12-01-2018, 10:25 PM
Simone Tober ist unsere Reporterin für die unangenehmen, aber nichtsdestotrotz wichtigen Aufträge, die der Dienst am gut informierten Leser fordert. Treue Anhänger unseres Blattes werden sie von früheren Berichten aus Krisengebieten, rund um den Globus, her kennen. Einmal mehr ist sie nun unterwegs um von dort zu berichten, wo sich andere Reporter nicht hin wagen. Dieses mal schließt sie sich in ihrer losen Serie „Fronttagebuch“ der Zehnten Infanteriekompanie an und begleitet sie auf einem ihrer Einsätze.
Fronttagebuch
Die Zehnte stieg vom Himmel herab wie die urtümlichen Heidengötter die von den Wilden des Waldes noch immer verehrt werden.
Nur waren von den Vertretern dieses Volkes keine niederknienden Massen anwesend, um die vermeidlich Himmelsgeborenen zu begrüßen.
Denn diese sind der Feind und lauern im Dschungel uns zu massakrieren, wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet.
Weit sind wir geflogen, um einen Ort zu erreichen der uns Makropolbewohner nicht nur mit Krankheit und Tod bedroht, sondern auch mit seiner bodenlosen Fremdartigkeit. Alles hier scheint abweisend, von der starren Mauer aus Pflanzen, die jedes Landen zu verhindern trachten, über die Tierwelt, welche uns mit Stachel, Gift und Klauen erwartet, bis zu den Einheimischen, für die wir fremde Aggressoren darstellen.
Noch sind die Soldaten angehalten sich nicht mit der Gefahr der Waldvölker zu befassen, ja sie kaum höher einzuschätzen als die blutsaugenden Insekten des Urwalds. Denn die Priorität liegt in der Errichtung eines Stützpunktes, hier im Herzen des grünen Meeres. Eine Festung wehrhafter Stärke sollen sie etablieren, die als Basis im Feindesland dient, von der aus Operationen gegen die Einheimischen durchgeführt werden sollen.
Das Imperium will sich die Initiative nicht aus der Hand nehmen lassen und nachdem es festen Stand gefunden hat, seinerseits den Kampf zum Gegner tragen.
Der erste Feind, nämlich die abweisende Natur, wird noch aus der Luft bekämpft.
In die dampfende Gewächshaushitze des Dschungels bringen die Kinder des Fortschrittes Schnee. Einen zerstörerischen Schnee, der von den Leibern der Transportflieger rieselt und alles in der auserkorenen Landezone in vermeintlicher Winterpracht bedeckt.
Aus der geöffneten Seitentür der Valkyrie, vorbei an dem Mann der den schweren Bolter achtsam auf den Dschungel richtet, sehe ich wie der Wald erzittert, als schüttle er sich in Fieberkrämpfen. Begleitet wird dieses Phänomen von etwas, dass ich nur als einen Schmerzensschrei bezeichnen kann. Ein langgezogenes Schrillen und Zischen welches selbst die Turbinen der Flieger übertönt. Später erkläre man mir, dass dieses Geräusch eine Begleiterscheinung jenes Auflösungsprozesses war, der die biologischen Komponenten unter uns auffraß und das alle Luft und alle Säfte, die in den Pflanzen gespeichert waren, auf diese Weise hörbar entwichen.
Bäume, Sträucher, Farne, bis hin zum unscheinbarsten Grashalm und Moos, werden des Halts in sich selbst beraubt. Die Pflanzen krümmen sich, Blätter rollen sich ein, werden spröde und grau. Die ersten Urwaldriesen kippten. Doch nicht das Krachen stürzender Tonnen war zu hören, sondern lediglich ein unnatürliches Flüstern, wie von Pergamentrollen, welche durcheinander stürzt. Leere und allen Lebens beraubte Hüllen zerstieben zu nichts mehr als zu einem flüchtigen Staub und grauer Asche.
