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[Guardian]

Neue Sachlichkeit im Verhältnis zu Truzt

Gemeinsamer Feind schweißt ehemalige Kontrahenten zusammen

Nach Monaten diplomatischer Eiszeit zwischen den Truzt-Staaten und Gohmor mehren sich die Zeichen einer vorsichtigen, aber spürbaren Annäherung. Was noch vor wenigen Wochen undenkbar schien, wird nun zur Realität: Vertreter beider Seiten treffen sich zu konstruktiven Gesprächen, der Ton ist sachlicher geworden, die gegenseitigen Schuldzuweisungen sind verstummt. Der Wandel vollzieht sich nicht aus plötzlicher Freundschaft oder diplomatischem Idealismus, sondern aus der nüchternen Erkenntnis einer gemeinsamen Bedrohung. Die Terroristen der Transzendenz, jene Fanatiker, die mit dem verheerenden Anschlag auf die Ratshalle unzählige Leben auslöschten und die Stabilität unserer Heimat erschütterten, haben offenbar weit umfassendere Pläne verfolgt, als zunächst angenommen. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die Terroristen nicht nur die Ratshalle und das Leben Unschuldiger gezielt ins Visier nahmen, sondern schon sehr viel früher einen Keil zwischen Gohmor und die Truzt-Staaten treiben wollten. Ermittler beider Seiten kommen nun übereinstimmend zu dem Schluss, dass auch der Tod des trutzischen Botschafters Guido Thüssenheim  – ein Ereignis, das die Spannungen seinerzeit dramatisch verschärfte – kein bedauerlicher Unfall oder das Ergebnis bilateraler Aggression war, sondern das kalkulierte Werk eben jener Verbrecher.

"So schmerzlich die Erkenntnis ist, so darf sie doch nicht ignoriert werden. Wir wurden manipuliert", so eine hochrangiger Quelle aus Diplomatenkreisen der Trutz-Staaten, die anonym bleiben muss. "Die Transzendenz wollte uns gegeneinander aufhetzen, während sie im Schatten des Konflikts ihre wahren Ziele verfolgten. Das ist ihr tragischerweise ein Stück weit gelungen. Die Toten von Horning klagen Gohmor wie auch Truzt gleichermaßen an. Das dürfen wir nicht noch einmal zulassen."

Diese Einsicht hat zu einem bemerkenswerten Kurswechsel geführt. Wo noch vor kurzem gegenseitige Anschuldigungen den diplomatischen Diskurs vergifteten, herrscht nun eine Atmosphäre nüchterner Professionalität. Beide Seiten haben erkannt, dass der wahre Feind nicht auf der anderen Seite des Verhandlungstisches sitzt, sondern im Verborgenen agiert – und dass nur gemeinsames Handeln ihn zur Strecke bringen kann.

In den vergangenen Wochen haben Vertreter der Trutz-Staaten mehrfach Gohmor besucht. Die Gespräche verlaufen nach Angaben beider Seiten konstruktiv. Man tauscht Informationen über die Terrororganisation aus, koordiniert Sicherheitsmaßnahmen und arbeitet an gemeinsamen Strategien zur Bekämpfung der Bedrohung. Alles unter der kundigen Koordination des Adpetus Arbites.

Auch wirtschaftlich nähert man sich wieder an. Handelsbeziehungen, die während der Krise auf Eis lagen, werden vorsichtig reaktiviert. Zwar ist man noch weit von den Verhältnissen vor dem Konflikt entfernt, doch die Richtung stimmt hoffnungsvoll.

"Wir waren nie wirkliche Feinde", betont Sprecher der gohmorschen Außenhandelskammer Herschel zu Wallentrach "Wir wurden zu Gegnern gemacht – von jenen, die im Chaos ihre Chance sahen. Jetzt, da wir das verstehen, können wir wieder zueinanderfinden."

Skeptiker warnen allerdings vor überzogenen Erwartungen. Die Wunden des Konflikts seien noch frisch, das Misstrauen tief verwurzelt. Eine vollständige Normalisierung werde Zeit brauchen und von beiden Seiten guten Willen erfordern.

Doch selbst diese mahnenden Stimmen erkennen an: Der gemeinsame Feind hat geschaffen, was Diplomatie allein vielleicht nicht vermocht hätte – einen Moment der Klarheit, in dem alte Animositäten ihre Bedeutung verlieren und pragmatisches Handeln an ihre Stelle tritt.

Die Transzendenz wollte spalten. Stattdessen könnte sie am Ende das Gegenteil erreicht haben: eine Allianz der Vernunft gegen den Terror.

