09-13-2009, 12:43 PM
“Spielen? Guter Mann, dies ist nicht einfach irgendein simples Spielchen es ist mehr… wie soll ich mich formulieren? Sagen wir, es reflektiert jenen großen Spiegel welchen jeder Mensch tief in seiner Brust trägt, was ihnen, Herrschaften, möglicherweise bereits als “Seele” bekannt ist. Sehen Sie… Mister Talleon etwa… er hält in seinen Händen ebenfalls vier Karten… Die erste ist der maskierte Mann. Eine typisches Seelenkärtchen für jene die etwas allzu wichtiges zu verbergen haben… die Zweite… nun, es scheint mir der verlorene Vagabund. Ein tolldreister Lümmel, welcher weder Ordnung noch Bindung kennt, meist ist er verwaist oder vor seinem ureigenem Schicksal geflohen… die Dritte… Der makabre Raubritter. Ein in massiven Stahl gekleideter Koloss, welcher allein mit seinem Schwert Verheerungen über die feudalen Welten des Kaiserreichs bringt, jedoch, ebenso wie die Karte des maskierten Mannes, zwiegespalten ist und durchaus… zivilisierte Züge annehmen kann. Die vierte Karte nun offenbart, den aufrechten Palatin. Dieser mag stehen für rechtschaffene Verteidigung eines einzelnen, schwächeren Individuums oder aber für einen tiefer gelegenen, harten Konflikt, ausgetragen mit dem eigenen Ich.”, unmerklich hatte sich die umliegende Lokalität ausgedunkelt, beinahe als hätte man die in Planken eingelassen Lichter allmählich ausgelöscht, “Nun zu Ihnen, Mister Schnabelmayer. Ebenfalls vier interessante Blätter, welche Sie da in Ihrem Spieldeck führen. Ihre erste Karte, der wissensdurstige Scholar. Ein großbürgerlicher Junker, gekleidet wie ein edelmütiger Stutzer, begierig wie die einstmaligen Entdecker und Eroberer ferner Lande, der ursprüngliche, beseelte Geisteswandel unseres Volkes. Er sinniert, kalkuliert, manipuliert und wird dennoch nie mehr denn ein simpler Abriss wahrhaftiger Größe bleiben. Ein Student auf Lebenszeit, gewissermaßen. Dann wäre hier, als zweites Spielblatt, der stumme Leibeigene. Diese bemitleidenswerte Seele entspricht einem seelischen Einschnitt, gewissermaßen ein verborgenes Talent oder Missgeschick. Dieser gute Mann ist einer, welcher von Zeit zu Zeit, aufgrund seiner angeborenen Schweigsamkeit zur Fackel und zur Gabel greift, um sich seines Rechtes zu erwehren, allerdings meist recht schnell wieder in seine kleinkarierten Muster zurückgedrängt wird. Drittens, der begnadete Hofrittmeister… Ein verwegener Bursche, welcher gesattelt auf sein breitbeiniges Carnak die Wildnis zu bezwingen erachtet. Gepaart mit dem Scholaren würde man daraus erschließen, das es sich um einen Veterinäroffizier handeln könnte, einen aufgeschlossenen, geradlinigen Kerl, welcher sich aufopfert für das Wissen um das Wesen der Tiere. Viertens, gleichfalls der maskierte Mann. Verborgenes und Verschleiertes umwölkt jene zaudernden Gewissen, ein schicksalhafter Schatten, welcher vorauseilt und letztendlich ebenso zum Verderben führen könnte. Wie man es spielt, fragtet Ihr, Mister Taleon? Nun sehen Sie, ich lege meine vier Blätter hier auf den Tisch…”, in einer geschwinden Geste offerierte er das aufgefächerte Deck, deutlich erkennbar, das untypische Fehlen jeglicher Markierung am oberen Kartenrand, “Nun, Gentleman, tun Sie es mir gleich, legen Sie ihre vier Karten auf den Tisch. Anschließend konzentrieren Sie sich auf eine einzige. Danach nehmen Sie sie auf und verbrennen Sie in diesem flackernden Feuerchen…”, man konnte sich allzu sicher sein, das dieses brennende, verzerrte Flämmchen vormals noch nicht in der silbernen Schale im Zentrum des Tisches gewesen war, allerdings schien sich die Erinnerung, oder besser die Gewissheit, dem tatsächlichen Bewusstsein zu entziehen, etwa wie ein Deja-Vu.