08-31-2020, 06:14 PM
Selbst wenn sie es hätte, flüsterte Mandias, den Kopf zu der sehr viel kleineren Mutantin neigend, es wäre nicht von Bedeutung. Erbrecht hat kein Gewicht in der Stadt. Rasankur wählt den Drachen und die Seherin aus. Die Stadt bestimmt, die Avatare gehorchen.
Hätten sie Kinder gehabt, wären sie in der nächsten Dynastie nicht mehr wert als der geringste Palta. Der Pferdeköpfige überlegte eine Weile und setzte dann hinzu. Zumindest war es so in den alten Tagen, meines Wissens nach. Wer weiß schon was nach dem Erwachen noch Gültigkeit hat.
Komm… lass uns etwas an den Rand gehen. Wir wollen die Situation und die Anwesenden abschätzen und nicht von ihnen geschätzt werden.
So taten sie es. Nicht das sie sonderlich viel Aufmerksamkeit erregten, zwischen all den Schranzen und Günstlingen. Noch der unbedeutendste Diener war extravaganter gekleidet als die beiden Neuankömmlinge, die in dieser Nacht Kampf und Vertreibung hatten erdulden müssen.
Sie fanden gute Position zwischen zwei der Säulen, welche den Himmel des Saals stützten.
Mandias ergatterte vom Tablett eines zuvorkommenden Knechts zwei Gläser mit trüb gelben Inhalt und zwei schwarze, längst geteilte Früchte. Selbst wenn der Feind ihnen an die Tore klopft kredenzen sie noch Köstlichkeiten. Er teilte seine Beute mit ihr und biss in die Frucht, dass ihm der Saft nur so am Kinn herab lief.
So lob ich mir das. Gib acht… Ermahnte er sie dann. Die schwarze Frucht hier wächst an den Hängen der nördlichen Gebirgsausläufer. Sie ist mit Staub gesättigt und stark berauschend für Unerfahrene. Er biss noch einmal hinein und seine Augenlider flackerten genüsslich.
Das Getränk ist Sekret des Federwurms. Leicht giftig, aber sehr stimulierend. Leider haben es die stinkenden Bhrak in den wenigen Jahren ihrer unliebsamen Anwesenheit geschafft, dieses edle Tier fast vollständig auszurotten.
Eine Schande… Er stürzte das Glas herunter. Das schien Mandias Art zu sein, sich mit erlebten Schrecken, dem Verlust seiner Herrin und letztlich auch der Existenz, die er sich bis dahin aufgebaut hatte, zu verkraften. Nachdem die berauschenden Substanzen ihre Wirkung zu entfalten begannen, wirkte die einstmals rechte Hand der Schlange sehr viel entspannter.
Er machte Selari mit den Anwesenden im Raum bekannt, indem er sie ihr aus der Ferne beschrieb. Zumindest die, die hier von Bedeutung waren oder es von sich klaubten und über die Mandias Kenntnis hatte.
Der dort vorne in der Rüstung ist Deimos Suul. Er ist der Befehlshaber für alle Truppen, die beim Feldzug nicht dabei sein durften und mit der Bewachung der Stadt beauftragt wurden. Es heißt, er hat diesen Befehl nur zähneknirschend angenommen, da darin kein Ruhm liegt. Das er plötzlich in der Position ist der einzige, hochrangige Rasankurie zu sein, dürfte sein Spatzenhirn vor einige Herausforderungen stellen. Man sagt ihm nicht die allergrößte Intelligenz nach und viele waren über die Wahl des Fürsten verwundert. Allerdings hat er den Ruf ein befähigter Schlächter zu sein und er würde den Palast wohl auch alleine, bis zum letzten Mann halten.
Dann der dort drüben, rechts unterhalb des Throns… ihr Götter sieh doch nicht so auffällig hin. Der Pferdeköpfige deutete mit den Augen auf eine absonderliche Gestalt. Die Person sah aus wie ein aufgeplusterter Vogel, denn nicht nur war sein Gesicht von einer silbernen Schnabelmaske bedeckt, sondern er trug auch eine Art Umhang aus metallischen Federn, der ihn ganz umhüllte und irgendwie den Eindruck erweckte, als sei er aufgeplustert.