Auch die militärische Zusammenarbeit zwischen den Truzt-Staaten und Gohmor erfährt im Zuge dieser neuen Sachlichkeit eine bemerkenswerte Neuausrichtung.

Zwar firmiert die PVS offiziell als einheitliche Streitkraft des gesamten Planeten, doch jeder weiß, dass die Realität eine andere ist. In der Praxis setzt sie sich aus den Kontingenten der einzelnen Nationen zusammen, die de facto als Nationalarmeen agieren. Diese Struktur war lange Zeit sowohl Stärke als auch Schwäche des Systems: Einerseits erlaubte sie den einzelnen Staaten, ihre militärischen Traditionen, Strategien und Ausrüstungen beizubehalten – ein Ausdruck regionaler Identität und Souveränität, der in der Nachkriegsordnung als stabilisierend galt. Andererseits führte gerade diese Zersplitterung immer wieder zu Reibungsverlusten, Rivalitäten, Kompetenzstreitigkeiten und wie man trauriger Weise sehen musste, offener Krieg. Selbst bei den Formationen, die in Waffenbrüderschaft zusammenstehen, verhinderten unterschiedliche Befehlsketten, inkompatible Kommunikationssysteme und ein oft lange kultiviertes Misstrauen, dass die PVS je als wirklich geschlossene Streitmacht auftreten konnte.

Nicht selten war die politische Lage selbst ein Brandbeschleuniger dieser Spannungen. Der Konflikt zwischen den Truzt-Staaten und Gohmor wurde auch auf militärischer Ebene ausgetragen – in einem Stellvertreterkrieg, durch Horning und später durch direktes Eingreifen von Truzt- Kräften. Dass religiöse Motive den Konflikt zusätzlich anheizten, ist kein Geheimnis. Der vom verstorbenen Kardinal ausgerufene „Heilige Kreuzzug“ gegen die vermeintliche Häresie auf der Gegenseite, ebenso wie der zunehmende Einfluss des Zefarius-Kultes in Horning, gossen spirituelles Öl in das ohnehin lodernde Feuer politischer Spannungen. Die Folge war eine Atmosphäre, in der Misstrauen nicht nur zwischen Staaten, sondern auch zwischen Gläubigen und Ungläubigen, Soldaten und Priestern wucherte.

Umso bemerkenswerter ist nun der Schritt, den die Regierungen beider Seiten gemeinsam angekündigt haben: die Bildung eines vereinten Armeestabes – des Koordinationsrates der Planetaren Verteidigung (KPV unter oberhoheit des Gouverneurs.

Dieser neue Führungsstab soll künftig die militärischen Kapazitäten der Nationen bündeln, strategische Planung vereinheitlichen und eine klare Befehlskette für gemeinsame Operationen schaffen. Ziel ist nicht die Auflösung der nationalen Strukturen, sondern ihre Harmonisierung. Kommunikationsprotokolle, Ausrüstungskompatibilität, Ausbildungsstandards und Einsatzplanung sollen schrittweise angeglichen werden, um im Krisenfall schneller und abgestimmter reagieren zu können.

Militäranalysten bewerten diesen Schritt als längst überfällig. „Was wir bisher hatten, war ein Flickenteppich aus Traditionen, Stolz und Bürokratie“, erklärt Oberstleutnant a.D. Gerion Harst, langjähriger Berater der Verteidigungsakademie von Gohmor. „Effizienz entsteht nicht durch Vielfalt, sondern durch Koordination. Wenn jede Einheit ihr eigenes Funkalphabet und ihren eigenen Stolz hat, ist das im Frieden folkloristisch, im Krieg tödlich.“

Natürlich bleiben Skeptiker. Manche sehen in der Bildung des KPV eine schleichende Zentralisierung der Macht Gohmors über die Truzt-Staaten. Andere fürchten, dass die neuen Strukturen zu träge und politisch überladen werden könnten. Doch die Mehrheit der Beobachter ist sich einig: Der gemeinsame Feind hat gezeigt, wie gefährlich das alte System war – zu viele Lücken, zu viele Missverständnisse, zu viele Stellvertreterkriege unter der Flagge desselben Planeten.

Wenn der KPV Erfolg hat, könnte er das werden, was die PVS immer hätte sein sollen: eine Verteidigungsstreitmacht, die nicht durch nationale Grenzen, sondern durch gemeinsames Ziel und Verantwortung geeint ist.

Vielleicht, so hoffen manche, beginnt hier nicht nur ein neues Kapitel der Diplomatie – sondern das einer planetaren Einheit, geboren aus Vernunft, Notwendigkeit und dem Willen, den nächsten Krieg gemeinsam zu verhindern.