10-25-2022, 06:13 PM
Oh auch wir sind uns in unseren Ansichten nicht einig. Bekannte der Orchstrator, ohne das dies etwas zu sein schien, was ihn mit zusaätzlichem Wut erfüllte. Im Gegenteil, sprach er über diesen Umstand sanft und nachsichtig.
Ich möchte ein verrottetes, ein korruptes System zerschmettern, die Hand mit samt dem harten Brot darin abschlagen. All das Falsche dort oben Stein für Stein niederreißen. Meine Schwester hier, er deutete auf die gelbberobte Frau neben sich, die ich liebe, wie nur ein Bruder eine Schwester lieben kann, belächelt meinen Zorn. Sie streckte der Hand des Unterdrückers die eigene in Milde hin. Sie führt das Messer nicht um einen Ungerechten zu richten, sondern ihn, trotz seiner Ungerechtigkeit, einem besseren Morgen zuzuführen. Unsere Geschwister von der Kirche der Transformation sind hoffnungslose Optimisten. Er lachte aufrichtig und trat einen Schritt auf die Frau zu. Er ergriff ihre Hand, legte die eigenen schwieligen Finger um ihre schlanken und langen. Mit ihren schwarzen Mandelaugen lächelte sie zurück und entblößte ihrerseits dabei zwei Reihen kleiner, fast durchsichtiger Sägezähne. Zwei Herzschläge lang gönnten sie sich diese geschwisterliche Zweisamkeit vor den Augen all ihrer anderen Verwandten. Dann trat er an das Rednerpult zurück.
Unsere Bewegung und die Kirche der Transformation sind zwei Seiten einer Medaille.
Wir töten einen Feind, der nach Jahrhunderten der Gnadenlosigkeit von uns keine Gnade zu erwarten hat. Die Kirche rettet nach ihrer Sicht der Dinge selbst die Unwürdigen, indem sie sie der Transzendenz zuführt.
Transzendenz! Lallte eine der grotesken Spottgeburten, während sie in die Knie brach. Vom konstanten und unerbittlichen Beschuss aus den Rängen um den Eingang niedergerungen. Die Kreatur nahm Schmerz nur als etwas sehr Rudimentäres, als etwas schlimmstenfalls Unangenehmes wahr. Dass es jetzt wehtat und das sein mächtiger Körper ihm nicht mehr gehorchte, war neu für ihn. Aber die Äbtissin hatte ihm erklärt… ihm der es als einziger verstanden hatte und darauf sehr stolz war, dass die Transzendenz weh tun könnte.
Aber nur kurz.
Dann wären sie in der großen Einheit, wo alles warm und friedlich war. Dort würden ihm alle danken, die er zuvor der Transzendenz zugeführt hatte. Er tastete nach dem kleinen Anhänger aus gestanztem Metall, der das Zeichen der Kirche darstellte. Aber seine Hand gehorchte ihm nicht. Die Sehnen waren zerschossen und nutzlos.
Es war egal.
Bald würden sie alle zusammen sein.
Lächelnd kippte der Riese nach vorn und mit dem Gesicht in den Schutt. Sein letzter Atemzug wirbelte grauen Staub auf.
Eines der Ungeheuer war somit gefallen. Nahe des Einganges, wo der Angriff an Koordination verloren hatte. Die dortigen Verteidiger hatten erkannt, dass sie der Mauer aus mutierten Bestien nichts entgegenzusetzen hatten und bemühten sich daher, den Kolossen aus dem Weg zu gehen und die dahinter vorrückenden, menschlicheren Gegner aufs Korn zu nehmen.
Dies gelang ihnen auch, da die Angreifer sich auf die brachiale Kraft ihrer Verstärkung verließen und bei dem resultierenden Vorstoß die eigene Sicherheit vernachlässigten.
Als jene fielen oder in Deckung gezwungen wurden, die den Bestien als Koordinatoren und Anleiter dienten, gerieten diese ihrerseits in Verwirrung. Sie folgten ihrem plumpen Trieb nach Zerstörung und Töten. Aber dabei verloren sie das Ziel aus den Augen.
