05-13-2022, 08:11 PM
Die Tag-Nachtbeleuchtung war entlang der Paradestrecke aufrecht erhalten wurden, auch wenn es eigentlich keine Nacht gab. Feierende und jene, die ihren Platz mit guter Aussicht nicht einbüßen wollten, sorgten dafür, dass es so etwas wie Ruhe in den Nacht-, und Abendstunden nicht gab.
Als nun der lang ersehnte, fünfte Tag anbrach, wurde die Tageslichtbeleuchtung sogar noch heller gestellt. Man schuf quasi ein künstliches Kaiserwetter. Die Schatten wurden schärfer. Reinigungskolonnen paradierten auf ihre Art am frühen morgen. Sie schruppten und säuberten die breiten Straßen in so vielen Waschgängen und mit so absonderlich anmutenden, schäumenden, spritzenden und rotierenden Maschinen und Fahrzeugen, dass es nicht nur ein ganz eigener Hingucker wurde, sondern dass man danach auch bedenkenlos vom verstärkten Wabenasphalt der Straße hätte essen können. Als die Combo vorbeigezogen war, dampfte der Belag verheißungsvoll in der genau abgestimmten Temperierung des Gebiets um die Prachtstraße.
Die Eröffnung erfolgte durch einen Knaben und ein junges Mädchen, die in weißen Bußgewändern auf die Straße traten. Vor ihren Gesichtern lagen schwarze Masken, die im starken Kontrast zu den hellen Kleidern lagen. Von den Masken wiederum führten Schläuche unter den Achseln der Kinder hindurch und hinter sie. Dort gingen vierzig Servitoren, jeweils 20 mit dem vor ihnen laufendem Kind mittels der sich teilenden Schläuche verbunden. Jede dieser Menschmaschinen hatte irgendwo zentral am Körper einen Verstärker eingebaut. Bei einigen nahmen die vergitterten Ausgabegeräte einen Großteil des einstigen Gesichtes ein oder sie zeigten sich auf der Brust oder im Bauchbereich. Sie sorgten dafür, dass noch der am weitesten hinten stehende Gast die ersten, glockenhellen Worte von “Hossiana Koronis” vernehmen konnte, welches der Junge nun erklingen ließ. In seinen engelgleichen Gesang stimmte das Mädchen ein und gemeinsam ließen sie den Lob auf die ruhmreiche Welt und die Tapferkeit ihrer Männer und Frauen vernehmen. Bedächtig schritten sie die Straße hinab, gefolgt von einer berobten Abteilung kirchlicher Würdenträger. Schon der erste Tag hatte der Kirche gehört, doch sie ließ es sich nicht nehmen auch hier ihr Siegel unter die Legitimität der Stärke Korons zu setzen. Kardinal Prager oblag es als relativ neues Oberhaupt der koronischen Niederlassung der Ekklesiarchie, die Oberen des Glaubens anzuführen. Er saß auf einem prächtigen Thron, geschmückt mit Blumen und gesigelten Bullen, auf denen jene Edikte verzeichnet waren, die Koron nach der Niederlager des großen Feindes im Krieg der Häuser, sich in Selbstkasteiung auferlegt hatte. Das der Thron seinerseits auf einem Festwagen stand ließ sich derweil kaum erkennen, denn die daneben einhergehenden Messbediensten schwenkten ihre Weihrauchfässer in so großer Zahl, dass man meinen Konnte der Thron schwebe auf einer Wolke. Huldvoll spendete der Kardinal den Segen für die Masse der Zuschauenden.
Alsdann die drei wichtigsten Reliquien unter all den hunderten und tausenden religiös konnotierten Objekten, die auf Koron Verehrung erfuhren.
Das wichtigste Heiligtum der Welt selbstredend als erstes. Die Lade mit dem lichten Speer, der gesegneten Waffe des Septianus höchst selbst, mit welcher er die Dämonen anbetenden Kanibalenhorden in barbarischen Zeiten zerschmetterte. Die Lade aus antikem tanithischen Nalholz erlaubte natürlich keinen Blick auf die Reliquie. Niemand außer dem Gouverneur durfte sie führen und selbst der nur, wenn die verdammenswerten Heerscharen des Erzfeindes jemals wieder ihr Haupt erheben sollten.
