06-09-2022, 08:14 PM
Die Kanalisation gehörte den Verteidigern, war zu ihrem Refugium geworden, nachdem die oberirdischen Gebiete von den neuen Bewohnern der Stadt zurückgefordert worden waren.
Jetzt waren diese Bereiche nur mehr Jagdgebiet im Schutze der Nacht. Doch ganz gehörte den Kreaturen das Labyrinth auch nicht. Die Bhrak, die sich ihrerseits wie Würmer durch das Fleisch der Erde wühlten waren ihnen keine Gefahr. Sie gruben tiefer und konzentrierten sich darüber hinaus auf die Berge und die steinige Ebene im Norden und vor allem im Westen. Sie mochten dereinst ihren Kampf mit den Verteidigern haben. Die Avatare des Alten, gegen die Champions des Neuen.
Noch aber war es nicht soweit.
Nein, es gab andere, die verhinderten, dass die Herrschaft der blinden Wesen vollkommen war.
Sie selbst konnten ihr Wissen freilich nicht in Worte fassen. Einzig in den Schwingungen der Finsternis die sie ausschwitzten, streckten die Informationen. Einige Bereiche unter den Anwesen waren für sie undurchdringlich. Die Tunnel waren blockiert. Ein paar mit herabgestürzten Steinen, andere mit Metall und Beton. Versuchte man einen Durchgang zu erzwingen, zu kratzen, zu graben dann wartete der scharfe Biss von Stahl auf der anderen Seite, der unsichtbare Todesknall von Gewehren.
Nicht immer, aber manchmal.
Sie hatten gelernt diese Bereiche zu umfließen. Es war nicht nötig sie zu öffnen und die Gier nach Beute mit der Gefahr für das eigene Leben abzuwägen. Es gab andere Jagdgebiete.
Außerdem standen sie hier unten nicht an der Spitze der Nahrungskette. In den Kanälen lebten noch weitere Wesen. Größer als ein Verteidiger, wenn auch bei weitem nicht so zahlreich. Von einigen dieser Fressfeinde kannten sie nur die Veränderung in der Dichte der Luft, wenn sie nahten. Oder die Geräusche, die sie verursachten, weil sie niemanden übrig ließen, der ihr Echobild hätte weitergeben können.
Einige andere waren ihnen bekannt und erfüllten die ruchlosen Kreaturen mit dem, was Furcht noch am nächsten kam.
So etwa ein verdrehtes Etwas, dass ein wahnsinniges Riesenkind aus allen Teilen von Kreaturen zusammengesetzt haben schien, die es irgendwo hatte finden können. Vielleicht ein einstiger Günstling der Götter, der sich ihrer Wertschätzung nicht als würdig erwiesen hatte. Schreiend und kreischend tobte dieses Ding durch das lichtlose Wegenetz und stopfte sich alles in seine geifernden Mäuler, deren es habhaft werden konnte. Von der Assel, über eine Ratte, bis zum unglücklichen Verteidiger.
Auch gab es ein Geschöpf, dass von seiner Erscheinung entfernt an einen Engerling denken ließ. Nur das der raupenartige Leib nicht weich, sondern mit geschuppten Panzerplatten geschützt war. Das Wesen nahm einen kompletten Tunnel ein und verstand sich darauf, seine Beute geschickt in Sackgassen zu treiben, wo es alle Zeit der Welt hatte zu töten und zu fressen.
Derartige Jäger gab es noch einige mehr.
Doch so das eine oder andere Untier ein Revier bewachte, existierten doch keine Bereiche die diese Bedrohlichen ganz vor dem Zugriff der Verteidiger abgeschirmten. In ihren Domänen befand sich nichts, was dem Stab ähnelte.
Er konnte sich also nur in den abgesperrten Bereichen unter den Villen befinden. Das allerdings hätte bedeutet, dass ein versiegelter Tunnel hätte geöffnet, der Stab dorthin verbracht und der Durchgang wieder verschlossen hätte werden müssen.
Das war nicht auszuschließen, wollte jedoch nicht recht in das Bild der Kultisten passen, die sich in den Kanälen verkrochen. Hätten sie die Kanalisation als Exil gewählt, um dann doch wieder im Anwesen eines Kaufmannes oder Rasankuriführers zu enden?
