07-15-2019, 07:54 PM
Tagebuch von Dr. Josef Schinder
214 n.KdH Tag 67
Es ist lange her und viele Dinge sind seit meinem letzten Eintrag geschehen.
Der Krieg in Horning war über die Maßen strapaziös, hat mir auf der anderen Seite jedoch die Gelegenheit gegeben mich: A vor Haus Siris zu verbergen und B über einen stetigen Zufluss frischer Versuchsobjekte zu verfügen. Wenn es in einem Krieg eins zur Genüge gibt, so sind es die Leichen von Soldaten. Zu meinem großen Bedauern nahm der Konflikt nicht die Ausmaße an, die ich mir erhofft habe und inzwischen haben wir bereits wieder Frieden. Ein ausgemachtes Ärgernis, da meine Forschungen auf diese Weise wieder ein erhebliches Maß an Geheimhaltung bedürfen.
Ich habe mich in die sogenannten Giftsümpfe Hornings zurückgezogen, wo ich vor zufälliger Entdeckung relativ sicher sein dürfte. Man hat dieses Gebiet den Mutanten zugestanden, die in Zeiten der Not für die Sache Hornings kämpften. Ein lächerlicher und zynischer Lohn, denn dieses Gebiet ist nicht weniger tödlich als es die Schlachtfelder in der Schwemme waren. Es scheint nur Variationen von Nebel und Regen in diesem verfluchten Landstrich zu geben. Alles ist von Schmutz und Feuchtigkeit durchsetzt, rostet, schimmelt und gammelt. Selbst die schleimige Vegetation zerrinnt in Widerwärtigkeit, wenn man sie nur berührt. Ein Nährboden für Krankheit, Verfall und geistiger Ungesundheit. Gleichwohl sind die Abhumanen ein dankbares Völkchen, so man sich erst einmal ihre Loyalität gesichert hat. Es kommt bitterer Ironie gleich, dass ich die treuesten Gefolgsleute unter jenen gefunden habe, die so sehr gegenteilig zu dem sind, was ich anstrebe.
Ich verachte die willkürliche Natur ihrer veränderten Existenz. Sie wieder mich an, mit ihrem ungebildeten Grenzlauf am Rande des Schwachsinns, ihrer Neigung zur Gewalt und der viehischen Verbundenheit, mit der sie sich mir unterwerfen.
Ich bin angetreten die Menschheit auf die nächste Stufe der Evolution zu heben und kann mich dabei nicht etwa der Edelsten unter ihnen bedienen, sondern bin gestraft mit biologischem Abschaum und degenerativen Schmutz.
Nun ich muss die Rolle als Märtyrer wohl akzeptieren, denn längst habe ich erkannt, dass man mir zu Lebzeiten kaum den Lorbeerkranz aufsetzen wird, für das was ich tue. Ganz im Gegenteil schlägt mir Verachtung und Ignoranz, die Quintessenz von Dummheit und rückständigem Aberglauben entgegen.
Oh wenn sie doch nur sehen, wenn sie nur begreifen könnten was ich zu schaffen im Begriff bin. So aber beschreite ich den Pfad in jener Einsamkeit, die das unabwendbare Los derer ist, die mit mehr Verstand gesegnet (oder verflucht) sind als ihre Zeitgenossen. Die Geschichte wird mir recht geben, wenn sich dereinst ein neuerliches goldenes Zeitalter auf den Fundamenten meiner Arbeit erhebt.
Die letzten zwei, nun fast schon drei Jahre waren betriebsam und von Rückschlägen, wie auch einigen Erfolgen durchsetzt. Den endgültigen Durchbruch habe ich bisher noch nicht erlangt, gleichwohl ich Bestätigung in der eingeschlagenen Richtung fand. Substanz 14 ist der Schlüssel, davon bin ich inzwischen zur Gänze überzeugt. Gewiss, in purer Form stellt sie nur den infektiösen Trägerstoff dar, der die Leichname belebt und sie in einen semi- lebendigen Zustand versetzt. Die Eigenschaften dieses Zustandes habe ich oben bereits beschrieben. Gleichwohl konnte ich eine andere, überaus erstaunliche Entdeckung machen, die auf einen Zufall zurückzuführen ist.
Das gute Fräulein Fuchs, dass mir als ehemalige F.A.U.S.T. Agentin nicht nur bei der Flucht vor Siris treue Dienste geleistet hat, sondern ihr Leben ein ums andere Mal auch während des Krieges für mich riskiert hat. Freilich nicht aus reiner Philanthropie, sondern mit dem Bestreben durch mich die höhere Daseinsstufe zu erreichen.