Auch wenn man die Effizienz dieser Methode anerkennen muss und staunend begreift über welche Möglichkeiten unsere Armee gebietet ist der Anblick doch surreal und erschreckend.
Geschuldet ist dieses radikale Ausmerzen bis auf Wurzelebene der Substanz “Weiß-Eins“. Vom einfachen Soldaten jedoch entweder als „Veganertod“ oder schlicht als „Unkrautex“ bezeichnet.
Ich als Zivilist verlasse als letzter den Flieger, der sich zu scheuen scheint den toten Boden länger als unbedingt nötig zu berühren. Die traurigen Überreste der Pflanzen zerbröseln unter meinen Stiefeln und werden vom künstlichen Orkan der Turbinen davongewirbelt.
Unsere Soldaten sichern bereits gegen unsichtbare Gegner. Der Moment der Anlandung ist besonders kritisch für ein derartiges Luftlandemanöver und stellt für einen Feind die beste Möglichkeit dar Schaden anzurichten. Das solche Versuche nicht unternommen werden kann man als gutes Zeichen deuten, dass kein unmittelbarer Angriff bevorsteht. Doch keiner der Soldaten gibt sich falschen Hoffnungen hin. Hier draußen kann „noch nicht passiert“ nur als „aufgeschoben und schlimmer als erwartet“ angenommen werden. Das zumindest scheint unausgesprochene Tatsache zu sein.
Hastig wird alles ausgeladen oder besser abgeworfen, was in den Bäuchen der Lander verwahrt wurde. Als die Flieger dann wieder in Richtung Zivilisation entschwinden, komme ich mir sehr verloren vor und das obwohl ich von einer großen Menge anderer Menschen umgeben bin. Diese scheinen jedoch nur einfach mit mir verloren zu sein.
Derweil bleibt wenig Zeit für solche melancholischen Anwandlungen. Ich beschränke mich darauf zu beobachten und nach Möglichkeit nicht im Weg zu stehen, während eine Maschinerie geölter Effizienz anläuft und beginnt die abgestorbenen zwei Hügel, auf denen wir abgesetzt wurden, in eine Festung zu verwandeln.
Den Grundtenor bestimmen zwei Kettenraupen, die planieren und erste, grobe Rillen in den Boden reißen. Schwitzende Männer und Frauen mit Spaten springen hinter diesen herbei, zerren Wurzen aus der Erde und machen aus den Wunden im Erdreich begehbare Gräben, verschalt mit Flaggbrettern und Holzbolen. Letztere stammen aus dem Wald, jenseits eines schlammig gelben Flusslaufes, der XianHo genannt wird. Dort singen, von Gewehren beschützt, die Kettensägen und fallen die Bäume. In Gohmor wäre jedes dieser Hölzer ein kleines Vermögen wert. Hier werden sie zu Laufbrettern und Stützpfeilern herabgewürdigt.
Ein nur dem Anschein nach sinnloses Geflecht aus Gräben, Aushöhlungen, vorgeschobenen Posten und Stellungen entsteht. Am höchsten Punkt drohen drei bullige Feldgeschütze jedem, der es wagt aus dem Dschungel zu treten. Unterkünfte und Kommandostände sind tief in den Boden gegraben und halten Beschuss von Waffen stand, die der Feind aus dem Dschungel nach großer Wahrscheinlichkeit und allgemeiner Hoffnung nicht hat. Über den Strom spannt sich schon nach wenigen Stunden ein erster, notdürftiger Steg, der bald einer Brücke weicht, die sogar Fahrzeuge bedenkenlos überqueren können. Gemeinsam mit den Pionieren schuften hier die Soldaten aus Horning. Diese verstehen sich auf den Umgang mit dem, für Gohmorer ungewohnten Material Holz. Der Umgang zwischen Horningern und Gohmorern, den einstigen Feinden ist derweil verhalten respektvoll. Die gemeinsame Situation erlaubt den Luxus einer Fehde nicht.