Das ist Gix… eine ominöse Figur, von der man allgemein glaubt, dass er oder sie, den Geheimdienst der Stadt leitet oder zumindest eine zentrale Rolle darin spielt. Ein gefährlicher Zeitgenosse. Personen verschwinden, wenn Gix in der Nähe ist. Unter diesem Federmantel verbirgt sich dem Reden nach ein silbernes Schwert, das es so schnell schwingen kann, dass es damit sogar Laserstrahlen ablenkt.
Vermutlich nur Geschwätz, drauf ankommen lassen würde ich es jedoch nicht. Von Gix halte dich soweit fern wie irgend möglich. Deine vorwitzige Art dürfte bei Gix nicht sonderlich gut ankommen. Die Gruppe dort drüben. Er nickte zu einem Pulk von Herren und Damen in langen Gewändern. Das sind die Gelehrten. Der Fürst hat nach dem Erwachen der Stadt einige schlaue Köpfe aus Gohmor und anderen Teilen der Welt… na sagen wir mal… holen lassen. Es war die Aufgabe der Seherin diese zu konvertieren. Jene die das überlebt haben siehst du dort. Sie stehen nach wie vor unter Beobachtung, aber man geht allgemein davon aus, dass der Luxus und die Freiheiten, die ihnen in Rasankur zu Gebote stehen, so wie die Wüste zwischen uns und der unerleuchteten Welt, ausreicht sie mit ihrem Schicksal zu versöhnen. Einige zeigen inzwischen auch Segnungen der Götter. Sie sind für alles zuständig, was Innovation, Erhalt und Rückgewinnung alter Technologien angeht. Womit genau sie sich beschäftigen kann ich dir nicht sagen. Aber es hat wohl mit der Wasser- und Energieversorgung zutun. Außerdem soll es unter der Stadt Depots und Kammern geben, in denen vergessene Technologie eingelagert ist. Ganz zu schweigen von den Laboratorien der Seherin… naja Gerüchte und Hörensagen. Er schlang den Rest seiner Frucht herunter.
Siehst du dieses prächtige Paar Titten dort hinten? Er wies unmerklich auf eine Frau, deren leises aber glockenhelles Gelächter von einer kleinen Gruppe aus Hofgünstlingen herüberwehte, die sie umschwärmten wie die Fliegen das Honigglas. Sie hatte kunstvoll drapiertes Haar, welches ihre entblößten Schultern umschmiegte wie flüssige Seide. Das Kleid aus rotem Leder sah gleichzeitig verspielt und aggressiv aus und verlieh ihr den Eindruck eines Raubtieres.
Die Frau, die dieses beiden so gekonnt vor sich her trägt ist Estelle… Mandias leckte sich unverhohlen die Lippen. Unser Kontakt im Schloss, von dem ich bei unserer, nun ja leider hinfälligen Beratung, sprach. Sie ist eine Zofe und Konkubine, außerdem eine verschworene des Prinzen des Chaos. Wenn wir eine Verbündete im Palast haben, dann sie.
Allerdings weiß ich nicht, wie sehr dies noch zutrifft, jetzt da Nagari tot ist. Sie ist nicht aus Nächstenliebe mit uns verschworen gewesen, sondern versprach sich selber einen Machtgewinn durch unseren Aufstieg. Je nachdem, wie sich dieses ganze Schlamassel hier entwickelt und was du aus der Führerschaft über die ehemaligen Diener der Schlange machst, solltest du sie bei Gelegenheit konsultieren und die Verhältnisse zwischen euch klären. Wenn ihr dies tut… frag sie ob ihr es unbekleidet tun könnt und ob ich als Zuschauer gestattet bin. Sein Abgleiten in kindische Anzüglichkeiten war sehr wahrscheinlich auf die Wirkung der Horsd’œuvre zurückzuführen, die in seinem angegriffenen Zustand ihre Wirkung übermäßig entfalteten.