Einer drosch auf ein Schreibpult ein und erfreute sich an den Funken, die dabei entstanden. Ein anderer verfolgte einen Fliehenden, zwei griffen weiter an, aber in verschiedene Richtungen, was ihrer Dampframmentaktik die Wucht nahm.
Jener, auf den Arius die Maschinenpistole entleerte, wedelte an der Stelle herum, wo die Kugeln auf seine Gelenke einschlugen. So, wie man versucht, lästige Stechmücken zu vertreiben.
Diese Stechmücken aber, fraßen sich durch seine Muskeln und zwangen ihn ebenso in die Knie, wie seinen Artverwandten.
Ihn allerdings lockte nicht die Transzendenz, das bessere Jenseits. Ihn frustrierte allein der Umstand, dass es ihm auf den Knien sehr viel schwerer fiel, den kleinen Mann zu erreichen, der da auf ihn schoss. Instinktiv drehte er ihm die linke Seite zu, wo zwei schwer gepanzerte Arme wie ein Schild seinen etwas weicheren Thorax und seinen Kopf schützten. Die zähen Muskeln, in denen die Kugeln wie in einem kompakten Block einfach stecken blieben, gaben endlich nach, rissen, platzen und fetzten auf und verwandelten sich in blutig spritzenden Brei. Mit dem letzten Schuss aus der MP brach das Monstrum gänzlich zusammen.
Das worauf es eben noch gelaufen war, war nicht mehr als Beine zu identifizieren. Krugers Wunsch hatte sich erfüllt. Sein Feind war umgefallen. Für einen kurzen Moment sah es auch tatsächlich so aus, als wäre es damit erledigt, doch dann richtete sich der Riese auf seinen drei Armen auf und brüllte dem Soldaten seine animalische Erbitterung entgegen. Dann begann er sich auf Arius zuzuziehen.
Schnell… schneller als ein unverletzter Mensch gehen konnte.
In diesem Moment, meine Brüder und Schwestern, ist die Speerspitze unserer Sache dort oben, er deutete in das Dunkel, in dem irgendwo über ihnen die Decke liegen mochte, dabei dem grinsenden Wohltäter ins Gesicht zu schlagen.
Ihm entgegen zu schleudern: Von heute an hungern wir nur nach Gerechtigkeit und nach Veränderung.
Nach dem Blut der Ungerechten. Speichel flog von seinen Lippen und ein unbändiger Zorn schwamm in seinen Worten. Zorn der das genaue Gegenteil der Liebe zu seinen Angehörigen war. Nicht der geheuchelte Furor von Politikern, Adligen und Predigern, die gegen diese oder jene Sache Stimmung machten, weil es ihnen gerade zum Vorteil gereichte. Nein, in ihm und in der versammelten Masse, kochte eine Wut auf dieses System, die fest mit ihrer DNA verschmolzen war. Die ihn ihnen über die Generationen gewachsen war wie ein Tumor, ein Geschwür dass nun dem Druck nicht länger standhalten konnte und endlich platzen durfte.
Sie sind bereit, das verfaulte Herz der Ungerechtigkeit höchst selbst anzugreifen und zu zerquetschen. Auch wenn das bedeutet, das eigene Leben hinzugeben. Vielleicht in der Hoffnung auf ein besseres Sein in der Transzendenz.
Ganz sicher aber in dem Wissen, Märtyrer einer gerechten, einer guten Sache zu sein.
Noch ein anderer Umstand drückte die Waagschale langsam, aber sicher auf der Seite der Verteidiger herunter. Das erfolgreiche Morden am Eingangsbereich hatte die Herde aus panischen und verängstigten Menschen auf fatale Weise zur Räson gebracht.
Die Türen und den Gang dahinter verstopften sie noch immer. Aber jetzt als leblose oder bestenfalls zuckende und sterbende Masse.
Über dieses aufgeworfene Niemandsland aus Körpern kroch Unterstützung für die eingeschlossenen heran.
Entsetzt und mit weit aufgerissenen Augen, die Kleidung Blut durchtränkt, noch ehe sie auch nur einen Gegner gesehen hatten. In ihren Händen lagen Gewehre und Pistolen mit frischen Magazinen, begierig darauf, auf die Verursacher dieser Schandtat abgefeuert zu werden.
