06-05-2025, 04:21 PM
Die Predigerin hatte das Wort ergriffen. Ihre Stimme war ruhig, kontrolliert und von der gesetzten Höflichkeit ihres Berufsstandes geprägt. Der Seelsorger in ihr war nicht gespielt. Sie stellte Fragen, die gegenüber einer fremdweltlerischen Botschafterin vielleicht unangemessen gewesen wären, die man als Priesterin einer Verwundete aber stellen durfte, ja sollte.
Ninky le Ninky berichtete von der Operation, als sei sie dabei nicht der Patient, sondern ein interessierter Zuschauer gewesen. Das Attentat erwähnte sie nur in einem Nebensatz und merkte an, dass es schrecklich und verwirrend unstrukturiert gewesen sein.
Man hatte eine chirurgische Heißsäge verwendet und ihr Leibarzt habe dem gohmorischen Ärzteteam assestiert. Die Schmerzen waren schlimm und stellten ihre Fähigkeit auf die Probe, Sachverhalte auf ihre rein logischen Komponenten hin zu zerlegen, zu analysieren und die unliebsamen Aspekte auszublenden. Sie hatte den Versuch unternommen und auf Schmerzmittel verzichtet, war dem aber nicht vollends gewachsen.
Sie beschrieb den Phantomschmerz, als würde sie eine Abhandlung für ein Sachbuch schreiben. Die Stümpfe wurden alle 4 Stunden in ein Regenerationsfeld gelegt, welches Infekte, Blutstau und Nekrosen verhinderte.
Sie ging davon aus, dass sie zeitnah eine Prothese bekommen würde, die ihrem Rang angemessen und entsprechend hochwertig sein würde. Katharine gab sich einfühlsam, aber nicht mitleidig. Das Kind reagierte klug, sprach mit einer Direktheit, die bei anderen Menschen ihres Alters vielleicht an Arroganz oder Altklugheit gegrenzt hätte. Aber Ninky le Ninky war kein normales Kind. Sie war eine gezüchtete Elite, mit den kognitiven Fähigkeiten einer Altvorderen.
Willis war zunächst still. Doch als das Gespräch in ruhigere Bahnen glitt, erkundigte sich Ninky neugierig nach der religiöse Praxis der beiden. Der Primarchenkult, hatte auf Obsidian keine Entsprechung und so war die Wissensgier des Mädchens entsprechend groß. Die Menschen Obsidians verehrten den Gott-Imperator nicht weniger als anderswo im Imperium, doch ihr Glaube war nicht von erhabenen Kathedralen oder pompösen Ritualen geprägt. Er war eine Religion des Überlebens, des Ausharrens und der stillen Unterwerfung unter eine höhere Macht, die wie die Sonne selbst Leben spendet und zugleich erbarmungslos vernichten konnte. Im Zentrum dieser Glaubensauslegung stand der Imperator als das „Brennende Auge“. Die weiße Sonne am Himmel galt den Gläubigen als sein Blick – ein ewiges, glühendes Auge, das stets über seine Kinder wachte, richtete und strafte. Natürlich war die Theologie in gehobenen, gebildeten Kreisen elaborierter als dieses volkstümliche Konzept. Doch die Essenz war auch in der Bildungsschicht nicht wegzudenken. Es hießt, wer sündigt, verbrennt unter seinem Licht, wer treu war, wird darin geläutert. Die Priesterschaft Opsidians, blind, in schwere Kutten gehüllt und mit steinernen Gesichtsmasken ihre verbrannten Antlitze verhüllend, waren die Hüter des Hellen.
Offene Flammen gab es in ihren Tempeln nicht. Gewöhnliches Feuer war eine Beleidigung und galt als Inbegriff des Profanen und Unzulänglichen. Nur mit dem Augenlicht versengenen Blick in das reine Weiß der Sonne wurde ein Priester dem Gottkaiser geweiht.