In der Lade selbst, so wusste man, lag nur der Kopf der Waffe. Auf ihn kam es an. Der Schaft mochte Gold, Eisen oder ein schnöder Besenstiel sein. Die gleißenden Strahlen des Speerkopfes waren es, die auf den Feind herniedersengten. Nun gab es Vorwitzige, die zu wissen meinten, dass der schwarze Kasten, schmucklos bis auf den doppelköpfigen Adler in der Flanke, leer sei. Das man es nicht wagte das wertvollste Artefakt des Planeten mehr oder minder offen durch die Gegend zu tragen.
Die Gläubigen auf den Beobachterrängen, ganz gleich wie stark oder schwach ihr Glauben ausgeprägt sein mochte, hätten solche Spötter eines besseren belehren können.
Die heilige Wärme, die schiere Kraft und Aura, die von der Lade ausging, beseelte jeden. Viele in den ersten Rängen sanken ergriffen auf die Knie. Weinten in Verzückung, rangen die Hände in Ektase. Spontan stimmten hunderte in das hymnische Loblied ein, welches das unschuldig reine Sängerpaar an der Spitze des Zuges anstimmte, nachdem das “Hosianna Koronis” verklungen war.
“Koron du Heiligtum, in heidnischer Gefangenschaft…” Sangen die beiden, durch die vierzig mechanischen Kunststimmen ihrer halbmenschlich Nachfolgenden.
“...ewig währt des Heiligen Ruhm, der Glanz und Freiheit dir verschafft.” Antworteten bewegte Völkerscharen von links und rechts. Wie als göttliche Antwort, wie als ein Fingerzeig von Terra selbst, öffneten sich unter der Makropoldecke extra dort angebrachte Vorrichtungen und entließen einen wohl dosierten Regen rosa, weißer und roter Rosenblätter. Eigens von Chiros und Jopall importiert. Die Weite des Alls schrumpfte wurde bedeutungslos, wenn es darum ging die Glorie des Planeten und seiner Bewohner zu verherrlichen.
Durch das Gestöber aus hauchzarten Blüten, wurde das zweite große Relikt gezogen. Auf einem simpel anmutenden Wagen, ruhte ein zyklopisches Trümmerstück aus verdrehtem und verbogenem Metall, gewaltig in seinen Ausmaßen und seinem Gewicht. Gezogen von einer riesigen Schar aus Zeloten, die sich gegen die Ketten stemmten und denen Concionatoren mit spitzen Kapuzen und schwarzen Kutten lange Peitschen auf die nackten Rücken zucken ließen. Blut floss und die so Gemarterten wandten sich wehklagend und jammernd, während die Anpeitscher Schläge und Schmähungen schlimmster Ausprägung auf sie prasseln ließen. Die armen Sünder erdulden diese Pein aus freien Stücken. Denn sie gehörten zur Bruderschaft der Reuenden. Sie bürdeten sich die Sünden ganz Korons und die Schultern und empfingen freudig die Strafe und die Flüche, nicht nur für jetzige Verfehlungen ihrer Mitmenschen, sondern auch für vergangene. Das Trümmerstück, welches sie auf so quälende Art und Weise zogen, war ein Trümmerstück des einstigen, großen Portals, welches den Zugang zur Makropole gestattete oder verwehrte hatte. Tatsächlich erkannte man an den wenigen Stellen, wo der Metallklumpen nicht verbogen, gerissen und versenkt war, die Ikonographie imperialer Hochgotik.
Als die rasankurischen Horden und ihre degenerierten Verbündeten die Stadt erstürmt hatten, war das Tor gesprengt wurden. Was übrig geblieben war, sollte auf ewig Mahnung sein, dass der große Feind auch die mächtigste, dingliche Wehr zu überkommen vermochte, wenn die, die sie mit Herz und Hand verteidigten, in ihrer Entschlossenheit wankten. Die größte Schlacht zwischen Licht und Dunkelheit wurde nicht auf dem blutigen Feld, nicht mit Schwert und Bolter geschlagen, sondern in den Seelen der Gläubigen und der rechtschaffen Fanatisierten.