Die Reihen der Angreifer wurden langsam aber sicher dünner, während demgegenüber die Verteidiger tröpfchenweise mehr wurden.
Jenen in den Reihen der Aggressoren, die den Überblick zu behalten und ein wenig Ordnung in das Chaos des Kampfes zu bringen versuchten, blieb dieser Umstand nicht verborgen. Sie waren nicht hergekommen, um einen finalen Sieg davonzutragen oder gar das eigene Leben zu wahren. Gleichwohl hatten sie Aufgaben zu erfüllen.
Eine davon, die wichtigste unzweifelhaft, war die Vernichtung des Gouverneurpaares.
Die sich abzeichnende Niederlage am Eingang war bedauerlich, aber es waren genug Unterdrücker zermalmt worden, um hier einen Erfolg zu verbuchen.
Das die Felsnadel noch gehalten wurde und die beiden Galionsfiguren des Unrechtsregime darin womöglich noch lebten, war derweil nicht zu tolerieren.
Also lenkten die heimlichen Feldherren dieser Schlacht den Hammerschlag ihres Angriffes gegen die Nadel und die wenigen Opritschniki, die dort noch ausharrten und aus den letzten Ladungen ihrer Energiezellen etwas zu machen versuchten.
Der Leim, der diese Formation zusammenhielt, hieß Oleg Olegfejewitsch.
Seines Zeichens Oberstleutnant und Kommandant der Ehrenleibgarde des Gouverneurs.
Ein wuchtiger Mann, mit einem wuchtigen Bauch, der von wuchtigem Appetit und ebensolchen Durst kündete. Letztere, hatte in Zusammenarbeit mit einigen Brüchen dafür gesorgt, dass die Nase Olegfejewitschs nicht mehr war als eine gerötete, deformierte Knolle in einem pockennarbigen Gesicht, durch welches sich Lachfalten zogen wie Furchen durch einen Acker. Ein weißer, lang herabhängender Schnauzbart nistete unter der Knolle und gleichsam weiße, buschige Brauen sträubten sich wild über hell funkelnden Augen.
Diesen korpulenten Herren gesetzten Alters mochte man seine grüne, rote und goldene Uniform zugestehen, weil sie ihn trefflich kleidete. Weil er darin Geschichten aus seiner ruhmreichen Jugend vortragen konnte, schallend lachend wie eine Kesselpauke, das Glas mit Brandwein zum Toast auf Kameraden erhebend, an deren Namen und Gesichter nur er selbst sich noch erinnerte.
Diesen Eindruck machte "Onkelchen Oleg", wie ihn seine Leute nannten.
Und dieser Eindruck hätte falscher nicht sein können.
Gewiss, Oleg Olegfejewitsch konnte dieser gelassene und heitere, feuchtfröhliche Kumpan sein. Aber er war nicht Kommandant der Leibwache geworden, weil die Uniform und die Fellmütze ihn kleidete.
Er war das Abbild eines Kämpfers, wenn es jemals eines gegeben hatte. Unumstößlich wie die Felsnadel selbst stand er da, den voluminösen Bauch herausgestreckt und die Beine breit in den Schuttboden gestemmt. Dann und wann feuerte er seine goldverzierte HL- Laserpistole auf ein lohnendes Ziel ab. Sein Hauptaugenmerk bestand aber darin, seine Männer und Frauen zusammen und ihre Moral aufrechtzuerhalten.
Fiel ein Kamerad, so pries er seinen Namen und gebot ihm, vor dem goldenen Thron schon einmal ein gutes Wort für sie einzulegen.
Er wäre auch zur Stelle gewesen, hätte ein Opritschniki in seiner Entschlossenheit gewankt.
Das aber passierte nicht.
Das passierte nie.
Sanken zu viele der Ihren tot oder schwer verwundet nieder, so zog er die Reihen enger und ließ die Magazine der Toten an die hinterbliebenen Kämpfer verteilen.
Wenn diese Hunde an die Herrschaften Gouverneure heran wollten, so würden sie dies mit dem teuren Tod jedes einzelnen von ihnen erkaufen müssen.
Wie sich zeigte, war dies ein Handel, den einzugehen die Angreifer nur allzu bereit waren.
So prallte aufeinander, was weder hüben noch drüben bereit war zu weichen.