Glaube auf Obsidian bedeutete Schmerz. Fasten, Bußgänge durch die glutheiße Einöde, das Knien in der Sonne – alltägliche Akte der Hingabe. Wasser, einst das seltenste Gut auf dieser Welt, wurde als „Träne des Imperators“ verehrt, und seine Verteilung unterlag in den alten Tagen der Kontrolle der Priesterschaft. Exkommunikation hieß nicht nur Ausschluss aus der Gemeinschaft – es bedeutet den Entzug des Wassers, die Rückgabe an den Staub. Heute waren diese Konzepte aus der Gründerzeit überholt und hatten mehr symbolischen Charakter. Auch wenn Wasser nach wie vor ein kostbares Gut auf dem Planeten war, kam ihm jedoch mehr eine sakrale, als eine lebensnotwendige Komponente bei. Aber die alten Wege spiegelten sich noch im Umgang mit Ketzern und Häretikern wider. Ketzer waren nicht nur nicht bloß Sünder – die man bestrafen, vergeben oder hinrichten konnte. Sie waren „Staub im Wind des Imperators“, vergänglich, bedeutungslos, und ohne jede Hoffnung auf Vergebung. Wer gegen den Glauben verstieß, wurde nicht gefoltert oder bekehrt – er wurde verdurstet, verbrannt, ausgelöscht. Dieser Tage wurden auch andere Glaubensrichtungen zugelassen, solange sie nur durch die Ekklesiarchie legitimiert waren.
Auf Obsidian war der Glaube kein Trost, sondern ein Prüfstein. Der Imperator verlangte Stärke, Entbehrung und völlige Hingabe. Wer sich bewährte, wurde nicht belohnt – aber vielleicht überlebt er. Diese harte Herangehensweise war in den Jahrtausenden der Vergangenheit eine Notwenigkeit, ein Überlebensgarant gewesen. Mit zunehmender Sicherheit und ein weniger harschen Lebensbedingungen, wurde das Verlangen der Menschen nach Glaubensauslegungen stärker, die das Konzept der Gnade und des Heilsversprechens beinhalteten. So die althergebrachten Theologien auch eine Konstante waren, unverrückbar wie die gläsernen Gebirge des Planeten, so hatte es in den Epochen doch immer wieder Sekten und Kulte gegeben, die dadurch Aufschwung erfuhren, dass die Menschen sich nach Labsal sehnten.
Willis setzte ihr den Kult der Primarchen auseinander, dann und wann durch Katherines Einwürfe ergänzt. Ninky le Ninky fragte mit scharfem Verstand nach und zog kritische Schlussfolgerungen. Tatsächlich hatte sie einige Kenntnisse über die Space Marines. Gewiss, nur rudimentäre Fakten, die hier und da als Randnotizen in historischen Büchern auftauchen. Nichtsdestotrotz ein größeres Wissen, als wohl die meisten Menschen besaßen, die nicht unmittelbar mit dem Umstand gesegnet oder geschlagen waren, mit den Astartes zu tun zu haben.
Sie erzählte davon, dass ihr Vater ein gewaltiges Gemälde in einem der Salone ausstellte, das einen Space Marine zeigte. Das düstere Werk in Öl zeigte einen Abgehörigen der Belaturi Augusti in seiner ganzen furchteinflößenden Pracht. Die schwarze Rüstung schien das Licht zu verschlingen, während über die Schulterpanzer ein verfilzter Fellumhang aus dem Pelz eines bezwungenen, phantasmagorischen Untieres drapiert war. Auf der Brustplatte prangte das Symbol des Ordens: ein silberner Totenschädel, durchbohrt von drei aufwärts gerichteten Speeren, umgeben von einem Kranz aus Dornen. Die Augen des Kriegers glühten wie Kohlen hinter seinem Helm, und in seiner gepanzerten Faust hielt er ein Kettenschwert, dessen Zähne noch immer vom Blut der Feinde der Menschheit gefärbt waren. Sie erzählte mit einem Anflug von Nostalgie in ihrer sonst so analytisch gefassten Stimme, dass sie als Kleinkind eine besondere Faszination für das Bild gehabt hatte. Der düstere Krieger ängstigte sie. Doch welche Furcht mussten erst jene gesichtslosen Schrecken haben, die diesen schaurigen Heroen zum Feind hatten?
Als Ninky le Ninky erwähnte, dass sie von abtrünnigen Space Marines gehört hatte, wurde die Atmosphäre im Raum merklich angespannter. Willis wechselte einen schnellen Blick mit Katharine, bevor er mit bedächtiger Stimme antwortete:
"Ja, Majordoma, auch das ist eine Wahrheit, die wir nicht leugnen können. Wo das reinste Licht brennt, dort entstehen auch die tiefsten Schatten. Die Primarchen sind göttlich, erschaffen vom Fleisch des Imperator selbst, doch auch unter ihnen gab es jene, die dem Pfad der Rechtschaffenheit entsagten. Gier, Zorn, Verlangen und die Schwäche des Fleisches korrumpierten diese Schwächsten unter den Erhabensten."
