03-20-2017, 11:24 PM
Epilog?
[CENTER]Der LKW[/CENTER]
Nein nicht geboren.
Ausgespuckt!
In Gedanken revidierte Darrell die erste Assoziation, die sich eingestellt hatte, als er den LKW am Horizont entdeckte.
Man sagte zwar „so hässlich, dass nur eine Mutter es lieben kann“, doch was da aus der Staubhose hervorgebrochen kam sah mehr aus wie etwas, was eine Mutter angewidert von sich stoßen würde, wenn es ihr der Geburtshelfer hinhielt.
Auf den Punkt gebracht, das Fahrzeug sah aus wie etwas, dass die Einöde loswerden wollte.
Er strich mit dem Zeigefinger über das kleine Rädchen an der Oberseite des Sichtgeräts und der elektronische Zoom holte ihm den LKW heran.
Unmöglich die Farbe auszumachen.
Rot vielleicht, aber das konnte auch auf die Schicht aus Staub zurückzuführen sein.
Seine aufblitzende Abneigung und die blumigen Vergleiche waren natürlich Unsinn. Ein einsamer Springer auf dem Weg nach Golga, na und? Nichts Alltägliches, aber auch nichts Ungewöhnliches. Und waren nicht alle diese LKWs, die Versorgungsgüter zu den Außenposten oder Schrott aus der Wüste zu den Verwertstationen am Stadtrand brachten, ausnehmend hässliche Fahrzeuge?
Wer durch die Ödnis fuhr musste seiner Maschine sein Leben anvertrauen und da galt Funktionalität mehr als ästhetische Gesichtspunkte.
Dennoch...
Darrell vertraute seinen Instinkten nicht blind. Das war Blödsinn, der bei Tieren und in Groschenheften funktionieren mochte, aber nicht im wirklichen Leben. Wie oft stellten sich vermeintliche Instinkte als schlichte Vorurteile oder Irrtümer heraus?
Ganz zum Schweigen konnte man seine Intuitionen dann aber doch nicht bringen und so flüsterte sie leise aber penetrant, dass irgendetwas an diesem Wagen es wert war nicht gemocht zu werden.
Der LKW war bei weitem nicht das größte Exemplar, das Darrel jemals gesehen hatte. Nichtsdestotrotz ein gottverdammtes Monster.
Die langgezogene Schnauze war auf Fahrbahnhöhe mit einem Gitterräumschild bewährt, wie man ihn sonst nur an Zügen zu sehen bekam. Dieser Rammsporn, dazu gedacht Sandwehen und Steine aus dem Weg zu schieben, zeichnete ein zähnefletschendes Grinsen in das Gesicht der Maschine. In Verbindung mit den schrägen Sehschlitzen, welche die Scheibenwischer in die Dreckkruste auf den Fenstern gefressen hatten, verlieh es dem Antlitz des Vehikels eine unangenehme Fratze. Das mochte es sein was Darrel den LKW nicht gefallen lassen wollte.
Natürlich abergläubischer Unsinn.
Ein Lastwagen war ein Ding und irgendwelche Charakterzüge, die man ihm aufgrund seines Aussehens andichtete, sprachen allein dafür, dass der Beobachter etwas zu lange in der Sonne gewesen war. Allerdings gab es andere Aspekte, die sich weniger leicht von der Hand weisen ließen. Etwa die Geschwindigkeit, mit der der Schlepper unterwegs war.
Springer waren chronisch darauf bedacht so sparsam wie möglich zu fahren, jeden Tropfen Kraftstoffverbrauch gegen die Gewinnspanne der Fracht aufzurechnen. Keiner von ihnen würde das Gaspedal bis zum Bodenblech durchtreten, wenn dazu nicht absolute Notwendigkeit bestand.
Noch merkwürdiger wurde dieser Umstand durch die Tatsache, dass der LKW bis eben durch eine Staubhose gefahren war. Die Sicht in diesen unberechenbaren Wetterphänomenen betrug gleich Null und die gängige Methode war anzuhalten und die Sache auszusitzen. Weiterzufahren, dazu noch mit diesem Tempo, war nackter Irrsinn. Räumschild und mannsdicke Reifen hin oder her, eine ungünstige Bodenwelle und der Karren gesellte sich zu den ungezählten, rostigen Wracks, die von Unterschätzung der Wüste kündeten.
„Warum so eilig, mein Freund?“
Murmelte Darrel, an dessen Ohr jetzt auch das entfernte Geräusch des Motors klang. Ein seltsames Echo verzerrte den Laut zu einem Winseln, welches nicht recht zu der bulligen Maschine passen wollte. Das leicht krisselige Bild des Sichtgerätes wanderte über die Karosserie. Zeichen langer Benutzung und entbehrungsreicher Dienstjahre im Transit zwischen den Bastionen der Zivilisation. Wie bei einem uralten Meeresungeheuer zeichneten sich Narben und Dellen auf der metallenen Haut ab. An einigen Stellen deuteten hellere Teile darauf hin, dass hier nachgebessert und ausgetauscht wurde. Helle Flecken, wie Pockennarben, mochten geflickte Einschusslöcher sein. Ein Firmenlogo konnte er ebenso wenig auf der Flanke des LKWs erkennen, wie sich die Fracht eindeutig identifizieren ließ. Ein länglicher Auflieger vielleicht, aber mehr als eine Vermutung ließ der wirbelnde Staub nicht zu. Darrel tastete den LKW noch einmal mit den Augen ab und schwenkte das Sichtgerät dann nach Süden. Er vermutete, dass der Kurs des LKWs etwa zwei Kilometer an der Position der Stadtbälger vorbei führen würde.
Er hatte die Kids vor etwa einer Stunde kontrolliert. Zwei junge Burschen und ihre Freundinnen. Dezent aufgespritzte Lippen, makellose Brüste und kleine weiße Perlmuttzähnchen die Mädesl, Muskeln und künstlich gebräunte Haut die Typen.
Gottverdammte Hochglanzmagazinmenschen!
Sie waren freundlich zu ihm gewesen. Hatten ihm die Papiere des Fahrzeugs gezeigt, ihre ID und die Besitzerlaubnisse für die Jagdgewehre und Pistolen. Auf Mutanten waren sie aus, so hatten sie Darrel erklärt und tatsächlich war an der Ladefläche ihres chromglänzenden Pickups eine Kranwinde befestigt gewesen. Wie so ein Teil mit dem man Fische aus dem Wasser hieven und sich grinsend neben dem zur Schau gestellten Kadaver ablichten lassen konnte. Nur das es eben keine Fische, sondern mutierte Menschen waren, auf die Mamas und Papas Lieblinge da zum Halali bliesen.
Nicht das ihre Aussichten auf Erfolg besonders überwältigend gewesen wäre. Der Sinn stand ihnen wohl eher danach ihre Nobelkarosse ein bisschen mit Staub einzusauen, sich die Stürme anzusehen, zu trinken und vielleicht ein bisschen rumzumachen. Bevor die Nacht über das Land kam würden sie wieder in der oberen Etage der Stadt sein und auf irgendwelchen Stimulanzpartys Designerdrogen einwerfen.
