Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Die Schlangengrube
#72
Wie ein Höhlenmensch, der just ein Raubtier erschlagen hatte, stierte Yok, über den rituellen Zeichen am Boden stehend, in die leeren, weißen Augen des Vogelmenschen. Abschätzend. Überlegend. Er lauerte offenbar darauf, dass sein Gegenüber plötzlich doch noch eine Regung zeigte, während seine Schraubstock-artige Hand dessen Kehle umklammerte, als wollte Yok jeden Funken Leben aus seiner Beute heraus pressen.
Ein dumpfes Geräusch, Stein traf auf Stein, als der blutbenetzte Brocken aus Yoks Hand auf den Boden viel und dort zu liegen. Der Körper des gefiederten Hexers wurde gesenkt, bis er Halt auf dem Boden hatte, ehe der Bhrak seine Hände um den verformten Kopf schloss und ihn schließlich herum drehte. Das krachende Brechen von Nackenwirbeln folgte, ehe der Alpha nun sicher sein konnte, dass er nicht doch irgendeiner Art Trick auf den Leim gehen würde. Er atmete kehlig und träge, das kochende Blut in seinen Adern mit seinem Herzschlag durch die Adern ströhmen spührend, als wäre er ein Panzer, dessen Motor heiß lief. Irgendwo musste all die Energie hin, die Yok so lange nicht mehr gespürt hatte und sie fand einen Weg, sich zu manifestieren: Ein lauter, gutturaler Schreih schallte in der Gasse auf, wurde gen Himmel gestoßen wie das Brüllen einer Bestie, die man in ihrem Schlaf gestört hatte.

Erst ein paar Augenblicke später, klärte sich sein grober Verstand so weit, dass er weiter denken konnte, als bis ans Ende der Gasse, in der er stand. Abermals fiel eine Scheinwelt um Yok herum in sich zusammen, während er durchatmete und den Blutrausch über sich hinweg rollen ließ. Es wäre Wahnsinn, in seiner jetzigen Form allein durch die Stadt zu rasen, ohne zu wissen, wohin. Alphas wie Yok waren keine Narren.
Erinnerungen erreichten ihn. Erinnerungen an die Schlachtfelder seiner Heimat, die Gemetzel, die die Festungen unter sich anzettelten, ohne einen besonderen Grund dafür zu brauchen. Das Heulen und Gröhlen von tausenden seiner Artgenossen. Schwarze Banner, aufgestellt in Mitten unzähliger Klingen. Sein Stamm war stehts mehr Beobachter als alles andere gewesen, Jäger und Krieger, Plünderer und Schlächter in kleinen Zahlen. Je mehr Yok nachdachte, desto degenerierter fühlte sich das Wesen zu seinen Füßen an, als er ihr eine ihrer Klauenhände abschnitt und sie am Gurt seiner Rüstung befestigte, als er diese in einem Haufen Unrat in der Nähe gefunden hatte. Nicht gänzlich seine Rüstung, doch sie würde es werden, das spürte er. Teile mussten einem von Arraks Jägern gehört haben, doch wie war dieser an diesem Ort gelandet? Eine Trophäe für den Jäger, geziert mit Fragen, die sich entweder bald beantworten, oder vergessen werden würden. Der Stahl seines Schwertes fühlte sich vertraut in der Hand an. Fast, als habe er einen verlorenen Körperteil wiedergefunden. Auch Pfeil und Bogen brachten ihm dieses Gefühl, waren sie doch Teil seines Wesens, auch wenn er an die Worte des antiken Kriegers dachte. Er zweifelte einen kurzen Moment; fragte sich, ob dies der "richtige Weg" war, an der er sich erinnern sollte, doch das Gefühl seines Innersten sah keine Zweifel: Er war einer der größten Jäger seines Clans. Die Waffen des Jägers waren Klauen, Zähne und Pfeile. Alle drei hatte er nun wieder bei sich. Alles, was noch fehlte, war die Beute am Ende seiner Hatz und Yok wusste genau, wer das sein würde.

