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Auf dem Gelände
#10
[CENTER]I[/CENTER]
[CENTER] Es beginnt 1.0[/CENTER]

Der Aufzug ruckte und kam bedrohlich quietschend zum Stehen. Irgendwo über ihm kreischte Metall auf Metall. Es gab einen heftigen Ruck, der Essmas allzu biologischen Magen hüpfen ließ. Dann überwand die Kabine das Hindernis, was immer es auch gewesen sein mochte und setzte ihre Fahrt nach oben fort. Essmas schloss sein Auge und atmete hörbar aus. Das ihm! Bester seines Ausbildungssegments, degradiert zu einem einfachen Handwerker. Eine Chance hatten sie seine Versetzung nach Koron 3 genannt, eine Möglichkeit die Karriereleiter empor zu klettern und seine eigenen Forschungen voran zu treiben. Wenigstens Letzteres entsprach der Wahrheit, wenn auch allein aus der Tatsache heraus, dass er hier vor Langeweile nichts anderes tun konnte als an eigenen Projekten zu arbeiten. Der Fahrstuhl kam erneut zum Halten, dieses Mal jedoch weil er sein Ziel erreicht hatte. Zu sagen die Türen glitten auseinander hätte der Wahrheit nicht entsprochen, sie ruckelten wiederstrebend beiseite und ließen heulenden Wind und Regen ins Innere der Kabine. Essmas zog die Kapuze seiner Robe tiefer ins Gesicht. Der saure Regen prickelte auf den Teilen seiner Haut, die nicht durch die mechanischen Prothesen seines Techpriesterstandes ersetzt wurden waren. Vor ihm lag das trostlose Sinnbild seiner eigenen Lebenssituation. Der korrosive Niederschlag, eine Mischung aus dem Dreck und Abgasen, die der Meereswinde aus Richtung Gohmor über Magnus Rega trieb, tauchte die künstliche Landschaft in ein diesiges Zwielicht. Rostiges Metall erstreckte sich in alle Richtungen, die schroffen Berge, welche die Einrichtung begrenzten, offenbarten sich Essmas nur, wenn er die Sichtfilter seines künstlichen Auges entsprechend kalibrierte. Ein weiterer Seufzer entrang sich seiner Kehle und er schritt ins Freie. Sogleich griff der Wind nach ihm und zerrte an der roten Robe. Die nähere Umgebung war ein Irrgarten aus Leitungen, Rohren und aufragenden Antennen. Unterbrochen wurde die Ebene immer wieder von den geometrischen Formen ineinander verschachtelter Formen. Geschütztürme, Messstationen, Aggregate aller Art. Essmas rief die neurale Karte ab, welche ihm zeigte wohin er musste und stapfte los. Je schneller er mit dieser Gehilfenarbeit fertig wurde, umso schneller konnte er wieder ins Trockene und zurück an seine Leseverbindung. Er versuchte eine Kurzwellenverbindung zur technischen Überwachung herzustellen, doch irgendwelche Interferenzen verhinderten diesen Versuch. Kurzentschlossen ging er zu einem Kasten hinüber, der in Brusthöhe an einer deaktivierten Phalanx aus Abwehrlasern hing. Die vier mächtigen Läufe der Waffe zeigten nutzlos in den Himmel. Kopfschüttelnd machte sich Essmas an dem Kasten zu schaffen, dessen schwarz-gelbe Warnmarkierung unter seiner Berührung in dicken Flocken abbröckelte. Der Deckel widerstand seinem Öffnungsversuch eine Weile, dann gab er endlich nach. Handteller große Schaben krabbelten in das trübe Licht und versuchten der unwillkommenen Störung zu entkommen. Eines der Tiere kroch verwirrt und träge am Boden herum und wurde das Ziel von Essmas Frustration und seines schweren Stiefels. Er griff nach dem Hörer, der unter der Klappe verborgen gelegen hatte, entschlossen die technische Überwachung zum nächsten Adressanten seiner unterirdischen Stimmung zu machen. Als er den Hörer jedoch aus der Gabel nahm, zerfiel das Kabel zu spröden Bruchstücken. Zornig knallte er den Hörer wieder in die Halterung. Eine himmelschreiende Unmöglichkeit war der gesamte Zustand dieser Einrichtung. Ihre Vernachlässigung grenzte an Blasphemie gegenüber dem Omnissiah. Es mochte ja sein, dass die Besetzung und die Leistungskapazität der gesamten Einrichtung auf ein Minimum heruntergefahren wurden war, es mochte auch sein, dass man ihr die nötigen Nachschublieferungen nur sporadisch zukommen ließ, weil ihr Verwalter in irgendwelchen theologischen Streitigkeiten mit der Obrigkeit lag, aber dieser Mangel an Wartung war ein skandalöser Zustand. Essmas würde sich an den die Sub- Sektorniederlassung wenden… ach was, an den Mars selbst würde er sich wenden. Wenn sie die Ressourcen des Adeptus Mechanicus auf Koron schon verkommen ließen, dann doch bitte schön ohne ihn. Sollten Lerel zusammen mit der Station verrosten und zu Staub zerfallen, aber seine Fähigkeiten konnten an anderer Stelle gewinnbringend genutzt werden. Der Beste seines Ausbildungssegments und dann das. Man sollte doch meinen das…
Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken und ließ ihn herumwirbeln. Surrend versuchte seine optische Sensorik die schnelle Bewegung durch Nachjustierung der Schärfe zu kompensieren. Was war das? Er fuhr die akustische Aufzeichnung seines Innenohrspeichers zurück, spielte sie erneut ab und filterte das Geräusch des Regens heraus. Ein schnelles Klicken, etwas Hartes bewegte sich auf dem stählernen Untergrund. Seine erste Assoziation war die einer abgerissenen Antenne, welche durch den Sturm über den Boden geschrammt wurde. Doch dafür war das Geräusch zu kontinuierlich. Ein anderer, beunruhigender Gedankengang brach sich Bahn. Essmas rief erneut die Karte auf, wählte den Sektor seiner momentanen Position aus und blendete die Defensivoptionen ein. Es gab einige Bewegungsmelder, Selbstschussanlagen und natürlich die großen Geschützbatterien, welche Magnus Regas in eine Verderben speiende Festung verwandelten, wenn es nötig sein sollte. Alles war abgeschaltet oder in einem Ruhemodus. Alles bis auf Servitor- Silo 15A welches eine Fehlfunktion im Lobotomiestatus aufwies. Eine Fehlermeldung und eine Reparaturanforderung war abgeschickt wurden. Vor drei Jahren, acht Monaten, zwölf Tagen, 17 Stunden, 23 Minuten und 46 Sekunden. Eine Antwort und Fehlerbehebung stand aus.
Essmas stieß einen Fluch in Mechanilingua-A23 aus. Er hätte nicht darauf verzichten sollen eine Seitenwaffe mitzunehmen, wie man es ihm empfohlen hatte. Da war das Geräusch wieder. Essmas lief schnellen Schrittes hinter einen Kühlturm und verbarg sich dahinter. So weit war es schon. Man musste sich als Techpriester in der eigenen Einrichtung vor schlecht gepflegter Defensivausrüstung verbergen. Da war das Geräusch wieder, näher dieses Mal. Er sah um die Ecke und erspähte die Quelle. Ein Servitor war an der Stelle aufgetaucht, an der er eben noch gestanden hatte. Die Menschmaschine war eine dürre Kreatur, Arme und Beine an den Gelenken amputiert und durch etwa einen Meter lange Klingen ersetzt. So in den Vierfüßler- Stand gezwungen, war die Positionierung einer kleinen Kanone auf dem Rücken des Servitors nachvollziehbar. Wenigstens das Geschütz schien über keine Energie zu verfügen, jedenfalls verriet ein Abgleich vom Bauplan und dem Gesehenen, dass der Magazinschacht der Energiezelle leer war. Allerdings machte dass das Wesen nur geringfügig weniger gefährlich. So dürr die Gestalt auch war, aus ausgezerrt ihr Leib und fleckig die Haut, die Bewegungen waren fahrig aber schnell, was auf den Einsatz diverser Stimulanzien zur Steigerung der Kampffähigkeit hindeute. Das Rohmaterial für den Wächter musste dereinst eine Frau gewesen sein, worauf fehlender Penis und die schlaffe Andeutung von Brüsten hindeuteten. Der Kopf war nur noch ein skelettierter Schädel, vollgestopft mit Kabeln und Sensorfühlern. Eine Augenhohle war leer, die andere von den Fassetten einer Rundumlinse ausgefüllt. Das diese Linse dem Servitor eine extrem erweiterte Sicht bot, wurde Essmas in dem Moment klar, als die Menschmaschine den Kopf surrend in seine Richtung schnellen ließ. Der Techpriester straffte sich und trat hinter seinem lausigen Versteck hervor. Das war albern. Er würde sich nicht von einem derart lachhaften, kleinen Servitor verschüchtern lassen. Abwehreinheit Pelax 77-A Seine Stimme war angenehm fest und deutet nicht auf den Kloß hin, der in seinem Hals zu stecken schien. Techpriester Essmas, Kennung 1414 MR C8, Abteilung Verwaltung und Rechnungswesen. Ich gebiete akustische Befehlseingabe. Im Inneren des Servitors klickte und ratterte es, als die stark eingeschränkten Logikverarbeiter sich mühten die Situation zu analysieren. Notabschaltung initialisieren. Umgehende Ausführung. Der Servitor legte den Kopf schräg und kam dann unschlüssig auf ihn zu gekrochen. Wie eine Spinne, die sich noch entscheiden musste, ob ihr Hunger groß genug war sich mit einer eventuell ungeeigneten Beute einzulassen. Essmas überschlug seine Optionen. Sein Körper auf möglichst effiziente Verarbeitung unterschiedlichster Informationen ausgelegt, nicht auf den Kampf, wie bei einigen seiner Brüder. Wenn sich die Mensch-Maschine nicht stoppen ließ, dann würde sie ihn zu Hackfleisch verarbeiten und würde dazu nicht einmal die Kanone auf ihrem Rücken benötigen.