Darrel konnte nicht aus eigener Anschauung bestätigen, dass so was wirklich in den Türmen abging. Die Aussicht, dass ein Grenzer wie er jemals mehr von der Oberstadt sehen würde, als die hell erleuchteten Türme, die nachts wie Nadeln in den Sternenhimmel stachen, war doch eher gering. Also verließ er sich auf das was er von anderen hörte, die es möglicherweise besser wussten, wahrscheinlich aber nicht.
Bei der Kontrolle waren sie höflich gewesen. Die Jungen hatten ihn mit „Herr Grenzpolizist“ angesprochen, die Mädchen artig die Augen niedergeschlagen und nichts gesagt. Ganz so wie es die Etikette der feinen Leute verlangte. Aber seine Mutter hatte keinen Idioten großgezogen und Darrel wusste sehr genau wann er verarscht wurde. Unter der Oberfläche dieses zuvorkommenden Getues schwamm herablassender Spott. Er konnte sich vorstellen wie sie losgeprustet hatten, kaum dass er sich an den Hut getippt und von dannen gezogen war. Der verschwitzte Grenzhauser, der sich toll dabei vor kam vier besseren Herrschaften aus der Oberstadt zu befehlen ihm ihre Papiere zu zeigen.
Alles in Ordnung Freunde, schönen Tag noch.
Er hatte den Wagen der Vier entdeckt und zoomte heran. Das Fahrzeug stand hinter einer kleinen Anhöhe, wo sie den schlimmsten Auswirkungen des Staubsturms entkommen waren.
Seine Vermutungen waren in die richtige Richtung gegangen, denn rings um das Auto brach sich das Sonnenlicht auf weggeworfenen Bierdosen. Eine dieser Büchsen sprang in die Höhe und keine Sekunde danach drang auch der Schussknall an Darrels Ohr. Einer der Burschen stand auf der Ladefläche und feuerte auf die vorher geleerten Dosen. Schön wenn man so verschwenderisch mit Munition umgehen konnte. Seine Vorhersage war korrekt gewesen. Um diesen Kids zum Opfer zu fallen musste ein Muti schon selten dämlich sein, was sich mit dem Überleben in der Wüste ausschloss. Während einer der Wochenendhelden seine Schießkünste an dem selbst produzierten Müll ausließ, stand eines der Mädels bei ihm und himmelte ihn an.
Die anderen beiden trieben es auf der Motorhaube.
Was?
Er zoomte noch einmal heran und befeuchtete sich die Lippen, während das Bild langsam die Schärfe nachjustierte.
Nein, soweit waren die beiden da unten dann doch noch nicht. Sie schienen zu tanzen. Wenn man das denn so nennen wollte. Er hing halb auf der Motorhaube und sie rieb sich an ihm wie eine rollige Katze. Das sie dabei ihr Oberteil ausgezogen hatte und ihre Verrenkungen nur im BH oder einem Badeoberteil absolvierte sah zugegebenermaßen ansprechend aus, würde ihr jedoch morgen einen Sonnenbrand und wenn sie Pech hatte, in ein paar Jahren Hautkrebs einbrocken.
Wie dem auch sei, für den Moment genoss Darrel die Show.
Er fragte sich, ob denen da unten bewusst war, dass er sich beobachtete und ob die beiden vielleicht nur deswegen so loslegten. Nun vermutlich nicht und wenn doch, machten sie sich entweder einen Spaß daraus oder es war ihnen schlicht egal, ob so ein verstaubter Leguanfresser wie er sie bei ihrem Treiben begaffte. Sein schlechtes Gewissen jedenfalls hielt sich in Grenzen und er war tatsächlich enttäuscht, als sich die blonde Ballkönigin ihr Shirt wieder überwarf. Ihre Haut würde es ihr danken, aber es war trotzdem schade.
Als er mit einer weiteren Drehung an der Justierung das Bild wieder etwas weiter fächerte, sah er warum die kleine Darbietung so rüde unterbrochen wurde. Das andere Mädchen hatte sich auf der Ladefläche auf die Zehenspitzen gestellt und konnte damit über die kleine Felsformation spähen, hinter der sie geparkt hatten. Aufgeregt deutete es nach Westen.
Auf den hässlichen LKW.
Für eine angenehme Minute oder zwei, hatte Darrel den Springer schon wieder völlig vergessen und es stieß ihm umso saurer auf, dass er nun wieder an ihn erinnert wurde. Kurz zuckte sein Blick zu dem Fahrzeug. Immer noch nicht mehr, als ein herandonnernder Komet aus aufgewirbeltem Dreck. Die Augen wieder auf die Jugendlichen gerichtet, war nun zu sehen, dass sich alle Vier auf der Ladefläche versammelt hatten und in Richtung des LKWs spähten, die Augen durch beschirmende Hände an der Stirn gegen die unbarmherzige Sonne schützend. Eines der Mädels hüpfte auf und ab und winkte dabei euphorisch, was ihre Brüste anschaulich in Bewegung versetzte. Der Kerl mit dem Gewehr riss plötzlich seine Waffe an die Schulter und zielte.
Darrel zog scharf die Luft ein und legte seine Linke instinktiv auf den Griff seiner Pistole.
Eine gleichsam unbewusste, wie unnütze Geste.
Der Junge wurde vom Rückstoß seiner Waffe leicht in die Knie gedrückt, der Lauf ruckte hoch.
Der Knall jedoch blieb aus und der Klaps, dem ihm eines der Mädchen auf den Oberarm versetzte, ließ erkennen dass der Bursche nur so getan hatte als ob.
Die vier schienen sich zu beraten und als Darrel schon dachte, sie hätten das Interesse an dem LKW verloren, kam plötzlich Bewegung in die Truppe.
Ein Pärchen blieb auf der Ladefläche, die anderen beiden kletterten nach vorn und bestiegen die Kabine. Staub spritze auf, als sich die Räder des schweren Geländewagens durchdrehten und das Auto dann mit einem Satz nach vorn sprang. Die beiden auf der Ladefläche mussten sich an dem Scheinwerferaufbau festklammern, ihr Gebaren deutete jedoch nicht darauf hin, dass sie sich an der holprigen Fahrt störten. Vielmehr ließen die aufgerissenen Münder und in die Luft boxenden Fäuste darauf schließen, dass sie sich königlich amüsierten und ihren Kumpel zu mehr Geschwindigkeit und höherer Wahrscheinlichkeit einer selbst verschuldeten Katastrophe anspornten.
„Tut das nicht Leute!“
Springer waren an sich keine schlechten Kerle, jedenfalls nicht die, die Darrel bisher kennengelernt hatte. Aber sie waren auch oftmals durch die lange Einsamkeit und die Bedrohungen der Wüste verschroben und eigenbrötlerisch. Wer permanent mit Wetterkapriolen und Mutantenangriffen rechnen musste, der hatte für gewöhnlich nichts übrig für dumme Streiche. Das konnte schief gehen, aber er konnte auch niemanden davon abhalten neben einem Lastwagen herzufahren, der in Richtung Stadt rollte.
Er hoffte inständig, das die Kids es nicht übertrieben und das der Springer besonnen genug war, sich nicht irgendwie provozieren zu lassen und allzu schnell mit der Schrotflinte bei der Hand war.