Die Grotesken bildeten die Speerspitze und auch wenn einer von ihnen leblos zusammensackte, von Laserfeuer zerschunden, genügte diese Konzentration des Beschusses den anderen, gefährlich nah heranzurücken.
Olegfejewitsch gebot den seinen das Feuer auf die normalen Kämpfer des Feindes zu richten, während er sich selbst den Ungeheuern entgegenstellen, die dabei waren das mauerhohe Trümmerstück zu überklettern, welches beim Aufprall des Bulldocks auf die Stellung der Leibwache niedergestürzt war.
Das beobachtete der Oberstleutnant mit funkelnden Augen, strich sich mit dem Rücken des Zeigefingers über den Bart und warf seine Laserpistole einer Opritschniki zu, die gerade ihre letzte Energiezelle geleert hatte.
Er schuf sich Platz, indem er ein paar störende Gesteinsbrocken und Holzteile beiseite trat. Als er mit dem Ergebnis leidlich zufrieden war, zog er den Karabela, der tief an seiner Hüfte hing.
Er schwang die Klinge zwei, dreimal probierend durch die Luft, als würde er in der Trainingshalle darauf warten, dass sein Fechtpartner seinerseits bereit war.
Der Partner, der gerade das Hindernis überkletterte wog vier Mal so viel wie der Oberstleutnant, hatte einen Arm mehr als dieser und seine Duellwaffe war ein 300 Kilo Metallhammer.
Noch im Sprung vom Trümmerstück herunter, holte er mit diesem aus, das dicke kleine Männlein zu zerquetschen und dann mit der eigentlichen Mordarbeit anzufangen.
Gleichwohl stand sein Opfer nicht mehr da, wo der Hammer niederkrachte. Onkelchen Oleg war korpulent, aber sein Fett lag lediglich als schützende Schicht über seinen Muskeln.
Wer bei ihm Dicksein mit Langsamkeit gleichsetzte, hatte oft wenig Zeit, seinen Fehler überhaupt zu begreifen.
Mit einem schnellen Seitenschritt war er dem Hammerschlag traumwandlerisch ausgewichen und ließ den Karabela vorzucken. Der Schlag war so gesetzt, dass er genau dort traf, wo die Hand dem gepanzerten Arm des Ungeheuers entwuchs und Schutz vermissen ließ.
Die Klinge war keine Paradewaffe, sondern ein Instrument des Todes. Eine Sinfonie aus zeremonieller Schmiedekunst und Komposit-Karbon. Bis auf die molekulare Ebene geschliffen, durchschnitt sie selbst die stahlkabelartigen Stränge, Adern und Muskeln des Kolosses.
Dieser schaute erst verwundert und dann erbost auf die Stelle, wo eben noch seine Hand gewesen war und jetzt nur dunkel-lila Blut in Stößen herausgepumpt wurde.
Allemal waren ihm zwei funktionierende Arme genug, seinen Hammer zu schwingen und eben dies tat er. Seiner Vorliebe, Dinge die ihm im Weg waren wie einen Nagel vertikal im Boden zu versenken, hob er den Hammer über den Kopf. Gab sich damit eine Blöße, die sein so unverhofft widerborstiger Gegner nicht verstreichen ließ.
Anstatt dem drohenden Schlag auszuweichen, sprang er vor und schnitt ein tiefes X in die Brust des Wesens. Dessen Hirn wurde mit der ungewohnten Empfindung “Schmerz”, und mit dem plötzlichen Umstand, nicht mehr richtig atmen zu können, konfrontiert. Dies weckte in ihm den Impuls, die verbleibenden Hände schützend auf die klaffende Wunde zu legen, während er gleichzeitig vom Schwung des eigenen Hiebes nach vorne gerissen wurde.
Er strauchelte grunzend, versuchte sich abzufangen und bot dabei den Nacken dar.
Der Säbel sang.
Der deformierte Kopf rollte neben der abgetrennten Hand auf den durchweichten Boden.
Ein Geräusch wie eine fallende, noch nicht ganz reife Frucht.
Während der Kadaver zuckte und zu erfassen versuchte, dass er tot war, wandte sich Oleg den anderen Zerrbildern alles Natürlichen zu.
