05-30-2010, 09:18 PM
Grinsend, wie ein nackter, formentblößter Totenschädel vegetierte des alten Mannes faltiges Gesicht scheinbar unmittelbar neben Adrazbes Antlitz. Eine konstante, scheinbar willkürliche Vielfalt widerspiegelte sich da in dieser hässlichen Grimasse, während der krumme Stock in seinen knochigen Spindelfingern verwitterte Wurzeln über des blutverschmierten Flures Breite sandte. Hauch, schauderhafte, weißlich bleiche Nebelschwaden entstiegen den trügerisch grinsenden und genauso vertrockneten Lippen wie den regungslosen Zügen dahinter. Der alte Eremit wie es einem dünken mochte, streckte die rechte Hand gerade soweit von sich das er an die unbekleidete Schulter des Jünglings tippen konnte, augenblicklich sammelte sich daran ein dünner Raureif, ebenso wie scheinbar Jahrzehnte alter Staub über dessen Glieder herabrieselte. Ebenso vernehmbar, ein leises Klirren, wie ineinander verschmiedete Kettenglieder und raues Rascheln groben Leinens. Woher dies kam, blieb zunächst verborgen, man mochte es aber durchaus jenem oftmals in Kerkern vernehmbaren Echos vergangener Epochen zuschreiben. Oder einer langsam wachsenden Paranoia... Möglicherweise auch einer schleichenden psychischen Erkrankung... Eine dieser schleichenden Neurosen, wie sie jene kurzfristige berührten Günstlinge oftmals durchlebten. Kaum berührt, kaum die eigentümliche, befremdliche Leibeskälte durch die ungeschützte Haut vernommen, da zersprang der greise Wegbereiter in tausend winzige Krabbeltierchen, allein machen krochen, manche liefen wiederum andere flatterten davon in feisten Schwärmen gleich aufgequollenen, hässlichen Mücken. Dann stand er allein, verlassen inmitten der Kammer, während von der Ferne her, ein leises, stagnierendes Tröpfeln, Wasser welches eine angeschwollene Pfütze fand. Und da war noch eine gezogene dünne Spur, verblassend fast in der kärglichen Beleuchtung dieser “Behausung”, eine aus verronnenem Blut, kaum fünf Stunden alt, hinführend durch die beengten Korridore, umringt von spartanischen Nischen in deren eng gemauerten Kerkern, mehr Grüfte, ausgemergelte Sklavenwesen und manchmal gar Skelette lugten. Mit jedem vorsichtigen Schritt welchen er nun dar durch den Korridor wagen würde, verfolgten ihn im Dunkeln aufmerksame Pupillen, mal geschlitzt, mal rund, mal gar mehrfach aufgespalten. Die Spur schlängelte sich gleichwohl weiter, hin zu einer Pforte, einer sorgsam polierten, beinahe schwarzen Lackpforte, darauf als Klopfer, eine seltsame Bestie, welche mit dreifacher Zunge einen goldenen Ring umschlang. Dahinter, wie zu erwarten, ein Raum, mehr ein Festsaal denn eine ordinäre Stube und dennoch nicht etwas ausladend wie die Säle des Gouverneurs. Gekachelter Marmor umrang das gesamte Refugium, weißer, gold geäderter Marmor, und anstelle geschmackvoller hölzerner Vertäfelung, blank polierte schwarze Spiegel, dazwischen, im Brennpunkt jedes unheiligen, bedrückenden Reflektierens, ein Stuhl, doch kein gewöhnliches Objekt wie jedes andere Mobiliar, sondern weder von Holz, noch Stein oder gar Metall. Einer aus glänzendem, wie frisch geschlachtetem, hautlosem Fleisch, gedehnt und modelliert wie simpler Ton. Doch darauf... Nichts, weder Mensch, noch Tier, noch Kissen, allein das einladende, weiche Fleisch inmitten starrender Spiegel gen alle Welt gerichtet...