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Kammern der Offenbarung
#40
Nur tiefe Leere und kein Wort mochte ihm nun mehr über die Lippen kommen. Die Wut verblasste, musste weichen der Ratlosigkeit. So nah die Lösung scheinen mochte, so fern war sie doch für den Jüngling. Der Prinz, nicht mehr wie ein Frohlocken, eine Verführung gerichtete an seine einstige Vision. Hilflos musste er zusehen wie der alte Manne im Schatten verschwand, unfähig ihn aufzuhalten oder gar nur seine Stimme zu erheben. Lange sollte er nicht alleine sein, denn schon kurz danach schob sich eine massige Gestalt an ihn heran. Die feinen Härchen auf seiner Haut erhoben sich, seine Nase vernahm einen fauligen Gestank wie es selbst die dunkelste Gasse nicht zu offenbaren vermochte. Langsam enthüllte der Schein des Lichtes das wahre Grauen, das sich zu ihm schleppte. Ungläubig wollten sich die Augen diesen Anblick von der Netzhaut blinzeln, doch schnell ergab sich die erschreckende Gewissheit über die Realität. Ein Schrei wollte über die Lippen gehen, doch Heiserkeit belegte die Stimmbänder und gebaren nur einen wimmernden Seufzer als sich eine feuchte und aufgedunsene Pranke um einen seiner Fußknöchel schloss. Apathisch verkrampften sich seine Extremitäten, brachten wohlgeformte Muskelfasern und aufgepumpte Adern zum Vorschein. Gelenke rieben in den metallischen Schnallen, an denen sein Körper gefesselt war, die Anspannung lies seine Knochen weiß zum Vorschein treten. Die andere Klaue dieser Ausgeburt der Hölle streckte sich nach seinem Gesicht aus und so sehr er seinen Kopf auch winden mochte, unaufhaltsam wie ein Schraubstock schloss sie sich um seinen Unterkiefer und fixierten sein Haupt. “Nein... nein! Ich werde folgen, ich werde gehorchen...“ Presste er mit heftigen Atemstößen durch aufeinander knirschenden Zähne hervor und sein Körper bäumte sich im Rahmen seiner Fesseln über dem Tisch auf. Kleine Funken sprühten mit kurzer Lebensspanne über die von der Zeit zugesetzten Klinge des Ungetüms, fanden sich im Spiegel der glasigen Augen des Jünglings wieder.
Was hatte ihn nur dazu getrieben Hals über Kopf die sichere Umgebung seines kleinen Glaspalastes zu verlassen, den Türmen der Makropole den Rücken zu kehren? Unzählige male suchte er den Nervenkitzel der Jagd, genoss das Leiden anderer ohne je an die Konsequenzen zu denken einmal selbst Opfer eines solchen Vergehens zu werden. Was er doch mit seinem Geld zu bewegen vermochte. Für ein paar Schekel rissen sich Mensch und Mutant das Herz aus dem Leib, hätten ihm die Füße geküsst, wären bereit gewesen Freunde zu verraten. Doch er wollte sich nicht mit dieser kleinen Spielweise begnügen, trachtete nach Größerem und sollte auf der Suche danach schließlich fündig werden. Nun war er hier. Verzaubert von einem unnatürlichen Wesen sprang er bereitwillig in sein Verderben und nun schien es unwahrscheinlich, dass dies nur ein weiterer Abschnitt auf seiner Reise war. Es sollte der Tragödie letzter Teil werden, das Letzte im Leben eines verruchten Jünglings der in seiner Naivität glaubte unbeschwert und leicht an das ihm verheißene Ziel zu gelangen. Hatte er es letztendlich erreicht und das letzte Geschenk empfangen? War diese flüchtige Begegnung alles was er bekommen sollte? War sie es wahrlich wert?
Sein Zappeln wurde weniger und ruhiger, spiegelte damit ein Stück weit seine gedankliche Resignation wieder, während das Krächzen des wetzenden Schlachtwerkzeugs gemächlich weiter vonstatten ging. Wo war der Ausweg sich von diesen Fesseln zu befreien? Der Greis konnte ihn in keine narrenhafte Gaukelei geführt haben, es musste einen Sinn, einen Hinweis geben wie er dies hier beenden konnte. Eine einsame Träne rollte hastig seine Wange herab, verharrte neben seinem Ohr und tropfte dann herab. Es war Verzweiflung. So oft er die aufgefangenen Worte auch vor sich aufbaute, durch ihr Labyrinth irrte, der ersehnte Weg wollte sich ihm nicht zeigen. Hormone wurden in seinen Kreislauf geschüttet, rationales Denken wurde zunehmend schwerer, dafür rissen seine Glieder mit fühlbar neuen Kräften und schnitten sich selbst Schneisen in die kürzlich regenerierte Haut. Die Schmerzen, das Selbstmitleid, beides ließen neue Wut entfachen und der Hass wurde zum neuen Werkzeug. Hass über sein Leben, Hass über seine Unfähigkeit sich seiner Last entledigt zu haben, Hass über seine Marter und vor allem Hass über die vergossene Träne, das Nachweinen eines traurigen Daseins. Blind und ohne weitere Zweifel begann die Enthäutung seiner Hände, das Metall schabte sich weiter und weiter, machte bald keinen Unterschied mehr zwischen Fleisch und Knochen, schob alles in seinem Wege beiseite, kalt und unbarmherzig. Schmatzend rissen seine Arme sich endlich los, bekündend durch einen qualvollen Aufschrei, der Oberkörper nun aufgerichtet, den Kopf im Nacken und selbst die Kraft der Kreatur vermochte ihn für diesen Augenblick nicht zu zähmen. Sein verfilztes Haar fiel ihm ins Gesicht, als er sich seinem Henker zuwandte. Der Anatomie verschuldet waren seine Füße noch immer fixiert, doch er würde nicht aufgeben, nicht jetzt... nicht mehr...
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