Hinzu kommt ein verbindender Faktor in Gestalt von Katherine Esemah, die sie hier Mamsell, Schwester oder gar Mutter nennen. Sie ist nicht nur parse eine entschlossene Frau, sondern darüber hinaus auch eine Priesterin des sogenannten Primarchenkultes. Diese, auf Koron nicht eben verbreitete Verehrung der Imperatorssöhne hat sich in der Zehnten etabliert, nachdem der eigentliche Prediger der Einheit durch Krankheit in die Heimat zurück gezwungen wurde. Mutter Esemah füllte die entstandene Lücke aus. Vom heiligen Septinanus und dem Goldenen Thron zu Terra spricht sie in ihren Andachten und Messen genauso, wie von ihrer eigentlichen Passion, dem Wort und mehr noch dem Wirken der Primarchen. Nicht wenige Soldaten finden Geborgenheit im Schatten jener Sprösslinge des Gottkaisers, die auf sein Geheiß hin das Imperium schmiedeten. Kein vergeistigt abgehobener Kleriker ist sie, sondern nah bei ihrer Herde. Nach der Morgenandacht findet man sie in den Gräben, wo sie Wasser, Ermunterung und derbe Späße gleichsam auszuteilen versteht. In dieser Stimmung der Kameradschaft, ermüdender Arbeit und er subtilen Bedrohung durch das was außerhalb des Sicherungsbereiches lauern mag, vergehen die ersten Tage. Man kann den Eindruck eines großen Abenteuers gewinnen, bis uns alle die Realität der Situation einholt.
Eine Gruppe Fernspäher, die weit in den unerschlossenen Dschungel zwecks Aufklärung vordringen ist seit Tagen überfällig. Der hoffende Verweis, dass dies bei diesen Soldaten aufgrund der Natur ihrer Aufgabe nicht unüblich ist, zerschlägt sich bald.
Hinter der Baumgrenze, jenseits des XinHo werden ihre Leichen entdeckt. Man hat ihnen Schreckliches angetan und ich gehe aus Pietätsgründen nicht näher auf die Details ein als unbedingt nötig. Es sei nur soviel angedeutet, dass ihre Leiber in blasphemischer Weise entweiht wurden. So jedenfalls wird gemunkelt unter den Soldaten. Mir wurde es von oberster Kompanieleitung verboten mit jenen zu sprechen, die die Toten fanden.
Ich ahne jedoch dass es sich um ein böses Omen handelt, eine Initialzündung für einen Angriff und ich soll recht behalten.
Sie kamen mit dem Nebel, der in der Nacht vom Fluss und Wald her zu unserer Stellung heraufkroch. Wachen und Bereitschaft waren verstärkt wurden doch der Dunst war dem Feind ein guter Verbündeter. Die schweren Waffen in den sogenannten Sternstellungen, die wie die Spitzen eines Sternes aus der eigentlichen Anlage herausragten um möglichst wenig tote Winkel zu erlauben, waren ohne Sicht zur Untätigkeit verdammt. Phantomen gleich überwanden sie das vorgelagerte Niemandsland, robbten unter Stacheldraht hindurch und umgingen geschickt die ausgelegten Minenfelder. Dann drangen sie in die Gräben ein und wollten lautlos über unsere tapferen Soldaten herfallen. Doch so sie auch alle Vorteile auf ihrer Seite zu haben schienen, hatten sie kaum mit der stoischen Entschlossenheit und unverrückbaren Pflichttreuer der PVS gerechnet.
Ja einige der unseren wurden feige gemeuchelt, ja die unteren Gräben wurden überlaufen wie von Ungeziefer. Dann jedoch brach sich die Welle am Fels der Waffenbruderschaft aus Gohmor und Horning.
Eine Feuerwand, koordiniert und befehligt vom ikonischen Kommissar Erik Altmann mähte die anstürmende Meute nieder, die dachte sie könnte den zweiten Graben genauso leicht einnehmen wie den ersten, nachdem die Soldaten geordnet ausgewichen waren. Diese Wilden waren mit kurzen Wurf- und Nahkampfspeeren ausgerüstet, die nur gefährlich waren, wenn sie im Handgemenge eingesetzt wurden oder ein Wurf durch grausiges Schicksal eine ungeschützte Stelle in der Protektionsausrüstung unserer Soldaten fand. Dem Beschuss der PVS- Gewehre hatten sie nichts entgegenzusetzen und im blutigen Kampf auf engsten Raum wurden sie vertrieben.
