03-01-2010, 10:45 AM
Vom Ort der Selbstverstümmelung abgewendet, die Augen zu einem schmalen Spalt geschlossen und diese noch zusätzlich mit der Hand abgeschirmt, versuchte sie sich durch die Menge der Zuschauer zu drängen. Sie wollte weder sehen, wie sich dieser Mann seine eigenen Ohren abschnitt, noch das, was nachher von ihm über bleiben würde. Und sie war nicht schlecht überrascht von sich selbst, als sie sich bei der Frage ertappte, ob der Mann danach noch etwas würde hören können. Und sogleich malten sich in ihrem Kopf Horrorvisionen aus, wie das aussehen müsste, wenn sich ein Mann selbst die Ohren abschnitt. Übelkeit überkam sie, ein Schwindelgefühl, das Verlangen nach Luft und Freiraum. Und zumindest letzteres sollte sie jetzt bekommen, schaffte sie es doch nun die Reihen der Schaulustigen zu durchbrechen. Kurz musste sie noch torkeln, doch dann erreichte sie eine Ruine, zwei kleine Stockwerke mit einer Treppe verbunden, dem Verfall nahe und große Teile vom oberen Stockwerk fehlten, an dessen brüchigen Mauer sie sich abstützen konnte, wodurch sie ein wenig Halt bekam. Doch es half nicht, die Übelkeit zu vertreiben. Stattdessen ruhte sie sich aus und versuchte die Visionen der Gewalt aus ihrem Denken zu verbannen, eher Schlecht denn Recht. Sie konnte sich zumindest ein wenig ablenken, als sie, nachdem sie sich auf den Sandboden niedergelassen hatte, sah, dass Karlesch ihr gefolgt war. Anscheinend hatte dieser Tatsächlich den Auftrag, bei ihr zu bleiben und sie zu beschützen. Und dann schrie plötzlich jemand. Staub wurde aufgewirbelt, sie hatte Glück, im Windschatten der Ruine zu sitzen. Doch dann wollte Lyra sich umdrehen, nachschauen, was passiert war. Doch ihr Körper gehorchte nicht. Im Gegensatz zu diesem, ihr Geist jedoch sehr wohl. Man konnte wohl sagen, dass sie plötzlich neben sich stand und sich selbst beobachten konnte. Doch damit hatte sie nun auch schon die Kontrolle über ihren Geist ebenso verloren, er bewegte sich von selbst, nach oben in die Luft, doch nur wenige Meter, sodass sie durch ein Fenster im oberen Stockwerk, dessen Glas schon lange zerstört war, sehen konnte. War sie gerade durch die Mauer gebrochen? Widerstand hatte sie keinen gespürt, aber das musste nicht bedeuten, konnte sie doch auch sonst nichts von sich spüren. Dann richtete sich der Blick durch das Fenster, über die Menge der Leute hinweg auf einen Platz. Dort stand ein Mann, Mitte dreißig, welcher anscheinend gerade ausgepeitscht wurde, sowie noch zwei Männer, davon einer am Boden liegend, und eine Frau. Doch während all die Menschen rund um den schreienden irgendwie verschwommen und unklar wirkten, schien dieser eine doch wie ein Leuchtfeuer und es schien, als ob mit seinem anhaltendem Schrei irgendwelche Druckwellen von ihm weg gingen und sich in alle Richtungen ausstreckten, jedoch mit der Distanz langsam verblassten. Was ist das? Was geht hier vor sich? Was ist los?
Sie konnte sich diese Fragen nicht beantworten, und sie hatte auch keine Zeit dafür. Mit einem Mal befand sie sich auf einer Alptraumlandschaft. Sie war an einem Meer mit Strand. Doch statt dem angenehmen Sand bestand der Strand aus Kadavern von allen Möglichen Wesen, und statt dem Meer und seiner feuchten Gicht war ein Meer aus Blut und eine unbeschreibliche Hitze, welche unbarmherzig über die Szenerie hinweg wehte. Krähen machten sich gemütlich, nahmen ihren Anteil vom Strand und schlangen diesen herunter. Ein weiterer Körper wurde von einer Welle herangetrieben, direkt vor Lyra, und mit Erschrecken sah sie, dass es ihr eigener Körper war, jedoch vollständig, ohne die Behinderung durch das Bionic. Stattdessen war der menscheneigene Arm vollständig erhalten. Und damit landete eine Krähe auf dem Kopf des herangespülten Körpers und machte sich sogleich daran, ihre Beute zu verschlingen, bevor noch mehr Krähen kommen könnten, und versengte ihren Schnabel in das Auge.