Die “Zerschlagene Tür” war ein Mahnmal dieser Weisheit.
Die dritte Reliquie war eigentlich ein Konglomerat vieler Objekte und stellte den Übergang des kirchlichen, also des zivilen Segments, in den des militärischen und hausmilitärischen dar.
Soldaten der PVS, sowie all jener Häuser, die im großen Krieg auf der richtigen Seite der Geschichte gestritten hatten.
Sie trugen die Banner all der Einheiten, die seit eben diesem Krieg Auslöschung im Kampf erfahren hatten. Dreihunderteinudreißig waren es an der Zahl. Über hundert den heldenhaften Gamarai Grenadieren gehörend, die die Makropole wortwörtlich bis auf den letzten Mann verteidigt hatten und deren Haus im Zuge der Belagerung vernichtet wurden war. Andere klingende Namen, wie das 2. Leichte Dragonerregiment, von Spritten, welches mit seinem namensgebenden Major Dorothea von Spritten die Föderale Union während des Kampfes um die grüne Zitadelle unterstützt hatte und samt und sonders dabei vernichtet wurden war. Die genauen Umstände waren bis heute nicht einwandfrei geklärt, womit sich das zerfetzte Banner mit dem stolz aufgebäumten Charnak in die Reihe der Vernichteten einreihte. An jedem dieser Feldzeichen hing eine tragische Geschichte von Tapferkeit und Opferbereitschaft.
Nach diesem, ob der schieren Masse “Wald der Gefallenen” genannten Aufzug, wurde es weniger melancholisch.
Denn nun endlich erfolgte das, was man meinte, wenn man von “der” Parade zum Adelsrat sprach. Nach all den exotischen und denkwürdigen Passagen, die ein Zuschauer in den vergangenen Tagen bereits bestaunen hatte können, hätte es natürlich geheißen wenig zu bieten, wären einfach nur große Mengen an Soldaten an den Rängen vorbeigezogen. Gewiss, auch Zahl konnte beeindrucken, aber die Organisatoren dieses Schaulaufens verstanden sich doch auf bessere Präsentation.
So marschierten im respektvoll großem Abstand zu den Bannern gefallener Helden, die Musikcorps ganz Gohmores und vieler nationaler PVSen obendrein. Diese waren in großen Teilen zwischen den einzelnen Einheiten positioniert, so dass ein steter Strom untermalender und erbaulicher Musik niemals abriss. Als Beginn aber zogen sechshundert dieser Musiker auf. Ihnen voran eine lange Reihe nebeneinander marschierender Majore, die in perfekter Synchronisation den Bâton wirbelten, in die Luft warfen und wieder auffingen.
Der erste Marsch dröhnte aus Trommeln, Blasinstrumenten, Klangsäcken und was es noch an Spielarten militärischer Formationsinstrumente gab. Diese brauchten wahrlich keine, sie verstärkenden Servitoren.
In der Tat war der angestimmte Marsch derart klangewaltig, dass man den dröhnenden Schritt der nachfolgenden Soldaten erst als rhythmisches trommeln auf dem Straßenbelag vernahm, als die Musikcores ein gutes Stück voraus waren. Die Abordnung einer gohmorischen Division. Dreißigtausend von der regulär fünfzigtausend Soldaten Sollstärke, marschierten hier. Sie gingen im, für das koronische Militär, typischen “hohen Schritt”. Die Waffen eng an die Brust gedrückt, den Blick starr nach vorn und leicht nach oben gerichtet, die Beine bei jedem Schritt im harten rechten Winkel angezogen.
Das so entstehende Geräusch wurde übertönt, als drei Chrome glänzende Volra über die Köpfe der Marschierenden donnerten, die Meter langen Banner mit der koronischen Plantenflagge, dem gohmorischen Banner und dem Aquila hinter sich herziehend. Die, für den Einsatz innerhalb von Makropolen geschaffen, Propellerjäger wirbelten den konstanten Blütenregen zu einem regelrechten Sturm auf und steigerten die Dramatik für die Sekunden ihres Vorbeifluges enorm.
