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Luftlandeparkhaus
#1
Lyra war mehr als nur erschöpft. Der Flug war anstrengend gewesen, erforderte in jeder Sekunde ihre volle Konzentration. Sollte je jemand sagen, fliegen sei nicht anstrengend, würde sie ihn in diese Wüste bringen, den Autopilot abschalten und ihm zwingen zu fliegen. Nein, es war wahrlich kein Spaziergang. Und sie war vom Schweiß getränkt. Nicht nur durch die Sonne, sondern auch durch ihren eigenen Verdienst. Sie hatte sich den Helm aufsetzen und das Display vor ihre Augen klappen müssen, denn alle wichtige Informationen, das HUD, wurde auf dem Visier des Helms angezeigt. Und zusätzlich hatte sie den Torsoteil ihrer Rüstung angelegt. Sie befürchtete zwar keinen Angriff durch die Passagiere, würden die dadurch doch wohl ihren eigenen Tod herbeiführen, doch diese Rüstung schützte sie auf eine andere Art. In ihm war ein Antigrav-Schirm eingebaut, und Lyra konnte nicht sicher sagen, dass die Maschine die ungewöhnliche Mischung des Treibstoffes vertrug, oder ob nicht doch irgendwo Sand in die Maschine geraten war. Es war eine Vorsichtsmaßnahme, auch wenn sie wusste, dass, sollte sie den Absturz der Maschine überleben, sie wohl in der Wüste sterben würde. Es war nichts weiter als ein Austausch der Todesarten, doch es spielte ihr zumindest die Möglichkeit zu überleben vor.
In der Pause, die sie einlegen mussten, überprüfte sie die Motoren so gut es ging und bereitete alles für den weiteren Flug vor. Nachdem sie mit einem Blick auf die Karte, welche sie vor ihrer Abreise ergattern konnte, feststellte, ob sie überhaupt noch am richtigen Kurs waren, bemerkte sie im Innenraum die leere Wasserflasche, welche die Insassen wohl untereinander weitergereicht hatten. Jetzt waren sie draußen, pumpten Treibstoff in den Tank. Erbärmlich... hätten sie die Pilotin gefragt, hätte sie ihnen einen Schlauch gegeben, der von alleine Treibstoff ansaugte. Doch.. irgendwie taten ihr die Personen auch leid. Sollte sie ihnen helfen? Was hätte sie denn davon? Sie kannte die Personen doch gar nicht!
Das Mitleid überwog, und so öffnete sie eine Truhe, welche sich unter der Sitzbank befand. Ein Schwall kühler Luft stieg ihr entgegen, als sie die Kiste öffnete. Im inneren befanden sich die gekühlten Vorräte, welche sie mitgenommen hatte, als sie aus Gohmor wegflog. Die Hälfte hatte sie verbraucht... aber es würde reichen... Wenn die Passagiere zurückkamen, würde jeder von ihnen auf seinem Platz, oder zumindest dort, wo dieser sein sollte, wenn sie normal beisammen gesessen wären, zwei kleine Flaschen mit kühlem, reinen Wasser, sowie einer zweigängigen Nahrungsration vorfinden. Man könnte das wohl als kleines Geschenk der Pilotin sehen.
Nach einem wieder endlos dauerndem Flug sollte es endlich so weit sein: Die Stadt kam in Sicht. Noch davor bekam Lyra die technologische Bestätigung, dass sie am richtigen Weg war, da sie irgendjemand mit seinen elektronischen Augen beobachtete. Sollte sie das beunruhigen oder beruhigen? Sie entschied sich für letzteres, als sie die Aufforderung erhielt, den Schlüssel durchzugeben. Das hieß, dass man nicht auf sie schoss. Lyra gab ihren eigenen Schlüssel durch, da sie von diesem sicher sagen konnte, dass er stimmte. Möglicherweise hatte der Mann, von dem die Rasankuri den anderen Schlüssel hatten, in der Stunde seines Todes gelogen, um noch im Tod gegen Herätiker vorgehen zu können. Wer wusste das schon... Die einzige Person, die das sagen konnte, war nun wohl tot.
Der Luftraum war stark befüllt, mochte man meinen. Für Lyra ähnelte dies vielmehr dem Nachtverkehr an einem Wochentag. Sie hatten wohl Glück, denn sie kamen nicht zur „High-Time“, in der die Bewohner gerade am Weg zur Arbeit oder nach Hause waren. Aber gut, die meisten fuhren ohnehin mit dem Zug. Und so reihte sich Lyra mit ihrer Maschine in den Leitstrahl und damit in den Verkehr ein. Es tat irgendwie wieder gut, in der Zivilisation zu sein, und auch das Dataslate an ihrem Arm bemerkte dies, denn es begann zu piepsen. Ein wenig zu oft, wie Lyra befand, piepste es doch beinahe eine Minute lang unentwegt. “Wie es sich anhört, ist die Welt anscheinend gerade am Abgrund, oder irgendjemand wollte wohl wirklich dringend mit mir reden.“
Nein, die Welt wahr wohl nicht direkt am Abgrund, aber sie hatte extrem viele Nachrichten erhalten. So lange war sie doch gar nicht weg!
Dann verlangte wieder der Flug ihre Aufmerksamkeit, auch wenn es hier in der Stadt um einiges einfacher war, musste sie doch nicht auf elektromagnetische Felder achten. Hier gab es Stahl, unmengen von Stahl. Oben, Unten, Links, Rechts, einfach überall. Und schließlich leitete sie der Parkstrahl zu der Landeplattform. Es war die typische, auf Effizienz ausgelegte Plattform, wie ein Parkhaus für Autos, nur dass eine Wand fehlte und man durch diese Loch hinein flog. Im Schritttempo bugsierte Lyra die Maschine hinein, sowohl oberhalb, als auch unterhalb vom Flieger nicht mehr als ein halber Meter Platz, doch es sollte reichen. Und nachdem sie gelandet waren, schaltete Lyra erleichtert die Turbinen aus und öffnete per Knopfdruck die beiden Seitentüren, durch welche die Passagiere das Fahrzeuginnere verlassen könnten. Sie selbst stieg durch die Cockpittüre aus, nichts weiter als der seitliche Teil vom Glas, welcher hochgeklappt wurde. Ihre Haare pickten an ihrem Kopf, als sie den Helm abnahm und gemeinsam mit dem Brustteil, welcher sich leider nicht ganz so leicht abnehmen ließ, wieder in das Cockpit legte. Genüsslich streckte sie sich, während die Stimme des Lautsprechers erklang “Sie befinden sich auf Ebene 183 Sektion 4 im 23. Bezirk. Einen schönen Aufenthalt. Der Imperator beschützt.“
Dann erst betrachtete Lyra das Display an ihrem Arm. Wieso hatte es so oft gepiepst? Ah ja... da war der Grund... etwas mehr als 40 Nachrichten... und natürlich die neuesten Ausgaben des Gohmor Guardian. Aber das brauchte sie jetzt nicht... was sie brauchte war ein angenehmen Bad.
“Ich kann uns ein Taxi rufen, falls ihr irgendwohin wollt. Wenn wir übernachten müssen, hätte ich auch eine kleine Wohnung. Etwas eng, wenn wir so viele sind, aber nicht so eng wie im Flieger gerade.“
Doch sie machte sich nicht allzu große Hoffnungen. Was immer der Fürst vor hatte... er würde wohl nicht allzu lange damit warten.
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