Der Pickup hielt seitlich auf den Lastwagen zu. Dieser war gewiss schnell, konnte sich aber kaum mit der Höchstgeschwindigkeit des überzüchteten Nobelspielzeugs messen. Immerhin schien sich der Fahrer, so er die Aktion in seinem Kosmos aus brüllendem Motorenlärm und Staub überhaupt bemerkt hatte, nicht von seinem Tun abbringen zu lassen. Er wurde weder langsamer, noch versuchte er Abstand zu gewinnen oder die Halbstarken auch nur durch das Betätigen des Horns auf die Dummheit ihres Tuns aufmerksam zu machen.
Die Kids waren dem Sattelschlepper entgegen gefahren und ließen Darrel dadurch genug Zeit sein weiteres Vorgehen zu überdenken. Viel mehr als den stillen Beobachter zu spielen konnte er im Augenblick freilich nicht tun. Sich wie Arschlöscher zu benehmen und anderen Leuten auf die Eier zu gehen war hier draußen genauso wenig verboten wie seine leeren Bierdosen wegzuwerfen. Das war schließlich die verdammte Wüste.
Den Pickup zu beobachten war schwierig, denn die Sonnenreflektionen auf den verchromten Teilen des Autos stachen in den Augen.
Darrel klappte den Filter über die Linse. Damit war es erträglich.
Ah, sie hielten sich jetzt auf gleicher Höhe mit dem LKW, inzwischen ungefähr auf gerader Linie mit seiner eigenen Beobachtungsposition. Der Pickup war ein wuchtiger Wagen, nahm sich neben dem Koloss aber geradezu lächerlich klein aus. Der jugendliche Fahrer ließ das Auto zwei, drei Mal hin und her schlingern, wobei er jedoch keineswegs hinter dem Sattelzug zurück blieb.
Das Mädchen auf der Ladefläche hielt sich mit beiden Händen am Aufbau fest und hüpfte dabei wie irre auf und ab. Es sah aus als schrie sie etwas zum LKW rüber. Darrel fragte sich, ob sie irgendetwas eingeworfen hatten, was sie so die Gefahr missachten ließ. Das man sich in jungen Jahren für unsterblich hielt war ihm schon klar, schließlich war es ja bei ihm auch noch nicht so lange her. Das da unten aber war glatter Irrsinn. Eine unebene Stelle, eine Sekunde, in welcher der Fahrer die Kontrolle über den Pickup verlor und das Pärchen auf der Ladefläche machte einen Abgang. Wenn sich nicht gleich der ganze Wagen überschlug.
Jetzt setzen sie sich vor die Schnauze des LKWs, scheinbar frustriert darüber ignoriert zu werden. Der Bursche auf der Ladefläche leerte eine Bierdose und warf sie nach hinten.
Das funkelnde, sich überschlagende Objekt wurde von der Staubbestie verschluckt.
Das Mädchen riss ihr Shirt hoch und zeigte dem Springer was sie hatte.
Keine Reaktion, kein Hornsignal, kein Langsamerwerden oder Versuch auszuweichen.
Der Sattelzug wirkte geradezu stoisch.
Eigentlich machte der Typ am Steuer dieses hässlichen Wüstenschlachtschiffs genau das Richtige. Er ignorierte diese Gören, so wie ein geduldige Vater seine überdrehten Kinder ignorieren würde, in dem Wissen, dass er ihnen dadurch die Lust an ihrem Unsinn mehr nahm, als es jedwede Reaktion tun konnte.
Oder wie ein Alligator, der sich nicht um kleine Vögel kümmerte, die auf seinem tödlichen Maul herum hüpften.
Welchen Vergleich man auch bemühte, es schien jedenfalls tatsächlich zu funktionieren. Der Pickup verließ seine Position vor der Front des LKWs, fuhr auf einer Höhe mit der Zugmaschine, ließ sich langsam aber sicher zurückfallen, genauso wie die Kapriolen der hinteren Passagiere an Elan verloren.
Darrel entspannte sich.
Ein weiteres Zeugnis dafür, was er über Leute, gerade wohlhabende, junge Leute, aus der Stadt wusste und gehört hatte. Man konnte nur hoffen, dass sie daraus lernten, dass nicht jeder Mensch gewillt war auf ihre Launen einzugehen. Es stand zwar zu bezweifeln das...
Der LKW zog nach rechts!
Darrel blinzelte, mehr erstaunt als erschrocken und drückte das halb abgesetzte Sichtgerät wieder gegen die Nase.
Der schwere Lastwagen hatte nur einen kleinen Schlenker zur Seite gemacht. Für den Fahrer sicherlich kaum mehr als ein leichter Zug am Lenkrad, doch die Wirkung war nichtsdestotrotz fatal. Die Maschine touchierte das Auto, welches sich neigte und zur Seite ausbrach. Jetzt war überall Staub und für einen furchtbaren Augenblick glaubte Darrel das schreckensverzerrte Gesicht des Mädchens ausmachen zu können, als sie über die Umrandung der Ladefläche fiel.
„Verfluchte Scheiße!“
Er kämpfte den Drang nieder direkt zu seinem eigenen Wagen zu laufen und um Hilfe zu funken. Das würde er natürlich tun, doch er musste sich die Sekunde zurücknehmen, die er brauchte um die Situation besser einschätzen und entsprechend melden zu können.
Der LKW- Fahrer, dieser miese Bastard, fuhr weiter als wäre nichts gewesen. Egal, den würde er sich schnappen wenn er bei den Kids gewesen war, oder man brachte ihn spätestens an einem Einfahrtstoren der Stadt zur Strecke. Es war schließlich nicht so, dass sich dieses Monster großartig verstecken konnte und die Stadt war der einzige Anlaufpunkt im Umkreis von tausenden Rundmeilen.
Aber eins nach dem anderen.
Er fokussierte seinen Blick auf den verunfallten Pickup und stellte mit einiger Erleichterung fest, dass das Auto wenigstens nicht umgekippt war.
Das Gefährt hatte Schlagseite. Vielleicht war bei der kleinen Schleuderpartie ein Reifen von der Felge gesprungen. Auf der rechten, nun tiefer liegenden Seite, hatte der Pickup eine Sanddüne vor sich aufgeschoben. Diese hatte das ausbrechende Fahrzeug nicht nur gebremst, sondern wohl auch vor dem Umkippen bewahrt.
Das Pärchen stieg aus der Fahrerkabine. Sie hielt sich den Arm, er massierte seinen Nacken.
Aber alles in allem schienen sie mit dem Schrecken davongekommen zu sein. Nun erkannte Darrel auch, dass der Junge von der Ladefläche noch genau dort war. Es hatte ihn von den Beinen geholt und er war der Länge nach hingeschlagen, doch auch ihm waren wohl einfach nur die Knochen ein bisschen zum Klappern gebracht wurden. Naja vielleicht ein wenig mehr als das, denn der Zoom zeigte einen Blutstrom, der im von der Nase abwärts das Gesicht verschmierte.
Blieb noch das Mädchen.
Er hoffte inständig, dass sie nur in den Staub gefallen war.
In diesem Moment hoffte er dies nicht einmal um seiner selbst Willen, nicht aus Furcht vor dem Zorn des Papas, der sicherlich weniger Himmel und mehr Hölle in Bewegung setzen würde um ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen, dass er sein Töchterlein zwar der Ausweise wegen kontrolliert, sie aber nicht vor einem wahnsinnig gewordenen Springer bewahrt hatte. In diesem Moment hoffte er um des Mädchens Willen, dass sie sich nur die gemachte Nase im Staub etwas verbogen hatte, dass im schlimmsten Fall ein Arm gebrochen war. Allein, er konnte sie bei den Schwaden aus feinem Staub in der Luft nicht entdecken. Also setzte er das Sichtgerät ab und spurtete zu seinem eigenen Wagen, dabei das Bild verdrängend, was passiert sein mochte, wenn sie bei ihrem Sturz noch so nah am LKW gewesen war das...
