahen sich nun nicht nur einer anderen Art des Todes gegenüber, sondern ihrerseits mit einer anderen ausgerüstet. Die Kurze Pause im Klirren Stahl auf Stahl verlor sich in neuerlichem Lärm.
Der Ausbilder war ein krasses Gegenteil zu der grazilen Svetlana. Grenbein war sein Name und die Gestalt schien zur Gänze aus Muskeln zu bestehen. Verschnörkelte Tätowierungen ringelten sich über die sonnengerötete Haut, was auf merkwürdige Weise zum wallenden, roten Bart und dem ebenso gefärbten Haupthaar passte. Grenbein erspähte die beiden Hochgestellten auf der Mauer und entbot einen knappen Gruß. Sodann wandte sich wieder den Duellanten zu.
Das wollt ihr Kämpfen nennen? Seine Stimme deutete Verwandschaft mit einer Kesselpauke an.
Ich habe Weiber auf dem Fischmarkt erlebt die mehr Einsatz zeigten als ihr. Glaubt ihr die imperialen Bastarde nehmen Rücksicht darauf ob ihr müde, verwundet oder überfordert seit?
Sie sind Feiglinge und suchen sich die Schwächsten als erstes Ziel heraus. Sie werden mehr sein als ihr, sie werden besser verschanzt sein als ihr, denn sie fühlen sich nur hinter Mauern und in Bunkern sicher. Sie haben Angst vor dem Tod, haben Angst vor Schmerz, haben Angst vor der Dunkelheit und dem Fremden.
WECHSEL! GEGNER! Die Kämpfenden trennten sich voneinander und wandten sich anderen Kriegern zu. Der Schlagabtausch hob wieder an.
Werdet die Verkörperung dieser Angst. Die Maske der Rasankuri, die Un-Anbara. Sie ist mehr als nur ein verziertes Atemgerät. Es ist das Angesicht des Abgrunds, die Fratze der Dämonen und des Krieges. Werdet selbst zu diesem Angesicht.
Ist eure Waffe an euren Feinden zerbrochen, dann erwürgt sie und drückt ihnen die Augen in die Schädel. Wenn sie euch die Arme wegschießen, dann trampelt sie nieder. Hacken sie euch die Beine ab, dann kriecht auf sie zu und beißt ihnen die Kehlen durch.
Tötet, tötet, tötet... tötet sie alle.
WECHSEL WAFFEN! Wieder ging das Ballett der fliegenden Klingen Reih um. Unter den, durch den Ansporn Grenbeins heftiger werdenden, Hieben war ein weiterer Nark zu Boden gegangen und blieb blutend im Staub liegen.
Sie fürchten die Gräuel des Khorne, der ihre Länder verwüstet und ihre Ernten verbrennt.
Sie fürchten die Verlockungen Slaaneshs, der ihre Sinne benebelt und ihre hehren Überzeugungen erniedrigt.
Sie fürchten Tzeentch, der sich in ihre Reihen schleicht und Bruder gegen Bruder leitet.
Und sie fürchten Nurgle, der ihre Mauer verlacht und sie dahinsiechen lässt, ohne Schuss und Schlag.
Das alles fürchten sie, zerfrisst es doch ihre niedere Existenz. Doch auf dem Schlachtfeld werden sie euch fürchten, denn ihr werdet die Personifizierung all dessen sein.
Du da! Wozu haben dir die Götter Hörner geschenkt, nutze sie zu deinem Vorteil, verdammt. Und du! Siehst du nicht das dein Gegner hinkt? Nutze seine Schwäche, brich ihm die Knochen. Eure Veränderungen sind nicht eure Schuld, sie sind Segnungen, eure Herkunft ist nicht eure Schuld, ihr seit in die Unterdrückung geboren. Schwäche aber ist allein eure Schuld. Der unbedingte Wunsch zu siegen liegt bei euch und nur bei euch...
So donnerte der Bärtige weiter auf die Zweikämpfer ein, während diese sich gegenseitig malträtierten. Meroch und der Heermeister hatten innegehalten und dem Treiben einen Augenblick zugesehen.
Nicht nur Schwertkundiger, sondern auch geistiger Lehrer?
Wichtiger als ihr denkt, Heermeister. Viele kommen her, zwar entschlossen etwas an ihrer Situation zu ändern, aber im Kopf noch immer in den alten Knechtschaftsgefügen gefangen. Hier mögen sie zwar auch die Peitsche schmecken, doch nur bis sie ihre eigene Stärke erkennen.
Wo ihr davon redet. Was geschieht mit jenen die das Training nicht überstehen, ohne das sie ihr Leben lassen? Sie setzten ihren Schlendergang fort und passierten eine Parzelle, in der eine stämmige Frau an einem Kartentisch Grundlagen in Taktik vermittelte.
