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Catonium oder „Die Tiefe“, Schachtsystem, Ressourcengewinnung
#2
Sich von dieser leicht bodigen und bequemen Einstellung erfüllen lassend, presste Ayris entschlossen die Lippen aufeinander, leerte ihren Intellekt von allem trivialen Ballast und besann sich nur noch auf das absolut bedeutende. Sie streifte das geknechtete Bewusstsein der Gefangenen ab, förderte das angestaubte Genie ihrer alten Tage beim Widerstand zutage und vergegenwärtigte sich der bewährten Vorgehensweisen. Die fundamentale Auslöschung der Rebellion sowie die niederschmetternden Wochen, Monate danach waren nicht gerade erschwinglich für ihren heruntergewirtschafteten Verstand gewesen, hatten die Flamme des Protestes in ihr fast zum erlischen gebracht, doch nun züngelte sie wieder auf in ihrer Brust, gierte danach etwas zu verzehren. Etwas dafür büßen zu lassen, das sie derart lange klein gehalten worden war, abgeschirmt von lebenswichtigen Nährstoffen. Die frisch erwachende Kraft in sich spürend, schritt Ayris zielstrebig aus und verinnerlichte sich jede in den kahlen Fels gehauene Rune, welche Ebene und Segmentierung des weitläufigen Stollensystems kennzeichnete, oder andere Lappalien, um später nach getaner Arbeit – vorausgesetzt sie lebte dann noch – den Weg zurück in die Kaverne zu finden.
Sie durchwanderte hoch ausgewölbte Tunnel mit guter Ausleuchtung, dann wieder so enge das sich gerade zwei Personen aneinander vorbeischieben konnten. Wie Parasiten klebten Hominiden allerorts an den basaltenen Klippen die sie einfassten und hieben und rissen an den Mineralien um die edelsten freizulegen und abzutragen. Da Gefahren nicht nur von so manchem Einsturzgefährdeten Schacht ausgingen, sondern ebenfalls von dem lichtscheuen Gesindel das hier unten seine aufgezwungenen Tätigkeiten betrieb, hatte sich Ayris eine der billigen Halbmasken mit Partikelfilter geangelt um ihr Gesicht zu verhüllen. Gemeinhin galt es nämlich als recht ansehnlich wenn man den Worten gewisser adretter Offiziere der imperialen Garde oder einigen Schmutzfinken trauen durfte. Und um niemanden auf überstürzt dumme Gedanken zu bringen maskierte sie sich lieber wie alle anderen um weniger aufzufallen. Dies gelang ihr soweit relativ gut, nur einmal musste sie einen Kerl ausmanövrieren, der sich nicht aus Zufall hinter ihre Fersen geheftet hatte. Das Abhängen kostete sie zwar etwas von ihrer Zeit weil sie einen großen Bogen schlagen musste, fiel aber nicht weiter ins Gewicht, denn überall wo sie landete hinterließ sie eine eigene, schlichte Notiz im Stein der ihr den Rückweg markierte.

Auf diese Weise gelangte sie schließlich, eher später als früher, zum Depot wo der Treibstoff des Galaxie in voluminösen, ausgebauchten Behältern gelagert wurde. Zu ihrem Leidwesen entdeckte sie allerdings vor dem Zugang einen Wachposten, der mit stierem Blick die ihm gegenüberliegende Wand begutachtete und die Hände hinter dem Rücken verschränkt hielt. Seine Kleidung war eine sonderbare Mischung aus Uniform und Ziviltracht, erinnerte an einen Milizionär aus einem der wilden Sektoren weit draußen auf dem Festland. Der imperiale Adler schimmerte als Abzeichen auf seiner Brust und seinem Barett. Ein Elektroschockstab hing in einer Schlaufe an seinem Gürtel. Ayris beschimpfte Sarg still und heimlich dafür dass sie ihr diese Einzelheit vorenthalten hatte. Jetzt musste sie improvisieren.

Leichtfüßig schwebte sie zu der gelangweilten Aufsicht hinüber und ließ dabei ihre Augen anstatt ihres Mundes lächeln um den Mann direkt bei der Wurzel seiner Gefälligkeit zu packen, wenn er denn sowas besaß. „Dem Gottimperator zum Gruße, du schaust ja erschreckend erschöpft aus Getreuer, ist dir nicht gut?