Hinter diesen ersten Soldaten in Königsblau folgte die Haustruppen der Orisus. Die Reinfolge war seit jeher eine delikate Angelegenheit und geschwängert von Bedeutung. Das die Hausarmeen der großen Häuser sich mit den Truppen der planetaren Verteidigung abwechselten, war ein Sinnbild für die tiefe Verbundenheit und Waffenbrüderschaft zwischen Adel und regulärer Armee. Gleichwohl entzündete der tief sitzende Hass zwischen den beiden größten Häusern immer wieder einen Streit darüber, wer den Anfang machen durfte. Orsius besaß die größere Anzahl an Familienmitgliedern und Haustruppen. Siris hingegen konnte rein rechnerisch auf eine größere Gewinnspanne verweisen. Als Kompromiss durften die Eliteeinheiten beider Häuser, wie auch die Fahnenträger nebeneinander marschieren. Das alte Sprichwort vom Kompromiss, der alle beteiligten Parteien unglücklich zurückließ, mochte einem einfallen. So kam es, dass in einem Karre zweihundert schwarze Dragoner neben zweihundert F.A.U.S.T. Agenten marschierten. Die einen schwarz uniformiert, im harten Stechschritt, die anderen weiß in einem eher lässigen, schnellen Laufschritts.
Männer und Frauen, die sich unter anderen Umständen gegenseitig umgebracht hätten. Ihnen voraus wehten die Hausfahnen. Hier hatte Sirsis eine protzige Art seines Kontrahenten übernommen. Die Banner beider Adelsgeschlechter waren so riesig, dass es Antigravgenereatoren in den Spitzen bedurfte, es den Fahnenträgern überhaupt zu erlauben, diese ad Absurdumführung der Physik handzuhaben. Weit nach hinten wehte das dunkle Rot der Orsius mit dem schwarzen Siegul darauf. Wie bewegtes Quecksilber glänzten das Zeichen Siris und die beiden Schlangen schienen von sich windendem Leben beseelt.
Als nun der lang ersehnte, fünfte Tag anbrach, wurde die Tageslichtbeleuchtung sogar noch heller gestellt. Man schuf quasi ein künstliches Kaiserwetter. Die Schatten wurden schärfer. Reinigungskolonnen paradierten auf ihre Art am frühen morgen. Sie schruppten und säuberten die breiten Straßen in so vielen Waschgängen und mit so absonderlich anmutenden, schäumenden, spritzenden und rotierenden Maschinen und Fahrzeugen, dass es nicht nur ein ganz eigener Hingucker wurde, sondern dass man danach auch bedenkenlos vom verstärkten Wabenasphalt der Straße hätte essen können. Als die Combo vorbeigezogen war, dampfte der Belag verheißungsvoll in der genau abgestimmten Temperierung des Gebiets um die Prachtstraße.