Sind die Betreffenden für den Dienst in der Schlacht gar nicht zu gebrauchen, so werden sie in den Rang des Palta entlassen. Arbeitskraft kann auch im handwerklichen Bereich der Stadt von Nutzen sein. Sind sie nur in der direkten Konfrontation mangelhaft, so werden sie für anderen Zweige des Heeres eingebunden. Etwa für die Garnisonsartillerie, Fliegerabwehr... solche sekundären, wenn auch nicht weniger wichtigen Aufgaben eben. Natürlich wird ihnen der Blutkelch verwehrt. Aber sie können ihren Teil zum Korpus darbringen. Bedenkt das es Festungen im Massiv des Dämonentrittes gibt, die wir momentan unmöglich mit Mannschaften aus reinen Rasankuri besetzen können. Auch bedürfen die Fahrzeuge und Flieger Techniker, die sich ihrer annehmen.
In der Tat.
Es ist erfreulich das die Blitzfallen im Gebirge reaktiviert werden konnten. Der Drachen wird zufrieden sein.
Das werden sie in der Tat.
Die Zweifaltigkeit der Gebieterfigur war inzwischen so vollständig in den Sprachgebrauch übergegangen, dass sich niemand mehr am Plural störte, das sich hinter der eigentlichen Begrifflichkeit „Drachen“ verbarg.
Durch den elektrischen Strom hat auch die Treibstoffherstellung beginnen können. Es gibt noch ein paar Probleme, zwar sind die chemischen Prozesse bekannt, doch die Anlage ist sehr eigen und viele Techniker müssen erst richtig ausgebildet werden. Aber dennoch haben wir die ersten Fahrzeuge klar machen können. Unsere Macht wächst Heermeister!
In Merochs heller Stimme klang Stolz mit, den zu verstecken der Mutant sich keine Mühe machte.
Was ist mit dem Wasser?
Der Trupp, denn dieser Rasankuri entsannt... ihr wisst schon... der mit dem Drachen zog.
Naradas?
Ja so war sein Name. Nun er schien recht geschickt mit dem was er tat. Vor seiner Abreise beauftragte er ein paar Krieger die erste Reparatur zu vervollständigen und was soll ich sagen? Wir haben volle Leistung. Alle Brunnen in der Stadt sprudeln fröhlich vor sich hin. Mehr als das. Durch die Wasserversorgung konnten wir die unterirdischen Hydrofarmen wieder in Betrieb nehmen. Wie bei der Treibstoffanlage haben wir so unsere kleinen Problemchen, doch es wird gelingen... es wird gelingen.
Ein weiterer, ummauerter Abschnitt lag unter ihnen, nach dem sie eine Freifläche passiert hatte, wo angehende Piloten mit der Technik der torpedoförmischen Flieger Rasankurs vertraut gemacht wurden. Dieser Bereich mutete besonders abstrus an, gerade deswegen, weil er sich von den anderen durch seine augenscheinliche Friedlichkeit unterschied. Hier waren die Anwesenden nicht der prallen Sonne ausgesetzt, sondern saßen im löchrigen Schatten eines aufgespannten Tarnnetzes. Wie im Hörsaal einer Universität hockten die gerüsteten Rasankuri im Schneidersitz um einen Mann, höchstens 23 Lenze mochte er zählen, in sonderbar adretter Kleidung. Auch er passte zum Sinnbild der Lehranstalt, denn mit gekämmten Haar und weißem Kittel dozierte er vor einer Schiefertafel, so wie vor einem Schaubild des menschlichen Körpers. Vor ihm, gut sichtbar für alle, lag ein entkleideter Leichnam aufgebahrt.
...die Serratus aneterios mit einem langen Schnitt öffnen. Wie wir gelernt haben ist dabei möglichst ein scharfes Schneidewerkzeug zu verwenden, läuft man ansonsten doch Gefahr die Organe zu verletzen und das Fleisch zu verunreinigen. Wir entnehmen also ein möglichst großes Stück... Hier Er deutete die Bewegung mit dem Zeigestock auf dem Kadaver an. Was haben wir über die Lagerung gelernt?
Ja sie da! Einer der Rasankuri antwortete mit knirschender Stimme. In der Sonne trocknen, zu Pulver zerreiben, salzen oder nach Möglichkeit sofort verspeisen.
Und die Knochen?
Auskochen, Fleischherr!
Ja, sehr richtig. Ein Feind, der es verdient hat von euch getötet zu werden, ist es auch wert gänzlich in euch aufgenommen zu werden, das wisst ihr selbst. Aber das Wie ist entscheidend. Seine Zähne in das Fleisch einer Leiche schlagen kann ein jeder. Von elementarer Bedeutung ist es, Herrschaften, dass wir wissen wie man einen derart reichhaltige Quelle für Nahrung und notfalls auch diverse andere, nützliche Materialien, optimal nutzt. Selbst ein Leichnam der bereits in das Stadium der Verwesung übergegangen ist, kann unter Umständen noch der Erhaltung des eigenen Lebens dienlich sein. Selbstredend wohnt nur dem frischen, selbst getönten Widersacher noch genügend geistiger Rückstand ein um die eigene Essenz zu verstärken und zu erfrischen. Der Feind schreckt vor dieser Art der Ressource zurück, was uns einen unschätzbaren Vorteil verleiht. Während er hungern muss, vom geschmacklosen, vielleicht vergammelten Essen geschwächt und demoralisiert, ziehen wir gestärkt und gesättigt in den Krieg. Ihr seht also wie weit die Lossagen alter Moralvorstellungen unser Leben berührt und zum Besseren wendet.