Die Ausführungen des Mutanten wurden aber ohnehin unterbrochen, als sich die Flügeltüren des Saals öffneten und mit viel Gedröhn gepanzerter Stiefel, erst die Ehrenwache die hohe Halle betrat, gefolgt vom Heermeister, den vier Mätressen und einem Kometenschweif aus Laffen, Schmeichlern und Bagage. Der groteske Heermeister, an dem jedes Körperteil irgendwie unproportional wirkte, watschelte und wankte an der Spitze dieser bizarren Combo. Er drohte fast zusammenzubrechen unter dem Gewicht edler Stoffe, klunkernder Geschmeide und Gepränge.
Der Fürst ohne Rettung. Trompete er quaken in seiner unangenehm breiten Stimme. Die Stadt ohne Fürsten. Warum müssen diese Tage der Prüfung die Meinen sein? Er trottete zu dem hölzernen Stuhl, der neben dem gewaltigen Drachenthron wie ein Kindermöbel aussah und wuchtete sich darauf. Dann blickte er in die Runde der Versammelten, es mussten etwa fünfzig sein, ohne dass der Saal auch nur ansatzweise gefüllt erschien. Meine Freunde. Meine lieben, lieben Freunde. Die Vernichtung bedroht Rasankur einmal mehr. Das Warptor ist zusammengebrochen. Ob durch Verrat oder durch Nachlässigkeit, wer kann es sagen? Der Fürst, Verzweiflung ergreife seine Feinde, und die Edelsten der Stadt sind auf der anderen Seite gefangen. Die Götter allein wissen um ihr Wohlergehen. Geblieben ist der Abschaum, mit dem sich unser Herr verbündete und deren zielloser Existenz seine Worte und Taten so ersehnte Anleitung war. Jetzt fehlt ihnen diese Führung und wie die Tiere gebärden sie sich. Die Bhrak, abtrünnige Palta und Rasankuri und allen voran der unsägliche Balius und seine grauen Riesen.
Weh! Weh! Ach Weh! Ganz eingedenk der ritualisierten Sprechweise des Hofes, die einem Theaterstück so viel näher lag als realem Gebaren, sackte er auf seinem Stuhl zusammen und warf die Hand vor die Stirn.
Verzagt nicht, weitsichtiger Heermeister, ergriff nun eine der Konkubinen das Wort in der Aufführung. Mandias lehnte sich zu Selari herunter.
Die Blonde! Sie spricht für die eigentlich Macht des Hofes. Gib gut Acht! Die Frau betrat nun die untere der Stufen, die zum Drachenthorn führten. Damit erhob sie sich symbolisch über alle anderen und auch wenn der Heermeister noch höher saß, überragte sie ihn allein durch Statur. Die absurd hochhackigen Schuhe, auf denen sie gleich einer Ballerina einherstöckelte, verstärkten diesen Effekt noch. Zufall war nichts im menschlichen Gemälde des Thornsaals.
Sie war in einen Anzug aus Latex gehüllt, der in den Farben vergossenen Öls schimmerte und gerade so durchsichtig schien, dass die darunter liegenden, körperlichen Vorzüge zwischen Sichtbarkeit und süßer Ahnung hin und her mäanderten. Auch ihr wohlgeformtes Gesicht war durch eine Maske gleichen Materials verborgen, welche eine einzige Aussparung für Mund und Nase hatte. Goldene Ketten verbanden ihre Brustwarzen durch den Anzug mit einem Halsband aus fein gehämmerter Bronze. Bei jeder Bewegung klirrten sie leise. Die namengebende, blonde Mähne entwuchs ihrem Hinterkopf durch eine runde Öffnung in der Maske, gleich einer goldenen Fontäne.
Noch ist nicht alles verloren. Die Mauern des inneren Ringes und des Palastes sind stark wie der Wille seiner Bewohner und Die, die sie verteidigen, sie machte eine ausladende Geste zu Deimos Suul, der sich dadurch offensichtlich geschmeichelt fühlte und die Brust noch weiter herausstreckte. Kein Usurpator wird einfach die Türen einrammen um uns zu unterjochen.
