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Das Tal des namenlosen Flusses
#9
Der aus der Reihe zu ihm trat, tat es auf Geheiß, nicht aus freien Stücken.
Er kam mit festem Schritt, doch Magal, dessen eigentliche Magie und Hexenkunst weit mehr darin bestand andere Menschen zu lesen wie die Eingeweide von Tieren, als Blendwerk und Rauchgestalten zu weben, erkannte problemlos die Wahrheit. Dieser Krieger trug seine Selbstsicherheit wie eine Larve. Darunter bebte er wie ein verängstigtes Kind. Keine Zuversicht, kein fanatischer Glaube an die Erwähltheit durch die Mächte des Chaos. Der Sklave hatte die Rampe erklommen und verharrte in scheinbarer Demut vor dem Hexer. Allerdings ging er nicht auf die Knie, um wie Schlachtvieh gemordet zu werden. Auch blieb er in einem Abstand von Magal entfernt stehen, denn ein Kämpfer benötigte um sich einer Attacke zu erwehren.
Unter der Maske grinste der Schwarzkünstler lakonisch. Hier konnte ein Samenkorn gepflanzt werden.
Bist du bereit für deinen Gebieter zu vergehen? Deine Existenz hinzugeben um sein Vorankommen zu ermöglichen? Der Sklave nickte zögerlich, doch im diffusen Schein der glühenden Schriftzeichnen konnte sein Gegenüber erkennen, dass seine Augen hastig von Links nach Rechts zuckten und nach einem Ausweg aus dieser misslichen Lage suchten. Gewiss, so mochte er glauben, würde er den Hexer problemlos überwältigen und niederringen können. Doch was dann? Wohin fliehen, wem Rechenschaft ablegen und erklären, dass er sein eigenes Leben, seinen geringfügigen Wert als Handelssache über das des Hofhexers erhob?
Magal ließ seinen Stab los und wie es sich für einen Magier gehörte fiel dieser nicht etwa um, sondern hielt sich allen Gesetzen der Schwerkraft trotzend aufrecht. Seine Rechte glitt in den weiten Ärmel und zog ein unterarmlanges Messer hervor.
Diese Klinge war absurd stark gewellt und so sie auch scharf erschien, verhinderte ihre Form doch sowohl eine wirkliche Funktion als Waffe, wie auch als Werkzeug. Auf dem schwarzen Stahl glosten Runen von gleicher Art wie jene auf den Pylonen, nur dass diese in einem blutigen Rot strahlten. Der goldene Griff war der Gestaltung nach einem Totenschädel gleich. Kurz um, dieses Messer schien die Urmutter aller Opferdolche zu sein und entsprach so sehr jedem Klischee, dass es kaum verwundert hätte, wäre noch Jungfrauenblut von der Schneide getropft.
Der Krieger wich zurück.
Er gab sich nicht die Blöße einen ganzen Schritt rückwärts zu machen, doch jeder Faser seines Körpers nahm Abstand von diesem Seelenernter.
Du bist so wenig bereit wie das Lamm, das auf dem Altar festgezurrt werden muss, weil alles in ihm der Wunsch nach Leben ist.
Diese Worte sagte er leise genug, dass Nachtwind und Entfernung verhinderten, dass Naradas und seinen Spießgesellen sie vernahmen.
Der so Entdeckte sagte nichts.
Es wäre voreilig von Hier und Heute zu sprechen, also beschränke ich mich auf das Hier.
Hier und von meiner Hand wird dein Leben nicht gefordert. Nur Narren sehen im Chaos eine zerstörerische Kraft, die allein Tod und Vernichtung im Wappen trägt. Leben in all seinen Variationen, Mutationen, Abstraktionen bewegt die Saiten der goldenen Harfe des Chaos. Schwert und Kriegstrommeln sind einzig der Schaum des Kielwassers dieser Herrlichkeit. Das erkenne, du dessen Herzens Schlag bisher allein der Widerhall der knallenden Peitsche war. Sinne über meinen Worte und gedenke wer dich als Entbehrlichsten der Entbehrlichen vortreten hieß und wer dein Leben schonte in der Erkenntnis seines wahren Wertes. Es mag der Tag kommen, an dem die Einsicht aus dem was heute getan und nicht getan wurde auf die Probe gestellt werden wird.
Nun geh und reihe dich wieder in die Ränge deiner Kameraden ein, von denen keiner murrte als die Wahl auf dich fiel.
Sie werden sich mit Geschwätz beruhigen, dass es eine Ehre für sie bedeutet hätte auserwählt zu werden, zum Ruhme Naradas, des Drachens und der dunklen Götter zu sterben. In Wahrheit nistet die Furcht in all ihren Seelen und ein jeder atmete innerlich auf, als der Kelch an ihm vorüber ging. Wieso bot dein Herr Naradas nicht die Kehle, um der Segnung und um die Fähigkeit seiner Krieger wissend, die seinen Befehlend postmortem würden Genüge tun?
Geh Sklave, geh und beginne zu denken.
An Naradas und seine versammelten Anhänger gewandt und mit lauterer Stimme sprach er: Diesen dort benötige ich ebenso wenig wie ich jeden anderen von euch gebraucht hätte. Dieser Ort ist vollgesogen mit Macht, wie einst die Ufer dieses Flusses mit dem Blut der getöteten vollgesaugt waren. Ein Gemordeter mehr ist so wenig ein Unterschied wie das Sandkorn in dieser heilig, toten Wüste. Ein grausamer Scherz, meine Freunde. Aber zügelt eure Wut, spart das Knirschen eurer Zähne. Den Weg, den ihr gleich beschreiten werdet kann man mit Fug und Recht als göttlichen, grausamen Scherz bezeichnen. Gleichsam ist es interessant zu sehen auf wen die Wahl des Naradas fiel. Der Opferdolch in seiner Faust verwehrte wie Tabakrauch und die Hand schloss sich wieder um den Stab.
Frisch ans Werk, ihr habt viel vor, wie ich vermute. Magal drehte ihnen den Rücken zu und riss den Stab abrupt in die Höhe. Das mutete albern an, bis die Realität explodierte.
Zwischen den aufragenden Pylonen flammte ein Wirrwarr sich drehender Farben auf, als wäre das Warp Öl und die Realität das Wasser, in welches es gegossen wird. Der Farbenstrudel verdichtete sich und dehnte sich sodann, pulsierend wie etwas Lebendiges, aus. Zusehends nahm er die Gestalt eines Tunnels an, große genug, dass zwei Menschen nebeneinander hindurch gehen konnten, doch klein im Vergleich zu den Pylonen. Für die gesamte Armee würde Magal einen größeren Durchgang schaffen. Nichts dem er mit Vorfreude entgegen sah, bedachte man wie anstrengend bereits dieser Spalt war.
Aus der Öffnung in den Dimensionen wehte eine eisiger und gleichsam süßlich fauler Moschusgeruch. Das Aroma einer anderen Welt. Hindurch mit euch! Blaffte der Hexer!
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