Es gab noch eine finale Möglichkeit.
Gleichwohl keine, die dem bis hierher schwierigen Unterfangen Leichtigkeit beigefüge.
Im Zentrum des äußeren Ringes, wo sich einst die Behausungen jener Wohlhabenden befanden, die nicht zum Militär,- oder Palastadel gehört hatten, befand sich das faktische Zentrum der Kanalisation. Als noch der, inzwischen kaum mehr vorstellbare, Umstand geherrscht hatte, dass Wasser durch den Untergrund geflossen war, hatte hier das Herz geschlagen.
Die Klär- und Aufbereitungsanlage der Stadt.
Es gab derer weitere, über ganz Rasankur verteilt. Dieser Tage so nutzlos wie ein imperiales Gebetbuch.
Die, zu der alle Hinweise, beziehungsweise deren Fehlen, führten, war jedoch die größte von ihnen. Nicht nur hatte man dort das Gro der Abwässer gereinigt und wieder der Verwendung zugeführt, sie hatte auch die nahen, zivilen Verwaltungsgebäude und das Krankenhaus direkt versorgt. Obendrein war die Anlage über dem größten Frischwasserspeicher der Stadt erbaut worden. Das kaum spürbare Gefälle in jedem Kanal, jeder Rinne und jedem Rohr, führte letztlich zu diesem Bereich der Stadt.
Die Verteidiger konnten Selari einige Eindrücke von diesem Ort vermitteln. Unterirdisch, aber sehr weit und groß. Eine Kaverne, eine Höhle von riesigen Ausmaßen. Die lautlosen Schreie der Verteidiger trugen hier weit und ihr Echo brauchte lange, bis es zu ihnen zurückkehrte. Sie übermittelten der Mutantin wie es sich anfühlte, wenn ihre Finger über die kleinen, perfekt viereckigen Steinchen von Boden, Wänden und Decke glitten.
Fliesen oder eher noch Mosaiksteine.
Eine bröckelige Kalkschicht zeigte an, wo früher einmal Wasser gestanden hatte.
Doch da war mehr.
Die Kaverne selbst war nicht mehr als ein riesiges, leeres Becken, am oberen Rand mit einem Rundweg versehen, auf dem dereinst Techniker und anderes Personal seinen Aufgaben nachgekommen war. In dem Becken jedoch holte das Echolot der Verteidiger die Überreste eines Lagers aus der ewig währenden Dunkelheit.
Einige simple Hütten und zusammengesunkene Überreste, vielleicht von Zelten. Barrikaden aus Sandsäcken und verschiedenes, technisches Gerät. Etwas das einfache Feldgeneratoren sein mochten. auch zwei Wassergewinner.
In der Kaverne hatte jemand Unterschlupf gesucht. Jemand, der jetzt verschwunden war. Dabei machte es nicht den Eindruck, als hätte ein Kampf stattgefunden. Die Spuren des Verfalls gemahnten eher an Vernachlässigung, denn an Gefechtsschäden. Auch lagen keine Leichen herum oder ähnliches. In der diffusen Erinnerung der Verteidiger war auch nichts zu finden, das auf einen Angriff durch sie selber hinwies. Eine mögliche Erklärung für das Ganze war vielleicht in dem Spalt zu erkennen, der in der Längstseite des Beckens klaffte, wie eine Wunde in verletztem Fleisch.
Aus dieser Öffnung, groß genug, dass ein Mensch hindurchtreten konnte, strömte Wärme und schwer gesättigte Luft. Süße, wie von überreifen Früchten.
Was aber noch viel wichtiger war, war der Umstand, dass die pure Präsenz aus dieser Öffnung mehr macht über die Verteidiger hatte als Selaris Fähigkeiten. Sie würden nicht in diesen Spalt vordringen. Nicht aus Furcht oder einem übergeordneten Verstehen.
Einzig, weil die Öffnung oder das was darin war, es nicht wollte.
