10-06-2009, 11:59 PM
Angeleint, an eine filigrane silberne Kette, geschmiedet irgendwo in einer der epochalen Artistenschmieden Rasankurs, von einem mutierten Stallburschen, welcher vormals noch Gießer in einer Waffenmanufaktur des Hauses Orsius gewesen war. Die lediglich minimal variierenden Glieder schlossen perfekt ineinander, jede für sich, in ziselierter Einzelarbeit aus der Esse gehoben, gelöscht in Sklavenblut, geformt durch eine silberne Nadel. Ausbalanciert schwang sich die meisterhafte Verkettung durch die vorgesehene Öse, und brach selbst dann nicht, wenn sich die kampfbewährten Griffel des Fürsten darum schlossen und rissen. Tapsig stolpernd kroch die vereinte Menagerie hinter dem Thronregenten her, gespreizte Finger wie Knie und Zehenspitzen im schlüpfrigen Sand versenkt, allmählich voranschreitend, seinen ausladenden Schritten um die abgestellte Sänfte possierlich folgend, während ihr selbst die gegenseitige Reibung der Schenkel sengende Schmerzreize bereitete. An jenen ausgehöhlten Stellen, da sich Melanies Abdruck durch die quarzhaltige Wüstenei presste, blieben karmesinrote Verfärbungen zurück, denn noch immer schlängelten sich derartige Bächlein über ihre Gelenke und Brüste herab, ja selbst vom Halse perlten klägliche blutige Reste, welche versickernd winzige Pyramiden bildeten, sich nach unten hin beträchtlich verjüngend, während der salzhaltige Edelflüssigkeit zunehmends gebunden wurde. In einigen finalen Schritten, welche scheinbar problemlos durch die “niederen” Mätressen gehalten werden konnte, geriet ihr natürlicher Orientierungssinn in wankende Bedrängnis. Mochte man dies der blutigen Abstinenz vergelten, dem vormals geringen Sauerstoff innerhalb ihrer Venen oder schlicht der andauernden Anstrengung durch Reise sowie fürstlicher Misshandlung, verlief sich gänzlich in den mitternächtlichen Stunden. Fest stand das sie ihre behandschuhten Gelenke unverhältnismäßig ungeschickt aufsetzte, ihre Beine sich markant kriechend nachzerrten und der bedrängte Atem in immer kürzerzen Intervallen scheinbar durch merkwürdiges “Röcheln” unterbrochen wurde. Dies mochte man keinerlei sittlichen oder unsittlichen Krankheit zuordnen, auch nicht inwendigen Verletzungen, egal wie vermaledeit und wirksam sie sein mochten. Es entwuchs schlicht und einfach, woraus auch immer. Eine geringfügige Mutation, ein genetischer Drift womöglich, der einzelne Komponenten des Erbgutes aussondierte, was für gewöhnlich mehrere Generationen und Zeitepochen in Anspruch nahm. Doch dies hier war schlicht anders, die herkömmliche Evolution verlor zusehends an Bedeutung je länger man dem verdorbenen Weg folge leisten mochte, im Falle des Fürsten war es gar verwunderlich, das sein physischer Leib nicht schon länger vollständig entartet war. Doch möglicherweise war es seine primäre Segnung, sein vorzeitiger Pakt mit dem Blutgott, welcher ihm davor bewarte, allzu schnell Merkmale anderer Einflüsse zu ergattern. Vielleicht war auch sein sterblicher Metabolismus anders geartet, womöglich waren männliche Menschen gar resistenter, da sie nicht daran gewohnt waren, nicht daran gewöhnt wurden neuartiges, befremdliches Leben zu assimilieren und zu generieren. Womöglich lag dies allerdings auch schlicht und einfach, nur an ihr selbst. Noch immer zeichneten sich unterhalb ihrer Haut winzigen Kristallsplitter ab, welche sich wie Schrapnellen zerstoben hatten, nachdem die “Götterscheibe” endgültig zersprungen war. Womöglich begünstigte dieser ungünstige Zwischenfall zwischen der “Blutengel” und dem “Herzen der Reinheit” auch die sozialdarwinistischen Evolutionssprünge. So war es wohl auch wenig missverständlich, das sie während sich das Innenleben ihrer pochenden Brust deformierte, vor regelrechtem Schmerz beinahe auf allen Vieren noch zusammenbrach, jedoch keineswegs das sinnhafte Bewusstsein verlor, sondern sich vielmehr mitsamt der angeschlossenen Kette am Hals auf dem Rücken herum wand und die Finger mehr oder minder würgend an ihre eigene Kehle legte, während darin scheinbar unsägliche Genvariationen vonstatten gingen.