Sie kamen als Horde über das Trümmerstück.
Er spuckte auf ihren zerstückelten Bruder und ging in Ausgangsposition...
Ich möchte ein verrottetes, ein korruptes System zerschmettern, die Hand mit samt dem harten Brot darin abschlagen. All das Falsche dort oben Stein für Stein niederreißen. Meine Schwester hier, er deutete auf die gelbberobte Frau neben sich, die ich liebe, wie nur ein Bruder eine Schwester lieben kann, belächelt meinen Zorn. Sie streckte der Hand des Unterdrückers die eigene in Milde hin. Sie führt das Messer nicht um einen Ungerechten zu richten, sondern ihn, trotz seiner Ungerechtigkeit, einem besseren Morgen zuzuführen. Unsere Geschwister von der Kirche der Transformation sind hoffnungslose Optimisten. Er lachte aufrichtig und trat einen Schritt auf die Frau zu. Er ergriff ihre Hand, legte die eigenen schwieligen Finger um ihre schlanken und langen. Mit ihren schwarzen Mandelaugen lächelte sie zurück und entblößte ihrerseits dabei zwei Reihen kleiner, fast durchsichtiger Sägezähne. Zwei Herzschläge lang gönnten sie sich diese geschwisterliche Zweisamkeit vor den Augen all ihrer anderen Verwandten. Dann trat er an das Rednerpult zurück.
Unsere Bewegung und die Kirche der Transformation sind zwei Seiten einer Medaille.
Wir töten einen Feind, der nach Jahrhunderten der Gnadenlosigkeit von uns keine Gnade zu erwarten hat. Die Kirche rettet nach ihrer Sicht der Dinge selbst die Unwürdigen, indem sie sie der Transzendenz zuführt.
Transzendenz! Lallte eine der grotesken Spottgeburten, während sie in die Knie brach. Vom konstanten und unerbittlichen Beschuss aus den Rängen um den Eingang niedergerungen. Die Kreatur nahm Schmerz nur als etwas sehr Rudimentäres, als etwas schlimmstenfalls Unangenehmes wahr. Dass es jetzt wehtat und das sein mächtiger Körper ihm nicht mehr gehorchte, war neu für ihn. Aber die Äbtissin hatte ihm erklärt… ihm der es als einziger verstanden hatte und darauf sehr stolz war, dass die Transzendenz weh tun könnte.
Aber nur kurz.
Dann wären sie in der großen Einheit, wo alles warm und friedlich war. Dort würden ihm alle danken, die er zuvor der Transzendenz zugeführt hatte. Er tastete nach dem kleinen Anhänger aus gestanztem Metall, der das Zeichen der Kirche darstellte. Aber seine Hand gehorchte ihm nicht. Die Sehnen waren zerschossen und nutzlos.
Es war egal.
Bald würden sie alle zusammen sein.
Lächelnd kippte der Riese nach vorn und mit dem Gesicht in den Schutt. Sein letzter Atemzug wirbelte grauen Staub auf.
Eines der Ungeheuer war somit gefallen. Nahe des Einganges, wo der Angriff an Koordination verloren hatte. Die dortigen Verteidiger hatten erkannt, dass sie der Mauer aus mutierten Bestien nichts entgegenzusetzen hatten und bemühten sich daher, den Kolossen aus dem Weg zu gehen und die dahinter vorrückenden, menschlicheren Gegner aufs Korn zu nehmen.
Dies gelang ihnen auch, da die Angreifer sich auf die brachiale Kraft ihrer Verstärkung verließen und bei dem resultierenden Vorstoß die eigene Sicherheit vernachlässigten.
Als jene fielen oder in Deckung gezwungen wurden, die den Bestien als Koordinatoren und Anleiter dienten, gerieten diese ihrerseits in Verwirrung. Sie folgten ihrem plumpen Trieb nach Zerstörung und Töten. Aber dabei verloren sie das Ziel aus den Augen.
Einer drosch auf ein Schreibpult ein und erfreute sich an den Funken, die dabei entstanden. Ein anderer verfolgte einen Fliehenden, zwei griffen weiter an, aber in verschiedene Richtungen, was ihrer Dampframmentaktik die Wucht nahm.
