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Anwesen von Alexandra Eleonora di Corvo
#28
Dämmriges Licht, gewissermaßen schauderhaft, aber auch anregend, kontrastierten doch rötliche Luxelemente mit der meist vorherrschenden schwarzen Brokatverhängung unterschiedlichsten Mobiliars. Dies waren meist kostspielig gezimmerte rundliche Tischchen aus importierten, bedrohten Edelhölzern, aber auch ein gewichtiger Sekretär, welcher zusätzlich mit weißgoldenen Scharnieren und Intarsien aus zerflossenem Perlmut verziert worden war. Auf der dargebotenen Konsole ringelte sich eine sündhaft verrenkte Viper quer über einige ausgebreitete Dokumente, verbriefte Firmenanteile, merkantilistische Übernahmebestätigungen oder im Stil eines Rokoko-Pfandbriefes gehaltene Depotauszüge, angereicherte mit Beträgen welche manchen Bürger nach der Beschaffenheit des Kommas staunen ließ. Daneben ein halbgefülltes Tintenfäßchen verfertigt aus ebenso verwerflichen Ressourcen wie alle anderen Gebrauchsgüter, seltenes, besonders biegsames Knochenwerk von irgendeiner Fischgattung welche tatsächlich unmittelbar vor der vollständigen Auslöschung stand, gerade mal denkwürdig genug um überhaupt hier präsentiert zu werden. Die daran getauchte Feder stand dem in nichts nach, ein Relikt aus der vor-imperialen Zeit, somit beinahe ein Dynastieerbstück des Hauses Orsius welches niemals Platz innerhalb des Hauptastes gefunden hatte. Doch dies alles waren schäbige, nichtswürdige Spielereien, den ein samtiges, weiches Rot glitt über den daran geschobenen Lehnstuhl. Die metallischen Bögen zierlicher Kettenglieder wetteiferten in ihrem bizarrem Glanze mit einem umgelegten Collier, welches wohl mehr den zehntausend Soldaten das Leben gekostet haben musste, verflüchtigten sich dann am abgeschrägten Rande zweier deutlich kräftigerer Spangen welche eng um die dünnen, beinahe durchsichtigen Unterärmchen geschlossen waren, welche sich ihrerseits an die hölzerne Prachtlehne drückten und in lockerer Umschlingung somit im Rücken lagen. Die auf einem samtweichen Kissen ruhende Dame, deren Grazie durch dieses unfreiwillige Hindernis gebunden war, schien dennoch halbwegsbequem zu ruhen, bis auf das Brilliantencollier allerdings entkleidet, was wiederum bedeutete das die in langer, schweißtreibender Arbeit gewonnenen Edelsteine mit der perlenen Reinheit der Haut wetteifern mussten und zweifelsfrei auf längere Sicht unterliegen würden. Anhand eines schmalen, leicht geschwungenen Schlangenverschlusses entpuppte sich das besagte Collier mehr als eine Abwandlung der Unterart Halsband denn als tatsächlich festliches Geschmeide, so war es denn auch wenig verwunderlich das eine feinst gewobene Schnur aus gehauchten Silberverstrebungen daran anschloss, tausendfach gewunden und gebogen, gewissermaßen eine stabile Schnurr ergebend. Ja selbst die anmutigen Beinknöchel dieser bleichen Grazie waren durch jenes besonders geschätzte Mondelement der alten Alchimisten umschlossen, in innigster, abstraktester Umarmung des Mobiliars.