Die Eröffnung erfolgte durch einen Knaben und ein junges Mädchen, die in weißen Bußgewändern auf die Straße traten. Vor ihren Gesichtern lagen schwarze Masken, die im starken Kontrast zu den hellen Kleidern lagen. Von den Masken wiederum führten Schläuche unter den Achseln der Kinder hindurch und hinter sie. Dort gingen vierzig Servitoren, jeweils 20 mit dem vor ihnen laufendem Kind mittels der sich teilenden Schläuche verbunden. Jede dieser Menschmaschinen hatte irgendwo zentral am Körper einen Verstärker eingebaut. Bei einigen nahmen die vergitterten Ausgabegeräte einen Großteil des einstigen Gesichtes ein oder sie zeigten sich auf der Brust oder im Bauchbereich. Sie sorgten dafür, dass noch der am weitesten hinten stehende Gast die ersten, glockenhellen Worte von “Hossiana Koronis” vernehmen konnte, welches der Junge nun erklingen ließ. In seinen engelgleichen Gesang stimmte das Mädchen ein und gemeinsam ließen sie den Lob auf die ruhmreiche Welt und die Tapferkeit ihrer Männer und Frauen vernehmen. Bedächtig schritten sie die Straße hinab, gefolgt von einer berobten Abteilung kirchlicher Würdenträger. Schon der erste Tag hatte der Kirche gehört, doch sie ließ es sich nicht nehmen auch hier ihr Siegel unter die Legitimität der Stärke Korons zu setzen. Kardinal Prager oblag es als relativ neues Oberhaupt der koronischen Niederlassung der Ekklesiarchie, die Oberen des Glaubens anzuführen. Er saß auf einem prächtigen Thron, geschmückt mit Blumen und gesigelten Bullen, auf denen jene Edikte verzeichnet waren, die Koron nach der Niederlager des großen Feindes im Krieg der Häuser, sich in Selbstkasteiung auferlegt hatte. Das der Thron seinerseits auf einem Festwagen stand ließ sich derweil kaum erkennen, denn die daneben einhergehenden Messbediensten schwenkten ihre Weihrauchfässer in so großer Zahl, dass man meinen Konnte der Thron schwebe auf einer Wolke. Huldvoll spendete der Kardinal den Segen für die Masse der Zuschauenden.
Alsdann die drei wichtigsten Reliquien unter all den hunderten und tausenden religiös konnotierten Objekten, die auf Koron Verehrung erfuhren.
Das wichtigste Heiligtum der Welt selbstredend als erstes. Die Lade mit dem lichten Speer, der gesegneten Waffe des Septianus höchst selbst, mit welcher er die Dämonen anbetenden Kanibalenhorden in barbarischen Zeiten zerschmetterte. Die Lade aus antikem tanithischen Nalholz erlaubte natürlich keinen Blick auf die Reliquie. Niemand außer dem Gouverneur durfte sie führen und selbst der nur, wenn die verdammenswerten Heerscharen des Erzfeindes jemals wieder ihr Haupt erheben sollten.
In der Lade selbst, so wusste man, lag nur der Kopf der Waffe. Auf ihn kam es an. Der Schaft mochte Gold, Eisen oder ein schnöder Besenstiel sein. Die gleißenden Strahlen des Speerkopfes waren es, die auf den Feind herniedersengten. Nun gab es Vorwitzige, die zu wissen meinten, dass der schwarze Kasten, schmucklos bis auf den doppelköpfigen Adler in der Flanke, leer sei. Das man es nicht wagte das wertvollste Artefakt des Planeten mehr oder minder offen durch die Gegend zu tragen.
Die Gläubigen auf den Beobachterrängen, ganz gleich wie stark oder schwach ihr Glauben ausgeprägt sein mochte, hätten solche Spötter eines besseren belehren können.
Die heilige Wärme, die schiere Kraft und Aura, die von der Lade ausging, beseelte jeden. Viele in den ersten Rängen sanken ergriffen auf die Knie. Weinten in Verzückung, rangen die Hände in Ektase. Spontan stimmten hunderte in das hymnische Loblied ein, welches das unschuldig reine Sängerpaar an der Spitze des Zuges anstimmte, nachdem das “Hosianna Koronis” verklungen war.
“Koron du Heiligtum, in heidnischer Gefangenschaft…” Sangen die beiden, durch die vierzig mechanischen Kunststimmen ihrer halbmenschlich Nachfolgenden.
“...ewig währt des Heiligen Ruhm, der Glanz und Freiheit dir verschafft.” Antworteten bewegte Völkerscharen von links und rechts. Wie als göttliche Antwort, wie als ein Fingerzeig von Terra selbst, öffneten sich unter der Makropoldecke extra dort angebrachte Vorrichtungen und entließen einen wohl dosierten Regen rosa, weißer und roter Rosenblätter. Eigens von Chiros und Jopall importiert. Die Weite des Alls schrumpfte wurde bedeutungslos, wenn es darum ging die Glorie des Planeten und seiner Bewohner zu verherrlichen.