Gleichwohl, wenn der Heermeister nicht gelogen oder sich geirrt hatte und man davon ausgehen konnte, dass der Stab nicht in einem der verbarrikadierten Keller war, dann war er vermutlich dort drin.
Jetzt waren diese Bereiche nur mehr Jagdgebiet im Schutze der Nacht. Doch ganz gehörte den Kreaturen das Labyrinth auch nicht. Die Bhrak, die sich ihrerseits wie Würmer durch das Fleisch der Erde wühlten waren ihnen keine Gefahr. Sie gruben tiefer und konzentrierten sich darüber hinaus auf die Berge und die steinige Ebene im Norden und vor allem im Westen. Sie mochten dereinst ihren Kampf mit den Verteidigern haben. Die Avatare des Alten, gegen die Champions des Neuen.
Noch aber war es nicht soweit.
Nein, es gab andere, die verhinderten, dass die Herrschaft der blinden Wesen vollkommen war.
Sie selbst konnten ihr Wissen freilich nicht in Worte fassen. Einzig in den Schwingungen der Finsternis die sie ausschwitzten, streckten die Informationen. Einige Bereiche unter den Anwesen waren für sie undurchdringlich. Die Tunnel waren blockiert. Ein paar mit herabgestürzten Steinen, andere mit Metall und Beton. Versuchte man einen Durchgang zu erzwingen, zu kratzen, zu graben dann wartete der scharfe Biss von Stahl auf der anderen Seite, der unsichtbare Todesknall von Gewehren.
Nicht immer, aber manchmal.
Sie hatten gelernt diese Bereiche zu umfließen. Es war nicht nötig sie zu öffnen und die Gier nach Beute mit der Gefahr für das eigene Leben abzuwägen. Es gab andere Jagdgebiete.
Außerdem standen sie hier unten nicht an der Spitze der Nahrungskette. In den Kanälen lebten noch weitere Wesen. Größer als ein Verteidiger, wenn auch bei weitem nicht so zahlreich. Von einigen dieser Fressfeinde kannten sie nur die Veränderung in der Dichte der Luft, wenn sie nahten. Oder die Geräusche, die sie verursachten, weil sie niemanden übrig ließen, der ihr Echobild hätte weitergeben können.
Einige andere waren ihnen bekannt und erfüllten die ruchlosen Kreaturen mit dem, was Furcht noch am nächsten kam.
So etwa ein verdrehtes Etwas, dass ein wahnsinniges Riesenkind aus allen Teilen von Kreaturen zusammengesetzt haben schien, die es irgendwo hatte finden können. Vielleicht ein einstiger Günstling der Götter, der sich ihrer Wertschätzung nicht als würdig erwiesen hatte. Schreiend und kreischend tobte dieses Ding durch das lichtlose Wegenetz und stopfte sich alles in seine geifernden Mäuler, deren es habhaft werden konnte. Von der Assel, über eine Ratte, bis zum unglücklichen Verteidiger.
Auch gab es ein Geschöpf, dass von seiner Erscheinung entfernt an einen Engerling denken ließ. Nur das der raupenartige Leib nicht weich, sondern mit geschuppten Panzerplatten geschützt war. Das Wesen nahm einen kompletten Tunnel ein und verstand sich darauf, seine Beute geschickt in Sackgassen zu treiben, wo es alle Zeit der Welt hatte zu töten und zu fressen.
Derartige Jäger gab es noch einige mehr.
Doch so das eine oder andere Untier ein Revier bewachte, existierten doch keine Bereiche die diese Bedrohlichen ganz vor dem Zugriff der Verteidiger abgeschirmten. In ihren Domänen befand sich nichts, was dem Stab ähnelte.
Er konnte sich also nur in den abgesperrten Bereichen unter den Villen befinden. Das allerdings hätte bedeutet, dass ein versiegelter Tunnel hätte geöffnet, der Stab dorthin verbracht und der Durchgang wieder verschlossen hätte werden müssen.
Das war nicht auszuschließen, wollte jedoch nicht recht in das Bild der Kultisten passen, die sich in den Kanälen verkrochen. Hätten sie die Kanalisation als Exil gewählt, um dann doch wieder im Anwesen eines Kaufmannes oder Rasankuriführers zu enden?