Anders, als die Bhrak hier in Rasankur, die befleckten Bhrak, rührte Yok den Vogel nicht weiter an. Keine Verstümmelungen, keine Nahrung ohne Hunger. Die Vision hatte etwas in Yok erweckt. Etwas, dass ihn all den Makel, all die Dekadenz und Schwäche seiner Brut erkennen ließ. Nein, nicht die seiner Brut. Die Brut Ras-An-Kurs! Ich werde dich packen und töten, Akosh und jeden, der mir missfällt. Jeden, der wie diese Menschen geworden ist und wenn es mich umbringt! Nichts wird von euch übrig bleiben, so lange meine Hände ein Schwert halten können. Alles, was Akosh ist, wird sterben. Sein Gehirn formte diese Sätze, diesen Fehden-Schwur, während er ans Ende der Gasse stapfte. Bereit, den ersten Schritt seiner Hatz, seiner Vendetta zu gehen. Die Gedanken, die ihn noch Stunden zuvor so verfolgt hatten, das Buhlen um die Gunst des Drachen, sein Verlangen nach Heimkehr, waren wie weggefegt. Wie früher auf Burr-Zum lag klar vor Yok, was er wollte und war keine Frage des Ob, sondern nur des Wann.

Doch wo anfangen? Dass Yok ins Gebirge wollte, stand außer Frage. Seine Getreuen warteten dort auf ihn und er würde sie brauchen, um Akoshs Blutjäger selbst zu Gejagten zu machen. Dem entgegen stand bloß, dass er recht zentral in der Stadt erwacht war. Er würde einen weiten Weg gegen den Strom laufen müssen, um seine Krieger zu erreichen. Einen Weg, überflutet mit bibbernden Menschen und anderen Feinden, die auf alles schießen würden, was sich ihnen näherte. Nein, er würde klug sein müssen, um sein Ziel zu erreichen.

Am Ende seines Weges kreuzte der Bhrak eine der wichtigeren Straßen, erfüllt von einem Strom aus fliehendem Stadtvolk. Die erbärmlichsten der Bewohner Rasankurs, erfüllt von ihrer Angst vor den knallenden Peitschen des Krieges. Durch die Öffnungen seiner Schädelmaske folgten Yoks blickte dem Strom der Schwachen, deren Gestank allein fast den Geruch des Feuers zu ersticken wusste: Das nahe Stadtzentrum, dessen Mauern sich am Ende des graden Weges erhoben.
Plötzlich stieß ihn etwas an. Ein Knabe, gehüllt in kaum mehr, als eine Tunika und Sandalen war gegen den großen Jäger geprallt und auf seiner Kehrseite gelandet. Andere hätten das leicht geschminkte, aber auch von Prügel gezeichnete Gesicht als das eines Lustknaben erkannt. Yok jedoch verstand diese Zeichen nicht zu deuten, während er das verängstigte Wesen musterte, als es sich auf der sandigen Straße von ihm fort schob. "Willst du da hin?" Yok deutete mit dem Finger in Richtung des Palastes. Der Jüngling nickte zögerlich, ehe er von einem feisten Mutanten am Arm gepackt und gezerrt wurde. "Dreckiger Ausreißer! Dir bringe ich Manieren bei! NIEMAND stiehlt sich von mir davon!" Ein Hieb ertönte und drosch das feminisierte Wesen zu Boden, ehe es in die Gasse floh, aus der Yok gekommen war, um sich zu verstecken. "Halte dich fern, Mutant! Das hier hat nichts