An Flucht war ebenfalls nicht zu denken. Der Servitor war für Schnelligkeit konzipiert und hätte ihn erreicht, bevor er sich ganz ungewandt hatte. Dass er irgendwie den altersschwachen Fahrstuhl zum Laufen bringen musste, war dabei noch nicht einmal mit einkalkuliert.
Essmass versuchte es noch einmal mit der akustischen Eingabe, er brüllte die Mensch- Maschine dieses Mal fast an. Wieder stockte die Waffe und schien überlegen zu müssen wie sie weiter vorging. Der Techpriester konnte fast sehen, wie im Inneren des geschundenen Körpers die uralten Systeme ratterten und versuchten aus der Situation schlau zu werden.
Sie wurden es nicht und als einzige Alternative blieb die primäre Direktive und die bestand aus Angreifen und Töten.
Pelax 77-A überwand seine, durch Fehlschaltungen verursachten Bedenken und ging zum Angriff über.
Es wurde ein Schemata ausgewählt, welches nicht nur aus Zustoßen und Zerschneiden bestand, sondern das Eigengewicht der Maschine nutzte, um die Kontaktwirkung zu potenzieren. Zu diesem Zweck erkletterte der Servitor den Kühlturm, der seiner Beute bis eben noch als Deckung gedient hatte. Selbst die übersteigerte Kraft des Stimmulanzien gesättigten Körpers hätte nicht ausgereicht die Arm- und Beinklingen in das Metall zu rammen, ganz gleich wie rostig und zerfressen es war. Doch Pelax 77-A nutzt Vertiefungen, Anbauteile und außen liegende Rohrleitung, um an dem Block empor zu klettern, dass jeder Affe vor Neid erblasst wäre. Essmass entschied, dass Flucht vielleicht aussichtslos war, doch allemal besser, als sich teilnahmslos aufspießen zu lassen. Er wandte sich um, während sich der Servitor zum Sprung duckte.
Zwei Schritte konnte Essmass machen, bevor der Körper gegen ihn prallte.
Er schrie auf, spürte wie die rostigen Klingen durch seine Robe drangen und das Fleisch aufspießten, welches fataler Weiser noch nicht durch stärkere Teile aus Stahl und Chrome ersetzt wurden waren. Er fiel unter dem Gewicht des Angreifers, spürte Feuchtigkeit, Blut und vermutlich Kühlflüssigkeit.
So würde er also enden. Niedergestochen von einer defekten Drohne und ausgeblutet. Er Essmass, Bester seines Ausbildungszyklus und zu Großem bestimmt, das Opfer eines Unfalls, gestorben und vergessen auf einer, vom Omnissiah verlassenen Station, die bestenfalls noch Schrottwert hatte.

Ironische Anfrage: Die Stimme knisterte direkt in seinem Kopf. Klar und deutlich über den Hauptkanal. Ich nehme an, Bruder Essmass, dass du die von mir angeordnete Instandsetzung noch nicht durchgeführt hast. Kannst du die maßgeblichen Gründe für diesen Umstand spezifizieren?

Verwalter Lerel!
Ich bin verwundet, der Wachservitor hat eine Fehlfunktion ich sterbe. Ich...
Unterbrechung: Ich habe zwar keinen Informationszugang zu deinen inneren Werten, Bruder Lerel, doch sagt mir die optische Analyse, dass du keine Verletzungen davongetragen hast. Jedenfalls nicht durch den Angriff von Pelax 77-A. Ich habe die Befehle der Waffe zurückgesetzt. Die Waffe ist defekt und muss repariert werden. Erweise dich also des Ansehens deines Ranges als würdig und steh aus dieser Pfütze auf, Bruder Essmass.
Die Waffe ist allerdings defekt,
erboste sich der Techpriester und schob den schlaffen Körper des Servitors von sich. Die Mensch- Maschine war erschreckend leicht. Der Kopf zuckte, wie unter einem epileptischen Anfall, ansonsten ging von Pelax 77-A keine Aktivität mehr aus.