Aber Schwester, warf nun mit glockenheller Stimme das aufreizende Wesen ein, welches Mandias bei ihrer frühabendlichen Mordbesprechung als Inanna beschrieben hatte. Ihr Kostüm war sehr viel opulenter als das ihrer blonden Mitstreiterin. Die hautenge Verhüllung aus lila Latex war um ein raffiniertes Arrangement erweitert, welches ein barockes Kleid parodierter. Züchtig zu nennen in Kreisen des Palastes, frivol in jedweden anderen Kontext, war doch die Vorderseite des Kleides so über einen künstlichen Phallus drapiert, dass dieser fordernd darunter hervorragte. So stark unsere Mauern auch sind, wir sind nur wenige im Vergleich zu den Horden, die uns bedrängen.
So ist es leider, geliebte Freundin. Seufzte die Blonde, während der verhuschte Blick des Heermeisters zwischen ihnen hin und her zuckte. Wir müssen uns mit der Realität anfreunden, dass ein Balius oder ein Emporkömmling anderer Couloir, den Palast erstürmen könnte. Der Heermeister stöhnte gequält.
Niemals! Brach es aus Suul heraus. Soll Blut die Treppen der ehrwürdigen Stadt weihen und salben, aber kampflos keinen Schritt zurück. Der breitschultrige Rasankuri legte die gepanzerte Hand auf das Heft seines Sichelschwertes und die zehn Ehrenwächter in seinem Rücken schlugen sich mit der Faust gegen die Brustpanzer, dass es wie Trommeln dröhnte.
Du bist so tapfer, mächtiger Suul. flötete Ashera nun. Die eher klein zu nennende Frau trug eine Gasmaske, deren zwiegespaltener Schlauch der vor ihr herab führe, wo er durch einen ledernen Harnes gehalten wurde, um die ansonsten frei liegenden, Brüste zu bedecken. Aber wir haben die Eingeweide eines jungfräulichen Knaben befragt, der sich in Wonne und aus freiem Willen unseren Klingen hin gab. Kampf kann nur Vernichtung bedeuteten. Der Drachen aber gab dir die Aufgabe seine Stadt zu hüten. Wenn du ihre Existenz bewahrst, indem du dem Anschein nach einem falschen Propheten die Schlüssel übergibst, so bist der mehr Vollführender des fürstlichen Willens, als wenn du durch deinen Trotz ihre Vernichtung forderst. Niemand stellt deinen Mut in Abrede, aber dein Eid gilt der Stadt, nicht deinem Ruhm.
Soll ich zum Verräter am Fürsten werden? Seine Enttäuschung wär mir schärfere Pein als der Pfahl, mit dem er mich durchbohren lässt.
Liebe Freunde! Hob die Blonde beschwichtigend die schlanken Hände. Lasst uns uns nicht entzweien, noch ehe das erste Banner vor den Mauern steht. Allein, wir sollten uns nicht verbieten zu denken, was gedacht werden muss. Einen Feind auf dem Drachenthron ist ein besseres Ziel für Heimtücke, als einer, der geharnischt und in Mitten seiner Krieger vor den Mauern steht. Doch noch ist weder das eine noch das andere eingetroffen. Der Heermeister nickte bedächtig, als rollten die gesprochenen Worte schwer in seinem zu großen Schädel herum. Man muss abwarten… Murmelte er dann versonnen. Palnen und vorbereiten.
So tropft das Gift des Verrats in die Ohren der Schwachen. Flüstere Mandias. Schnell tauschen sie den einen Herren gegen den anderen.
Der Heermeister straffte sich unterdessen, vielleicht durch die Möglichkeit, durch Fraternisierung dem Untergang zu entrinnen, mit neuem Mut beseelt. Bringt so viele Palta wie möglich in die Mauern. Wenn die Soldateska durch unser geliebtes Rasankur marodiert, soll am Ende noch ein Volk übrig sein, das es bewohnen kann. Bemannt auch alle Mauern und fahrt an Stückwerk auf, was schießen, schleudern oder speien kann. Wir wollen nicht Schwäche die Basis eventueller Verhandlungen sein lassen.