Darrel riss die Tür auf und griff nach dem Funkgerät, alle fruchtlosen Spekulationen so gut als möglich verbannend. Das Sprechgerät wechselte in die Linke, damit er den Motor starten konnte.
„Randposten Fünfzehn Drei an Zentrale, kommen!“
Er ließ die Sprechtaste im gleichen Moment los, in dem der Wagen zum Leben erwachte. Der Motor kündete mit einem Brüllen von den vierhundert PS, die ihm innewohnten und blies den Staub aus den vier Ansaugstutzen, als blähe er die Nüstern in Freude darüber die eigene Kraft einmal mehr erproben zu können. Der Wagen schoss vorwärts, während im Inneren eine automatisierte Stimme aus dem Empfänger knisterte.
„Momentan sind alle Kanäle überlastet oder aufgrund von wetterbedingten Störungen nicht verfügbar. Hinterlassen sie eine Nachricht. Diese wird schnellstmöglich an die zuständigen Stelle weitergeleitet.“ Derartiges war so üblich, dass Darrel sich nicht einmal die Mühe machte darüber zu fluchen. Wer am Rand war, der war allein, auf sich gestellt. Alles andere waren Ausnahmen von der Regel. Ein Signalton ertönte und er drückte erneut die Sprechtaste.
„Diese Nachricht muss an die zentrale Einsatzleitung der Wüstenausläuferüberwachung weitergeleitet werden.“ Er wartete kurz um eine klare Trennung zu haben. „Hier spricht Fünfzehn Drei, ich befinde mich bei Markstein Fünfzehn, Ringkilometer Vierzehn.“ Kurz huschten seine Augen von der Piste auf den kleinen Positionsbestimmer, der wie wild in seinem flüssigkeitsgefüllten Gehäuse schwamm und die holprige Fahrt auszugleichen versuchte.
„Über Vierzehn mit drei Strich. Unfall mit erwartetem Personenschaden, möglicherweise Verursacherflucht. Beschreibung Verursacher folgt nach Erstversorgung. Benötigt wird ein Rettungsflieger zu angegebener Position.
Fünfzehn Drei Ende.“
Er hängte das Sprechgerät wieder in die Gabel, nahm sich Zeit hochzuschalten und legte dann beide Hände auf das Lenkrad. Er hatte jetzt die natürliche Rampe passiert, welche den Zugang zu seinem Beobachtungshügel darstellte und trat das Gaspedal durch. Kurz blickte er aus dem Seitenfenster und stellte erleichtert fest, dass der Staubsturm von ihnen weg zog.
Wenigsten etwas!
Während er noch einen Gang höher schaltete, nahm er auf der anderen Seite des kleinen Ausschnitts Wüste, welchen ihn die verdreckte Windschutzscheibe zu sehen gestatte, wahr, dass der LKW keineswegs floh um sich seiner Verantwortung zu entziehen. Vielmehr hatte der Springer in einem weitläufigen Bogen gewendet und kam nun zurück. Dafür gab es zwei mögliche Erklärungen.
Nummer Eins, der Kerl hatte gar nicht mitbekommen was passiert war, weil seine Maschine durch das Rammen des Autos nicht mehr tangiert wurde, als führe sie über einen größeren Stein oder durch eine Bodenwelle. Bei der Fahrweise des Springers war beide sicher keine Seltenheit. Jetzt hatte der Bursche einen Blick in den Rückspiegel geworfen und das Schlamassel gesehen. Dann kam er vielleicht zurück um zu helfen. Wie gesagt, diese Typen waren verschroben und vierschrötig, ließen für gewöhnlich aber auch niemanden in der Wüste zurück ohne zu helfen.
Das wäre die angenehmere Variante.
Version Nummer Zwei war weniger vom Hauch der Nächstenliebe umweht und beinhaltete einen skrupellosen Wichser, der nicht nur einen Unfall verursacht und den Tot von vier Menschen billigend in Kauf genommen hatte, sondern der auch nicht gedachte Zeugen für seine Tat zu hinterlassen.
Darrel legte einen Kippschalter um, woraufhin die Lichtsirenen auf dem Dach seines Wagens zum Leben erwachten. Sie sandten in kurzen Intervallen weißes Gleißen nach allen Seiten. Die Intensität dieses Signals war stark genug, dass man es selbst bei hochstehender Mittagssonne bis zum Horizont zu erkennen vermochte. Der LKW musste es sehen und realisieren, dass hier ein Wüstenbulle Zeuge der ganzen Sache gewesen war. Kein Springer war so dumm sich mit einem aus dem Corps der Randposten anzulegen.
Die Kids hatten ihn auf jeden Fall gesehen. Einer der Jungs stand auf der Motorhaube und winke wild in seine Richtung. Der Sattelschlepper drehte derweil nicht ab, was eigentlich ein gutes Zeichen hätte sein müssen. Trotz der Anwesenheit eines Ordnungshüters schien er helfen zu wollen. Das Darrel dennoch wünschte er wäre näher an der Unfallstelle als der LKW lag daran, dass das rostige Ungeheuer nicht langsamer wurde.
Sein Wagen war schnell, doch der Schlepper war näher dran und jetzt war seine Absicht nicht mehr wegzudenken. Die Abgasfahnen der senkrechten Zwillingsauspuffrohre standen fast waagerecht. Die Jugendlichen winkten immer noch wie irre in seine Richtung, deuteten auf die Stelle wo der LKW sie gerammt hatte. Sahen oder hörten sie dieses heranstürmende Gebirge aus Metall etwa nicht? Waren sie denn blind?
Nein, jetzt drehte sich der Bursche auf der Ladefläche um und auch wenn er für einen Moment so aussah, als wäre er wie vom Donner gerührt regte er sich doch plötzlich.
Was er tat war freilich die größte Dummheit, die ihm hätte einfallen können. Unvermittelt hatte er wieder das Jagdgewehr in der Hand und schien es auch zu benutzen. Genau konnte Darrel das nicht erkennen, da seine eigene kleine Welt aus Motorenlärm Vibration, Geruckel und einem kleinen, verdreckten Sehschlitz von Windschutzscheibe bestand. Alles in Allem nichts, was ihm die Umgebung in Brillanz wahrnehmen ließ. Dennoch meinte er über den Krach seiner eigenen Maschine das Astknacken entfernter Schüsse zu hören. Gut möglich, dass der Junge sogar Glück hatte und den Fahrer erwischte. Die ganze Sache würde dadurch zwar auch nicht weniger kompliziert werden, aber vielleicht verhinderte der Bursche damit, dass er und seine Freunde ihr Leben in dieser unsterbenswerten Gegend ließen.
Das verbliebene Pärchen ließ sich zu einer weniger heldenhaften, aber wie Darrel fand, sehr viel verständlicheren Reaktion hinreißen. Sie rannten, er sie dabei an der Hand hinter sich herziehend.