Keine der Klingen hatte ihn aufgegabelt oder auch nur seine Robe zerrissen. Er war einzig und allein von dem erschlafften Körper getroffen worden. Kein Blut und keine Kühlflüssigkeit, nur Regenwasser und Demütigung.
Lerel war nicht als Klatschbase bekannt, doch Essmass war sich sicher, dass spätestens heute Abend der gesamte Stützpunkt von seiner Begegnung mit Pelax 77-A wissen würde.
Aufforderung: Begib dich jetzt zur Position deines Auftrages und führe die nötigen Maßnahmen durch. Eine weitere Verzögerung einer derart simplen Aufgabe kann ich nicht tolerieren. Ein kurzes Knacken, dann war die Verbindung unterbrochen. Essmass brummte einen regionalen Fluch, der ihm aufgrund seiner farbenfrohen Umschreibung gewisser Vermehrungsparktiken im Gedächtnis geblieben war. Lerel konnte ihn nicht mehr hören, doch vermutlich beobachtete der Verwalter ihn weiterhin über die optischen Überwachungsanlagen in der Umgebung. Jedenfalls über die, die noch funktionierten.
Missmutig machte der Techpriester einen großen Schritt über den deaktivierten Servitor hinweg und stiefelte zu der Stelle, an der er die Reparaturen durchführen sollte. Eine Leiter brachte ihn auf die Spitze einer Sensorbank und er durchquerte einen Wald aus Antennen und Sendeanlagen. Im Zentrum erhob sich eine gewaltige Sattelitenschüssel. Die Anlage war in Ordnung, allein sie konnte sich nicht mehr auf dem Zahnradkranz drehen und angewählte Satelliten kontaktieren. Essmass sah auch den Grund für das Dilemma. Die Zahnräder waren so stark korrodiert, dass sie fast mit einander verbacken waren. Er arbeitete etwa eine halbe Stunde und brachte das gröbere Gerät aus seinem Werkzeuggürtel zum Einsatz. Als er den Hammer schwang, um dicke Brocken Rost von der Anlage zu schlagen, schalt er sich kurz, dass er das Werkzeug nicht als potenzielle Waffe gegen den defekten Servitor genutzt hatte. Aber es hätte keinen Unterschied gemacht. Ob mit Hammer oder ohne, die Mensch- Maschine hätte ihn erledigt, wäre sie nicht vom Verwalter ausgeschaltet wurden.
Nachdem die Zahnräder wieder einigermaßen frei von Belag waren, salbte er die Maschinerie großzügig mit Ölen, die nicht nur den Geist darin beschwichtigen sollten, sondern auch Schutz und Schmierung darstellten. Es war ein Frevel, dass die beseelte Technik Magnus Regas durch so nachlässige Diener verhöhnt wurde. Er entzündete eine Magnesiumkerze und stellte sie neben den gereinigten Drehkranz. Der Regen zischte in der Flamme.
Wie alles im Fluss des Seins ineinander greift, begann er mit gesengtem Kopf und monotoner Stimme zu intonieren,[/B] so sollen deine Komponenten ineinander greifen. Bewegung ist Funktion und Funktion ist heilig. Was still stand mag sich bewegen, das Kleinste bewegt das Große, alles an seinem Platze.[/B] Ein einfaches Gebet, wie es den jüngsten Apiranten beigebracht wurde. Doch bei derart grundlegender Vernachlässigung, waren auch grundlegende Bitten um Verzeihung angebracht. Er versuchte einen Kanal zur technischen Überwachung herzustellen und es gelang auf Anhieb.
Wenn ihn ein wildgewordener Kampfservitor aufschlitzen wollte, war niemand zu erreichen. Doch jetzt melde sich die Stimme in seinem Kopf mit einem fröhlichen Gruß. Sämtliche Vorhaltungen und unschicklichen Beleidigungen durch zusammengebissene Zähne zurückhaltend, verlangte Essmass lediglich, dass man die Ausrichtungsmechanik jetzt zum Testlauf anfahren könnte, was knapp bestätigt wurde. Seine Bemühungen waren offenkundig von Erfolg gekrönt. Die Zahnräder knirschten und quietschten kurz, die ganze Anlage erzitterte für einen Augenblick, doch dann tat das Öl seine Wirkung und die Antenne drehte sich einigermaßen geschmeidig. Essmass meldete Erfolg und machte sich dann auf den Weg in seine ruhige Studierstube, wo er es nicht mit Demütigung, Unterforderung und durchgedrehten Servitoren zu tun hatte.

[CENTER]Äußerster Rand des Sorlon-Systems[/CENTER]
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