Hätten sie Kinder gehabt, wären sie in der nächsten Dynastie nicht mehr wert als der geringste Palta. Der Pferdeköpfige überlegte eine Weile und setzte dann hinzu. Zumindest war es so in den alten Tagen, meines Wissens nach. Wer weiß schon was nach dem Erwachen noch Gültigkeit hat.
Komm… lass uns etwas an den Rand gehen. Wir wollen die Situation und die Anwesenden abschätzen und nicht von ihnen geschätzt werden.
So taten sie es. Nicht das sie sonderlich viel Aufmerksamkeit erregten, zwischen all den Schranzen und Günstlingen. Noch der unbedeutendste Diener war extravaganter gekleidet als die beiden Neuankömmlinge, die in dieser Nacht Kampf und Vertreibung hatten erdulden müssen.
Sie fanden gute Position zwischen zwei der Säulen, welche den Himmel des Saals stützten.
Mandias ergatterte vom Tablett eines zuvorkommenden Knechts zwei Gläser mit trüb gelben Inhalt und zwei schwarze, längst geteilte Früchte. Selbst wenn der Feind ihnen an die Tore klopft kredenzen sie noch Köstlichkeiten. Er teilte seine Beute mit ihr und biss in die Frucht, dass ihm der Saft nur so am Kinn herab lief.
So lob ich mir das. Gib acht… Ermahnte er sie dann. Die schwarze Frucht hier wächst an den Hängen der nördlichen Gebirgsausläufer. Sie ist mit Staub gesättigt und stark berauschend für Unerfahrene. Er biss noch einmal hinein und seine Augenlider flackerten genüsslich.
Das Getränk ist Sekret des Federwurms. Leicht giftig, aber sehr stimulierend. Leider haben es die stinkenden Bhrak in den wenigen Jahren ihrer unliebsamen Anwesenheit geschafft, dieses edle Tier fast vollständig auszurotten.
Eine Schande… Er stürzte das Glas herunter. Das schien Mandias Art zu sein, sich mit erlebten Schrecken, dem Verlust seiner Herrin und letztlich auch der Existenz, die er sich bis dahin aufgebaut hatte, zu verkraften. Nachdem die berauschenden Substanzen ihre Wirkung zu entfalten begannen, wirkte die einstmals rechte Hand der Schlange sehr viel entspannter.
Er machte Selari mit den Anwesenden im Raum bekannt, indem er sie ihr aus der Ferne beschrieb. Zumindest die, die hier von Bedeutung waren oder es von sich klaubten und über die Mandias Kenntnis hatte.
Der dort vorne in der Rüstung ist Deimos Suul. Er ist der Befehlshaber für alle Truppen, die beim Feldzug nicht dabei sein durften und mit der Bewachung der Stadt beauftragt wurden. Es heißt, er hat diesen Befehl nur zähneknirschend angenommen, da darin kein Ruhm liegt. Das er plötzlich in der Position ist der einzige, hochrangige Rasankurie zu sein, dürfte sein Spatzenhirn vor einige Herausforderungen stellen. Man sagt ihm nicht die allergrößte Intelligenz nach und viele waren über die Wahl des Fürsten verwundert. Allerdings hat er den Ruf ein befähigter Schlächter zu sein und er würde den Palast wohl auch alleine, bis zum letzten Mann halten.
Dann der dort drüben, rechts unterhalb des Throns… ihr Götter sieh doch nicht so auffällig hin. Der Pferdeköpfige deutete mit den Augen auf eine absonderliche Gestalt. Die Person sah aus wie ein aufgeplusterter Vogel, denn nicht nur war sein Gesicht von einer silbernen Schnabelmaske bedeckt, sondern er trug auch eine Art Umhang aus metallischen Federn, der ihn ganz umhüllte und irgendwie den Eindruck erweckte, als sei er aufgeplustert.