Nicht nur eine erste Bewährungsprobe auf diesem ungewohnten Feld der Ehre, sondern gleichsam eine Heldenstunde, in der alle über die Grenzen bloßer Pflichterfüllung hinaus wuchsen.
Etwa Gefreiter Simon, der über einem verwundeten Kameraden stand und diesen mit einem Bajonett und einem erbeuteten Wurfspeer verteidigte, nachdem sein Munition verschossen war.
Oder Obergefreiter Kruger, der die relativer Sicherheit des zweiten Grabens verließ und sich durch den Nebel in den, von Gegnern verseuchten unteren Graben wagte, wo er erst eine verwundete Kameradin rette, um dann noch einmal loszuziehen und einen schweren Bolter zu bergen, der sonst vielleicht in Feindeshand gefallen wäre.
Die Horninger, zum Moment des Angriffes auf jener Seite der Hügel, die nur Attacken mit ablenkendem Charakter zu erdulden hatten, eilten den Bedrängten zur Hilfe und stießen in die Flanke des Feindes, sahen sich aber bald umringt und fochten Rücken an Rücken gegen eine Flut aus Wilden und nahmen so den Druck aus dem Hauptangriff. Gerade genug, dass die Offiziere der Kompanie und Kommissar Altmann den Gegenangriff anführen konnten. Neben dem kalten Willen für die gefallenen Kameraden Vergeltung zu üben, erfüllten die Reihen voranstürmender Soldaten ein göttlicher Glanz, denn mir viele nach überstandener Schlacht als den Flügelschlag Sanguinius beschrieben, denn sie als Streiter an ihrer Seite wussten. Mutter Katherine, inzwischen war man dazu übergegangen sie vertraulich beim Vornamen zu rufen, lächelte nur wissend, als ich sie auf diese Wahrnehmung hin befragte. Der Gegenangriff auf die unteren Gräben brach den Kampfesmut der Waldbewohner, als auf Kettenschwertlänge und Bajonettweite die verlorenen Stellungen zurückgewonnen wurden. Die Höhe dieses Kampfes war danach überschritten und auch wenn die PVS mit der Auflösung des Nebels als Sieger aus dieser Blutnacht hervorging, waren die Kämpfe noch nicht beendet. Erst als die angeforderte und lang ersehnte Luftunterstützung eintraf wurden die letzten Scharmützel und Gefechte am Waldrand und um die Brücke beendet. Die Gefangenen dieses Angriffes schienen ohne den Mantel der Nacht weit weniger furchteinflössend als während des Kampfes. Junge Burschen, sechzehn höchstens zwanzig Jahre mochten sie durchlebt haben. Natürlich ließ man mich von der Presse nicht bei den Verhören dabei sein, schließlich galt es Fragen nach Ketzerei und militärisch zu wissenden Sachverhalten mit den gebotenen Mitteln zu erörtern.
So viel erfuhr ich, dass sich diese jungen Männer selber Salzkrieger nennen. Sie ritzen sich die Haut und schmieren große Brocken Salz hinein, was wulstige Narben erzeugt und so Mannbarkeit und Mut anzeigt.
Eine Nacht und ein halber Tag ununterbrochener Kämpfe liegt hinter uns allen. Noch werden Tote und Verwundete auf beiden Seiten gezählt und erst nach und nach wird die Erschöpfung der Trauer und dem Stolz um jene platz machen, die in diesem fernen Land für die Sache Gohmors und damit des Imperiums gefallen sind. Blick ich von dem Manuskript zu diesem Artikel auf, so sehe ich das Banner der Zehnten im schwülen Wind wehen und die Gewissheit das Sieg und Stärke auf der richtigen Seite verortet sind erfüllt mich mit ehrfürchtigen Schauern.