Ninky le Ninky berichtete von der Operation, als sei sie dabei nicht der Patient, sondern ein interessierter Zuschauer gewesen. Das Attentat erwähnte sie nur in einem Nebensatz und merkte an, dass es schrecklich und verwirrend unstrukturiert gewesen sein.
Man hatte eine chirurgische Heißsäge verwendet und ihr Leibarzt habe dem gohmorischen Ärzteteam assestiert. Die Schmerzen waren schlimm und stellten ihre Fähigkeit auf die Probe, Sachverhalte auf ihre rein logischen Komponenten hin zu zerlegen, zu analysieren und die unliebsamen Aspekte auszublenden. Sie hatte den Versuch unternommen und auf Schmerzmittel verzichtet, war dem aber nicht vollends gewachsen.
Sie beschrieb den Phantomschmerz, als würde sie eine Abhandlung für ein Sachbuch schreiben. Die Stümpfe wurden alle 4 Stunden in ein Regenerationsfeld gelegt, welches Infekte, Blutstau und Nekrosen verhinderte.
Sie ging davon aus, dass sie zeitnah eine Prothese bekommen würde, die ihrem Rang angemessen und entsprechend hochwertig sein würde. Katharine gab sich einfühlsam, aber nicht mitleidig. Das Kind reagierte klug, sprach mit einer Direktheit, die bei anderen Menschen ihres Alters vielleicht an Arroganz oder Altklugheit gegrenzt hätte. Aber Ninky le Ninky war kein normales Kind. Sie war eine gezüchtete Elite, mit den kognitiven Fähigkeiten einer Altvorderen.
Willis war zunächst still. Doch als das Gespräch in ruhigere Bahnen glitt, erkundigte sich Ninky neugierig nach der religiöse Praxis der beiden. Der Primarchenkult, hatte auf Obsidian keine Entsprechung und so war die Wissensgier des Mädchens entsprechend groß. Die Menschen Obsidians verehrten den Gott-Imperator nicht weniger als anderswo im Imperium, doch ihr Glaube war nicht von erhabenen Kathedralen oder pompösen Ritualen geprägt. Er war eine Religion des Überlebens, des Ausharrens und der stillen Unterwerfung unter eine höhere Macht, die wie die Sonne selbst Leben spendet und zugleich erbarmungslos vernichten konnte. Im Zentrum dieser Glaubensauslegung stand der Imperator als das „Brennende Auge“. Die weiße Sonne am Himmel galt den Gläubigen als sein Blick – ein ewiges, glühendes Auge, das stets über seine Kinder wachte, richtete und strafte. Natürlich war die Theologie in gehobenen, gebildeten Kreisen elaborierter als dieses volkstümliche Konzept. Doch die Essenz war auch in der Bildungsschicht nicht wegzudenken. Es hießt, wer sündigt, verbrennt unter seinem Licht, wer treu war, wird darin geläutert. Die Priesterschaft Opsidians, blind, in schwere Kutten gehüllt und mit steinernen Gesichtsmasken ihre verbrannten Antlitze verhüllend, waren die Hüter des Hellen.
Offene Flammen gab es in ihren Tempeln nicht. Gewöhnliches Feuer war eine Beleidigung und galt als Inbegriff des Profanen und Unzulänglichen. Nur mit dem Augenlicht versengenen Blick in das reine Weiß der Sonne wurde ein Priester dem Gottkaiser geweiht.