Bei einem dieser unschönen Zwischenfälle verlor die gute Seele ihren Arm und als kleine Entlohnung für ihren Einsatz, beschloss ich ihr das schmerzlich vermisste Körperglied zurückzugeben. Immerhin bin ich zu allererst Chirurg und erst danach Chemiker, Biologe und Mutator.
Eine übliche Verpflanzung war nicht mehr möglich, da der ursprüngliche Arm unrettbar ruiniert und auch die Zeit zwischen der Verletzung und meiner Gelegenheit der Operation viel zu groß war. Ich verwandte daher das Angenehme mit dem Nützlichen und führte bei der Gelegenheit gleich ein Experiment durch. Transplantationschirurgie mit dem Ziel einer gewöhnlichen Gliedmaßenverpflanzung ist an sich nicht aufwendig oder ungewöhnlich. Wohl aber wenn man die Umstände bedenkt unter denen ich zu arbeiten gezwungen bin. Ich habe kein Ärzteteam, ja nicht einmal einen medizinischen Hilfsservitor. Hinzu kam der Faktor, dass der Arm den ich zu verwenden gedachte zwar von optimalem Wuchs und wünschenswerter Verträglichkeit war, der Spender jedoch schon länger im Jenseits weilte als für solch ein Vorhaben üblich ist. Das Fleisch ging bereits in Verwesung über, als ich ihn mit dem lebenden Stumpf der betäubten Frau verband. Unter normalen Umständen ein unhaltbarer Zustand, der Infektion, Vergiftung und mit Sicherheit den Tod bedeutet hätte. Mein Trumpf war jedoch Substanz 14. Ich injizierte sie in abgeschwächter Form direkt in den leblosen Arm. Das Ergebnis kann man nur als verblüffend und revolutionär beschreiben. Schon nach weniger als 48 Stünden hatte Fräulein Fuchs vollständige und uneingeschränkte Kontrolle über den neuen Arm. Die Haut weißt noch die Anzeichen von Nekrose auf, aber ein stetiger Heilungsprozess ist zu bemerken. Ich behalte Fräulein Fuchs vorläufig in Quarantäne und unter permanenter Beobachtung.
214 n.KdH Tag 67
Es ist lange her und viele Dinge sind seit meinem letzten Eintrag geschehen.
Der Krieg in Horning war über die Maßen strapaziös, hat mir auf der anderen Seite jedoch die Gelegenheit gegeben mich: A vor Haus Siris zu verbergen und B über einen stetigen Zufluss frischer Versuchsobjekte zu verfügen. Wenn es in einem Krieg eins zur Genüge gibt, so sind es die Leichen von Soldaten. Zu meinem großen Bedauern nahm der Konflikt nicht die Ausmaße an, die ich mir erhofft habe und inzwischen haben wir bereits wieder Frieden. Ein ausgemachtes Ärgernis, da meine Forschungen auf diese Weise wieder ein erhebliches Maß an Geheimhaltung bedürfen.
Ich habe mich in die sogenannten Giftsümpfe Hornings zurückgezogen, wo ich vor zufälliger Entdeckung relativ sicher sein dürfte. Man hat dieses Gebiet den Mutanten zugestanden, die in Zeiten der Not für die Sache Hornings kämpften. Ein lächerlicher und zynischer Lohn, denn dieses Gebiet ist nicht weniger tödlich als es die Schlachtfelder in der Schwemme waren. Es scheint nur Variationen von Nebel und Regen in diesem verfluchten Landstrich zu geben. Alles ist von Schmutz und Feuchtigkeit durchsetzt, rostet, schimmelt und gammelt. Selbst die schleimige Vegetation zerrinnt in Widerwärtigkeit, wenn man sie nur berührt. Ein Nährboden für Krankheit, Verfall und geistiger Ungesundheit. Gleichwohl sind die Abhumanen ein dankbares Völkchen, so man sich erst einmal ihre Loyalität gesichert hat. Es kommt bitterer Ironie gleich, dass ich die treuesten Gefolgsleute unter jenen gefunden habe, die so sehr gegenteilig zu dem sind, was ich anstrebe.
Ich verachte die willkürliche Natur ihrer veränderten Existenz. Sie wieder mich an, mit ihrem ungebildeten Grenzlauf am Rande des Schwachsinns, ihrer Neigung zur Gewalt und der viehischen Verbundenheit, mit der sie sich mir unterwerfen.