Das ist Gix… eine ominöse Figur, von der man allgemein glaubt, dass er oder sie, den Geheimdienst der Stadt leitet oder zumindest eine zentrale Rolle darin spielt. Ein gefährlicher Zeitgenosse. Personen verschwinden, wenn Gix in der Nähe ist. Unter diesem Federmantel verbirgt sich dem Reden nach ein silbernes Schwert, das es so schnell schwingen kann, dass es damit sogar Laserstrahlen ablenkt.
Vermutlich nur Geschwätz, drauf ankommen lassen würde ich es jedoch nicht. Von Gix halte dich soweit fern wie irgend möglich. Deine vorwitzige Art dürfte bei Gix nicht sonderlich gut ankommen. Die Gruppe dort drüben. Er nickte zu einem Pulk von Herren und Damen in langen Gewändern. Das sind die Gelehrten. Der Fürst hat nach dem Erwachen der Stadt einige schlaue Köpfe aus Gohmor und anderen Teilen der Welt… na sagen wir mal… holen lassen. Es war die Aufgabe der Seherin diese zu konvertieren. Jene die das überlebt haben siehst du dort. Sie stehen nach wie vor unter Beobachtung, aber man geht allgemein davon aus, dass der Luxus und die Freiheiten, die ihnen in Rasankur zu Gebote stehen, so wie die Wüste zwischen uns und der unerleuchteten Welt, ausreicht sie mit ihrem Schicksal zu versöhnen. Einige zeigen inzwischen auch Segnungen der Götter. Sie sind für alles zuständig, was Innovation, Erhalt und Rückgewinnung alter Technologien angeht. Womit genau sie sich beschäftigen kann ich dir nicht sagen. Aber es hat wohl mit der Wasser- und Energieversorgung zutun. Außerdem soll es unter der Stadt Depots und Kammern geben, in denen vergessene Technologie eingelagert ist. Ganz zu schweigen von den Laboratorien der Seherin… naja Gerüchte und Hörensagen. Er schlang den Rest seiner Frucht herunter.
Siehst du dieses prächtige Paar Titten dort hinten? Er wies unmerklich auf eine Frau, deren leises aber glockenhelles Gelächter von einer kleinen Gruppe aus Hofgünstlingen herüberwehte, die sie umschwärmten wie die Fliegen das Honigglas. Sie hatte kunstvoll drapiertes Haar, welches ihre entblößten Schultern umschmiegte wie flüssige Seide. Das Kleid aus rotem Leder sah gleichzeitig verspielt und aggressiv aus und verlieh ihr den Eindruck eines Raubtieres.
Die Frau, die dieses beiden so gekonnt vor sich her trägt ist Estelle… Mandias leckte sich unverhohlen die Lippen. Unser Kontakt im Schloss, von dem ich bei unserer, nun ja leider hinfälligen Beratung, sprach. Sie ist eine Zofe und Konkubine, außerdem eine verschworene des Prinzen des Chaos. Wenn wir eine Verbündete im Palast haben, dann sie.
Allerdings weiß ich nicht, wie sehr dies noch zutrifft, jetzt da Nagari tot ist. Sie ist nicht aus Nächstenliebe mit uns verschworen gewesen, sondern versprach sich selber einen Machtgewinn durch unseren Aufstieg. Je nachdem, wie sich dieses ganze Schlamassel hier entwickelt und was du aus der Führerschaft über die ehemaligen Diener der Schlange machst, solltest du sie bei Gelegenheit konsultieren und die Verhältnisse zwischen euch klären. Wenn ihr dies tut… frag sie ob ihr es unbekleidet tun könnt und ob ich als Zuschauer gestattet bin. Sein Abgleiten in kindische Anzüglichkeiten war sehr wahrscheinlich auf die Wirkung der Horsd’œuvre zurückzuführen, die in seinem angegriffenen Zustand ihre Wirkung übermäßig entfalteten.
