09-19-2009, 06:26 PM
Säle, erfüllt durch den zimperlichen, kleinlauten Gleichklang angeschlagener Harfensaiten. Hellhörigen Persönlichkeiten, welche hier keineswegs zugegen waren, wären möglicherweise die im sogenannten “Unterklang” mitschwingenden Misstöne aufgefallen, welche im menschlichen Verstand eine kataklysmische Vision auslöste, welche auf unmissverständliche Weise paranormal erschien. Durchwegs halluzinogene Erscheinungen von extraordinären Festivitäten, musischer Künstlichkeit, durchlebt von einem unerhörten Rausch exotischen Odeurs, aphrodisierend und einlullend in einem einzigen, heißem Atemzug, während allein fahles, goldenes Licht tröpfchenweise über den blanken schwarzgeäderten Marmorboden floss. Obgleich die reichlich beladenen Tafeln dieser Halle vor gewicht neigten gewaltsam die Platten zu durchdrücken, schien dies ein verlorene Hain. Entvölkert von jeglichem rationalen wie irrationalen Leben, entpuppte sich dies als nicht mehr den simple Poesie, klanglose Worte, welche man gleichsam stumpf hätte entlang der Säulengänge aufspießen können, sofern es denn fleischliche Beschaffenheit besitzen würde. Dieser Thronsaal war leer und seines düsteren Regent beraubt, schweigsam verharrten jegliche Instrumente unterhalb des Firstes, allein Ketten rasselten unverhohlen, während ausgebreitete kartographische Beimittel sich staubbedeckt jeglichem Eindringling präsentierten. Umgestürzte Pokale, deren meist silberner Gralsboden von kristallinen Weinresten bedeckt war, säumten diese Tafeln, ebenso sehr wie vergilbtes Pergament und eingetrocknete Kleckse verronnener Tinte. Symmetrisch, wohl gemerkt in einem steilen rechten Winkel zwischen den konkurrierenden Säulen jener gegenüberliegenden Saalsgebeine, gespannte, bronzene Ketten, deren Glieder in grausam verformte Krallenhaken mündeten. Wie aus schnödem, unausgesprochenem Protest heraus perlten fingerdicke gläserne Kugeln geschwärzten Blutes daran herab, vereinten sich mit den Fugen oder keimten an anderer Stelle, gar gierig aufgesogen von jenen degenerierten Kreaturen welche diese Hallen Heimstatt krächzten. Einst, noch vor wenigen Stunden sogar, waren diese hier gefallene oder ermordete Krieger gewesen, welche durch welche Bluttat auch immer alles eingebüßt hatten was noch leibhaftig an ihnen gehangen war, inzwischen jedoch, befallen von den heran gezüchteten Parasiten, zu neuem, bestialischen Leben reanimiert. Wenngleich der menschliche Verstand ausgehaucht, verdorben und für immer verloren war, so geschah dies nicht mit der martialischen Macht, welcher ein jeder ausgewachsene Krieger sein eigen nennen mochte. Im Gegenteil, nicht länger an die hemmenden Barrieren vernunftbegabten Denkens gefesselt, vermochten jene zu kämpfen, zu schleppen und zu verrichten, bis das selbst die starken Muskelstränge rissen und sich in blutigen Fluten verabschiedeten. Doch warum sollten sie sich daran grämen, war dies doch nicht etwa vollständiger Teil des physikalischen Leibes, sondern vielmehr lediglich wie die Gewandung eines Menschen, ganz und gar ersetzbar, und weder merkliche Pein noch ergötzlicher Schmerz schien diesen primitiven Verstand zu ereilen. Wer keine Hoffnung kannte, kannte ebenso wenig Furcht, so war dies auch hier. Allein das allmählich verstummende Jammern jenes unglücklichen, aufgehangenen Sklaven, durchbrach den majestätischen Bann welcher über alledem lag. Ungekannte Zunge leckten folgsam gleich dem Hunde auch jenes letzte Tröpflein Lebensessenz, während die metallischen Klingen sich endgültig durch das Gewebe gefressen hatten und den Kadaver schmetternd auf den Marmor krachen ließen. Eiligst wurde da verschlungen, was noch nicht verschlungen war, und Heerscharen gleich entmenschlichten Ratten stürzten sich darüber, noch ehe er ganz danieder lag. Sichelförmige Krallen schienen sich den Zungenlappen zu entringen, eigenständigen Mäulern gleich, in Wahrheit ja auch der Schädel jenes Wurmes welche den Leichnam Heimstatt nannte, fetzten und rissen kreischend an jenem Fleisch. Dennoch war dies nichtswürdig, fahles, trockenes Schauspiel, bar jeglicher erheiternden Emotion, bar jeglichen sündhaften Triebes, allein animalisch, allein natürlich. Selbst das eine blinzelnde Auge des Heermeisters rührte sich nicht, angewurzelt wie er stand und staunte, möglicherweise auch nicht, vielleicht besah er sich nur, weswegen dieses Geheul veranstaltet wurde, während zwischen ihm und ihr jene marodierenden Kadaver speisten. Nach einiger Zeit wurde selbst dies müßig, ein eklatanter Zeitvertreib, ohne spürbare Lust oder nämliche Anregung. Womöglich wäre allein das Chaos hoch selbst ausreichend, diese infame Langeweile, beziehungsweise die plötzlich keimende Einsamkeit auszutreiben… wäre da nicht jene gerissene Wunde… ja… dies wäre eine beschauliche Möglichkeit…