Simone Tober
Um die Integrität der militärischen Operationen zu wahren, werden die Artikel des Fronttagebuchs zeitversetzt abgedruckt.
Anmerkung der Redaktion
Fronttagebuch
Die Zehnte stieg vom Himmel herab wie die urtümlichen Heidengötter die von den Wilden des Waldes noch immer verehrt werden.
Nur waren von den Vertretern dieses Volkes keine niederknienden Massen anwesend, um die vermeidlich Himmelsgeborenen zu begrüßen.
Denn diese sind der Feind und lauern im Dschungel uns zu massakrieren, wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet.
Weit sind wir geflogen, um einen Ort zu erreichen der uns Makropolbewohner nicht nur mit Krankheit und Tod bedroht, sondern auch mit seiner bodenlosen Fremdartigkeit. Alles hier scheint abweisend, von der starren Mauer aus Pflanzen, die jedes Landen zu verhindern trachten, über die Tierwelt, welche uns mit Stachel, Gift und Klauen erwartet, bis zu den Einheimischen, für die wir fremde Aggressoren darstellen.
Noch sind die Soldaten angehalten sich nicht mit der Gefahr der Waldvölker zu befassen, ja sie kaum höher einzuschätzen als die blutsaugenden Insekten des Urwalds. Denn die Priorität liegt in der Errichtung eines Stützpunktes, hier im Herzen des grünen Meeres. Eine Festung wehrhafter Stärke sollen sie etablieren, die als Basis im Feindesland dient, von der aus Operationen gegen die Einheimischen durchgeführt werden sollen.
Das Imperium will sich die Initiative nicht aus der Hand nehmen lassen und nachdem es festen Stand gefunden hat, seinerseits den Kampf zum Gegner tragen.
Der erste Feind, nämlich die abweisende Natur, wird noch aus der Luft bekämpft.
In die dampfende Gewächshaushitze des Dschungels bringen die Kinder des Fortschrittes Schnee. Einen zerstörerischen Schnee, der von den Leibern der Transportflieger rieselt und alles in der auserkorenen Landezone in vermeintlicher Winterpracht bedeckt.
Aus der geöffneten Seitentür der Valkyrie, vorbei an dem Mann der den schweren Bolter achtsam auf den Dschungel richtet, sehe ich wie der Wald erzittert, als schüttle er sich in Fieberkrämpfen. Begleitet wird dieses Phänomen von etwas, dass ich nur als einen Schmerzensschrei bezeichnen kann. Ein langgezogenes Schrillen und Zischen welches selbst die Turbinen der Flieger übertönt. Später erkläre man mir, dass dieses Geräusch eine Begleiterscheinung jenes Auflösungsprozesses war, der die biologischen Komponenten unter uns auffraß und das alle Luft und alle Säfte, die in den Pflanzen gespeichert waren, auf diese Weise hörbar entwichen.
Bäume, Sträucher, Farne, bis hin zum unscheinbarsten Grashalm und Moos, werden des Halts in sich selbst beraubt. Die Pflanzen krümmen sich, Blätter rollen sich ein, werden spröde und grau. Die ersten Urwaldriesen kippten. Doch nicht das Krachen stürzender Tonnen war zu hören, sondern lediglich ein unnatürliches Flüstern, wie von Pergamentrollen, welche durcheinander stürzt. Leere und allen Lebens beraubte Hüllen zerstieben zu nichts mehr als zu einem flüchtigen Staub und grauer Asche.
Auch wenn man die Effizienz dieser Methode anerkennen muss und staunend begreift über welche Möglichkeiten unsere Armee gebietet ist der Anblick doch surreal und erschreckend.
Geschuldet ist dieses radikale Ausmerzen bis auf Wurzelebene der Substanz “Weiß-Eins“. Vom einfachen Soldaten jedoch entweder als „Veganertod“ oder schlicht als „Unkrautex“ bezeichnet.