Der LKW traf den Pick-Up!
[CENTER]Der LKW[/CENTER]
Nein nicht geboren.
Ausgespuckt!
In Gedanken revidierte Darrell die erste Assoziation, die sich eingestellt hatte, als er den LKW am Horizont entdeckte.
Man sagte zwar „so hässlich, dass nur eine Mutter es lieben kann“, doch was da aus der Staubhose hervorgebrochen kam sah mehr aus wie etwas, was eine Mutter angewidert von sich stoßen würde, wenn es ihr der Geburtshelfer hinhielt.
Auf den Punkt gebracht, das Fahrzeug sah aus wie etwas, dass die Einöde loswerden wollte.
Er strich mit dem Zeigefinger über das kleine Rädchen an der Oberseite des Sichtgeräts und der elektronische Zoom holte ihm den LKW heran.
Unmöglich die Farbe auszumachen.
Rot vielleicht, aber das konnte auch auf die Schicht aus Staub zurückzuführen sein.
Seine aufblitzende Abneigung und die blumigen Vergleiche waren natürlich Unsinn. Ein einsamer Springer auf dem Weg nach Golga, na und? Nichts Alltägliches, aber auch nichts Ungewöhnliches. Und waren nicht alle diese LKWs, die Versorgungsgüter zu den Außenposten oder Schrott aus der Wüste zu den Verwertstationen am Stadtrand brachten, ausnehmend hässliche Fahrzeuge?
Wer durch die Ödnis fuhr musste seiner Maschine sein Leben anvertrauen und da galt Funktionalität mehr als ästhetische Gesichtspunkte.
Dennoch...
Darrell vertraute seinen Instinkten nicht blind. Das war Blödsinn, der bei Tieren und in Groschenheften funktionieren mochte, aber nicht im wirklichen Leben. Wie oft stellten sich vermeintliche Instinkte als schlichte Vorurteile oder Irrtümer heraus?
Ganz zum Schweigen konnte man seine Intuitionen dann aber doch nicht bringen und so flüsterte sie leise aber penetrant, dass irgendetwas an diesem Wagen es wert war nicht gemocht zu werden.
Der LKW war bei weitem nicht das größte Exemplar, das Darrel jemals gesehen hatte. Nichtsdestotrotz ein gottverdammtes Monster.
Die langgezogene Schnauze war auf Fahrbahnhöhe mit einem Gitterräumschild bewährt, wie man ihn sonst nur an Zügen zu sehen bekam. Dieser Rammsporn, dazu gedacht Sandwehen und Steine aus dem Weg zu schieben, zeichnete ein zähnefletschendes Grinsen in das Gesicht der Maschine. In Verbindung mit den schrägen Sehschlitzen, welche die Scheibenwischer in die Dreckkruste auf den Fenstern gefressen hatten, verlieh es dem Antlitz des Vehikels eine unangenehme Fratze. Das mochte es sein was Darrel den LKW nicht gefallen lassen wollte.
Natürlich abergläubischer Unsinn.
Ein Lastwagen war ein Ding und irgendwelche Charakterzüge, die man ihm aufgrund seines Aussehens andichtete, sprachen allein dafür, dass der Beobachter etwas zu lange in der Sonne gewesen war. Allerdings gab es andere Aspekte, die sich weniger leicht von der Hand weisen ließen. Etwa die Geschwindigkeit, mit der der Schlepper unterwegs war.
Springer waren chronisch darauf bedacht so sparsam wie möglich zu fahren, jeden Tropfen Kraftstoffverbrauch gegen die Gewinnspanne der Fracht aufzurechnen. Keiner von ihnen würde das Gaspedal bis zum Bodenblech durchtreten, wenn dazu nicht absolute Notwendigkeit bestand.
Noch merkwürdiger wurde dieser Umstand durch die Tatsache, dass der LKW bis eben durch eine Staubhose gefahren war. Die Sicht in diesen unberechenbaren Wetterphänomenen betrug gleich Null und die gängige Methode war anzuhalten und die Sache auszusitzen. Weiterzufahren, dazu noch mit diesem Tempo, war nackter Irrsinn. Räumschild und mannsdicke Reifen hin oder her, eine ungünstige Bodenwelle und der Karren gesellte sich zu den ungezählten, rostigen Wracks, die von Unterschätzung der Wüste kündeten.
„Warum so eilig, mein Freund?“
Murmelte Darrel, an dessen Ohr jetzt auch das entfernte Geräusch des Motors klang. Ein seltsames Echo verzerrte den Laut zu einem Winseln, welches nicht recht zu der bulligen Maschine passen wollte. Das leicht krisselige Bild des Sichtgerätes wanderte über die Karosserie. Zeichen langer Benutzung und entbehrungsreicher Dienstjahre im Transit zwischen den Bastionen der Zivilisation. Wie bei einem uralten Meeresungeheuer zeichneten sich Narben und Dellen auf der metallenen Haut ab. An einigen Stellen deuteten hellere Teile darauf hin, dass hier nachgebessert und ausgetauscht wurde. Helle Flecken, wie Pockennarben, mochten geflickte Einschusslöcher sein. Ein Firmenlogo konnte er ebenso wenig auf der Flanke des LKWs erkennen, wie sich die Fracht eindeutig identifizieren ließ. Ein länglicher Auflieger vielleicht, aber mehr als eine Vermutung ließ der wirbelnde Staub nicht zu. Darrel tastete den LKW noch einmal mit den Augen ab und schwenkte das Sichtgerät dann nach Süden. Er vermutete, dass der Kurs des LKWs etwa zwei Kilometer an der Position der Stadtbälger vorbei führen würde.
Er hatte die Kids vor etwa einer Stunde kontrolliert. Zwei junge Burschen und ihre Freundinnen. Dezent aufgespritzte Lippen, makellose Brüste und kleine weiße Perlmuttzähnchen die Mädesl, Muskeln und künstlich gebräunte Haut die Typen.
Gottverdammte Hochglanzmagazinmenschen!
Sie waren freundlich zu ihm gewesen. Hatten ihm die Papiere des Fahrzeugs gezeigt, ihre ID und die Besitzerlaubnisse für die Jagdgewehre und Pistolen. Auf Mutanten waren sie aus, so hatten sie Darrel erklärt und tatsächlich war an der Ladefläche ihres chromglänzenden Pickups eine Kranwinde befestigt gewesen. Wie so ein Teil mit dem man Fische aus dem Wasser hieven und sich grinsend neben dem zur Schau gestellten Kadaver ablichten lassen konnte. Nur das es eben keine Fische, sondern mutierte Menschen waren, auf die Mamas und Papas Lieblinge da zum Halali bliesen.
Nicht das ihre Aussichten auf Erfolg besonders überwältigend gewesen wäre. Der Sinn stand ihnen wohl eher danach ihre Nobelkarosse ein bisschen mit Staub einzusauen, sich die Stürme anzusehen, zu trinken und vielleicht ein bisschen rumzumachen. Bevor die Nacht über das Land kam würden sie wieder in der oberen Etage der Stadt sein und auf irgendwelchen Stimulanzpartys Designerdrogen einwerfen.
