10-10-2009, 01:51 PM
Argentum, Silubra, Sidabras. Silber. Ein majestätisches Übergangsmetall, majestätisch, aber nicht königlich, gleich dem unverfälschlichen Sagenglanz des Aurum, welches letztlich, dank Reinheit, Schönheit und beschworenem Unmut, allein mit dem dunklen Prinzen selbst gleichgesetzt wurde. Nein, Silber besaß eine fragwürdigere, höhere Beschaffenheit, es war nicht herkömmlicher Lehnsadel oder gar vererblicher Thron, es entsprach mehr dem verschlagenen Alchemisten, dem vorsichtig dosierenden Giftmörder oder dem flüsternden Berater hinter dem Lehnstuhl des Kaisers, ungescholten konspirierend und zweifellos bereits an einem verfrühten Ableben des Kronträgers werkelnd. Wenn die archaische, unedle Natur der Bronze Khorne symbolisierte, wenn das durch unzählige Einschlüsse verunreinigte und schmutzige Eisenerz Nurgle huldigte und das reine, begehrliche Gold aus dem nackten Fleische Slaanesh geformt wurde, dann war dieses teuflischste, kälteste aller Metalle zweifellos aus der Ahnenreihe Tzeentchs entwichen. Wer kannte nicht Legenden von geschwärzten Silberklingen, welche des Nachts fromm gurgelnde Priesterkehlen durchstießen. Oder die Sagen der Silbernen Legion, seelenloser Konstrukte erschaffen aus konzentriertem Äther, berauschender Willenskraft und einem Trachten nach unendlicher Macht und Wissen. Viele alchemische Weisheiten waren in den vergangenen Jahrtausenden verloren gegangen, sei es durch menschliche Torheit oder sturem Glaubenseifer an den einen Leichnam. Die beklagenswerte Naivität der Menschen hatte vergessen wie einstmals Dämonen und Abgötter durch sagenhafte Relikte und Talismane regieren konnten, wie auf abgeschiedenen Welten zehntausende in verflüssigte Edelmetalle gestoßen wurden, um daraus Götzenbilder zu schmieden. Man hatte vergessen oder es verboten. Die uralten Künste der Chiromantie, das verderbliche Wesen der Scyomantie oder Psychomantie, aber auch das Geheimwissen der Heptaskopie. Die eigentliche Kunst war, die rechte Anrufung, die klare, deutlich gestrichene Rune des Adlergottes, aus natürlichem, zerriebenen Silbergranulat, aufgetragen in einer wolkenlosen Vollmondnacht im neunten Hause, was gleichbedeutend war mit einem neunten Monat, an einem neunfachteilbaren Tag. Das diese Konstellation naturgemäß selten war, widerspiegelte sich wohl gleichermaßen im seherischen Vermögen der meisten Medien, wie auch in der geringen Zahl wahrhaftiger Hexenmeister oder Hellseher. Nun war es eben Silber, das fahle, spiegelnde Mondmetall, welchem man eine reinigende Wirkung nachsagte, immerhin verdunkelte sich die glänzende Materie bei schwerer Krankheit zu einem hässlichen Nachtmahr. Naturgemäß schienen sich die berührten Stellen nackter Haut unter dem schädlichen Einfluss des Argentums bläulich zu verfärben, als würde dem darunter liegenden Gewebe allmählich der notwendige Sauerstoff entzogen. In einer infernalisch gebrüllten Anrufung irgendeiner längst vergangenen primitiven Zunge, erschauderte die klamm liegende Luft selbst, während das so gebundene Geschöpf sich aufbäumend gegen die silbernen Bande sträubte. Es schien wenig verwunderlich, dass die zwar beständigen, dennoch filigranen Kettenglieder der darunter liegenden Glut des Hasses allmählich nachgeben mussten, selbst wenn dies keines begreiflichen physikalisch oder chemischen erklärbaren Grundgesetzte zugeführt werden konnte. Es war gerade so als würden die unterschiedlich “geladenen” Aspekte sich innerhalb und in unmittelbarer Umgebung des gebunden Weibes gegenseitig abstoßen oder bekriegen. Bereits wenige Sekunden nach Kogan seinem klassischen Bestreben nachgegangen war, bemächtigte sich eine schauderhaft anmutige Korona dessen was er niedergerungen hatte, wie wandelbare Nordlichter, abwechselnd in feurig hassendes Blutrot und dann wieder in eisiges Azurblau driftend. Aus ihren weitaufgerissenen, gefletschten Kiefern schien bereits jetzt ein unsteter Blutbach zu fließen.