Durch das Gestöber aus hauchzarten Blüten, wurde das zweite große Relikt gezogen. Auf einem simpel anmutenden Wagen, ruhte ein zyklopisches Trümmerstück aus verdrehtem und verbogenem Metall, gewaltig in seinen Ausmaßen und seinem Gewicht. Gezogen von einer riesigen Schar aus Zeloten, die sich gegen die Ketten stemmten und denen Concionatoren mit spitzen Kapuzen und schwarzen Kutten lange Peitschen auf die nackten Rücken zucken ließen. Blut floss und die so Gemarterten wandten sich wehklagend und jammernd, während die Anpeitscher Schläge und Schmähungen schlimmster Ausprägung auf sie prasseln ließen. Die armen Sünder erdulden diese Pein aus freien Stücken. Denn sie gehörten zur Bruderschaft der Reuenden. Sie bürdeten sich die Sünden ganz Korons und die Schultern und empfingen freudig die Strafe und die Flüche, nicht nur für jetzige Verfehlungen ihrer Mitmenschen, sondern auch für vergangene. Das Trümmerstück, welches sie auf so quälende Art und Weise zogen, war ein Trümmerstück des einstigen, großen Portals, welches den Zugang zur Makropole gestattete oder verwehrte hatte. Tatsächlich erkannte man an den wenigen Stellen, wo der Metallklumpen nicht verbogen, gerissen und versenkt war, die Ikonographie imperialer Hochgotik.
Als die rasankurischen Horden und ihre degenerierten Verbündeten die Stadt erstürmt hatten, war das Tor gesprengt wurden. Was übrig geblieben war, sollte auf ewig Mahnung sein, dass der große Feind auch die mächtigste, dingliche Wehr zu überkommen vermochte, wenn die, die sie mit Herz und Hand verteidigten, in ihrer Entschlossenheit wankten. Die größte Schlacht zwischen Licht und Dunkelheit wurde nicht auf dem blutigen Feld, nicht mit Schwert und Bolter geschlagen, sondern in den Seelen der Gläubigen und der rechtschaffen Fanatisierten.
Die “Zerschlagene Tür” war ein Mahnmal dieser Weisheit.
Die dritte Reliquie war eigentlich ein Konglomerat vieler Objekte und stellte den Übergang des kirchlichen, also des zivilen Segments, in den des militärischen und hausmilitärischen dar.
Soldaten der PVS, sowie all jener Häuser, die im großen Krieg auf der richtigen Seite der Geschichte gestritten hatten.
Sie trugen die Banner all der Einheiten, die seit eben diesem Krieg Auslöschung im Kampf erfahren hatten. Dreihunderteinudreißig waren es an der Zahl. Über hundert den heldenhaften Gamarai Grenadieren gehörend, die die Makropole wortwörtlich bis auf den letzten Mann verteidigt hatten und deren Haus im Zuge der Belagerung vernichtet wurden war. Andere klingende Namen, wie das 2. Leichte Dragonerregiment, von Spritten, welches mit seinem namensgebenden Major Dorothea von Spritten die Föderale Union während des Kampfes um die grüne Zitadelle unterstützt hatte und samt und sonders dabei vernichtet wurden war. Die genauen Umstände waren bis heute nicht einwandfrei geklärt, womit sich das zerfetzte Banner mit dem stolz aufgebäumten Charnak in die Reihe der Vernichteten einreihte. An jedem dieser Feldzeichen hing eine tragische Geschichte von Tapferkeit und Opferbereitschaft.
Nach diesem, ob der schieren Masse “Wald der Gefallenen” genannten Aufzug, wurde es weniger melancholisch.
Denn nun endlich erfolgte das, was man meinte, wenn man von “der” Parade zum Adelsrat sprach. Nach all den exotischen und denkwürdigen Passagen, die ein Zuschauer in den vergangenen Tagen bereits bestaunen hatte können, hätte es natürlich geheißen wenig zu bieten, wären einfach nur große Mengen an Soldaten an den Rängen vorbeigezogen. Gewiss, auch Zahl konnte beeindrucken, aber die Organisatoren dieses Schaulaufens verstanden sich doch auf bessere Präsentation.