Darrel konnte nicht aus eigener Anschauung bestätigen, dass so was wirklich in den Türmen abging. Die Aussicht, dass ein Grenzer wie er jemals mehr von der Oberstadt sehen würde, als die hell erleuchteten Türme, die nachts wie Nadeln in den Sternenhimmel stachen, war doch eher gering. Also verließ er sich auf das was er von anderen hörte, die es möglicherweise besser wussten, wahrscheinlich aber nicht.
Bei der Kontrolle waren sie höflich gewesen. Die Jungen hatten ihn mit „Herr Grenzpolizist“ angesprochen, die Mädchen artig die Augen niedergeschlagen und nichts gesagt. Ganz so wie es die Etikette der feinen Leute verlangte. Aber seine Mutter hatte keinen Idioten großgezogen und Darrel wusste sehr genau wann er verarscht wurde. Unter der Oberfläche dieses zuvorkommenden Getues schwamm herablassender Spott. Er konnte sich vorstellen wie sie losgeprustet hatten, kaum dass er sich an den Hut getippt und von dannen gezogen war. Der verschwitzte Grenzhauser, der sich toll dabei vor kam vier besseren Herrschaften aus der Oberstadt zu befehlen ihm ihre Papiere zu zeigen.
Alles in Ordnung Freunde, schönen Tag noch.
Er hatte den Wagen der Vier entdeckt und zoomte heran. Das Fahrzeug stand hinter einer kleinen Anhöhe, wo sie den schlimmsten Auswirkungen des Staubsturms entkommen waren.
Seine Vermutungen waren in die richtige Richtung gegangen, denn rings um das Auto brach sich das Sonnenlicht auf weggeworfenen Bierdosen. Eine dieser Büchsen sprang in die Höhe und keine Sekunde danach drang auch der Schussknall an Darrels Ohr. Einer der Burschen stand auf der Ladefläche und feuerte auf die vorher geleerten Dosen. Schön wenn man so verschwenderisch mit Munition umgehen konnte. Seine Vorhersage war korrekt gewesen. Um diesen Kids zum Opfer zu fallen musste ein Muti schon selten dämlich sein, was sich mit dem Überleben in der Wüste ausschloss. Während einer der Wochenendhelden seine Schießkünste an dem selbst produzierten Müll ausließ, stand eines der Mädels bei ihm und himmelte ihn an.
Die anderen beiden trieben es auf der Motorhaube.
Was?
Er zoomte noch einmal heran und befeuchtete sich die Lippen, während das Bild langsam die Schärfe nachjustierte.
Nein, soweit waren die beiden da unten dann doch noch nicht. Sie schienen zu tanzen. Wenn man das denn so nennen wollte. Er hing halb auf der Motorhaube und sie rieb sich an ihm wie eine rollige Katze. Das sie dabei ihr Oberteil ausgezogen hatte und ihre Verrenkungen nur im BH oder einem Badeoberteil absolvierte sah zugegebenermaßen ansprechend aus, würde ihr jedoch morgen einen Sonnenbrand und wenn sie Pech hatte, in ein paar Jahren Hautkrebs einbrocken.
Wie dem auch sei, für den Moment genoss Darrel die Show.
Er fragte sich, ob denen da unten bewusst war, dass er sich beobachtete und ob die beiden vielleicht nur deswegen so loslegten. Nun vermutlich nicht und wenn doch, machten sie sich entweder einen Spaß daraus oder es war ihnen schlicht egal, ob so ein verstaubter Leguanfresser wie er sie bei ihrem Treiben begaffte. Sein schlechtes Gewissen jedenfalls hielt sich in Grenzen und er war tatsächlich enttäuscht, als sich die blonde Ballkönigin ihr Shirt wieder überwarf. Ihre Haut würde es ihr danken, aber es war trotzdem schade.
Als er mit einer weiteren Drehung an der Justierung das Bild wieder etwas weiter fächerte, sah er warum die kleine Darbietung so rüde unterbrochen wurde. Das andere Mädchen hatte sich auf der Ladefläche auf die Zehenspitzen gestellt und konnte damit über die kleine Felsformation spähen, hinter der sie geparkt hatten. Aufgeregt deutete es nach Westen.
Auf den hässlichen LKW.
Für eine angenehme Minute oder zwei, hatte Darrel den Springer schon wieder völlig vergessen und es stieß ihm umso saurer auf, dass er nun wieder an ihn erinnert wurde. Kurz zuckte sein Blick zu dem Fahrzeug. Immer noch nicht mehr, als ein herandonnernder Komet aus aufgewirbeltem Dreck. Die Augen wieder auf die Jugendlichen gerichtet, war nun zu sehen, dass sich alle Vier auf der Ladefläche versammelt hatten und in Richtung des LKWs spähten, die Augen durch beschirmende Hände an der Stirn gegen die unbarmherzige Sonne schützend. Eines der Mädels hüpfte auf und ab und winkte dabei euphorisch, was ihre Brüste anschaulich in Bewegung versetzte. Der Kerl mit dem Gewehr riss plötzlich seine Waffe an die Schulter und zielte.
Darrel zog scharf die Luft ein und legte seine Linke instinktiv auf den Griff seiner Pistole.
Eine gleichsam unbewusste, wie unnütze Geste.
Der Junge wurde vom Rückstoß seiner Waffe leicht in die Knie gedrückt, der Lauf ruckte hoch.
Der Knall jedoch blieb aus und der Klaps, dem ihm eines der Mädchen auf den Oberarm versetzte, ließ erkennen dass der Bursche nur so getan hatte als ob.
Die vier schienen sich zu beraten und als Darrel schon dachte, sie hätten das Interesse an dem LKW verloren, kam plötzlich Bewegung in die Truppe.
Ein Pärchen blieb auf der Ladefläche, die anderen beiden kletterten nach vorn und bestiegen die Kabine. Staub spritze auf, als sich die Räder des schweren Geländewagens durchdrehten und das Auto dann mit einem Satz nach vorn sprang. Die beiden auf der Ladefläche mussten sich an dem Scheinwerferaufbau festklammern, ihr Gebaren deutete jedoch nicht darauf hin, dass sie sich an der holprigen Fahrt störten. Vielmehr ließen die aufgerissenen Münder und in die Luft boxenden Fäuste darauf schließen, dass sie sich königlich amüsierten und ihren Kumpel zu mehr Geschwindigkeit und höherer Wahrscheinlichkeit einer selbst verschuldeten Katastrophe anspornten.
„Tut das nicht Leute!“
Springer waren an sich keine schlechten Kerle, jedenfalls nicht die, die Darrel bisher kennengelernt hatte. Aber sie waren auch oftmals durch die lange Einsamkeit und die Bedrohungen der Wüste verschroben und eigenbrötlerisch. Wer permanent mit Wetterkapriolen und Mutantenangriffen rechnen musste, der hatte für gewöhnlich nichts übrig für dumme Streiche. Das konnte schief gehen, aber er konnte auch niemanden davon abhalten neben einem Lastwagen herzufahren, der in Richtung Stadt rollte.
Er hoffte inständig, das die Kids es nicht übertrieben und das der Springer besonnen genug war, sich nicht irgendwie provozieren zu lassen und allzu schnell mit der Schrotflinte bei der Hand war.