Glaube auf Obsidian bedeutete Schmerz. Fasten, Bußgänge durch die glutheiße Einöde, das Knien in der Sonne – alltägliche Akte der Hingabe. Wasser, einst das seltenste Gut auf dieser Welt, wurde als „Träne des Imperators“ verehrt, und seine Verteilung unterlag in den alten Tagen der Kontrolle der Priesterschaft. Exkommunikation hieß nicht nur Ausschluss aus der Gemeinschaft – es bedeutet den Entzug des Wassers, die Rückgabe an den Staub. Heute waren diese Konzepte aus der Gründerzeit überholt und hatten mehr symbolischen Charakter. Auch wenn Wasser nach wie vor ein kostbares Gut auf dem Planeten war, kam ihm jedoch mehr eine sakrale, als eine lebensnotwendige Komponente bei. Aber die alten Wege spiegelten sich noch im Umgang mit Ketzern und Häretikern wider. Ketzer waren nicht nur nicht bloß Sünder – die man bestrafen, vergeben oder hinrichten konnte. Sie waren „Staub im Wind des Imperators“, vergänglich, bedeutungslos, und ohne jede Hoffnung auf Vergebung. Wer gegen den Glauben verstieß, wurde nicht gefoltert oder bekehrt – er wurde verdurstet, verbrannt, ausgelöscht. Dieser Tage wurden auch andere Glaubensrichtungen zugelassen, solange sie nur durch die Ekklesiarchie legitimiert waren.
Auf Obsidian war der Glaube kein Trost, sondern ein Prüfstein. Der Imperator verlangte Stärke, Entbehrung und völlige Hingabe. Wer sich bewährte, wurde nicht belohnt – aber vielleicht überlebt er. Diese harte Herangehensweise war in den Jahrtausenden der Vergangenheit eine Notwenigkeit, ein Überlebensgarant gewesen. Mit zunehmender Sicherheit und ein weniger harschen Lebensbedingungen, wurde das Verlangen der Menschen nach Glaubensauslegungen stärker, die das Konzept der Gnade und des Heilsversprechens beinhalteten. So die althergebrachten Theologien auch eine Konstante waren, unverrückbar wie die gläsernen Gebirge des Planeten, so hatte es in den Epochen doch immer wieder Sekten und Kulte gegeben, die dadurch Aufschwung erfuhren, dass die Menschen sich nach Labsal sehnten.
Willis setzte ihr den Kult der Primarchen auseinander, dann und wann durch Katherines Einwürfe ergänzt. Ninky le Ninky fragte mit scharfem Verstand nach und zog kritische Schlussfolgerungen. Tatsächlich hatte sie einige Kenntnisse über die Space Marines. Gewiss, nur rudimentäre Fakten, die hier und da als Randnotizen in historischen Büchern auftauchen. Nichtsdestotrotz ein größeres Wissen, als wohl die meisten Menschen besaßen, die nicht unmittelbar mit dem Umstand gesegnet oder geschlagen waren, mit den Astartes zu tun zu haben.
Sie erzählte davon, dass ihr Vater ein gewaltiges Gemälde in einem der Salone ausstellte, das einen Space Marine zeigte. Das düstere Werk in Öl zeigte einen Abgehörigen der Belaturi Augusti in seiner ganzen furchteinflößenden Pracht. Die schwarze Rüstung schien das Licht zu verschlingen, während über die Schulterpanzer ein verfilzter Fellumhang aus dem Pelz eines bezwungenen, phantasmagorischen Untieres drapiert war. Auf der Brustplatte prangte das Symbol des Ordens: ein silberner Totenschädel, durchbohrt von drei aufwärts gerichteten Speeren, umgeben von einem Kranz aus Dornen. Die Augen des Kriegers glühten wie Kohlen hinter seinem Helm, und in seiner gepanzerten Faust hielt er ein Kettenschwert, dessen Zähne noch immer vom Blut der Feinde der Menschheit gefärbt waren. Sie erzählte mit einem Anflug von Nostalgie in ihrer sonst so analytisch gefassten Stimme, dass sie als Kleinkind eine besondere Faszination für das Bild gehabt hatte. Der düstere Krieger ängstigte sie. Doch welche Furcht mussten erst jene gesichtslosen Schrecken haben, die diesen schaurigen Heroen zum Feind hatten?
Als Ninky le Ninky erwähnte, dass sie von abtrünnigen Space Marines gehört hatte, wurde die Atmosphäre im Raum merklich angespannter. Willis wechselte einen schnellen Blick mit Katharine, bevor er mit bedächtiger Stimme antwortete:
"Ja, Majordoma, auch das ist eine Wahrheit, die wir nicht leugnen können. Wo das reinste Licht brennt, dort entstehen auch die tiefsten Schatten. Die Primarchen sind göttlich, erschaffen vom Fleisch des Imperator selbst, doch auch unter ihnen gab es jene, die dem Pfad der Rechtschaffenheit entsagten. Gier, Zorn, Verlangen und die Schwäche des Fleisches korrumpierten diese Schwächsten unter den Erhabensten."