Die Ausführungen des Mutanten wurden aber ohnehin unterbrochen, als sich die Flügeltüren des Saals öffneten und mit viel Gedröhn gepanzerter Stiefel, erst die Ehrenwache die hohe Halle betrat, gefolgt vom Heermeister, den vier Mätressen und einem Kometenschweif aus Laffen, Schmeichlern und Bagage. Der groteske Heermeister, an dem jedes Körperteil irgendwie unproportional wirkte, watschelte und wankte an der Spitze dieser bizarren Combo. Er drohte fast zusammenzubrechen unter dem Gewicht edler Stoffe, klunkernder Geschmeide und Gepränge.
Der Fürst ohne Rettung. Trompete er quaken in seiner unangenehm breiten Stimme. Die Stadt ohne Fürsten. Warum müssen diese Tage der Prüfung die Meinen sein? Er trottete zu dem hölzernen Stuhl, der neben dem gewaltigen Drachenthron wie ein Kindermöbel aussah und wuchtete sich darauf. Dann blickte er in die Runde der Versammelten, es mussten etwa fünfzig sein, ohne dass der Saal auch nur ansatzweise gefüllt erschien. Meine Freunde. Meine lieben, lieben Freunde. Die Vernichtung bedroht Rasankur einmal mehr. Das Warptor ist zusammengebrochen. Ob durch Verrat oder durch Nachlässigkeit, wer kann es sagen? Der Fürst, Verzweiflung ergreife seine Feinde, und die Edelsten der Stadt sind auf der anderen Seite gefangen. Die Götter allein wissen um ihr Wohlergehen. Geblieben ist der Abschaum, mit dem sich unser Herr verbündete und deren zielloser Existenz seine Worte und Taten so ersehnte Anleitung war. Jetzt fehlt ihnen diese Führung und wie die Tiere gebärden sie sich. Die Bhrak, abtrünnige Palta und Rasankuri und allen voran der unsägliche Balius und seine grauen Riesen.
Weh! Weh! Ach Weh! Ganz eingedenk der ritualisierten Sprechweise des Hofes, die einem Theaterstück so viel näher lag als realem Gebaren, sackte er auf seinem Stuhl zusammen und warf die Hand vor die Stirn.
Verzagt nicht, weitsichtiger Heermeister, ergriff nun eine der Konkubinen das Wort in der Aufführung. Mandias lehnte sich zu Selari herunter.
Die Blonde! Sie spricht für die eigentlich Macht des Hofes. Gib gut Acht! Die Frau betrat nun die untere der Stufen, die zum Drachenthorn führten. Damit erhob sie sich symbolisch über alle anderen und auch wenn der Heermeister noch höher saß, überragte sie ihn allein durch Statur. Die absurd hochhackigen Schuhe, auf denen sie gleich einer Ballerina einherstöckelte, verstärkten diesen Effekt noch. Zufall war nichts im menschlichen Gemälde des Thornsaals.
Sie war in einen Anzug aus Latex gehüllt, der in den Farben vergossenen Öls schimmerte und gerade so durchsichtig schien, dass die darunter liegenden, körperlichen Vorzüge zwischen Sichtbarkeit und süßer Ahnung hin und her mäanderten. Auch ihr wohlgeformtes Gesicht war durch eine Maske gleichen Materials verborgen, welche eine einzige Aussparung für Mund und Nase hatte. Goldene Ketten verbanden ihre Brustwarzen durch den Anzug mit einem Halsband aus fein gehämmerter Bronze. Bei jeder Bewegung klirrten sie leise. Die namengebende, blonde Mähne entwuchs ihrem Hinterkopf durch eine runde Öffnung in der Maske, gleich einer goldenen Fontäne.
Noch ist nicht alles verloren. Die Mauern des inneren Ringes und des Palastes sind stark wie der Wille seiner Bewohner und Die, die sie verteidigen, sie machte eine ausladende Geste zu Deimos Suul, der sich dadurch offensichtlich geschmeichelt fühlte und die Brust noch weiter herausstreckte. Kein Usurpator wird einfach die Türen einrammen um uns zu unterjochen.