Der Pickup hielt seitlich auf den Lastwagen zu. Dieser war gewiss schnell, konnte sich aber kaum mit der Höchstgeschwindigkeit des überzüchteten Nobelspielzeugs messen. Immerhin schien sich der Fahrer, so er die Aktion in seinem Kosmos aus brüllendem Motorenlärm und Staub überhaupt bemerkt hatte, nicht von seinem Tun abbringen zu lassen. Er wurde weder langsamer, noch versuchte er Abstand zu gewinnen oder die Halbstarken auch nur durch das Betätigen des Horns auf die Dummheit ihres Tuns aufmerksam zu machen.
Die Kids waren dem Sattelschlepper entgegen gefahren und ließen Darrel dadurch genug Zeit sein weiteres Vorgehen zu überdenken. Viel mehr als den stillen Beobachter zu spielen konnte er im Augenblick freilich nicht tun. Sich wie Arschlöscher zu benehmen und anderen Leuten auf die Eier zu gehen war hier draußen genauso wenig verboten wie seine leeren Bierdosen wegzuwerfen. Das war schließlich die verdammte Wüste.
Den Pickup zu beobachten war schwierig, denn die Sonnenreflektionen auf den verchromten Teilen des Autos stachen in den Augen.
Darrel klappte den Filter über die Linse. Damit war es erträglich.
Ah, sie hielten sich jetzt auf gleicher Höhe mit dem LKW, inzwischen ungefähr auf gerader Linie mit seiner eigenen Beobachtungsposition. Der Pickup war ein wuchtiger Wagen, nahm sich neben dem Koloss aber geradezu lächerlich klein aus. Der jugendliche Fahrer ließ das Auto zwei, drei Mal hin und her schlingern, wobei er jedoch keineswegs hinter dem Sattelzug zurück blieb.
Das Mädchen auf der Ladefläche hielt sich mit beiden Händen am Aufbau fest und hüpfte dabei wie irre auf und ab. Es sah aus als schrie sie etwas zum LKW rüber. Darrel fragte sich, ob sie irgendetwas eingeworfen hatten, was sie so die Gefahr missachten ließ. Das man sich in jungen Jahren für unsterblich hielt war ihm schon klar, schließlich war es ja bei ihm auch noch nicht so lange her. Das da unten aber war glatter Irrsinn. Eine unebene Stelle, eine Sekunde, in welcher der Fahrer die Kontrolle über den Pickup verlor und das Pärchen auf der Ladefläche machte einen Abgang. Wenn sich nicht gleich der ganze Wagen überschlug.
Jetzt setzen sie sich vor die Schnauze des LKWs, scheinbar frustriert darüber ignoriert zu werden. Der Bursche auf der Ladefläche leerte eine Bierdose und warf sie nach hinten.
Das funkelnde, sich überschlagende Objekt wurde von der Staubbestie verschluckt.
Das Mädchen riss ihr Shirt hoch und zeigte dem Springer was sie hatte.
Keine Reaktion, kein Hornsignal, kein Langsamerwerden oder Versuch auszuweichen.
Der Sattelzug wirkte geradezu stoisch.
Eigentlich machte der Typ am Steuer dieses hässlichen Wüstenschlachtschiffs genau das Richtige. Er ignorierte diese Gören, so wie ein geduldige Vater seine überdrehten Kinder ignorieren würde, in dem Wissen, dass er ihnen dadurch die Lust an ihrem Unsinn mehr nahm, als es jedwede Reaktion tun konnte.
Oder wie ein Alligator, der sich nicht um kleine Vögel kümmerte, die auf seinem tödlichen Maul herum hüpften.
Welchen Vergleich man auch bemühte, es schien jedenfalls tatsächlich zu funktionieren. Der Pickup verließ seine Position vor der Front des LKWs, fuhr auf einer Höhe mit der Zugmaschine, ließ sich langsam aber sicher zurückfallen, genauso wie die Kapriolen der hinteren Passagiere an Elan verloren.
Darrel entspannte sich.
Ein weiteres Zeugnis dafür, was er über Leute, gerade wohlhabende, junge Leute, aus der Stadt wusste und gehört hatte. Man konnte nur hoffen, dass sie daraus lernten, dass nicht jeder Mensch gewillt war auf ihre Launen einzugehen. Es stand zwar zu bezweifeln das...
Der LKW zog nach rechts!
Darrel blinzelte, mehr erstaunt als erschrocken und drückte das halb abgesetzte Sichtgerät wieder gegen die Nase.
Der schwere Lastwagen hatte nur einen kleinen Schlenker zur Seite gemacht. Für den Fahrer sicherlich kaum mehr als ein leichter Zug am Lenkrad, doch die Wirkung war nichtsdestotrotz fatal. Die Maschine touchierte das Auto, welches sich neigte und zur Seite ausbrach. Jetzt war überall Staub und für einen furchtbaren Augenblick glaubte Darrel das schreckensverzerrte Gesicht des Mädchens ausmachen zu können, als sie über die Umrandung der Ladefläche fiel.
„Verfluchte Scheiße!“
Er kämpfte den Drang nieder direkt zu seinem eigenen Wagen zu laufen und um Hilfe zu funken. Das würde er natürlich tun, doch er musste sich die Sekunde zurücknehmen, die er brauchte um die Situation besser einschätzen und entsprechend melden zu können.
Der LKW- Fahrer, dieser miese Bastard, fuhr weiter als wäre nichts gewesen. Egal, den würde er sich schnappen wenn er bei den Kids gewesen war, oder man brachte ihn spätestens an einem Einfahrtstoren der Stadt zur Strecke. Es war schließlich nicht so, dass sich dieses Monster großartig verstecken konnte und die Stadt war der einzige Anlaufpunkt im Umkreis von tausenden Rundmeilen.
Aber eins nach dem anderen.
Er fokussierte seinen Blick auf den verunfallten Pickup und stellte mit einiger Erleichterung fest, dass das Auto wenigstens nicht umgekippt war.
Das Gefährt hatte Schlagseite. Vielleicht war bei der kleinen Schleuderpartie ein Reifen von der Felge gesprungen. Auf der rechten, nun tiefer liegenden Seite, hatte der Pickup eine Sanddüne vor sich aufgeschoben. Diese hatte das ausbrechende Fahrzeug nicht nur gebremst, sondern wohl auch vor dem Umkippen bewahrt.
Das Pärchen stieg aus der Fahrerkabine. Sie hielt sich den Arm, er massierte seinen Nacken.
Aber alles in allem schienen sie mit dem Schrecken davongekommen zu sein. Nun erkannte Darrel auch, dass der Junge von der Ladefläche noch genau dort war. Es hatte ihn von den Beinen geholt und er war der Länge nach hingeschlagen, doch auch ihm waren wohl einfach nur die Knochen ein bisschen zum Klappern gebracht wurden. Naja vielleicht ein wenig mehr als das, denn der Zoom zeigte einen Blutstrom, der im von der Nase abwärts das Gesicht verschmierte.
Blieb noch das Mädchen.
Er hoffte inständig, dass sie nur in den Staub gefallen war.
In diesem Moment hoffte er dies nicht einmal um seiner selbst Willen, nicht aus Furcht vor dem Zorn des Papas, der sicherlich weniger Himmel und mehr Hölle in Bewegung setzen würde um ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen, dass er sein Töchterlein zwar der Ausweise wegen kontrolliert, sie aber nicht vor einem wahnsinnig gewordenen Springer bewahrt hatte. In diesem Moment hoffte er um des Mädchens Willen, dass sie sich nur die gemachte Nase im Staub etwas verbogen hatte, dass im schlimmsten Fall ein Arm gebrochen war. Allein, er konnte sie bei den Schwaden aus feinem Staub in der Luft nicht entdecken. Also setzte er das Sichtgerät ab und spurtete zu seinem eigenen Wagen, dabei das Bild verdrängend, was passiert sein mochte, wenn sie bei ihrem Sturz noch so nah am LKW gewesen war das...