Der Mann schüttelte seine Entrückung von sich und fixierte seinen Blick auf die Weiblichkeit vor ihm. „Möge der Erleuchtete deinen Gruß erwidern… ich, erschöpft? Tatsächlich? Nun, das kann schon sein, zum Glück muss ich mir ja nicht ins Gesicht blicken, ich muss es nur tragen.“ erwiderte er grinsend.

Ich spreche die Wahrheit, du kannst es mir glauben. Ich glaube die Luft hier unten dürfte dir nicht bekommen. Sie ist voll von Staub und Absonderungen mikroskopisch kleinen Teilchen, die dir zusetzen ohne dass du dies bemerkst. Und du trägst keine Maske.“ merkte Ayris an und imitierte eine sorgenvolle Miene.

Der Wächter war sich dieser Tatsachen bestimmt mehr als bewusst, gedachte die Unterhaltung aber nicht zu beenden weil es eine Ablenkung bedeutete, egal wie naiv oder unerfahren seine Gesprächspartnerin war. „Hah, ja möglich, denke aber eher das liegt an dem Schlafmangel und an dem öden blöden Rumstehen hier. Ich finde auf diesem Planeten einfach keine Ruhe weißt du? Keine Ahnung ob es an seiner Rotation liegt oder an was anderem… ich bin einfach immer unruhig, Herzklopfen und so und trotzdem immer schläfrig. Aber erzähle das nicht meinem Vorgesetzten, alles klar.“ Er lächelte sie fast sympathisch an.

Das erstaunte die Frau hinter der Atemmaske, sie war froh dass er nicht ihre Züge zu deuten vermochte. „Ähm ja, das könnte natürlich auch der Grund sein.“ Eifrig schusterte sie sich eine Lüge zusammen, sie wollte ihn nicht unbedingt umbringen müssen nur um in das Lager zu kommen, obwohl dies unsinnig war, wenn die Bombe explodierte würde er so oder so sterben. Aber dann war es die Bombe die in aus dem Leben katapultierte und nicht sie. „Ich soll einen Kanister Promethium holen, für einen der Wühler… sagten die. Ein Ausfall und nun stocken die Arbeiten. Es ist ziemlich eilig.

Einer der Maulwürfe hat also wieder seinen Geist aufgegeben, tztztz.“ Er schüttelte den Kopf. „Unzuverlässige Dreckschleudern, die bringen mehr Probleme als Lösungen. Hm und da schicken sie dich zartes Ding um eine schwere Kanne zu ihnen zu schleppen?"

Die Heuchelei war geglückt, nur an der Logik die dahinter steckte schien es zu hapern. „Tja, was soll ich sagen. Sonst war keiner abkömmlich und es ist an mir hängen geblieben.

Verstehe, sollst den Laden hier wohl kennenlernen und ein bisschen an Muskelmasse zulegen was?" witzelte er und drehte sich zum Einlass um, führte einen zylinderförmigen Entsperrer in eine Buchse seitlich der Tür und öffnete sie. „Bedienen sie sich Mamzel. Sie finden sicher irgendwo noch einen abgefüllte Kanister und wenn sie unverschämtes Glück haben eventuell auch noch einen Hoverwagen, aber da müsste es schon mit göttlicher Fügung zugehen.

Ich danke dir.“ sagte Ayris artig und erkannte überrascht dass sie es ernst meinte während sie an dem Wachposten vorüberschritt und die Remise betrat. Eine geräumige rechteckige Halle erwartete sie, deren Mittelteil von den aufgeblähten Tanks eingenommen wurde, die mit viel Phantasie wie abgeschnittene pummelige Fingerglieder eines mechanischen Kolossen aussahen und die mit der schlummernden Flüssigkeit gefüllt war, die Fleisch und Eisen in Feuer zu tauchen vermochte. Da sie wusste das ihr nicht viel Zeit blieb bis der Raumhüter Verdacht schöpfen würde, lief sie geschwind die Silos entlang und plinste angestrengt zwischen jede Vorrichtung, in jede Lücke und jeden Freiraum in der Aussicht so die bereitgestellte Sprengladung aufzustöbern. Die Frage warum ausgerechnet sie diese Bombe zünden sollte, wo sie doch schon an Ort und Stelle deponiert war, nagte flüchtig an ihrem gesunden Menschenverstand, aber sie verdrängte ihn wie alles andere kontradiktorische zuvor auch. Aber der Gedanke das sie erst vor Stunden hineingeschmuggelt worden war und nur auf ihren Einsatz wartete, einen Einsatz der sie prüfen und ihre Zweckdienlichkeit für Sarg herausstellen sollte, erschien ihr am stichhaltigsten, ansonsten wäre solch heiße Ladung schon seit langem entdeckt und aus dem Verkehr gezogen worden. Ihr verdunsteten an die vier Minuten ohne dass sie etwas aufspürte, doch dann folgte sie einer Intuition und warf sich auf den befleckten Boden. Und da lag es. Das Päckchen, unschuldig und unaufdringlich. Unter dem metallenen Stützwerk der Tanks. Elf Meter von ihr entfernt.