Ich als Zivilist verlasse als letzter den Flieger, der sich zu scheuen scheint den toten Boden länger als unbedingt nötig zu berühren. Die traurigen Überreste der Pflanzen zerbröseln unter meinen Stiefeln und werden vom künstlichen Orkan der Turbinen davongewirbelt.
Unsere Soldaten sichern bereits gegen unsichtbare Gegner. Der Moment der Anlandung ist besonders kritisch für ein derartiges Luftlandemanöver und stellt für einen Feind die beste Möglichkeit dar Schaden anzurichten. Das solche Versuche nicht unternommen werden kann man als gutes Zeichen deuten, dass kein unmittelbarer Angriff bevorsteht. Doch keiner der Soldaten gibt sich falschen Hoffnungen hin. Hier draußen kann „noch nicht passiert“ nur als „aufgeschoben und schlimmer als erwartet“ angenommen werden. Das zumindest scheint unausgesprochene Tatsache zu sein.
Hastig wird alles ausgeladen oder besser abgeworfen, was in den Bäuchen der Lander verwahrt wurde. Als die Flieger dann wieder in Richtung Zivilisation entschwinden, komme ich mir sehr verloren vor und das obwohl ich von einer großen Menge anderer Menschen umgeben bin. Diese scheinen jedoch nur einfach mit mir verloren zu sein.
Derweil bleibt wenig Zeit für solche melancholischen Anwandlungen. Ich beschränke mich darauf zu beobachten und nach Möglichkeit nicht im Weg zu stehen, während eine Maschinerie geölter Effizienz anläuft und beginnt die abgestorbenen zwei Hügel, auf denen wir abgesetzt wurden, in eine Festung zu verwandeln.
Den Grundtenor bestimmen zwei Kettenraupen, die planieren und erste, grobe Rillen in den Boden reißen. Schwitzende Männer und Frauen mit Spaten springen hinter diesen herbei, zerren Wurzen aus der Erde und machen aus den Wunden im Erdreich begehbare Gräben, verschalt mit Flaggbrettern und Holzbolen. Letztere stammen aus dem Wald, jenseits eines schlammig gelben Flusslaufes, der XianHo genannt wird. Dort singen, von Gewehren beschützt, die Kettensägen und fallen die Bäume. In Gohmor wäre jedes dieser Hölzer ein kleines Vermögen wert. Hier werden sie zu Laufbrettern und Stützpfeilern herabgewürdigt.
Ein nur dem Anschein nach sinnloses Geflecht aus Gräben, Aushöhlungen, vorgeschobenen Posten und Stellungen entsteht. Am höchsten Punkt drohen drei bullige Feldgeschütze jedem, der es wagt aus dem Dschungel zu treten. Unterkünfte und Kommandostände sind tief in den Boden gegraben und halten Beschuss von Waffen stand, die der Feind aus dem Dschungel nach großer Wahrscheinlichkeit und allgemeiner Hoffnung nicht hat. Über den Strom spannt sich schon nach wenigen Stunden ein erster, notdürftiger Steg, der bald einer Brücke weicht, die sogar Fahrzeuge bedenkenlos überqueren können. Gemeinsam mit den Pionieren schuften hier die Soldaten aus Horning. Diese verstehen sich auf den Umgang mit dem, für Gohmorer ungewohnten Material Holz. Der Umgang zwischen Horningern und Gohmorern, den einstigen Feinden ist derweil verhalten respektvoll. Die gemeinsame Situation erlaubt den Luxus einer Fehde nicht.