Jener, auf den Arius die Maschinenpistole entleerte, wedelte an der Stelle herum, wo die Kugeln auf seine Gelenke einschlugen. So, wie man versucht, lästige Stechmücken zu vertreiben.
Diese Stechmücken aber, fraßen sich durch seine Muskeln und zwangen ihn ebenso in die Knie, wie seinen Artverwandten.
Ihn allerdings lockte nicht die Transzendenz, das bessere Jenseits. Ihn frustrierte allein der Umstand, dass es ihm auf den Knien sehr viel schwerer fiel, den kleinen Mann zu erreichen, der da auf ihn schoss. Instinktiv drehte er ihm die linke Seite zu, wo zwei schwer gepanzerte Arme wie ein Schild seinen etwas weicheren Thorax und seinen Kopf schützten. Die zähen Muskeln, in denen die Kugeln wie in einem kompakten Block einfach stecken blieben, gaben endlich nach, rissen, platzen und fetzten auf und verwandelten sich in blutig spritzenden Brei. Mit dem letzten Schuss aus der MP brach das Monstrum gänzlich zusammen.
Das worauf es eben noch gelaufen war, war nicht mehr als Beine zu identifizieren. Krugers Wunsch hatte sich erfüllt. Sein Feind war umgefallen. Für einen kurzen Moment sah es auch tatsächlich so aus, als wäre es damit erledigt, doch dann richtete sich der Riese auf seinen drei Armen auf und brüllte dem Soldaten seine animalische Erbitterung entgegen. Dann begann er sich auf Arius zuzuziehen.
Schnell… schneller als ein unverletzter Mensch gehen konnte.
In diesem Moment, meine Brüder und Schwestern, ist die Speerspitze unserer Sache dort oben, er deutete in das Dunkel, in dem irgendwo über ihnen die Decke liegen mochte, dabei dem grinsenden Wohltäter ins Gesicht zu schlagen.
Ihm entgegen zu schleudern: Von heute an hungern wir nur nach Gerechtigkeit und nach Veränderung.
Nach dem Blut der Ungerechten. Speichel flog von seinen Lippen und ein unbändiger Zorn schwamm in seinen Worten. Zorn der das genaue Gegenteil der Liebe zu seinen Angehörigen war. Nicht der geheuchelte Furor von Politikern, Adligen und Predigern, die gegen diese oder jene Sache Stimmung machten, weil es ihnen gerade zum Vorteil gereichte. Nein, in ihm und in der versammelten Masse, kochte eine Wut auf dieses System, die fest mit ihrer DNA verschmolzen war. Die ihn ihnen über die Generationen gewachsen war wie ein Tumor, ein Geschwür dass nun dem Druck nicht länger standhalten konnte und endlich platzen durfte.
Sie sind bereit, das verfaulte Herz der Ungerechtigkeit höchst selbst anzugreifen und zu zerquetschen. Auch wenn das bedeutet, das eigene Leben hinzugeben. Vielleicht in der Hoffnung auf ein besseres Sein in der Transzendenz.
Ganz sicher aber in dem Wissen, Märtyrer einer gerechten, einer guten Sache zu sein.
Noch ein anderer Umstand drückte die Waagschale langsam, aber sicher auf der Seite der Verteidiger herunter. Das erfolgreiche Morden am Eingangsbereich hatte die Herde aus panischen und verängstigten Menschen auf fatale Weise zur Räson gebracht.
Die Türen und den Gang dahinter verstopften sie noch immer. Aber jetzt als leblose oder bestenfalls zuckende und sterbende Masse.
Über dieses aufgeworfene Niemandsland aus Körpern kroch Unterstützung für die eingeschlossenen heran.
Entsetzt und mit weit aufgerissenen Augen, die Kleidung Blut durchtränkt, noch ehe sie auch nur einen Gegner gesehen hatten. In ihren Händen lagen Gewehre und Pistolen mit frischen Magazinen, begierig darauf, auf die Verursacher dieser Schandtat abgefeuert zu werden.
Die Reihen der Angreifer wurden langsam aber sicher dünner, während demgegenüber die Verteidiger tröpfchenweise mehr wurden.