Zustimmendes und verstehendes Nicken aus den Reihen der Zuhörenden. Der Mann in weiß ließ seine Worte wirken und erblickte während dieser Kunstpause die beiden Beobachter auf der steinernen Wehr. Er lächelte freundlich, was offenbarte warum er den Weg in die Wüste gefunden haben mochte. Das makellose, ja wirklich als schön zu beschreibende, Gesicht zeigte, da sich die Lippen zur Gunstbezeugung teilten, Reihen unregelmäßiger, Dornenzähne. So wie man sie bei Moränen finden konnte.
Dies Mal war es am Heermeister den Gruß mit einem knappen Heben der Hand zu erwidern.
Sie setzten ihren Weg fort und ließen den Übungsbereich hinter sich zurück. Steinerne Stufen, blendend weiß und strahlend durch die Einwirkung der Sonne, trugen ihre Schritte zu einem aufragenden Seitentor. Die Wachen schlugen die Faust vor die Brust, das Metall auf Metall klang.
Die Kühle des inneren Palastbereiches umfing sie und schmeichelte der Haut beider Würdenträger mit sanfter Bewegung. Die ausgeklügelte Konstruktion des Gebäudes sorgte auch ohne mechanische Hilfsmittel dafür, dass der Höllenodem der Wüste vor der Tür blieb. Palta waren eifrig bemüht die Spuren jahrhundertelangen Schlafes zu beseitigen und trugen Körbe mit Schutt und zerfallenem Inventar aus den Räumen. Dieser Flügel lag sehr weit am Rand der Anlage und war wohl schon zu Zeiten der alten Stadtbewohner nicht übermäßig frequentiert gewesen. Nun jedoch hatte er eine Aufgabe erhalten, die ihn wieder mit Aktivität füllen würde. Stiegen und Rampen ließen sie durch Halbdunkel und sporadische Lichtinseln schreiten um schließlich ein offenstehendes Portal zu passieren, welches in einen ausladenden Innenhof führte.
Dessen Ausmaße waren überraschend gewaltig und zeigten einmal mehr in welchen Dimensionen man hier gedacht hatte und nun wieder dachte.
Das war aber keineswegs das, was diesen Ort besonders erscheinen ließ. Vielmehr war es der zentrale Schacht, in der Mitte der Freifläche. Ein brunnenartiger Abgrund, groß genug das man ein Landungsschiff hinein manövrieren könnte, ohne das die Gefahr zu groß ausfiele die Seiten zu schrammen.
Wozu er einst diente wussten die Götter allein. Jetzt jedenfalls hing darüber das Grundgerüst einer kugelförmigen Konstruktion, die Ausmaße eines Herrenhauses problemlos sprengend. Zu einem kleinen Prozentsatz war das metallene Skelett dieses metallenen Runds mit Messingplatten gedeckt und die Vermutung drängte sich auf, dass dereinst die gesamte Kugel von diesen Fliesen umschlossen sein würde. Den Anschein des Schwebens erzeugten unzählige, mannsdicke Ketten, in den umgebenden Mauer verankert und das ganze Konstrukt an Ort und Stelle haltend. Durch die fehlende Verkleidung ließen sich im Inneren mehrere Ebenen Erkennen, was den Eindruck erweckte, man habe den Querschnitt eines Hauses vor sich wenn auch der abstrusen Fantasie eines Künstlergeistes entsprungen. Die Arbeiten an diesem Ding stellten die Aufräumbemühungen im umgebenden Gebäude mühelos in den Schatten. Hier waren es an die 100 Personen, die ihren Aufgaben nachgingen. Du wurden weitere Ketten in Position gebracht, Paneele an die Streben genietet und Etagen eingezogen. Rings um die eigentlich Baustelle standen Werkbänke, vornübergebeugte Handwerker darüber. Meroch schritt zu einer dieser Arbeitsstellen und griff das was darauf lag. Es handelte sich um eben eine der Fliesen, die so sorgfältig als Verkleidung angebracht wurden.
Der Sechsäugige hielt das handgroße Stück schräg gegen das Licht. So ließen sich filigrane Ritzungen auf der Oberfläche ausmachen. Komplizierte Zeichen der dunklen Sprache, in ihrer vollendetsten, möglichen Form, bedeckten jeden Zentimeter. Meroch strich mit dem Daumen darüber und verspürte ein ehrfürchtiges Schaudern. Er gab die Platte an den Heermeister weiter, welcher die Untersuchung wiederholte, alsdann legte er das Stück zurück an den angestammten Platz. Berobte Gestalten untersuchten jede einzelne Fliese, bevor sie angebracht werden durfte und nicht wenige fielen durch diese Prüfung durch.
Es wird grandios!
die Stimme des Bekenners legte die Hände auf dem Stiel des Kriegshammers ab und blickte an der Konstruktion empor.
Das wird es!
...Was ist das, Heermeister?
Ich habe nicht die geringste Ahnung!