So marschierten im respektvoll großem Abstand zu den Bannern gefallener Helden, die Musikcorps ganz Gohmores und vieler nationaler PVSen obendrein. Diese waren in großen Teilen zwischen den einzelnen Einheiten positioniert, so dass ein steter Strom untermalender und erbaulicher Musik niemals abriss. Als Beginn aber zogen sechshundert dieser Musiker auf. Ihnen voran eine lange Reihe nebeneinander marschierender Majore, die in perfekter Synchronisation den Bâton wirbelten, in die Luft warfen und wieder auffingen.
Der erste Marsch dröhnte aus Trommeln, Blasinstrumenten, Klangsäcken und was es noch an Spielarten militärischer Formationsinstrumente gab. Diese brauchten wahrlich keine, sie verstärkenden Servitoren.
In der Tat war der angestimmte Marsch derart klangewaltig, dass man den dröhnenden Schritt der nachfolgenden Soldaten erst als rhythmisches trommeln auf dem Straßenbelag vernahm, als die Musikcores ein gutes Stück voraus waren. Die Abordnung einer gohmorischen Division. Dreißigtausend von der regulär fünfzigtausend Soldaten Sollstärke, marschierten hier. Sie gingen im, für das koronische Militär, typischen “hohen Schritt”. Die Waffen eng an die Brust gedrückt, den Blick starr nach vorn und leicht nach oben gerichtet, die Beine bei jedem Schritt im harten rechten Winkel angezogen.
Das so entstehende Geräusch wurde übertönt, als drei Chrome glänzende Volra über die Köpfe der Marschierenden donnerten, die Meter langen Banner mit der koronischen Plantenflagge, dem gohmorischen Banner und dem Aquila hinter sich herziehend. Die, für den Einsatz innerhalb von Makropolen geschaffen, Propellerjäger wirbelten den konstanten Blütenregen zu einem regelrechten Sturm auf und steigerten die Dramatik für die Sekunden ihres Vorbeifluges enorm.
Hinter diesen ersten Soldaten in Königsblau folgte die Haustruppen der Orisus. Die Reinfolge war seit jeher eine delikate Angelegenheit und geschwängert von Bedeutung. Das die Hausarmeen der großen Häuser sich mit den Truppen der planetaren Verteidigung abwechselten, war ein Sinnbild für die tiefe Verbundenheit und Waffenbrüderschaft zwischen Adel und regulärer Armee. Gleichwohl entzündete der tief sitzende Hass zwischen den beiden größten Häusern immer wieder einen Streit darüber, wer den Anfang machen durfte. Orsius besaß die größere Anzahl an Familienmitgliedern und Haustruppen. Siris hingegen konnte rein rechnerisch auf eine größere Gewinnspanne verweisen. Als Kompromiss durften die Eliteeinheiten beider Häuser, wie auch die Fahnenträger nebeneinander marschieren. Das alte Sprichwort vom Kompromiss, der alle beteiligten Parteien unglücklich zurückließ, mochte einem einfallen. So kam es, dass in einem Karre zweihundert schwarze Dragoner neben zweihundert F.A.U.S.T. Agenten marschierten. Die einen schwarz uniformiert, im harten Stechschritt, die anderen weiß in einem eher lässigen, schnellen Laufschritts.
Männer und Frauen, die sich unter anderen Umständen gegenseitig umgebracht hätten. Ihnen voraus wehten die Hausfahnen. Hier hatte Sirsis eine protzige Art seines Kontrahenten übernommen. Die Banner beider Adelsgeschlechter waren so riesig, dass es Antigravgenereatoren in den Spitzen bedurfte, es den Fahnenträgern überhaupt zu erlauben, diese ad Absurdumführung der Physik handzuhaben. Weit nach hinten wehte das dunkle Rot der Orsius mit dem schwarzen Siegul darauf. Wie bewegtes Quecksilber glänzten das Zeichen Siris und die beiden Schlangen schienen von sich windendem Leben beseelt.