Jenen in den Reihen der Aggressoren, die den Überblick zu behalten und ein wenig Ordnung in das Chaos des Kampfes zu bringen versuchten, blieb dieser Umstand nicht verborgen. Sie waren nicht hergekommen, um einen finalen Sieg davonzutragen oder gar das eigene Leben zu wahren. Gleichwohl hatten sie Aufgaben zu erfüllen.
Eine davon, die wichtigste unzweifelhaft, war die Vernichtung des Gouverneurpaares.
Die sich abzeichnende Niederlage am Eingang war bedauerlich, aber es waren genug Unterdrücker zermalmt worden, um hier einen Erfolg zu verbuchen.
Das die Felsnadel noch gehalten wurde und die beiden Galionsfiguren des Unrechtsregime darin womöglich noch lebten, war derweil nicht zu tolerieren.
Also lenkten die heimlichen Feldherren dieser Schlacht den Hammerschlag ihres Angriffes gegen die Nadel und die wenigen Opritschniki, die dort noch ausharrten und aus den letzten Ladungen ihrer Energiezellen etwas zu machen versuchten.
Der Leim, der diese Formation zusammenhielt, hieß Oleg Olegfejewitsch.
Seines Zeichens Oberstleutnant und Kommandant der Ehrenleibgarde des Gouverneurs.
Ein wuchtiger Mann, mit einem wuchtigen Bauch, der von wuchtigem Appetit und ebensolchen Durst kündete. Letztere, hatte in Zusammenarbeit mit einigen Brüchen dafür gesorgt, dass die Nase Olegfejewitschs nicht mehr war als eine gerötete, deformierte Knolle in einem pockennarbigen Gesicht, durch welches sich Lachfalten zogen wie Furchen durch einen Acker. Ein weißer, lang herabhängender Schnauzbart nistete unter der Knolle und gleichsam weiße, buschige Brauen sträubten sich wild über hell funkelnden Augen.
Diesen korpulenten Herren gesetzten Alters mochte man seine grüne, rote und goldene Uniform zugestehen, weil sie ihn trefflich kleidete. Weil er darin Geschichten aus seiner ruhmreichen Jugend vortragen konnte, schallend lachend wie eine Kesselpauke, das Glas mit Brandwein zum Toast auf Kameraden erhebend, an deren Namen und Gesichter nur er selbst sich noch erinnerte.
Diesen Eindruck machte "Onkelchen Oleg", wie ihn seine Leute nannten.
Und dieser Eindruck hätte falscher nicht sein können.
Gewiss, Oleg Olegfejewitsch konnte dieser gelassene und heitere, feuchtfröhliche Kumpan sein. Aber er war nicht Kommandant der Leibwache geworden, weil die Uniform und die Fellmütze ihn kleidete.
Er war das Abbild eines Kämpfers, wenn es jemals eines gegeben hatte. Unumstößlich wie die Felsnadel selbst stand er da, den voluminösen Bauch herausgestreckt und die Beine breit in den Schuttboden gestemmt. Dann und wann feuerte er seine goldverzierte HL- Laserpistole auf ein lohnendes Ziel ab. Sein Hauptaugenmerk bestand aber darin, seine Männer und Frauen zusammen und ihre Moral aufrechtzuerhalten.
Fiel ein Kamerad, so pries er seinen Namen und gebot ihm, vor dem goldenen Thron schon einmal ein gutes Wort für sie einzulegen.
Er wäre auch zur Stelle gewesen, hätte ein Opritschniki in seiner Entschlossenheit gewankt.
Das aber passierte nicht.
Das passierte nie.
Sanken zu viele der Ihren tot oder schwer verwundet nieder, so zog er die Reihen enger und ließ die Magazine der Toten an die hinterbliebenen Kämpfer verteilen.
Wenn diese Hunde an die Herrschaften Gouverneure heran wollten, so würden sie dies mit dem teuren Tod jedes einzelnen von ihnen erkaufen müssen.
Wie sich zeigte, war dies ein Handel, den einzugehen die Angreifer nur allzu bereit waren.
So prallte aufeinander, was weder hüben noch drüben bereit war zu weichen.
Die Grotesken bildeten die Speerspitze und auch wenn einer von ihnen leblos zusammensackte, von Laserfeuer zerschunden, genügte diese Konzentration des Beschusses den anderen, gefährlich nah heranzurücken.