Darrel riss die Tür auf und griff nach dem Funkgerät, alle fruchtlosen Spekulationen so gut als möglich verbannend. Das Sprechgerät wechselte in die Linke, damit er den Motor starten konnte.
„Randposten Fünfzehn Drei an Zentrale, kommen!“
Er ließ die Sprechtaste im gleichen Moment los, in dem der Wagen zum Leben erwachte. Der Motor kündete mit einem Brüllen von den vierhundert PS, die ihm innewohnten und blies den Staub aus den vier Ansaugstutzen, als blähe er die Nüstern in Freude darüber die eigene Kraft einmal mehr erproben zu können. Der Wagen schoss vorwärts, während im Inneren eine automatisierte Stimme aus dem Empfänger knisterte.
„Momentan sind alle Kanäle überlastet oder aufgrund von wetterbedingten Störungen nicht verfügbar. Hinterlassen sie eine Nachricht. Diese wird schnellstmöglich an die zuständigen Stelle weitergeleitet.“ Derartiges war so üblich, dass Darrel sich nicht einmal die Mühe machte darüber zu fluchen. Wer am Rand war, der war allein, auf sich gestellt. Alles andere waren Ausnahmen von der Regel. Ein Signalton ertönte und er drückte erneut die Sprechtaste.
„Diese Nachricht muss an die zentrale Einsatzleitung der Wüstenausläuferüberwachung weitergeleitet werden.“ Er wartete kurz um eine klare Trennung zu haben. „Hier spricht Fünfzehn Drei, ich befinde mich bei Markstein Fünfzehn, Ringkilometer Vierzehn.“ Kurz huschten seine Augen von der Piste auf den kleinen Positionsbestimmer, der wie wild in seinem flüssigkeitsgefüllten Gehäuse schwamm und die holprige Fahrt auszugleichen versuchte.
„Über Vierzehn mit drei Strich. Unfall mit erwartetem Personenschaden, möglicherweise Verursacherflucht. Beschreibung Verursacher folgt nach Erstversorgung. Benötigt wird ein Rettungsflieger zu angegebener Position.
Fünfzehn Drei Ende.“
Er hängte das Sprechgerät wieder in die Gabel, nahm sich Zeit hochzuschalten und legte dann beide Hände auf das Lenkrad. Er hatte jetzt die natürliche Rampe passiert, welche den Zugang zu seinem Beobachtungshügel darstellte und trat das Gaspedal durch. Kurz blickte er aus dem Seitenfenster und stellte erleichtert fest, dass der Staubsturm von ihnen weg zog.
Wenigsten etwas!
Während er noch einen Gang höher schaltete, nahm er auf der anderen Seite des kleinen Ausschnitts Wüste, welchen ihn die verdreckte Windschutzscheibe zu sehen gestatte, wahr, dass der LKW keineswegs floh um sich seiner Verantwortung zu entziehen. Vielmehr hatte der Springer in einem weitläufigen Bogen gewendet und kam nun zurück. Dafür gab es zwei mögliche Erklärungen.
Nummer Eins, der Kerl hatte gar nicht mitbekommen was passiert war, weil seine Maschine durch das Rammen des Autos nicht mehr tangiert wurde, als führe sie über einen größeren Stein oder durch eine Bodenwelle. Bei der Fahrweise des Springers war beide sicher keine Seltenheit. Jetzt hatte der Bursche einen Blick in den Rückspiegel geworfen und das Schlamassel gesehen. Dann kam er vielleicht zurück um zu helfen. Wie gesagt, diese Typen waren verschroben und vierschrötig, ließen für gewöhnlich aber auch niemanden in der Wüste zurück ohne zu helfen.
Das wäre die angenehmere Variante.
Version Nummer Zwei war weniger vom Hauch der Nächstenliebe umweht und beinhaltete einen skrupellosen Wichser, der nicht nur einen Unfall verursacht und den Tot von vier Menschen billigend in Kauf genommen hatte, sondern der auch nicht gedachte Zeugen für seine Tat zu hinterlassen.
Darrel legte einen Kippschalter um, woraufhin die Lichtsirenen auf dem Dach seines Wagens zum Leben erwachten. Sie sandten in kurzen Intervallen weißes Gleißen nach allen Seiten. Die Intensität dieses Signals war stark genug, dass man es selbst bei hochstehender Mittagssonne bis zum Horizont zu erkennen vermochte. Der LKW musste es sehen und realisieren, dass hier ein Wüstenbulle Zeuge der ganzen Sache gewesen war. Kein Springer war so dumm sich mit einem aus dem Corps der Randposten anzulegen.
Die Kids hatten ihn auf jeden Fall gesehen. Einer der Jungs stand auf der Motorhaube und winke wild in seine Richtung. Der Sattelschlepper drehte derweil nicht ab, was eigentlich ein gutes Zeichen hätte sein müssen. Trotz der Anwesenheit eines Ordnungshüters schien er helfen zu wollen. Das Darrel dennoch wünschte er wäre näher an der Unfallstelle als der LKW lag daran, dass das rostige Ungeheuer nicht langsamer wurde.
Sein Wagen war schnell, doch der Schlepper war näher dran und jetzt war seine Absicht nicht mehr wegzudenken. Die Abgasfahnen der senkrechten Zwillingsauspuffrohre standen fast waagerecht. Die Jugendlichen winkten immer noch wie irre in seine Richtung, deuteten auf die Stelle wo der LKW sie gerammt hatte. Sahen oder hörten sie dieses heranstürmende Gebirge aus Metall etwa nicht? Waren sie denn blind?
Nein, jetzt drehte sich der Bursche auf der Ladefläche um und auch wenn er für einen Moment so aussah, als wäre er wie vom Donner gerührt regte er sich doch plötzlich.
Was er tat war freilich die größte Dummheit, die ihm hätte einfallen können. Unvermittelt hatte er wieder das Jagdgewehr in der Hand und schien es auch zu benutzen. Genau konnte Darrel das nicht erkennen, da seine eigene kleine Welt aus Motorenlärm Vibration, Geruckel und einem kleinen, verdreckten Sehschlitz von Windschutzscheibe bestand. Alles in Allem nichts, was ihm die Umgebung in Brillanz wahrnehmen ließ. Dennoch meinte er über den Krach seiner eigenen Maschine das Astknacken entfernter Schüsse zu hören. Gut möglich, dass der Junge sogar Glück hatte und den Fahrer erwischte. Die ganze Sache würde dadurch zwar auch nicht weniger kompliziert werden, aber vielleicht verhinderte der Bursche damit, dass er und seine Freunde ihr Leben in dieser unsterbenswerten Gegend ließen.
Das verbliebene Pärchen ließ sich zu einer weniger heldenhaften, aber wie Darrel fand, sehr viel verständlicheren Reaktion hinreißen. Sie rannten, er sie dabei an der Hand hinter sich herziehend.
Der LKW traf den Pick-Up!