02-20-2021, 09:06 PM
Bis jetzt war der Alte hilfsbereit und zuvorkommend gewesen, wenn auch nicht über das Maß des Nötigen hinaus. Nun, da Willis seine Absicht zu einem Kauf geäußert hatte, steigerte sich die Zuvorkommenheit Robs noch einmal. Jedenfalls nachdem sich der schiere Unglauben des Verwalters gelegt hatte und er noch dreimal, mit Verweis auf sein altes Gehör, nachgefragt hatte. Geben Sie mir doch ein Angebot mit… nennen sie mir eine Zahl. Muss ja nicht stimmig sein. Ich will meine Arbeitgeber nicht in die Pfanne hauen, da sei Terra vor, aber wenn se denen nicht gleich klare Grenzen abstecken, dann ziehen die sie übern Nuckel.
Ach und da wäre noch eine Sache, die ich ihnen sagen muss… aus Anstand. Damit sie nicht in ihr Verderben laufen.
Vor einigen Jahren... also als noch gespielt wurde, gab es hier zwei Burschen, die beide die Rolle des Pagallo im Schwan von Terest spielten. Erst- und Zweitbesetzung. Beide liebten das Mädchen, dass die Elisa gab. Nahm kein gutes Ende. Sie kriegten sich in die Wolle und der Eine hat dem Anderen die Gurgel umgedreht.
Ich für meinen Teil gehe nie in das Theater während sie die Beleuchtung auf Nachtzyklus stellen. Denn das Phantom des Ermordeten geht noch immer um und sucht seine Elisa. Es folgte eine lange Pause, dann prustete Rob los. Geben sie es zu, sie haben es mir abgekauft. Nicht den Schwachsinn mit dem Phantom, aber das der Alte verkalkten Unsinn redet, dass haben sie gekauft. Naja Spaß muss sein… kommen Sie.
Dann zeigte er dem Interessenten das Lager für die Requisiten und Technik. Dieses lag zwanzig Meter unter der eigentlichen Bühne und konnte über Treppen oder einen Fahrstuhl erreicht werden, der auch zum schnellen Wechsel des Bühnenbildes gedient hatte. Tatsächlich standen hier noch wurmstichige Bühnenbilder herum, wie einige altersschwache Scheinwerfer und anderes Zeug.
Es gab eine kleine Küche mit angeschlossenem Kühlraum. Ausreichend für die Belegschaft, aber da das Theater selber keine Speisen serviert hatte, nicht genug um eine große Zahl Menschen zu versorgen. Das die Getränke wohl temperiert waren war wichtiger gewesen.
Die Garderoben waren zehn kleine, und fünf größere, untereinander verbundene Räume. Gewiss konnte man aus diesen Unterkünfte machen, wenn man das wollte.
Im obersten Stockwerk gab es zwei Büroräume und das Managerbüro. In Letzterem endete auch der Rundgang. Das nötigste Mobiliar hatte man zurückgelassen. Auf eine Nische weisend, in welcher ein kahles Bettgestell stand, gab Rob die zotige Anekdote über den letzten Theatervorsteher zum Besten, der in dieser Ecke die Stars von den Komparsen unterschieden haben soll. Es war wohl eher ein Mahnmal der Arbeitsamkeit des Vorstehers, aber das wäre weniger lustig gewesen. Hinter und vor dem Schreibtisch standen noch Stühle, die einzige verbliebende Sitzgelegenheit.
Davon machten sie jetzt gebrauch und Rob holte sein Taschentuch aus der Brusttasche und tupfte sich die Schweißperlen von der Halbglatze.
Ich weiß gar nicht mehr wann ich den alten Kasten im Ganzen abgelaufen bin. Scheint im Alter größer zu werden. Er setzte sich ächzend auf den Stuhl. Der ächzte zur Antwort. Lassen sie uns noch ein wenig plaudern, damit ich wieder zu Kräften komme. Er holte eine kleine Schnapsflasche aus der Westentasche, schraubte sie auf und gönnte sich einen Schluck. Selbstgebrannt. Mögen Sie? Dann musterte er sein Gegenüber ausführlich. Sie sind ein Betbruder, nicht wahr? Nicht schwer zu erraten. Meine Frau Elvira, möge Sie in Frieden ruhen, hatte was für ihre Sorte übrig.
Ich nicht so sehr.
Nicht das ich persönlich was gegen Sie hätte. Aber ich habe 40 Jahre als Stahlkocher gearbeitet und mir mehr als einmal die Finger verbrannt. Leute die sich Geld von Anderen geben lassen, weil sie einen direkten Draht zum Allerhöchsten haben… er machte eine wippende Handbewegung. Aber sei’s drum.
Sei gut zu den Leuten, dann sind sie gut zu dir, hat meine Elli immer gesagt. Also bitte!
Blockwart wollen sie werden? Ich fürchte das wird nichts… Vielleicht wenn sie sich hier niederlassen, eine Wohnung zugeteilt bekommen, ein nettes Mädchen kennenlernen, Kinder in die Welt setzen, dann hat ihr Urenkel vielleicht die Chance Blockwart zu werden.
Aber will man sich zu diesem Schlag Menschen zählen? Ich für meinen Teil würde es nicht wollen. Was man hier gemeinhin als Blockwart bezeichnet ist das Geschmeiß der Menschheit. Kleine Möchtegernfürsten, die dafür sorgen können, dass man mal eine Woche oder zwei ohne Strom auskommen muss oder dass das Wasser kalt ist. Oder gleich gar nicht mehr läuft.
In meinen jungen Tagen haben es mal ein Paar von denen übertrieben. Das man seinem Blockwart den einen oder anderen Schekel zusteckt, damit die Fahrstühle richtig funktionieren, dass war schon immer normal. Die wollten das damals aber organisiert machen. Schutzgeld… wenn man so will.
Der eine ist aus dem Fenster gefallen und der Andere hat sich erhängt. Tragische Geschichte damals. Rob grinste verschlagen wie ein alter Fuchs.
Das ich ins Plaudern komme müssen sie jetzt ertragen. Ich habe nicht mehr viel Gelegenheit und sie müssens ja wohl von Berufswegen abkönnen. Er nahm noch einen Schluck.
Wo war ich? Ach ja Blockwarte… nach der Sache damals haben sie sich zurückgenommen. Aber ein feiner Menschenschlag ist das trotzdem nicht. Korrupt bis ins Mark und selbst wenn Sie anders sind und die Sache umkrempeln wollten, diese Pöstchen werden faktisch vererbt.
Man muss in der Gunst der Hausverwaltung stehen. Das tut man, wenn man sich durch Jahre des Denunziantentums und der niedrig gehaltenen Betriebskosten auszeichnet.
Nein, glauben sie mir… da liegt kein Glück drin begründet. Aber naja… er stockte und überlegte sichtlich. so ist es bei den städtischen Blöcken. Es gibt drei Wohnhubs die sich auch durch diese Ebene ziehen. Der Rest, was so die kleinen Häuser sind, die in privater Hand. Da könnten sie vielleicht sogar eine Anstellung finden. Aber in diesem Blocken wohnen mal zwanzig, dreißig Parteien. In den Habitaten sind es allein auf dieser Ebene locker jeweils tausend, zweitausend Familien. Fast alles Arbeiter. Hier in der Gabe haben sie ein paar kleine Betriebe.
Die Zigarettenfabrik und die Sterns Schuhfabrik. Die großen Arbeitgeber ist das Stahlwerk über uns… Ebene 505 und die Fischkonservenmanufakrut unter uns U 499. Der Rest hier sind Familienbetriebe. Nein Moment, es gibt noch eine Regionalzeitung, die “Frucht des Fleißes“. War mal ganz gut ist aber inzwischen ein ziemliches Käseblatt. Noch was? Ach Mensch, klar… für Sie sicher besonders wichtig. Die Konkurrenz sozusagen. Er lachte, wieder, was dieses mal aber in ein rasselndes Husten überging. Die Zufluchtskirche der Märtyrer der zweiten Belagerung. Alle sagen aber nur Zufluchtskirche. Einen ganz jungen Prediger haben sie da wohl. War seid der Messe für meine Frau nicht mehr da... da wars noch der Alte Gruber. Aber der ist vor sechs Jahren gestorben. Die Leute scheinen ganz zufrieden mit dem neuen Burschen zu sein. Er zuckte die Schultern. Wenn sie Gutes tun wollen, dann nenne ich ihnen zwei Straßen. Den Stationsweg, runter zum Bahnhof. Dort haben sie Obdachlose, Straßenwerker, Waisenkinder und all das Andere, was man den Touristen, die dann und wann doch noch mal herkommen, nicht so gerne zeigt. Es gibt eine Suppenküche und ein Armenhaus. Dort können sie die eine oder andere Träne verdrücken, aber halten sie ihren Geldbeutel gut fest. Dann gibt’s da noch den Schneidesingerweg. Sagt ihnen jemand er geht auf "die Schneide“ dann ist er dort und sie können davon ausgehen, dass er sich ordentlich einen auf die Zwölf schüttet. Was es an namhaften Kneipen und Bordellen in dieser Gegend gibt, das finden sie dort. Kehre selbst ab und an noch ein.
In den Kneipen, nicht in dem Anderen.
Tja das sind so die interessanten Sagen. Denn Rest finden sie in jedem Reiseführer. Scholas, Wochenmärkte und so weiter und so weiter. So… nun habe ich aber genug geschwatzt. Wird Zeit das ich mal die großen Bosse anrufe und frage, was sie für den Kasten wollen.
Ach und da wäre noch eine Sache, die ich ihnen sagen muss… aus Anstand. Damit sie nicht in ihr Verderben laufen.
Vor einigen Jahren... also als noch gespielt wurde, gab es hier zwei Burschen, die beide die Rolle des Pagallo im Schwan von Terest spielten. Erst- und Zweitbesetzung. Beide liebten das Mädchen, dass die Elisa gab. Nahm kein gutes Ende. Sie kriegten sich in die Wolle und der Eine hat dem Anderen die Gurgel umgedreht.
Ich für meinen Teil gehe nie in das Theater während sie die Beleuchtung auf Nachtzyklus stellen. Denn das Phantom des Ermordeten geht noch immer um und sucht seine Elisa. Es folgte eine lange Pause, dann prustete Rob los. Geben sie es zu, sie haben es mir abgekauft. Nicht den Schwachsinn mit dem Phantom, aber das der Alte verkalkten Unsinn redet, dass haben sie gekauft. Naja Spaß muss sein… kommen Sie.
Dann zeigte er dem Interessenten das Lager für die Requisiten und Technik. Dieses lag zwanzig Meter unter der eigentlichen Bühne und konnte über Treppen oder einen Fahrstuhl erreicht werden, der auch zum schnellen Wechsel des Bühnenbildes gedient hatte. Tatsächlich standen hier noch wurmstichige Bühnenbilder herum, wie einige altersschwache Scheinwerfer und anderes Zeug.
Es gab eine kleine Küche mit angeschlossenem Kühlraum. Ausreichend für die Belegschaft, aber da das Theater selber keine Speisen serviert hatte, nicht genug um eine große Zahl Menschen zu versorgen. Das die Getränke wohl temperiert waren war wichtiger gewesen.
Die Garderoben waren zehn kleine, und fünf größere, untereinander verbundene Räume. Gewiss konnte man aus diesen Unterkünfte machen, wenn man das wollte.
Im obersten Stockwerk gab es zwei Büroräume und das Managerbüro. In Letzterem endete auch der Rundgang. Das nötigste Mobiliar hatte man zurückgelassen. Auf eine Nische weisend, in welcher ein kahles Bettgestell stand, gab Rob die zotige Anekdote über den letzten Theatervorsteher zum Besten, der in dieser Ecke die Stars von den Komparsen unterschieden haben soll. Es war wohl eher ein Mahnmal der Arbeitsamkeit des Vorstehers, aber das wäre weniger lustig gewesen. Hinter und vor dem Schreibtisch standen noch Stühle, die einzige verbliebende Sitzgelegenheit.
Davon machten sie jetzt gebrauch und Rob holte sein Taschentuch aus der Brusttasche und tupfte sich die Schweißperlen von der Halbglatze.
Ich weiß gar nicht mehr wann ich den alten Kasten im Ganzen abgelaufen bin. Scheint im Alter größer zu werden. Er setzte sich ächzend auf den Stuhl. Der ächzte zur Antwort. Lassen sie uns noch ein wenig plaudern, damit ich wieder zu Kräften komme. Er holte eine kleine Schnapsflasche aus der Westentasche, schraubte sie auf und gönnte sich einen Schluck. Selbstgebrannt. Mögen Sie? Dann musterte er sein Gegenüber ausführlich. Sie sind ein Betbruder, nicht wahr? Nicht schwer zu erraten. Meine Frau Elvira, möge Sie in Frieden ruhen, hatte was für ihre Sorte übrig.
Ich nicht so sehr.
Nicht das ich persönlich was gegen Sie hätte. Aber ich habe 40 Jahre als Stahlkocher gearbeitet und mir mehr als einmal die Finger verbrannt. Leute die sich Geld von Anderen geben lassen, weil sie einen direkten Draht zum Allerhöchsten haben… er machte eine wippende Handbewegung. Aber sei’s drum.
Sei gut zu den Leuten, dann sind sie gut zu dir, hat meine Elli immer gesagt. Also bitte!
Blockwart wollen sie werden? Ich fürchte das wird nichts… Vielleicht wenn sie sich hier niederlassen, eine Wohnung zugeteilt bekommen, ein nettes Mädchen kennenlernen, Kinder in die Welt setzen, dann hat ihr Urenkel vielleicht die Chance Blockwart zu werden.