Olegfejewitsch gebot den seinen das Feuer auf die normalen Kämpfer des Feindes zu richten, während er sich selbst den Ungeheuern entgegenstellen, die dabei waren das mauerhohe Trümmerstück zu überklettern, welches beim Aufprall des Bulldocks auf die Stellung der Leibwache niedergestürzt war.
Das beobachtete der Oberstleutnant mit funkelnden Augen, strich sich mit dem Rücken des Zeigefingers über den Bart und warf seine Laserpistole einer Opritschniki zu, die gerade ihre letzte Energiezelle geleert hatte.
Er schuf sich Platz, indem er ein paar störende Gesteinsbrocken und Holzteile beiseite trat. Als er mit dem Ergebnis leidlich zufrieden war, zog er den Karabela, der tief an seiner Hüfte hing.
Er schwang die Klinge zwei, dreimal probierend durch die Luft, als würde er in der Trainingshalle darauf warten, dass sein Fechtpartner seinerseits bereit war.
Der Partner, der gerade das Hindernis überkletterte wog vier Mal so viel wie der Oberstleutnant, hatte einen Arm mehr als dieser und seine Duellwaffe war ein 300 Kilo Metallhammer.
Noch im Sprung vom Trümmerstück herunter, holte er mit diesem aus, das dicke kleine Männlein zu zerquetschen und dann mit der eigentlichen Mordarbeit anzufangen.
Gleichwohl stand sein Opfer nicht mehr da, wo der Hammer niederkrachte. Onkelchen Oleg war korpulent, aber sein Fett lag lediglich als schützende Schicht über seinen Muskeln.
Wer bei ihm Dicksein mit Langsamkeit gleichsetzte, hatte oft wenig Zeit, seinen Fehler überhaupt zu begreifen.
Mit einem schnellen Seitenschritt war er dem Hammerschlag traumwandlerisch ausgewichen und ließ den Karabela vorzucken. Der Schlag war so gesetzt, dass er genau dort traf, wo die Hand dem gepanzerten Arm des Ungeheuers entwuchs und Schutz vermissen ließ.
Die Klinge war keine Paradewaffe, sondern ein Instrument des Todes. Eine Sinfonie aus zeremonieller Schmiedekunst und Komposit-Karbon. Bis auf die molekulare Ebene geschliffen, durchschnitt sie selbst die stahlkabelartigen Stränge, Adern und Muskeln des Kolosses.
Dieser schaute erst verwundert und dann erbost auf die Stelle, wo eben noch seine Hand gewesen war und jetzt nur dunkel-lila Blut in Stößen herausgepumpt wurde.
Allemal waren ihm zwei funktionierende Arme genug, seinen Hammer zu schwingen und eben dies tat er. Seiner Vorliebe, Dinge die ihm im Weg waren wie einen Nagel vertikal im Boden zu versenken, hob er den Hammer über den Kopf. Gab sich damit eine Blöße, die sein so unverhofft widerborstiger Gegner nicht verstreichen ließ.
Anstatt dem drohenden Schlag auszuweichen, sprang er vor und schnitt ein tiefes X in die Brust des Wesens. Dessen Hirn wurde mit der ungewohnten Empfindung “Schmerz”, und mit dem plötzlichen Umstand, nicht mehr richtig atmen zu können, konfrontiert. Dies weckte in ihm den Impuls, die verbleibenden Hände schützend auf die klaffende Wunde zu legen, während er gleichzeitig vom Schwung des eigenen Hiebes nach vorne gerissen wurde.
Er strauchelte grunzend, versuchte sich abzufangen und bot dabei den Nacken dar.
Der Säbel sang.
Der deformierte Kopf rollte neben der abgetrennten Hand auf den durchweichten Boden.
Ein Geräusch wie eine fallende, noch nicht ganz reife Frucht.
Während der Kadaver zuckte und zu erfassen versuchte, dass er tot war, wandte sich Oleg den anderen Zerrbildern alles Natürlichen zu.
Sie kamen als Horde über das Trümmerstück.
Er spuckte auf ihren zerstückelten Bruder und ging in Ausgangsposition...