Katharine ergänzte sanft: Doch gerade deshalb ehren wir die Treuen umso mehr. Ihre Standhaftigkeit angesichts der Versuchung macht zu den überidischen Wesen, die sie sind. Und jene, die fielen, dienen uns als Mahnung - dass selbst die Mächtigsten der Wachsamkeit bedürfen. Eine Mahnung, die natürlich dem Willen des Gottkaisers folgte. Er opferte die schwächsten seiner Söhne, um uns ein Fanal zu setzen.
Nach etwa einer Stunde - es waren natürlich keine zehn Minuten geworden, wie ursprünglich geplant - trat der Leibwächter diskret näher. Seine Stimme war respektvoll, aber bestimmt: "Die Majordoma Herrin muss sich nun ausruhen. Die nächste Behandlungsrunde beginnt in wenigen Stunden, und sie benötigt ihre Kraft."
Als sich Willis und Katharine zum Abschied anschickten, hielt Ninky le Ninky sie mit einer überraschenden Bitte auf. Ihre Stimme, die bisher so akademisch und höflich distanziert geklungen hatte, trug plötzlich einen Ton kindlicher Verletzlichkeit: "Würdet ihr... würdet ihr im Namen der Primarchen mit mir beten?"
Dieser Wunsch erschien sonderbar nach einem Gespräch, das bisher rein von faktischem Interesse geprägt gewesen war. Doch in den Augen des Mädchens lag etwas, das über bloße Neugier hinausging - ein Bedürfnis nach Trost, das selbst ihre rational geschulte Natur nicht vollständig unterdrücken konnte.
Willis und Katharine traten näher an das Bett heran, nachdem sie sich ein verblüfftes aber doch zustimmendes Nicken des Leibwächters geholt hatten. Ninky le Ninky streckte ihe Hände aus und Katharine ergriff sie behutsam. Willis legte seine Handflächen über die ihren. Das Mädchen schloss die Augen, während Willis mit dem festen Bariton seiner Stimme zu sprechen begann.
"Vater der Menschheit, wir rufen zu dir durch deine erhabenen Söhne. Roboute Guilliman, Meister der Ordnung, gewähre uns Weisheit in der Heilung. Rogal Dorn, Verteidiger der Mauern, stärke unsere Körper wie eine Festung. Sanguinius, der Engel... er stockte kurz und leckte sich die Lippen. Er schien kurz um Fassung zu ringen, sprach dann aber unbeirrt weiter... reinige unsere Seele von Furcht und Zweifel."
Katherine stimmte in die Litanei ein, und die Weiblichkeit ihrer Stimme war das Gegengewicht zu Schwere ihres Glaubensbruders: "Vulkan, Herr der Schmiede, forme dieses verletzte Kind neu aus dem Feuer der Prüfung. Leman Russ, Wolfskönig, schenke ihr den Mut des Rudels. Jaghatai Khan, Herr der Steppe, lass ihren Geist frei wie der Wind sein." Gemeinsam sprachen sie: "Im Namen aller Treuen, die nicht fielen, bitten wir um Segen. Möge das Licht des Astronomican uns leiten, möge der Thron aus Gold uns beschützen. Mögen seine Söhne über uns wachen."
"Mögen seine Söhne über uns wacht", wiederholte Ninky le Ninky mit einem Lächeln, ihre Züge zum ersten Mal tatsächlich kindlich aussehen ließ. Sie bedankte sich für den Besuch und für die Bereitstellung, wie sie sagte, von Dingen über die sie nachdenken konnte.
Als sie das Krankenzimmer sowie den separierten, lichtlosen Bereich verlassen hatten und durch die sterilen Korridore des Krankenhauses schritten, bemerkte Katharine Willis' nachdenkliche Miene.
"Was beschäftigt dich, Bruder?", fragte sie leise.
Willis blieb stehen und blickte zurück zur Fahrstuhltür, als wäre es nicht nur der Zugang zu den oberen Bereichen, sondern tatsächlich die Krankenzimmertür, hinter der die obsidianische Abgesandte ruhte. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern: "Während wir beteten... ich spürte etwas. Eine Präsenz, mächtig und warm wie das Licht von tausend Kerzen. Es war, als würde jemand neben uns stehen, unsichtbar, aber dennoch da."