Hinzu kommt ein verbindender Faktor in Gestalt von Katherine Esemah, die sie hier Mamsell, Schwester oder gar Mutter nennen. Sie ist nicht nur parse eine entschlossene Frau, sondern darüber hinaus auch eine Priesterin des sogenannten Primarchenkultes. Diese, auf Koron nicht eben verbreitete Verehrung der Imperatorssöhne hat sich in der Zehnten etabliert, nachdem der eigentliche Prediger der Einheit durch Krankheit in die Heimat zurück gezwungen wurde. Mutter Esemah füllte die entstandene Lücke aus. Vom heiligen Septinanus und dem Goldenen Thron zu Terra spricht sie in ihren Andachten und Messen genauso, wie von ihrer eigentlichen Passion, dem Wort und mehr noch dem Wirken der Primarchen. Nicht wenige Soldaten finden Geborgenheit im Schatten jener Sprösslinge des Gottkaisers, die auf sein Geheiß hin das Imperium schmiedeten. Kein vergeistigt abgehobener Kleriker ist sie, sondern nah bei ihrer Herde. Nach der Morgenandacht findet man sie in den Gräben, wo sie Wasser, Ermunterung und derbe Späße gleichsam auszuteilen versteht. In dieser Stimmung der Kameradschaft, ermüdender Arbeit und er subtilen Bedrohung durch das was außerhalb des Sicherungsbereiches lauern mag, vergehen die ersten Tage. Man kann den Eindruck eines großen Abenteuers gewinnen, bis uns alle die Realität der Situation einholt.
Eine Gruppe Fernspäher, die weit in den unerschlossenen Dschungel zwecks Aufklärung vordringen ist seit Tagen überfällig. Der hoffende Verweis, dass dies bei diesen Soldaten aufgrund der Natur ihrer Aufgabe nicht unüblich ist, zerschlägt sich bald.
Hinter der Baumgrenze, jenseits des XinHo werden ihre Leichen entdeckt. Man hat ihnen Schreckliches angetan und ich gehe aus Pietätsgründen nicht näher auf die Details ein als unbedingt nötig. Es sei nur soviel angedeutet, dass ihre Leiber in blasphemischer Weise entweiht wurden. So jedenfalls wird gemunkelt unter den Soldaten. Mir wurde es von oberster Kompanieleitung verboten mit jenen zu sprechen, die die Toten fanden.
Ich ahne jedoch dass es sich um ein böses Omen handelt, eine Initialzündung für einen Angriff und ich soll recht behalten.
Sie kamen mit dem Nebel, der in der Nacht vom Fluss und Wald her zu unserer Stellung heraufkroch. Wachen und Bereitschaft waren verstärkt wurden doch der Dunst war dem Feind ein guter Verbündeter. Die schweren Waffen in den sogenannten Sternstellungen, die wie die Spitzen eines Sternes aus der eigentlichen Anlage herausragten um möglichst wenig tote Winkel zu erlauben, waren ohne Sicht zur Untätigkeit verdammt. Phantomen gleich überwanden sie das vorgelagerte Niemandsland, robbten unter Stacheldraht hindurch und umgingen geschickt die ausgelegten Minenfelder. Dann drangen sie in die Gräben ein und wollten lautlos über unsere tapferen Soldaten herfallen. Doch so sie auch alle Vorteile auf ihrer Seite zu haben schienen, hatten sie kaum mit der stoischen Entschlossenheit und unverrückbaren Pflichttreuer der PVS gerechnet.
Ja einige der unseren wurden feige gemeuchelt, ja die unteren Gräben wurden überlaufen wie von Ungeziefer. Dann jedoch brach sich die Welle am Fels der Waffenbruderschaft aus Gohmor und Horning.
Eine Feuerwand, koordiniert und befehligt vom ikonischen Kommissar Erik Altmann mähte die anstürmende Meute nieder, die dachte sie könnte den zweiten Graben genauso leicht einnehmen wie den ersten, nachdem die Soldaten geordnet ausgewichen waren. Diese Wilden waren mit kurzen Wurf- und Nahkampfspeeren ausgerüstet, die nur gefährlich waren, wenn sie im Handgemenge eingesetzt wurden oder ein Wurf durch grausiges Schicksal eine ungeschützte Stelle in der Protektionsausrüstung unserer Soldaten fand. Dem Beschuss der PVS- Gewehre hatten sie nichts entgegenzusetzen und im blutigen Kampf auf engsten Raum wurden sie vertrieben.