Schnell warf sie einen Blick Richtung Eingang, die Wache war noch nicht zu sehen. Folglich legte sie sich hastig auf den Bauch und robbte unter die Speicherungseinheiten. Der chemische Geruch des Promethiums biss ihr in die Nase, dann hatte sie den Packen erreicht und schlug mit den Fingerspitzen die Polyester Ummantelung beiseite. Eine emulsionische Sprengvorrichtung offenbarte sich ihren neugierigen Augen darunter. Eine Komposition der Zerstörung. Patronen, angefüllt mit den harmlosen Ingredienzien fester Konsistenz, aber wehe wenn die Kugel aus Mikroglas zerbarst, die die Zündung einleitete. Ayris war diese Untergruppe gewerblichen Sprengstoffes durchaus bekannt, diente es doch als Verstärkerladung und für Großbohrlochsprengungen und musste aus dem heimischen Inventar Egir Septimus‘ stammen. Obgleich ihrer Aufregung maßregelte sie sich zur Ruhe und begann konzentriert auf die Schaltsysteme der Bombe zuzugreifen und das schlafende Monstrum zu aktivieren. Eine Handvoll aufleuchtender Dioden bestätigte sie bald darauf in ihrem Fach, doch für Lobeshymnen war keine Zeit, sodass sie sich unverzüglich an die Justierung und Feinabstimmung der Initialzündung machte und das Empfangsmodul auf einen speziellen Niedrigfrequenzimpuls kalibrierte, welche sie sich ins Hirn einbrannte um sie ja nicht zu vergessen.

Mamzel? Haben sie ein Problem? Soll ich Ihnen vielleicht unter die Arme greifen? Wo stecken sie denn?“ riss sie urplötzlich eine Stimme aus der Sorgfalt und hätte beinahe verursacht das sie vor Schreck den Kopf emporgehoben hätte. Bei der niedrigen Decke ein schmerzliches Erlebnis. Zu ihrem Vorteil war die Halle groß und weitschweifig.

Ich bin hier!“ rief sie und hoffte darauf der der Wachmann die Herkunft ihrer Worte nicht genau ermitteln konnte und rutschte, die Hände und Füße leise zu Hilfe nehmend und so schnell es ihr möglich war zur entgegengesetzten Flanke des Silogerüsts. Wenn man das Lager betrat folgte man instinktiv zunächst der freien Fläche auf der Türseite und nicht der am anderen Ende des Depots. Sie vertraute auf die evolutionären Anlagen des Menschen… und wurde nicht enttäuscht. Der Wachhabende überraschte sie nicht in jenem Abschnitt und sie konnte sich noch zügig umschauen und zu einer nahen Stellage sprinten, auf dem drei Metablockgroße Kanister standen. Um das Schauspiel abzurunden, plagte sie sich gerade an einem der Behälter ab, als der Posten um die Tankkonstruktion bog und sie wahrnahm.

Thron, wieso rufen sie denn nicht nach mir? Sie brechen sich noch das Genick. Warten sie ich helfe ihnen…“ Schon kam er herbeigeeilt und ließ seinen Worten Taten folgen. Anschließend besorgte er ihr noch einen simplen Handkarren auf den er ihre Last verlud und sie dann auf schmunzelnd davonschickte. Ayris betete für ihn, das er zur fraglichen Stunde nicht in der Nähe ihres launischen Babys war.
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[Kein Betreff] - von - 09-02-2008, 04:53 PM
[Kein Betreff] - von - 09-04-2008, 10:50 PM
[Kein Betreff] - von - 09-07-2008, 07:41 PM
[Kein Betreff] - von - 09-10-2008, 10:25 PM

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