Aber Schwester, warf nun mit glockenheller Stimme das aufreizende Wesen ein, welches Mandias bei ihrer frühabendlichen Mordbesprechung als Inanna beschrieben hatte. Ihr Kostüm war sehr viel opulenter als das ihrer blonden Mitstreiterin. Die hautenge Verhüllung aus lila Latex war um ein raffiniertes Arrangement erweitert, welches ein barockes Kleid parodierter. Züchtig zu nennen in Kreisen des Palastes, frivol in jedweden anderen Kontext, war doch die Vorderseite des Kleides so über einen künstlichen Phallus drapiert, dass dieser fordernd darunter hervorragte. So stark unsere Mauern auch sind, wir sind nur wenige im Vergleich zu den Horden, die uns bedrängen.
So ist es leider, geliebte Freundin. Seufzte die Blonde, während der verhuschte Blick des Heermeisters zwischen ihnen hin und her zuckte. Wir müssen uns mit der Realität anfreunden, dass ein Balius oder ein Emporkömmling anderer Couloir, den Palast erstürmen könnte. Der Heermeister stöhnte gequält.
Niemals! Brach es aus Suul heraus. Soll Blut die Treppen der ehrwürdigen Stadt weihen und salben, aber kampflos keinen Schritt zurück. Der breitschultrige Rasankuri legte die gepanzerte Hand auf das Heft seines Sichelschwertes und die zehn Ehrenwächter in seinem Rücken schlugen sich mit der Faust gegen die Brustpanzer, dass es wie Trommeln dröhnte.
Du bist so tapfer, mächtiger Suul. flötete Ashera nun. Die eher klein zu nennende Frau trug eine Gasmaske, deren zwiegespaltener Schlauch der vor ihr herab führe, wo er durch einen ledernen Harnes gehalten wurde, um die ansonsten frei liegenden, Brüste zu bedecken. Aber wir haben die Eingeweide eines jungfräulichen Knaben befragt, der sich in Wonne und aus freiem Willen unseren Klingen hin gab. Kampf kann nur Vernichtung bedeuteten. Der Drachen aber gab dir die Aufgabe seine Stadt zu hüten. Wenn du ihre Existenz bewahrst, indem du dem Anschein nach einem falschen Propheten die Schlüssel übergibst, so bist der mehr Vollführender des fürstlichen Willens, als wenn du durch deinen Trotz ihre Vernichtung forderst. Niemand stellt deinen Mut in Abrede, aber dein Eid gilt der Stadt, nicht deinem Ruhm.
Soll ich zum Verräter am Fürsten werden? Seine Enttäuschung wär mir schärfere Pein als der Pfahl, mit dem er mich durchbohren lässt.
Liebe Freunde! Hob die Blonde beschwichtigend die schlanken Hände. Lasst uns uns nicht entzweien, noch ehe das erste Banner vor den Mauern steht. Allein, wir sollten uns nicht verbieten zu denken, was gedacht werden muss. Einen Feind auf dem Drachenthron ist ein besseres Ziel für Heimtücke, als einer, der geharnischt und in Mitten seiner Krieger vor den Mauern steht. Doch noch ist weder das eine noch das andere eingetroffen. Der Heermeister nickte bedächtig, als rollten die gesprochenen Worte schwer in seinem zu großen Schädel herum. Man muss abwarten… Murmelte er dann versonnen. Palnen und vorbereiten.
So tropft das Gift des Verrats in die Ohren der Schwachen. Flüstere Mandias. Schnell tauschen sie den einen Herren gegen den anderen.
Der Heermeister straffte sich unterdessen, vielleicht durch die Möglichkeit, durch Fraternisierung dem Untergang zu entrinnen, mit neuem Mut beseelt. Bringt so viele Palta wie möglich in die Mauern. Wenn die Soldateska durch unser geliebtes Rasankur marodiert, soll am Ende noch ein Volk übrig sein, das es bewohnen kann. Bemannt auch alle Mauern und fahrt an Stückwerk auf, was schießen, schleudern oder speien kann. Wir wollen nicht Schwäche die Basis eventueller Verhandlungen sein lassen.