Ich bin angetreten die Menschheit auf die nächste Stufe der Evolution zu heben und kann mich dabei nicht etwa der Edelsten unter ihnen bedienen, sondern bin gestraft mit biologischem Abschaum und degenerativen Schmutz.
Nun ich muss die Rolle als Märtyrer wohl akzeptieren, denn längst habe ich erkannt, dass man mir zu Lebzeiten kaum den Lorbeerkranz aufsetzen wird, für das was ich tue. Ganz im Gegenteil schlägt mir Verachtung und Ignoranz, die Quintessenz von Dummheit und rückständigem Aberglauben entgegen.
Oh wenn sie doch nur sehen, wenn sie nur begreifen könnten was ich zu schaffen im Begriff bin. So aber beschreite ich den Pfad in jener Einsamkeit, die das unabwendbare Los derer ist, die mit mehr Verstand gesegnet (oder verflucht) sind als ihre Zeitgenossen. Die Geschichte wird mir recht geben, wenn sich dereinst ein neuerliches goldenes Zeitalter auf den Fundamenten meiner Arbeit erhebt.
Die letzten zwei, nun fast schon drei Jahre waren betriebsam und von Rückschlägen, wie auch einigen Erfolgen durchsetzt. Den endgültigen Durchbruch habe ich bisher noch nicht erlangt, gleichwohl ich Bestätigung in der eingeschlagenen Richtung fand. Substanz 14 ist der Schlüssel, davon bin ich inzwischen zur Gänze überzeugt. Gewiss, in purer Form stellt sie nur den infektiösen Trägerstoff dar, der die Leichname belebt und sie in einen semi- lebendigen Zustand versetzt. Die Eigenschaften dieses Zustandes habe ich oben bereits beschrieben. Gleichwohl konnte ich eine andere, überaus erstaunliche Entdeckung machen, die auf einen Zufall zurückzuführen ist.
Das gute Fräulein Fuchs, dass mir als ehemalige F.A.U.S.T. Agentin nicht nur bei der Flucht vor Siris treue Dienste geleistet hat, sondern ihr Leben ein ums andere Mal auch während des Krieges für mich riskiert hat. Freilich nicht aus reiner Philanthropie, sondern mit dem Bestreben durch mich die höhere Daseinsstufe zu erreichen.
Bei einem dieser unschönen Zwischenfälle verlor die gute Seele ihren Arm und als kleine Entlohnung für ihren Einsatz, beschloss ich ihr das schmerzlich vermisste Körperglied zurückzugeben. Immerhin bin ich zu allererst Chirurg und erst danach Chemiker, Biologe und Mutator.
Eine übliche Verpflanzung war nicht mehr möglich, da der ursprüngliche Arm unrettbar ruiniert und auch die Zeit zwischen der Verletzung und meiner Gelegenheit der Operation viel zu groß war. Ich verwandte daher das Angenehme mit dem Nützlichen und führte bei der Gelegenheit gleich ein Experiment durch. Transplantationschirurgie mit dem Ziel einer gewöhnlichen Gliedmaßenverpflanzung ist an sich nicht aufwendig oder ungewöhnlich. Wohl aber wenn man die Umstände bedenkt unter denen ich zu arbeiten gezwungen bin. Ich habe kein Ärzteteam, ja nicht einmal einen medizinischen Hilfsservitor. Hinzu kam der Faktor, dass der Arm den ich zu verwenden gedachte zwar von optimalem Wuchs und wünschenswerter Verträglichkeit war, der Spender jedoch schon länger im Jenseits weilte als für solch ein Vorhaben üblich ist. Das Fleisch ging bereits in Verwesung über, als ich ihn mit dem lebenden Stumpf der betäubten Frau verband. Unter normalen Umständen ein unhaltbarer Zustand, der Infektion, Vergiftung und mit Sicherheit den Tod bedeutet hätte. Mein Trumpf war jedoch Substanz 14. Ich injizierte sie in abgeschwächter Form direkt in den leblosen Arm. Das Ergebnis kann man nur als verblüffend und revolutionär beschreiben. Schon nach weniger als 48 Stünden hatte Fräulein Fuchs vollständige und uneingeschränkte Kontrolle über den neuen Arm. Die Haut weißt noch die Anzeichen von Nekrose auf, aber ein stetiger Heilungsprozess ist zu bemerken. Ich behalte Fräulein Fuchs vorläufig in Quarantäne und unter permanenter Beobachtung.