Eine weitere Maid, eine femme libre gewissermaßen, in unaufrichtig reflektierendem Schwarz posierte unmittelbar vor jener genügsamen Dame, die Lasche jenes Silber in lockerem Griff zweier Finger gewunden, während sie abwartend, von einer reitwilligen Gerte flankiert, stand. Befremdlich gewissermaßen, dennoch jenen schauderhaften Gruselgestalten imperialer Hierarchien entliehen, ermahnte die vorzüglich ausstaffierte Garderobe einem Requiem an jene standhaften Wehrmänner vorangegangener Epochen. Eingehüllt in eine hautdünne Kunstweste aus geschwärzter Sündhaftigkeit, wiedergebend was selbst das simpelste Auge an illuminierenden Erscheinungen wahrzunehmen wusste, erstreckte sich diese bis knapp unterhalb der Ellenbögen, wo sie in formvollkommener Eintracht überglitt in sacht aufgeworfene, enganliegende Handschuhe. Disziplinarisch allerdings abwegig genug, war der entsprechende Brustreißverschluss knapp unterhalb des üppig gehaltenen Dekolletes geöffnet, reichliche Einblicke in ein gar herrliche Talsenkung gewährend. Darunter verlief eine gerade mal schenkellange Illusion von Sittlichkeit, geschneidert in ein schmuckloses Stückchen Lendenschurz gleichen Rockes, umschlungen durch einen durch winzige Brillianten, gleichsam unschätzbar wertvollen Nieten, besetzten und verfeinerten Schmuckgürtel selbiger Manufaktur. Impression lustvoller Weiblichkeit, den hochgerollte Strümpfe, stabilisiert durch filigran anmutende silberne Spangen an fingerbreiten Stützbändern, bedeckten jeden frei atmenden Zoll nackter Haut bis hinab zu den Zehen. Die Waden selbst, sowie diem Füße steckten in hochhackigen Reiterstiefeln, an deren Schäften ein in rot kontrastierendes Haus Emblem eingearbeitet worden war. Die Cavalière trug das Scheitelhaar zu einem strafen Schweif gebunden unterhalb einer verruchten Schirmmütze aus bereits genanntem Hauptmaterial, kokett in die Stirne geschoben, während rougebetonte Kusslippen gehässig zwischen Schmeichelung und Schelte verfangen schienen, grinsend und schmollend gleichermaßen. Wiederum erschall das nackte, boshafte Klatschen der vorderen Lasche, des sogenannte Schlages einer Dressurgerte, auf ungeschütztem menschlichem Fleische. Dichtauf gefolgt von einem raschen Ruck an dem würgenden Stricke, sowie scheltenden Worten, abermals zischendes Geißeln, sowie eine kraftvoll inszenierte Ohrfeige, einen deutlich geröteten Abdruck an einer Wange der sitzenden dame noble hinterlassend. Einsam jedoch in seinem verklingenden Widerhalle, wenngleich aufkeimend, bange verzogenes Winseln, verschlungen durch ein zwischen Lippen gepresstes, durchsichtiges Edelsteinchen von halber Größe menschlicher Fäuste, von Machart gleich der Globule Korons. Das reizvolle Duett zog sich gar einige verdammenswert unkeusche Stunden dahin, wandelnd in sittsamer Förmlichkeit und Veranlagung mit jedem verstreichenden Bronzeschlag jener übermannsgroßen Standuhr am Okzident des Kabinetts. In seinem frivol, dekadenten grande finale, geruhten der einen Dame Brüste, sowie Bauch über den abgewinkelten Schenkeln jener femme libre, rhythmisches Stakkato durch deren Dressur erhaltend, willentlich leicht die Zähnchen in weichen Kern der Globule versenkend während dies geschah. Abermals und abermals, bis das schmerzlich gerötete Meridiane gänzlich jenes blütenweiße Hinterteil verzierten und Zweitere an aufgerollter Silberkordel Erstere emporzog, den “verstummende” Planetoiden aus den Lippen bergend und diese anschließend mit schlüpfrig, warmer Zunge versiegelnd, dann beschwichtigend die eine Brust bestreichelnd.

“Mademoiselle, Ihr siebzehn Uhr Termin lässt sich anmelden. Wollen Sie ihn im Salon Rouge empfangen oder soll er Ihren Aufruf bei der Admission erwarten?”
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