Nicht nur eine erste Bewährungsprobe auf diesem ungewohnten Feld der Ehre, sondern gleichsam eine Heldenstunde, in der alle über die Grenzen bloßer Pflichterfüllung hinaus wuchsen.
Etwa Gefreiter Simon, der über einem verwundeten Kameraden stand und diesen mit einem Bajonett und einem erbeuteten Wurfspeer verteidigte, nachdem sein Munition verschossen war.
Oder Obergefreiter Kruger, der die relativer Sicherheit des zweiten Grabens verließ und sich durch den Nebel in den, von Gegnern verseuchten unteren Graben wagte, wo er erst eine verwundete Kameradin rette, um dann noch einmal loszuziehen und einen schweren Bolter zu bergen, der sonst vielleicht in Feindeshand gefallen wäre.
Die Horninger, zum Moment des Angriffes auf jener Seite der Hügel, die nur Attacken mit ablenkendem Charakter zu erdulden hatten, eilten den Bedrängten zur Hilfe und stießen in die Flanke des Feindes, sahen sich aber bald umringt und fochten Rücken an Rücken gegen eine Flut aus Wilden und nahmen so den Druck aus dem Hauptangriff. Gerade genug, dass die Offiziere der Kompanie und Kommissar Altmann den Gegenangriff anführen konnten. Neben dem kalten Willen für die gefallenen Kameraden Vergeltung zu üben, erfüllten die Reihen voranstürmender Soldaten ein göttlicher Glanz, denn mir viele nach überstandener Schlacht als den Flügelschlag Sanguinius beschrieben, denn sie als Streiter an ihrer Seite wussten. Mutter Katherine, inzwischen war man dazu übergegangen sie vertraulich beim Vornamen zu rufen, lächelte nur wissend, als ich sie auf diese Wahrnehmung hin befragte. Der Gegenangriff auf die unteren Gräben brach den Kampfesmut der Waldbewohner, als auf Kettenschwertlänge und Bajonettweite die verlorenen Stellungen zurückgewonnen wurden. Die Höhe dieses Kampfes war danach überschritten und auch wenn die PVS mit der Auflösung des Nebels als Sieger aus dieser Blutnacht hervorging, waren die Kämpfe noch nicht beendet. Erst als die angeforderte und lang ersehnte Luftunterstützung eintraf wurden die letzten Scharmützel und Gefechte am Waldrand und um die Brücke beendet. Die Gefangenen dieses Angriffes schienen ohne den Mantel der Nacht weit weniger furchteinflössend als während des Kampfes. Junge Burschen, sechzehn höchstens zwanzig Jahre mochten sie durchlebt haben. Natürlich ließ man mich von der Presse nicht bei den Verhören dabei sein, schließlich galt es Fragen nach Ketzerei und militärisch zu wissenden Sachverhalten mit den gebotenen Mitteln zu erörtern.
So viel erfuhr ich, dass sich diese jungen Männer selber Salzkrieger nennen. Sie ritzen sich die Haut und schmieren große Brocken Salz hinein, was wulstige Narben erzeugt und so Mannbarkeit und Mut anzeigt.
Eine Nacht und ein halber Tag ununterbrochener Kämpfe liegt hinter uns allen. Noch werden Tote und Verwundete auf beiden Seiten gezählt und erst nach und nach wird die Erschöpfung der Trauer und dem Stolz um jene platz machen, die in diesem fernen Land für die Sache Gohmors und damit des Imperiums gefallen sind. Blick ich von dem Manuskript zu diesem Artikel auf, so sehe ich das Banner der Zehnten im schwülen Wind wehen und die Gewissheit das Sieg und Stärke auf der richtigen Seite verortet sind erfüllt mich mit ehrfürchtigen Schauern.
Simone Tober
Um die Integrität der militärischen Operationen zu wahren, werden die Artikel des Fronttagebuchs zeitversetzt abgedruckt.
Anmerkung der Redaktion