Es gab noch eine finale Möglichkeit.
Gleichwohl keine, die dem bis hierher schwierigen Unterfangen Leichtigkeit beigefüge.
Im Zentrum des äußeren Ringes, wo sich einst die Behausungen jener Wohlhabenden befanden, die nicht zum Militär,- oder Palastadel gehört hatten, befand sich das faktische Zentrum der Kanalisation. Als noch der, inzwischen kaum mehr vorstellbare, Umstand geherrscht hatte, dass Wasser durch den Untergrund geflossen war, hatte hier das Herz geschlagen.
Die Klär- und Aufbereitungsanlage der Stadt.
Es gab derer weitere, über ganz Rasankur verteilt. Dieser Tage so nutzlos wie ein imperiales Gebetbuch.
Die, zu der alle Hinweise, beziehungsweise deren Fehlen, führten, war jedoch die größte von ihnen. Nicht nur hatte man dort das Gro der Abwässer gereinigt und wieder der Verwendung zugeführt, sie hatte auch die nahen, zivilen Verwaltungsgebäude und das Krankenhaus direkt versorgt. Obendrein war die Anlage über dem größten Frischwasserspeicher der Stadt erbaut worden. Das kaum spürbare Gefälle in jedem Kanal, jeder Rinne und jedem Rohr, führte letztlich zu diesem Bereich der Stadt.
Die Verteidiger konnten Selari einige Eindrücke von diesem Ort vermitteln. Unterirdisch, aber sehr weit und groß. Eine Kaverne, eine Höhle von riesigen Ausmaßen. Die lautlosen Schreie der Verteidiger trugen hier weit und ihr Echo brauchte lange, bis es zu ihnen zurückkehrte. Sie übermittelten der Mutantin wie es sich anfühlte, wenn ihre Finger über die kleinen, perfekt viereckigen Steinchen von Boden, Wänden und Decke glitten.
Fliesen oder eher noch Mosaiksteine.
Eine bröckelige Kalkschicht zeigte an, wo früher einmal Wasser gestanden hatte.
Doch da war mehr.
Die Kaverne selbst war nicht mehr als ein riesiges, leeres Becken, am oberen Rand mit einem Rundweg versehen, auf dem dereinst Techniker und anderes Personal seinen Aufgaben nachgekommen war. In dem Becken jedoch holte das Echolot der Verteidiger die Überreste eines Lagers aus der ewig währenden Dunkelheit.
Einige simple Hütten und zusammengesunkene Überreste, vielleicht von Zelten. Barrikaden aus Sandsäcken und verschiedenes, technisches Gerät. Etwas das einfache Feldgeneratoren sein mochten. auch zwei Wassergewinner.
In der Kaverne hatte jemand Unterschlupf gesucht. Jemand, der jetzt verschwunden war. Dabei machte es nicht den Eindruck, als hätte ein Kampf stattgefunden. Die Spuren des Verfalls gemahnten eher an Vernachlässigung, denn an Gefechtsschäden. Auch lagen keine Leichen herum oder ähnliches. In der diffusen Erinnerung der Verteidiger war auch nichts zu finden, das auf einen Angriff durch sie selber hinwies. Eine mögliche Erklärung für das Ganze war vielleicht in dem Spalt zu erkennen, der in der Längstseite des Beckens klaffte, wie eine Wunde in verletztem Fleisch.
Aus dieser Öffnung, groß genug, dass ein Mensch hindurchtreten konnte, strömte Wärme und schwer gesättigte Luft. Süße, wie von überreifen Früchten.
Was aber noch viel wichtiger war, war der Umstand, dass die pure Präsenz aus dieser Öffnung mehr macht über die Verteidiger hatte als Selaris Fähigkeiten. Sie würden nicht in diesen Spalt vordringen. Nicht aus Furcht oder einem übergeordneten Verstehen.
Einzig, weil die Öffnung oder das was darin war, es nicht wollte.
Gleichwohl, wenn der Heermeister nicht gelogen oder sich geirrt hatte und man davon ausgehen konnte, dass der Stab nicht in einem der verbarrikadierten Keller war, dann war er vermutlich dort drin.