Und, genauso schnell wie zuvor, war sie wieder an einem anderem Ort. Sie war wieder in Rasankur, wieder in ihrem eigenem Körper. Ihr Auge war ganz, und sie hatte keinen menschlichen Arm. Allmählich klärte sich ihre Sicht wieder, und Hilfe suchend sah sie sich nach Karlesch um. Dieser stand nun ein wenig abseits, am Rand der Ruine, und sah von dort aus nach, was passiert war. Mit großer Mühe richtete sich Lyra auf, Adrenalin durchflutete ihren Körper, ihre Hände zitterten und ihre Beine waren unsicher, ob sie stehen, gehen oder fallen sollten. Doch nichtsdestotrotz stige sie die Treppe hinauf in das obere Stockwerk, zu dem Fenster, an dem sie glaube, vorhin noch gestanden zu sein. Sie musste einfach wissen, ob es echt war oder nicht. Was es war. Und tatsächlich, vom Fenster aus hatte sie die Selbe Sicht, und wie sie es sich vorher eingebildet hat, gesehen zu haben, stand dort dieser Mann und schrie. Jedoch war nun alles klar, nichts war verschwommen. Was sollte sie jetzt tun? Sollte sie dieses Mysterium in die Kategorie „Besonderheiten Rasankurs“ einordnen? Sollte sie das soeben Geschehene einfach vergessen, verheimlichen, und so tun, als wäre nichts passiert? Sollte sie sich mit dem Gesuch um Hilfe an jemanden wenden? Aber an wen sollte sie sich wenden? An diesen Mann, der dort schrie? An Karlesch? An den Krieger, welcher seinem Kontrahenten befahl, sich die Ohren abzuschneiden? Sie würde diesem Mann, der ausgepeitscht worden war, fragen. Sie würde ihm einmal erzählen, was passiert war. Und sie würde hoffen, dass dieser ihr helfen konnte. Und wenn nicht, würde sie es verschweigen und als Geheimnis mit ins Grab nehmen.
Sie konnte sich diese Fragen nicht beantworten, und sie hatte auch keine Zeit dafür. Mit einem Mal befand sie sich auf einer Alptraumlandschaft. Sie war an einem Meer mit Strand. Doch statt dem angenehmen Sand bestand der Strand aus Kadavern von allen Möglichen Wesen, und statt dem Meer und seiner feuchten Gicht war ein Meer aus Blut und eine unbeschreibliche Hitze, welche unbarmherzig über die Szenerie hinweg wehte. Krähen machten sich gemütlich, nahmen ihren Anteil vom Strand und schlangen diesen herunter. Ein weiterer Körper wurde von einer Welle herangetrieben, direkt vor Lyra, und mit Erschrecken sah sie, dass es ihr eigener Körper war, jedoch vollständig, ohne die Behinderung durch das Bionic. Stattdessen war der menscheneigene Arm vollständig erhalten. Und damit landete eine Krähe auf dem Kopf des herangespülten Körpers und machte sich sogleich daran, ihre Beute zu verschlingen, bevor noch mehr Krähen kommen könnten, und versengte ihren Schnabel in das Auge.
Und, genauso schnell wie zuvor, war sie wieder an einem anderem Ort. Sie war wieder in Rasankur, wieder in ihrem eigenem Körper. Ihr Auge war ganz, und sie hatte keinen menschlichen Arm. Allmählich klärte sich ihre Sicht wieder, und Hilfe suchend sah sie sich nach Karlesch um. Dieser stand nun ein wenig abseits, am Rand der Ruine, und sah von dort aus nach, was passiert war. Mit großer Mühe richtete sich Lyra auf, Adrenalin durchflutete ihren Körper, ihre Hände zitterten und ihre Beine waren unsicher, ob sie stehen, gehen oder fallen sollten. Doch nichtsdestotrotz stige sie die Treppe hinauf in das obere Stockwerk, zu dem Fenster, an dem sie glaube, vorhin noch gestanden zu sein. Sie musste einfach wissen, ob es echt war oder nicht. Was es war. Und tatsächlich, vom Fenster aus hatte sie die Selbe Sicht, und wie sie es sich vorher eingebildet hat, gesehen zu haben, stand dort dieser Mann und schrie. Jedoch war nun alles klar, nichts war verschwommen. Was sollte sie jetzt tun? Sollte sie dieses Mysterium in die Kategorie „Besonderheiten Rasankurs“ einordnen? Sollte sie das soeben Geschehene einfach vergessen, verheimlichen, und so tun, als wäre nichts passiert? Sollte sie sich mit dem Gesuch um Hilfe an jemanden wenden? Aber an wen sollte sie sich wenden? An diesen Mann, der dort schrie? An Karlesch? An den Krieger, welcher seinem Kontrahenten befahl, sich die Ohren abzuschneiden? Sie würde diesem Mann, der ausgepeitscht worden war, fragen. Sie würde ihm einmal erzählen, was passiert war. Und sie würde hoffen, dass dieser ihr helfen konnte. Und wenn nicht, würde sie es verschweigen und als Geheimnis mit ins Grab nehmen.