mit dir zutun! Diese kleine Ratte gehört mir allein!" Der klobige Kerl deutete auf seinen Lendenbereich, der erst jetzt als freiliegend zu erkennen war sein Schaft glich in Größe dem Arm eines Kleinkindes. Es zeigten sich Symptome der Erregung des Kerls, die Yok ebenfalls nicht verstand. Stattdessen ruhte sein bohrender Blick auf der schmächtigen Kreatur, die im Schutze einiger Krüge kauerte. "Bitte, Herr, helft mir! Ich kenne Wege in die Stadt! Heimliche, sichere Wege, die kaum einer kennt! Nur bitte helft mir!" Yok legte den Kopf schief, während auf der Straße selbst immernoch der Strom aus Menschen und Mutanten tobte. Er fühlte sich merkwürdig angesprochen, auch wenn der Sklavenhalter dies für sich selbst beanspruchte, während er sich mit der freien Hand durch den Schritt fuhr, während die andere einen Stock hielt. "Ooooh, ich werde dir helfen! Aber dafür brauche ich dich nur noch ein paar Augenblicke..." Den Bhrak völlig ignorierend, stiefelte der Klobs ins Innere der Gasse, ehe ein quiekender Laut aus dem Versteck des Knaben der ertönte, gefolgt vom Laut gezückten Stahls. Stapfende Schritte folgten dem Gestank des Stadtmenschen, bis zu der Ecke, wo sich der schmächtige Sklave versucht hatte, zu verbergen. Der Unmensch beobachtete die Versuche des Kerls, sich an seinem Eigentum zu vergehen, bis sich eine von Yoks Händen auf die schwulstige Schulter des Verwachsenen legte, um ihn zu packen und die andere ihm den Stahl seines Schwertes durch den Wanst stieß. Ein kräftiger Ruck und die Klinge riss sich ihren Weg seitlich aus dem halbnackten Kerl heraus und sprühte sein Blut an die Wand der Gasse.
Erst, als dieser Brocken von Mensch in sich zusammen sackte und seine Eingeweide aus ihm auf den Boden quollen, als wäre er ein durchstochener Müllsack, konnten Yok und der Knabe sich wieder gegenseitig sehen. Zumindest, wenn Letzterer aufhörte, seine Augen zu bedecken. Yok streckte seine prankenhafte Hand nach dem Knaben aus, um ihn aufzuhelfen. "Zeig mir deine Pfade durch die Stadt und du wirst leben. In Sicherheit." Yoks Instinkte leiteten ihn dazu an. Die Instinkte des Jägers, der er einmal gewesen war und der es verstand, Tiere zu zähmen und ihre Eigenschaften zu seinem Vorteil zu nutzen.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von - 03-19-2012, 09:23 AM
[Kein Betreff] - von - 04-06-2012, 06:32 PM
[Kein Betreff] - von - 04-06-2012, 07:29 PM
[Kein Betreff] - von - 04-07-2012, 03:06 PM
[Kein Betreff] - von - 04-08-2012, 08:58 PM
[Kein Betreff] - von - 04-09-2012, 06:35 PM
[Kein Betreff] - von - 06-25-2012, 09:48 PM
[Kein Betreff] - von - 06-25-2012, 10:35 PM
[Kein Betreff] - von - 06-26-2012, 08:54 PM
[Kein Betreff] - von - 06-27-2012, 10:06 PM
[Kein Betreff] - von - 06-27-2012, 10:54 PM
[Kein Betreff] - von - 06-27-2012, 11:16 PM
[Kein Betreff] - von - 06-28-2012, 05:41 PM