Aber will man sich zu diesem Schlag Menschen zählen? Ich für meinen Teil würde es nicht wollen. Was man hier gemeinhin als Blockwart bezeichnet ist das Geschmeiß der Menschheit. Kleine Möchtegernfürsten, die dafür sorgen können, dass man mal eine Woche oder zwei ohne Strom auskommen muss oder dass das Wasser kalt ist. Oder gleich gar nicht mehr läuft.
In meinen jungen Tagen haben es mal ein Paar von denen übertrieben. Das man seinem Blockwart den einen oder anderen Schekel zusteckt, damit die Fahrstühle richtig funktionieren, dass war schon immer normal. Die wollten das damals aber organisiert machen. Schutzgeld… wenn man so will.
Der eine ist aus dem Fenster gefallen und der Andere hat sich erhängt. Tragische Geschichte damals. Rob grinste verschlagen wie ein alter Fuchs.
Das ich ins Plaudern komme müssen sie jetzt ertragen. Ich habe nicht mehr viel Gelegenheit und sie müssens ja wohl von Berufswegen abkönnen. Er nahm noch einen Schluck.
Wo war ich? Ach ja Blockwarte… nach der Sache damals haben sie sich zurückgenommen. Aber ein feiner Menschenschlag ist das trotzdem nicht. Korrupt bis ins Mark und selbst wenn Sie anders sind und die Sache umkrempeln wollten, diese Pöstchen werden faktisch vererbt.
Man muss in der Gunst der Hausverwaltung stehen. Das tut man, wenn man sich durch Jahre des Denunziantentums und der niedrig gehaltenen Betriebskosten auszeichnet.
Nein, glauben sie mir… da liegt kein Glück drin begründet. Aber naja… er stockte und überlegte sichtlich. so ist es bei den städtischen Blöcken. Es gibt drei Wohnhubs die sich auch durch diese Ebene ziehen. Der Rest, was so die kleinen Häuser sind, die in privater Hand. Da könnten sie vielleicht sogar eine Anstellung finden. Aber in diesem Blocken wohnen mal zwanzig, dreißig Parteien. In den Habitaten sind es allein auf dieser Ebene locker jeweils tausend, zweitausend Familien. Fast alles Arbeiter. Hier in der Gabe haben sie ein paar kleine Betriebe.
Die Zigarettenfabrik und die Sterns Schuhfabrik. Die großen Arbeitgeber ist das Stahlwerk über uns… Ebene 505 und die Fischkonservenmanufakrut unter uns U 499. Der Rest hier sind Familienbetriebe. Nein Moment, es gibt noch eine Regionalzeitung, die “Frucht des Fleißes“. War mal ganz gut ist aber inzwischen ein ziemliches Käseblatt. Noch was? Ach Mensch, klar… für Sie sicher besonders wichtig. Die Konkurrenz sozusagen. Er lachte, wieder, was dieses mal aber in ein rasselndes Husten überging. Die Zufluchtskirche der Märtyrer der zweiten Belagerung. Alle sagen aber nur Zufluchtskirche. Einen ganz jungen Prediger haben sie da wohl. War seid der Messe für meine Frau nicht mehr da... da wars noch der Alte Gruber. Aber der ist vor sechs Jahren gestorben. Die Leute scheinen ganz zufrieden mit dem neuen Burschen zu sein. Er zuckte die Schultern. Wenn sie Gutes tun wollen, dann nenne ich ihnen zwei Straßen. Den Stationsweg, runter zum Bahnhof. Dort haben sie Obdachlose, Straßenwerker, Waisenkinder und all das Andere, was man den Touristen, die dann und wann doch noch mal herkommen, nicht so gerne zeigt. Es gibt eine Suppenküche und ein Armenhaus. Dort können sie die eine oder andere Träne verdrücken, aber halten sie ihren Geldbeutel gut fest. Dann gibt’s da noch den Schneidesingerweg. Sagt ihnen jemand er geht auf "die Schneide“ dann ist er dort und sie können davon ausgehen, dass er sich ordentlich einen auf die Zwölf schüttet. Was es an namhaften Kneipen und Bordellen in dieser Gegend gibt, das finden sie dort. Kehre selbst ab und an noch ein.
In den Kneipen, nicht in dem Anderen.
Tja das sind so die interessanten Sagen. Denn Rest finden sie in jedem Reiseführer. Scholas, Wochenmärkte und so weiter und so weiter. So… nun habe ich aber genug geschwatzt. Wird Zeit das ich mal die großen Bosse anrufe und frage, was sie für den Kasten wollen.