Er schwieg einen Moment, sammelte seine Gedanken. "Als ich Sanguinius' Namen aussprachen, durchflutete mich eine Welle des Friedens, so rein und kraftvoll, dass mir fast die Tränen kamen. Ich sah... nein, ich fühlte goldene Schwingen, die sich schützend über das Bett legten. Eine Stimme ohne Worte, die Trost spendete und Heilung verhieß. Ich weiß, das sie jedes unserer Gebete erhören, aber diesmal war es anders.” Seine Augen weiteten sich, als ihm die Tragweite dessen bewusst wurde, was er erlebt hatte. "Katharine, ich glaube, wir waren Zeugen einer wahren Segnung. Der Engel selbst hat auf die Gebete dieses Kindes geantwortet. Sanguinius, der Märtyrer, der Reine - er wacht über sie."
Katharine betrachtete ihren Kollegen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Besorgnis. Sie dachte an die Dinge, die sie selbst erlebt hatte und über die sie ihrem Vertrauten gegenüber bisher nur Andeutungen gemacht hatte.
"Ich hatte auch Erlebnisse… Visionen: Ich sah mich an einem grauen Strand stehen, umgeben von hunderten Toten - Barbaren mit rituellen Narben und weißer Kriegsbemalung. Das Meer war bleifarbig, der Sand schwärzlich-grau, alles war von einer bedrückenden Farblosigkeit durchzogen. In der Ferne standen Soldaten mit archaischen Lasergewehren um eine Gruppe gefesselter Gefangener. Ihr Anführer - ein hagerer, kahlköpfiger Mann mit bleicher Haut - trug einen goldenen Speer, der überirdisch leuchtete. Auf sein Kommando hin exekutierte einer seiner Männer die Gefangenen nach einem seltsamen Muster: mal einen, mal mehrere, scheinbar willkürlich. Die Überlebenden wurden dann befreit und auf die Beine geholfen.”
Willis runzelte die Stirn. "Das klingt nach Septinanus, Korons Schutzheiliger. Was…” Katherne hob die Hand, um anzudeuten, dass sie noch nicht fertig war. “Das Verstörendste war, dass einer der Toten zu mir sprach - es war der Anführer der Salzkrieger, den wir verbrannt hatten. Ich erzählte dir davon. Die Wilden am XanHo.” Willis nickte. “Obwohl zungenlos, rief er mich 'Mutter Esemah' und verkündete, dass 'es Zeit sei'. Am Ende deuteten alle - Soldaten wie Barbaren - stumm auf das Meer, bevor mich das Licht vom goldenen Speer blendete.” Ein Pfleger eilte vorbei und sie unterbrachen sich kurz, um nicht etwas an Ohren dringen zu lassen, die so etwas nichts angingen.
"Da war noch mehr. Ich erzählte dir von jener düsteren Vision, kurz vor dem Angriff der Salzkrieger.”
“Du hast es nie näher ausgeführt und ich wollte dich nicht bedrängen.”
“Und dafür danke ich dir. Es war während meines nächtlichen Rundgangs durch die Stellungen. Als ich den schmalen Laufgraben zu einer MG-Stellung passierte, spürte ich plötzlich eine eisige Kälte, als würde sich eine Klauenhand um mein Herz legen. Die Welt um mich schrumpfte zusammen.
Über mir, am Rand des Grabens, hockte etwas Gewaltiges - ein schwarzer Schatten von den Ausmaßen eines Berges. Nur für einen Wimpernschlag sah ich ihn deutlich: Die dunkle Rüstung, schwarz oder tiefblau, gepanzerte Handschuhe mit Krallen von der Länge eines Männerarms, die gegen die Grabenverkleidung klickten.”
“Der Rabe?”
“Nein… ein anderer. Sein Gesicht war von strähnigem Haar verdeckt, zwischen den Strähnen ein blutunterlaufenes Auge. Seine Stimme blieb, ein heiseres Kratzen an meinem Ohr: 'Das Grauen! Das Grauen!' Es war nicht wie die Vision, die du beschrieben hast. Nichts Warmes oder heilvolles. Dies war... etwas Anderes. Etwas Dunkles, Unheiliges, das vor einer kommenden Gefahr warnte - oder sie ankündigte. Ich glaube Koron stehen schwere Zeiten bevor.”