[Kein Betreff] - von - 07-03-2012, 10:35 PM
[Kein Betreff] - von - 07-22-2012, 06:22 PM
[Kein Betreff] - von - 07-26-2012, 11:45 AM
[Kein Betreff] - von - 11-01-2016, 11:29 PM
[Kein Betreff] - von - 11-08-2016, 10:57 PM
[Kein Betreff] - von - 11-15-2016, 10:46 PM
[Kein Betreff] - von - 08-06-2018, 10:35 PM
[Kein Betreff] - von - 08-07-2018, 10:07 PM
[Kein Betreff] - von - 08-08-2018, 09:57 PM
[Kein Betreff] - von - 10-01-2018, 08:13 PM
[Kein Betreff] - von - 10-04-2018, 12:52 PM
[Kein Betreff] - von - 10-16-2018, 11:12 AM
[Kein Betreff] - von - 10-17-2018, 06:52 PM
[Kein Betreff] - von - 10-18-2018, 12:33 PM
[Kein Betreff] - von - 10-19-2018, 02:09 PM
[Kein Betreff] - von - 10-19-2018, 02:50 PM
[Kein Betreff] - von - 10-24-2018, 07:36 PM
[Kein Betreff] - von - 10-26-2018, 02:22 PM
[Kein Betreff] - von - 10-26-2018, 02:50 PM
[Kein Betreff] - von - 10-30-2018, 04:07 PM
[Kein Betreff] - von - 11-11-2018, 05:40 PM
[Kein Betreff] - von - 11-14-2018, 08:31 PM
[Kein Betreff] - von - 11-21-2018, 04:20 PM
[Kein Betreff] - von - 12-02-2018, 03:51 PM
[Kein Betreff] - von - 12-04-2018, 10:57 PM
[Kein Betreff] - von - 04-16-2019, 02:06 PM
[Kein Betreff] - von - 05-01-2019, 03:33 PM
[Kein Betreff] - von - 05-08-2019, 03:22 PM
[Kein Betreff] - von - 05-18-2019, 08:42 PM
[Kein Betreff] - von - 06-11-2019, 04:43 PM
[Kein Betreff] - von - 06-16-2019, 02:05 PM
[Kein Betreff] - von - 07-25-2019, 07:37 PM
[Kein Betreff] - von - 08-03-2019, 04:50 PM
[Kein Betreff] - von - 09-05-2019, 10:39 PM
[Kein Betreff] - von - 09-08-2019, 07:08 PM
[Kein Betreff] - von - 10-17-2019, 03:08 PM
[Kein Betreff] - von - 10-26-2019, 03:16 PM
[Kein Betreff] - von - 11-20-2019, 09:17 PM
[Kein Betreff] - von - 12-07-2019, 05:58 PM
[Kein Betreff] - von - 01-15-2020, 09:20 PM
[Kein Betreff] - von - 02-01-2020, 06:23 PM
[Kein Betreff] - von - 02-04-2020, 11:01 PM
[Kein Betreff] - von - 03-22-2020, 04:56 PM
[Kein Betreff] - von - 03-30-2020, 08:10 PM
[Kein Betreff] - von - 04-10-2020, 02:39 PM
[Kein Betreff] - von - 04-10-2020, 05:03 PM
[Kein Betreff] - von - 06-08-2020, 02:19 PM
[Kein Betreff] - von - 06-15-2020, 04:09 PM
[Kein Betreff] - von - 07-06-2020, 06:31 PM
[Kein Betreff] - von - 07-20-2020, 03:10 PM
[Kein Betreff] - von - 07-31-2020, 01:44 PM
[Kein Betreff] - von - 08-03-2020, 03:51 PM
[Kein Betreff] - von - 08-20-2020, 08:09 PM
[Kein Betreff] - von - 09-02-2020, 01:41 PM
[Kein Betreff] - von - 10-12-2020, 12:04 AM
[Kein Betreff] - von - 10-24-2020, 06:49 PM
[Kein Betreff] - von - 11-22-2020, 12:48 AM
[Kein Betreff] - von - 11-27-2020, 10:46 AM
[Kein Betreff] - von - 12-14-2020, 04:40 PM
[Kein Betreff] - von - 12-28-2020, 07:49 PM
[Kein Betreff] - von - 01-15-2021, 12:54 PM
[Kein Betreff] - von - 01-23-2021, 09:32 PM
[Kein Betreff] - von - 02-08-2021, 01:27 PM
[Kein Betreff] - von - 02-23-2021, 03:53 PM

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste