11-28-2016, 11:52 PM
Drei lange Stunden bestand das Ritual aus nichts anderem, denn aus der still dasitzenden Nagari, dem Singsang der drei Diener und dem Ächzen, Stöhnen und ekstatischem Aufschreien der vier Sklaven. Die Hitze des kleinen Feuers, anfänglich ein willkommener Verbündeter gegen die Kälte der heraufdämmernden Nacht, war inzwischen Quelle einer brütenden Dampfhaushitze geworden.
Den drei Beschwörenden ließ sie Schweißperlen auf den Gesichtern Glitzern und die Roben mit dunklen Flecken versehen. Den Sklaven floss das Wasser in Strömen die Leiber herunter und tropfte auf den aufgewühlten Boden, rings um die Steinplatte, wie auf den Tisch selbst. Er vermischte sich mit all den anderen Absonderungen, die ihr fortwährendes Tun als Folge hatte. Längst hatte diese erzwungene Orgie jeden Anschein von der animalischen Ästhetik verloren, die man in der ursprünglichsten Form der menschlichen Auslebung von Begierde hätte entdecken können. Die Szenerie war zu einem erschöpften Akt unnatürlichen Zwangs verkommen. Die vier Menschen bestiegen sich noch immer gegenseitig wie von Sinnen, doch längst ohne Kraft oder Elan, sondern unter der Aufbringung aller Kräfte, die eigenen Körper an die Grenzen des Erträglichen treibend.
Gunnar war der Erste, der diese Grenze überschritt.
Er lag mit dem Rücken auf dem Stein und hatte die Hände auf Jamilas Brüste gelegt, während sie sich reitend auf ihm gebärdete. Unversehens drückte er den Rücken durch und stemmte sie damit zwei Handbreit empor. Was erst wie ein weiterer orgasmischer Höhepunkt anmutete war in Wirklichkeit sein Scheiden aus dieser Welt, als Anstrengung und Hitze seinen Metabolismus in die Knie zwangen. Er atmete einmal langgezogen aus, sackte zurück und ließ die Hände zur Seite sinken. Dann lag er Still.
Jamila bemerkte dies erst nach einer Weile, als ihr aufging, dass der Freudenspender unter ihr, frustrierend wenig Initiative zeigte. Sie bearbeitete ihn mit einigen wütenden Stößen ihres Beckens und schrie dann zornig auf. Sie glitt von der Leiche und brachte sich in das Spiel Sylis und Burus mit ein, die sich auf dem Boden miteinander befleißigten, wobei Buru hinter Sylis hockte, die ihrerseits wie ein Hund auf allen Vieren kniete.
Im Singen der Diener veränderte sich das Tempo. Die gemurmelten Worte kamen jetzt schneller, mit eindringlicherer, rhythmischer Modellierung.
Auch der Tod kam schneller und wieder war es einer der Männer, dessen Körper dem nicht gerecht werden konnte, was sein Verlangen von ihm forderte.
Buru starb eine halbe Stunde nach Gunnar. Ihm war jedoch kein so schnelles Ende beschieden. Ganz offensichtlich erlitt er einen Schwächeanfall, was ihn nahe an eine Ohnmacht brachte. Die Gnade ganz wegzutreten war ihm jedoch nicht vergönnt und so bewegte er sich mit flimmernden Augen in einem phantasmagorischen Deliriumszustand. Es war Syli, die ihre gespreizten Schenkel auf sein Schweiß glänzendes Gesicht senkte, da die, von der Biologie dafür vorgesehene Stelle des männlichen Körpers von Jamila besetzt war. Diese Stellung hatten sie in vergangenen Stunden immer wieder wechselseitig eingenommen und sie hatte ihren Zweck erfüllt. Doch jetzt rieb sich Syli am Gesicht eines Mannes, der alle Mühe hatte bei Bewusstsein zu bleiben, geschweige denn ihr orale Befriedigung zu verschaffen. So erstickte Buru letztlich zwischen den Beinen einer vor Verlangen stöhnenden, verschwitzen Sklavin. Ein Ableben, dass in der Realität weit weniger erstrebenswert ausfiel, als die Beschreibung vermuten ließ. Die Diener rückten näher heran, steigerten den Gesang und hoben die Hände jetzt empor, als riefen sie eine Entität an, die irgendwo jenseits der niedrigen Höhlendecke verortet war. In der Höhle selbst war keine unmittelbare Reaktion auf die Anrufung auszumachen.
Doch hätte jemand Außerhalb gestanden, er hätte Erstaunliches beobachten können. Am Himmel mäanderten farbenprächtige Erscheinungen, wie man sie auf vielen Planeten als Aurora borealis kannte. Hätte man auch versuchen können ihre abweichende regionale Verortung irgendwie auf die sonderbaren Wetterkapriolen im Ödland der Wüste zu schieben, so war die diabolische Zielstrebigkeit mit der sie sich bewegten, dadurch nicht erläutert. Es bedurfte nicht viel Fantasie um in den leuchtenden Linien eine Schlange zu erkennen, die im nächsten Moment den Leib aufstellte und die Attribute eines Menschen ahnen ließ, die sich auf unheilige Art mit dem Reptilienkörper vermischten. Dann zerfloss das Licht und der nicht existente Beobachter hätte für einen kurzen Augenblick freie Sicht auf den Krallennebel gehabt, der in gespenstischem Einklang ebenfalls das göttergroße Abbild einer Schlange darstellte, den Mond als Auge, Modsognir und Angst als Endpunkte Gift triefender Zähne. Suluath, Krull und Dagon den gewellten Körper nachzeichnend. Es war eine Nacht, die der zwitterberufsstand der Astronomen und Astrologen im fernen Gohmor mit Beunruhigung betrachtete, ohne dass sie die Ursprünge dieser latenten Furcht hätten benennen können.
Die Rate der Selbstmorde auf ganz Koron würde morgen früh als ungewöhnlich hoch beziffert werden. In den Irrenanstalten rund um den Globus tobten heute Nacht die Insassen und in nicht wenigen Einrichtungen mussten die Wärter von den Schusswaffen Gebrauch machen. Empfindsame Wesen wurden von schwarzen Alben an erholsamen Schlaf gehindert und in finsteren Winkeln des Planeten tanzten und sprangen die Anhänger uralter Kulte um lodernde Flammen, in die das Blut der Opfer zischte.
Nicht grundlos hatte der Hofhexer Rasankurs diese Nacht ausgewählt, um das Kraftraubende Ritual der Transzendenz durchzuführen und das Wesen Priest in die Stadt des Chaos zu holen.
Die Lichter über der Höhle zeigten die zuckende Masse zweier gewaltiger Heere, die an den Ufern des namenlosen Flusses Aufstellung genommen hatten und aufeinander zubrandeten, sich ineinander verkrallten und ein Gemetzel von namenloser Größe heraufbeschworen. Die Lichter waren herabgesunken und ahmten die Szenerie des Abschlachtens in fahlen Gespensterleuchten nach, als erinnere sich das dämonische Glühen, als ergötze es sich an dieser Erinnerung.
Als in der Höhle unterhalb zweier prachtvoller Grabkammern der dritte Mensch starb, stiegen die Schwaden wieder zum Himmel empor und man mochte in ihnen den Leib eines Mannes erkennen, der sich in schamloser Wonne mit dem Krallennebel oder vielmehr der daraus geformten Schlangengeschalt wand. All diese Beobachtung blieben jedoch hypothetischer Natur. Allein aus den höheren Gebäuden Rasankurs heraus, hätte die unmittelbare Möglichkeit bestanden das Glosen im Tal des namenlosen Flusses zu besehen. Doch gerade die Diener des Chaos wussten, dass es Erscheinungen gab, die man besser nicht mit allzu großer Neugier bedachte, so man dafür nicht zwingende Gründe hatte.
Waren die geisterhaften Erscheinungen also Wirklichkeit oder endlich doch nur ein weiteres Phänomen des geisteskranken Wetters in der Wüste? Die Beantwortung dieser Frage war ebenso müssig, wie die nach dem Geräusch, dass ein fallender Baum machte, wenn niemand zugegen war seinen Sturz zu beobachten.
Definitiv wirklich war alle mal das Dahinscheiden von Jamila, die ihr Leben sehr still aushauchte. Sie und Syli lagen jeweils gedreht aufeinander, nachdem sie die Leiche Burus von der Steinplatte gestoßen hatten. Jamila wurde irgendwann in ihren Bewegungen einfach schwächer, bis sich ihr bebender Brustkorb letztlich nicht mehr hob und senkte.
Ob es ein Hitzschlag gewesen war oder auch die pure Erschöpfung, konnte niemand im Raum bestimmen und es verlangte auch keinen danach. Mandias verließ seinen Platz und ließ den Singsang ausklingen, während Carba und Setreal darin fortfuhren, aber ihre Positionen wechselten, so dass sie an den jeweils kurzen Seiten, Kopf- und Fußende wenn man so wollte, der Steinplatte standen.
Der hochgewachsene, schwarzhäutige Tiermensch trat an den Tisch heran und blickte schweigend auf die keuchende, Frau herab, der das strohblonde Haar verklebt und strähnig ins Geischt hing. In den Augen der Sklavin brannte das Feuer des Wahnsinns, denn ihr Verstand war irgendwo in den letzten Stunden auf der Strecke geblieben. Mit vor Lust zitternden Händen nestelte sie an der Robe des Pferdehäuptigen herum, versuchte seine Männlichkeit zu befreien und in den Dienst ihres Selbstmords zu stellen. Mandias gestattete es nicht. Seine Hand zuckte vor und packte Syli im Nacken wie eine junge Katze. Der Pferdemann zählte nicht zu den stärksten Mutanten in Rasankur, dennoch war seine Kraft beachtlich. Als wäre sie nicht mehr als ein wütendes Kind zerrte er die nackte Frau von der Steinplatte. Selbst wenn sie nicht von den Anstrengungen der tödlichen Orgie erschöpft gewesen wäre, hätte sie Mandias kaum etwas entgegenzusetzen gehabt. Ihr abwehrendes Zappeln war nutzlos und schwach.
Eins genommen, eins gegeben! Intonierte er feierlich. Eins das ausgesucht wurde, vom Prinzen der Lust. Eins genommen, eins gegeben. Der Pakt ist gewahrt.
Damit drückte er Syli zu Boden und schob sie schwungvoll durch die niedrige Öffnung am Ende der Höhle. Tatsächlich ging es dahinter steil abwärts, denn man konnte das Rutschen kleiner Steinchen und Sylis Körper vernehmen, dann ein Schrei, der schnell leiser wurde.
Eins genommen, eins gegeben! Wiederholten die anderen beiden Diener.
Gemessenen Schrittes trat Mandias nun wieder an den Steintisch heran. Er schlug die Kapuze der Robe zurück und streckte die offene Rechte in Richtung Höhleneingang aus, wo Nagari wartete. Die Handfläche wies nach oben, als wolle er seine Herrin zum Tanz bitten.
Die Frau kam der Aufforderung nach, schritt dabei über die Leiche Gunnars hinweg ohne sie eines Blickes zu würdigen. Sie legte ihre Hand in die nachtfarbende Entsprechung des Mutanten.
Oh Urmutter, oh Sonnenfresserin, oh Lustvolle! Große und ewige Namad, diese Tochter der Sternenmenschen ist gekommen sich dir hinzugeben, dich zu ehren und dein Urteil über sie zu empfangen. Sie tritt vor dich entblößt und demütig, im Wissen das du die Erste warst, dass du die Liebe der Götter ertragen und ihren Zorn genossen hast.
Er ließ Nagari sich auf die Platte legen und gab den anderen beiden die vereinbarten Zeichen. Sie unterbrachen ihre Anrufungen nicht, als sie die vorbereiteten Utensilien zur Hand nahmen. Namentlich zwei Schälchen in denen eine schwarze Flüssigkeit schwappte. Diese war sehr viel sorgfältiger zusammengemischt wurden als das Gift für die Sklaven. Tinte war ebenso ein Bestandteil wie das Sekret des getöteten Namadskind, dass für viel Silber erhandelt wurden war. Carba und Setreal schoben Ringe über die Zeigefinger, denen jeweils ein Horndorn entwuchs und die sie dadurch aussehen ließen, als liefen ihre Finger in eine lange Kralle aus. Diese tauchten sie in die schwarze Flüssigkeit und begannen den nackten Körper ihrer Herrin zu beschreiben.
Dunkle Worte waren es, Worte aus einer Zeit, als andere Wesen auf Koron herrschten.
Keiner der Anwesenden kannte die genaue Bedeutung der kantigen Zeichen, lediglich ihre grobe Funktion war ihnen wage begrifflich. Sie hielten sich an auswendig gelernte Anweisungen, einem jeden bewusst, dass der kleinste Fehler ihrer Gebieterin ein schlimmes Schicksal bescheiden könnte. Das Geheimnis des Austragens bestand dabei nicht nur aus einem plumpen aufmalen. Die Haut der Frau musste so gekonnt geritzt werden, dass sich die Tinte mit dem Blut vermischte, ohne das ein Tropfen schmierend herab lief. All dies in äußerster Konzentration, bei flackernden Feuerschein, geißelnder Hitze und ohne das auch nur eine Silbe der gesungenen Formel falsch betont wurde.
Sie besinnt sich auf die Glorie des alten Volkes, das kroch und sich wandte, wo heute Unwissende auf zwei Beinen gehen. Sie verneint der Erbe ihre Volkes und öffnet sich denen die zuerst die Namen der Götter kannten. Sie arbeiteten zügig, dennoch dauerte es eine geraume Zeit, bis der Leib Nagaris mit der engen Schrift bedeckt war. Sie legt ab das Vermächtnis der Unvollkommenheit. Setreal und Carba waren nun am Kopfende und es offenbarte sich, wie scharf die Klauenringe waren. Denn ohne große Mühe wurde ihr die prächtige Mähne aus wallendem Haar abgeschnitten und das Haupt zur Gänze rasiert. Sie bekennt sich zu dir, Urmutter, Sonnenfresserin. Setreal tauchte die Klaue nun nicht nur mit der Spitze ein, sondern so tief, dass der Knochendorn völlig mit dem klebrigen Schwarz bedeckt war. Mit zwei Zungen bekennt sie den alten Weg und den ersten Gott dieser Welt. Setreal ließ den Dorn zwischen Nagaris Lippen gleiten und schob ihn ihr tief in den Mund. Carba hatte es ihm derweil gleichgetan und die Klaue ebenfalls getränkt. Mit ihrem Leib bekennt sie sich zu deiner Lust, die der Prinz der Wollust dir eingehaucht. Auch Carba ließ den Dorn tief zwischen Lippen gleiten, gleichwohl nicht jene die dazu gemacht waren Lust zu verkünden, sondern sie zu gewähren.
Sie diese Bittende, die dich anfleht der Schar deiner Kinder anzugehören. Lächle gnädig auf sie herab und erhöre ihr Bitten.
Mandias, Carba und Setreal verstumten. Alle traten ein Stück zurück. Als Setreal und Carba dabei die Dorne aus dem Körper ihrer Herrin zogen war von der schwarzen Flüssigkeit nichts mehr an ihnen zu sehen.
Stille legte sich über die Höhle, nur unterbrochen vom gelegentlichen Knacken des Feuers.
Die drei Diener sahen sich an. Carba zuckte die Achseln, Setreal hob fragend die Augenbrauen und setzte bereits zu einer Frage an, als Nagari, die bis jetzt alles ohne die geringste Regung über sich hatte ergehen lassen, scharf die Luft einzog.
Sie riss die Augen weit auf, ebenso den Mund und aus ihrer Kehle entrang sich ein stimmloser Schrei. Ihr Rücken drückte sich durch, fast schon unnatürlich weit.
Ihr Götter! Murmelte Mandias und er hätte selber nicht sagen können, ob er in diesem Moment glaubte, dass ihr Ritual, dass über ein Jahr der Planung beansprucht hatte, wirklich funktionieren würde oder ob er dachte, Zeuge vom Gifttod seiner Herrin zu werden.
Nagari begann jetzt zu zitter, sich zu winden und zu zucken als wäre sie das Opfer eines epileptischen Anfalls. Ihre Beine trommelten auf dem Felsen, schlugen sich blutig und brachen dann mit einem hässlichen Knirschen nahezu gleichzeitig. Das beendete ihre Krämpfe jedoch nicht, die verdrehten Extremitäten schlugen weiter auf den Stein, brachen an weiteren Stellen, bis sie keinerlei Halt mehr zu haben schienen. Jetzt bäumte die Frau sich auf und schrie!
Aus dem Loch, in welches der Pferdemann Syli gestoßen hatte, kam ein Wind, so trocken wie die Gebeine, die in der Wüste ausblichen. Er wirbelte Staub auf und blies in das Feuer, dass sich verzweifelt gegen das Ausgehen stemmte. Bald flackerte es durch die Sauerstoffzufuhr hell empor, dann sank es in sich zusammen, hart an der Grenze zum Erlöschen. Der Raum wurde abwechselnd in wilde Helligkeit und dann in alles schluckende Dunkelheit getaucht. Hinzu kam der Staub, der seinen Weg in Augen und Atemwege erzwang. Die Hände schützend vor die Gesichter haltend, sahen die Diener im wechselnden Licht ihre Herrin bald aufgerichtet, dann wieder liegend, in einem Moment still wie im Tode, dann wieder krampfhaft zuckend und schreiend. Carba meinte zu beobachten, wie Nagari ihren Mund auf eine Art aufgerissen hatte, die allem Natürlichen Hohn sprach. Dann zwang ihn der Miniartursturm dazu die Augen wieder zu beschirmen.
Mandias hatte schon vieles gesehen, seit er zu den Bewohnern Rasankurs gehörte.
Erst letzte Woche war er Zeuge gewesen, wenn auch von der beruhigenden Entfernung eines Häuserdaches aus, wie eine Sichel Rasankuri ein Anwesen gestürmt hatte, weil sich sein Bewohner in eine Chaosbrut verwandelt hatte. Das wabbelnde, zappelnde Ding aus Fett und Dornen war unter dem Einsatz eines Säurewerfers ins Freie gequollen, wo man es dann erledigt hatte. Vorangegangene Einfangversuche waren gescheitert. Diese Erfahrung hatte zu den weniger schönen Dingen gehört, die Abseits von den Wundern standen, die er geschaut hatte. Aber das hier, das hatte eine neue Qualität von Erlebtem.
Das Knirschen von Knochen und das Reißen von Haut übertönte noch das Brausen in der Luft und als der Pferdehäuptige aufblickte und den puderfeinen Staub in den Augen wegblinzelte, konnte er wage erkennen, dass seine Gebieterin sich von der Hüfte abwärts in einen Klumpen pulsierenden Fleisches verwandelt hatte. Just in der Sekunde platzte die Haut auf. Sie hatte noch immer die grob gedehnte Form der Beine, die dereinst in ihr gesteckt hatten.
Aus dem Riss quoll ein geschuppter Körper, dessen Länge kaum in den Sack aus Haut hätte passen dürfen und sich nun in Windungen Bahn brach, die in ständiger Bewegung begriffen waren. Das Abstreifen der alten Existenzform war jedoch nicht nur auf die unteren Extremitäten beschränkt, auch wenn die Veränderung in der oberen Leibeshälfte subtiler ausfielen. Hier schälte sich die Epidermis wie bei einem starken Sonnenbrand und darunter glitzerten feine Schuppen hervor, die ölig mal in grüne, dann in satte braune Farbspektren spielten. Der Hals Nagaris wirkte gestreckter als zuvor, das Gesicht beulte sich aus. Anders hätte Mandias es nicht umschreiben können. Die Partie um Nase und Mund wölbte sich, lief zu wie bei einer Schnauze. Wie beim flachen Reptilienschädel einer Schlange. Es hätte längst keiner Beweise mehr dafür gebraucht, dass das Ritual von Erfolg gekrönt war. Das sich die nun gänzlich Schuppen bedeckte Haut an der Seite von Hals und Kopf zu einem zusammenfaltbarem Nackenschild modellierte, war nur der Abschluss des Ganzen.
Der unirdische Wind legte sich so abrupt wie er aufgekommen war. Das Feuer beruhigte sich und verbreitete wieder Licht in der gewohnten Intensität der vergangenen Stunden. Mandias, Carba und Setreal starrten mit offenen Mündern und Augen auf das Wesen auf der Steinplatte. Nur wer Nagari so gut gekannt hatte wie diese drei Vertrauten konnte die Merkmale erkennen, die diese neue Gestalt mit der Frau noch gemeinsam hatten. Sie war nicht länger als Mensch zu bezeichnen, ja nicht einmal "Mutant" wurde dem noch gerecht. Vor ihnen ruhte das Abbild eines Kindes Namads, allein die Tatsache als Unterschied benennbar, dass Nagari noch über Arme und Hände verfügte, wo die Darstellungen des alten Volkes Schlangenwesen mit Sensenklauen, anstelle von Armen zeigten.
Leck mich am Arsch! Kommentierte die ehemalige Soldatin das Bild, mit wenig angemessenen Worten.
Sind ihre Titten größer geworden? Zischte Setreal aus dem Mundwinkel, ohne den Blick abzuwenden.
Mandias unterband diese Unangebrachtheiten indem er beiden die schwarzen Hände auf die Schultern legte und sie mit sich herab zog, als er sich auf ein Knie sinken ließ. Die Diener folgten seinem Beispiel und senkten die Häupter.
Heil dir, Nagari Schlange von Rasanku, Gesegnete der Namad!
Epilog
Syli kam unter Schmerzen zu sich. Schmerzen die sich mit ihrer unnatürlichen Lust paarten und so das sonderbare Verlangen erschufen, dass nicht wenige Anbeter des Slaanesh auf ihrer Suche nach immer neuen Extremen so gut kannten. Ihre Haut war fast am ganzen Körper aufgeschürft, von der Rutschpartie die steile Steinrampe herunter.
Das konnte sie nicht sehen, da vollkommene Schwärze herrschte, doch der Schmerz und die klebrige Nässe von Blut waren ihr Beleg genug. Sie bewegte die Arme in dem Versuch aufzustehen und zuckte mit einem Schrei zusammen. Einer schien gebrochen zu sein, an dem anderen hatte sie kein Gefühl in den Fingern. Sie schluchzte, doch nicht wegen dem Umstand ihrer fatalen Gesamtsituation, sondern allein weil sie sich mit ihren nutzlosen Armen nicht einmal die simpelste Form der Befriedigung verschaffen konnte.
Während sie sich dieser Wahrheit stellte. gewöhnten sich ihre Augen zunehmend an die Dunkelheit. Diese war nämlich nicht absolut, wie sie anfangs gedacht hatte. Vielmehr wucherten auf dem sie umgebenden Stein Flechten, die ein kaum merkliches Licht abgaben.
Nicht annähernd ausreichend um von einer Beleuchtung zu sprechen, aber eben gerade genug, dass das menschliche Auge ein Minimum wahrnehmen konnte.
Syli drehte sich auf die Seite des gefühllosen Armes und zog sich ein Stück über den rauen Boden. Ihre Beine schienen auch nicht ganz unversehrt geblieben zu sein. Sie wusste auch nicht wo sie eigentlich hin kriechen sollte. Es war mehr dem Verlangen geschuldet überhaupt etwas zutun und nicht hilflos liegen zu bleiben.
Irgendwo von vorn kam ein Geräusch.
Syli hielt inne und lauschte. Vielleicht nur das Echo, welches ihr eigener erbärmlicher Versuch der Fortbewegung erzeugte.
Hier unten konnte doch nichts... Halt!
Da war es wieder.
Es klang als würde irgendjemand einen mit Sand gefüllten Sack über die Steine ziehen. Sie strengte ihre Augen an doch es war alles mehr Erahnen als erkennen. Links von ihr wurde ein Schatten flach und verschwand. Schwärze vor noch tieferer Dunkelheit. Das Schleifgeräusch war aber auch links von ihr. Und hinter ihr...
Die junge Sklavin versuchte sich auf den Rücken zu drehen. Doch noch ehe sie diese Anstrengung in Angriff nehmen konnte war voraus wieder eine Bewegung, näher jetzt, weniger verstohlen.
Etwas richtete sich auf, so weit dies die niedrige Decke erlaubte.
Es drehte sich der verwundeten Frau zu und kroch dann ohne Hast näher.
Sylia schrie!
In diesem Schrei ging das flüsternd gezischte Eins genommen, eins gegeben! unter.
Der Schreckenslaut verstummte abrupt und unter den Gräbern im Tal des namenlosen Flusses kehrte wieder die Ruhe ein, die hier seit Jahrhunderten vorherrschend war.
Den drei Beschwörenden ließ sie Schweißperlen auf den Gesichtern Glitzern und die Roben mit dunklen Flecken versehen. Den Sklaven floss das Wasser in Strömen die Leiber herunter und tropfte auf den aufgewühlten Boden, rings um die Steinplatte, wie auf den Tisch selbst. Er vermischte sich mit all den anderen Absonderungen, die ihr fortwährendes Tun als Folge hatte. Längst hatte diese erzwungene Orgie jeden Anschein von der animalischen Ästhetik verloren, die man in der ursprünglichsten Form der menschlichen Auslebung von Begierde hätte entdecken können. Die Szenerie war zu einem erschöpften Akt unnatürlichen Zwangs verkommen. Die vier Menschen bestiegen sich noch immer gegenseitig wie von Sinnen, doch längst ohne Kraft oder Elan, sondern unter der Aufbringung aller Kräfte, die eigenen Körper an die Grenzen des Erträglichen treibend.
Gunnar war der Erste, der diese Grenze überschritt.
Er lag mit dem Rücken auf dem Stein und hatte die Hände auf Jamilas Brüste gelegt, während sie sich reitend auf ihm gebärdete. Unversehens drückte er den Rücken durch und stemmte sie damit zwei Handbreit empor. Was erst wie ein weiterer orgasmischer Höhepunkt anmutete war in Wirklichkeit sein Scheiden aus dieser Welt, als Anstrengung und Hitze seinen Metabolismus in die Knie zwangen. Er atmete einmal langgezogen aus, sackte zurück und ließ die Hände zur Seite sinken. Dann lag er Still.
Jamila bemerkte dies erst nach einer Weile, als ihr aufging, dass der Freudenspender unter ihr, frustrierend wenig Initiative zeigte. Sie bearbeitete ihn mit einigen wütenden Stößen ihres Beckens und schrie dann zornig auf. Sie glitt von der Leiche und brachte sich in das Spiel Sylis und Burus mit ein, die sich auf dem Boden miteinander befleißigten, wobei Buru hinter Sylis hockte, die ihrerseits wie ein Hund auf allen Vieren kniete.
Im Singen der Diener veränderte sich das Tempo. Die gemurmelten Worte kamen jetzt schneller, mit eindringlicherer, rhythmischer Modellierung.
Auch der Tod kam schneller und wieder war es einer der Männer, dessen Körper dem nicht gerecht werden konnte, was sein Verlangen von ihm forderte.
Buru starb eine halbe Stunde nach Gunnar. Ihm war jedoch kein so schnelles Ende beschieden. Ganz offensichtlich erlitt er einen Schwächeanfall, was ihn nahe an eine Ohnmacht brachte. Die Gnade ganz wegzutreten war ihm jedoch nicht vergönnt und so bewegte er sich mit flimmernden Augen in einem phantasmagorischen Deliriumszustand. Es war Syli, die ihre gespreizten Schenkel auf sein Schweiß glänzendes Gesicht senkte, da die, von der Biologie dafür vorgesehene Stelle des männlichen Körpers von Jamila besetzt war. Diese Stellung hatten sie in vergangenen Stunden immer wieder wechselseitig eingenommen und sie hatte ihren Zweck erfüllt. Doch jetzt rieb sich Syli am Gesicht eines Mannes, der alle Mühe hatte bei Bewusstsein zu bleiben, geschweige denn ihr orale Befriedigung zu verschaffen. So erstickte Buru letztlich zwischen den Beinen einer vor Verlangen stöhnenden, verschwitzen Sklavin. Ein Ableben, dass in der Realität weit weniger erstrebenswert ausfiel, als die Beschreibung vermuten ließ. Die Diener rückten näher heran, steigerten den Gesang und hoben die Hände jetzt empor, als riefen sie eine Entität an, die irgendwo jenseits der niedrigen Höhlendecke verortet war. In der Höhle selbst war keine unmittelbare Reaktion auf die Anrufung auszumachen.
Doch hätte jemand Außerhalb gestanden, er hätte Erstaunliches beobachten können. Am Himmel mäanderten farbenprächtige Erscheinungen, wie man sie auf vielen Planeten als Aurora borealis kannte. Hätte man auch versuchen können ihre abweichende regionale Verortung irgendwie auf die sonderbaren Wetterkapriolen im Ödland der Wüste zu schieben, so war die diabolische Zielstrebigkeit mit der sie sich bewegten, dadurch nicht erläutert. Es bedurfte nicht viel Fantasie um in den leuchtenden Linien eine Schlange zu erkennen, die im nächsten Moment den Leib aufstellte und die Attribute eines Menschen ahnen ließ, die sich auf unheilige Art mit dem Reptilienkörper vermischten. Dann zerfloss das Licht und der nicht existente Beobachter hätte für einen kurzen Augenblick freie Sicht auf den Krallennebel gehabt, der in gespenstischem Einklang ebenfalls das göttergroße Abbild einer Schlange darstellte, den Mond als Auge, Modsognir und Angst als Endpunkte Gift triefender Zähne. Suluath, Krull und Dagon den gewellten Körper nachzeichnend. Es war eine Nacht, die der zwitterberufsstand der Astronomen und Astrologen im fernen Gohmor mit Beunruhigung betrachtete, ohne dass sie die Ursprünge dieser latenten Furcht hätten benennen können.
Die Rate der Selbstmorde auf ganz Koron würde morgen früh als ungewöhnlich hoch beziffert werden. In den Irrenanstalten rund um den Globus tobten heute Nacht die Insassen und in nicht wenigen Einrichtungen mussten die Wärter von den Schusswaffen Gebrauch machen. Empfindsame Wesen wurden von schwarzen Alben an erholsamen Schlaf gehindert und in finsteren Winkeln des Planeten tanzten und sprangen die Anhänger uralter Kulte um lodernde Flammen, in die das Blut der Opfer zischte.
Nicht grundlos hatte der Hofhexer Rasankurs diese Nacht ausgewählt, um das Kraftraubende Ritual der Transzendenz durchzuführen und das Wesen Priest in die Stadt des Chaos zu holen.
Die Lichter über der Höhle zeigten die zuckende Masse zweier gewaltiger Heere, die an den Ufern des namenlosen Flusses Aufstellung genommen hatten und aufeinander zubrandeten, sich ineinander verkrallten und ein Gemetzel von namenloser Größe heraufbeschworen. Die Lichter waren herabgesunken und ahmten die Szenerie des Abschlachtens in fahlen Gespensterleuchten nach, als erinnere sich das dämonische Glühen, als ergötze es sich an dieser Erinnerung.
Als in der Höhle unterhalb zweier prachtvoller Grabkammern der dritte Mensch starb, stiegen die Schwaden wieder zum Himmel empor und man mochte in ihnen den Leib eines Mannes erkennen, der sich in schamloser Wonne mit dem Krallennebel oder vielmehr der daraus geformten Schlangengeschalt wand. All diese Beobachtung blieben jedoch hypothetischer Natur. Allein aus den höheren Gebäuden Rasankurs heraus, hätte die unmittelbare Möglichkeit bestanden das Glosen im Tal des namenlosen Flusses zu besehen. Doch gerade die Diener des Chaos wussten, dass es Erscheinungen gab, die man besser nicht mit allzu großer Neugier bedachte, so man dafür nicht zwingende Gründe hatte.
Waren die geisterhaften Erscheinungen also Wirklichkeit oder endlich doch nur ein weiteres Phänomen des geisteskranken Wetters in der Wüste? Die Beantwortung dieser Frage war ebenso müssig, wie die nach dem Geräusch, dass ein fallender Baum machte, wenn niemand zugegen war seinen Sturz zu beobachten.
Definitiv wirklich war alle mal das Dahinscheiden von Jamila, die ihr Leben sehr still aushauchte. Sie und Syli lagen jeweils gedreht aufeinander, nachdem sie die Leiche Burus von der Steinplatte gestoßen hatten. Jamila wurde irgendwann in ihren Bewegungen einfach schwächer, bis sich ihr bebender Brustkorb letztlich nicht mehr hob und senkte.
Ob es ein Hitzschlag gewesen war oder auch die pure Erschöpfung, konnte niemand im Raum bestimmen und es verlangte auch keinen danach. Mandias verließ seinen Platz und ließ den Singsang ausklingen, während Carba und Setreal darin fortfuhren, aber ihre Positionen wechselten, so dass sie an den jeweils kurzen Seiten, Kopf- und Fußende wenn man so wollte, der Steinplatte standen.
Der hochgewachsene, schwarzhäutige Tiermensch trat an den Tisch heran und blickte schweigend auf die keuchende, Frau herab, der das strohblonde Haar verklebt und strähnig ins Geischt hing. In den Augen der Sklavin brannte das Feuer des Wahnsinns, denn ihr Verstand war irgendwo in den letzten Stunden auf der Strecke geblieben. Mit vor Lust zitternden Händen nestelte sie an der Robe des Pferdehäuptigen herum, versuchte seine Männlichkeit zu befreien und in den Dienst ihres Selbstmords zu stellen. Mandias gestattete es nicht. Seine Hand zuckte vor und packte Syli im Nacken wie eine junge Katze. Der Pferdemann zählte nicht zu den stärksten Mutanten in Rasankur, dennoch war seine Kraft beachtlich. Als wäre sie nicht mehr als ein wütendes Kind zerrte er die nackte Frau von der Steinplatte. Selbst wenn sie nicht von den Anstrengungen der tödlichen Orgie erschöpft gewesen wäre, hätte sie Mandias kaum etwas entgegenzusetzen gehabt. Ihr abwehrendes Zappeln war nutzlos und schwach.
Eins genommen, eins gegeben! Intonierte er feierlich. Eins das ausgesucht wurde, vom Prinzen der Lust. Eins genommen, eins gegeben. Der Pakt ist gewahrt.
Damit drückte er Syli zu Boden und schob sie schwungvoll durch die niedrige Öffnung am Ende der Höhle. Tatsächlich ging es dahinter steil abwärts, denn man konnte das Rutschen kleiner Steinchen und Sylis Körper vernehmen, dann ein Schrei, der schnell leiser wurde.
Eins genommen, eins gegeben! Wiederholten die anderen beiden Diener.
Gemessenen Schrittes trat Mandias nun wieder an den Steintisch heran. Er schlug die Kapuze der Robe zurück und streckte die offene Rechte in Richtung Höhleneingang aus, wo Nagari wartete. Die Handfläche wies nach oben, als wolle er seine Herrin zum Tanz bitten.
Die Frau kam der Aufforderung nach, schritt dabei über die Leiche Gunnars hinweg ohne sie eines Blickes zu würdigen. Sie legte ihre Hand in die nachtfarbende Entsprechung des Mutanten.
Oh Urmutter, oh Sonnenfresserin, oh Lustvolle! Große und ewige Namad, diese Tochter der Sternenmenschen ist gekommen sich dir hinzugeben, dich zu ehren und dein Urteil über sie zu empfangen. Sie tritt vor dich entblößt und demütig, im Wissen das du die Erste warst, dass du die Liebe der Götter ertragen und ihren Zorn genossen hast.
Er ließ Nagari sich auf die Platte legen und gab den anderen beiden die vereinbarten Zeichen. Sie unterbrachen ihre Anrufungen nicht, als sie die vorbereiteten Utensilien zur Hand nahmen. Namentlich zwei Schälchen in denen eine schwarze Flüssigkeit schwappte. Diese war sehr viel sorgfältiger zusammengemischt wurden als das Gift für die Sklaven. Tinte war ebenso ein Bestandteil wie das Sekret des getöteten Namadskind, dass für viel Silber erhandelt wurden war. Carba und Setreal schoben Ringe über die Zeigefinger, denen jeweils ein Horndorn entwuchs und die sie dadurch aussehen ließen, als liefen ihre Finger in eine lange Kralle aus. Diese tauchten sie in die schwarze Flüssigkeit und begannen den nackten Körper ihrer Herrin zu beschreiben.
Dunkle Worte waren es, Worte aus einer Zeit, als andere Wesen auf Koron herrschten.
Keiner der Anwesenden kannte die genaue Bedeutung der kantigen Zeichen, lediglich ihre grobe Funktion war ihnen wage begrifflich. Sie hielten sich an auswendig gelernte Anweisungen, einem jeden bewusst, dass der kleinste Fehler ihrer Gebieterin ein schlimmes Schicksal bescheiden könnte. Das Geheimnis des Austragens bestand dabei nicht nur aus einem plumpen aufmalen. Die Haut der Frau musste so gekonnt geritzt werden, dass sich die Tinte mit dem Blut vermischte, ohne das ein Tropfen schmierend herab lief. All dies in äußerster Konzentration, bei flackernden Feuerschein, geißelnder Hitze und ohne das auch nur eine Silbe der gesungenen Formel falsch betont wurde.
Sie besinnt sich auf die Glorie des alten Volkes, das kroch und sich wandte, wo heute Unwissende auf zwei Beinen gehen. Sie verneint der Erbe ihre Volkes und öffnet sich denen die zuerst die Namen der Götter kannten. Sie arbeiteten zügig, dennoch dauerte es eine geraume Zeit, bis der Leib Nagaris mit der engen Schrift bedeckt war. Sie legt ab das Vermächtnis der Unvollkommenheit. Setreal und Carba waren nun am Kopfende und es offenbarte sich, wie scharf die Klauenringe waren. Denn ohne große Mühe wurde ihr die prächtige Mähne aus wallendem Haar abgeschnitten und das Haupt zur Gänze rasiert. Sie bekennt sich zu dir, Urmutter, Sonnenfresserin. Setreal tauchte die Klaue nun nicht nur mit der Spitze ein, sondern so tief, dass der Knochendorn völlig mit dem klebrigen Schwarz bedeckt war. Mit zwei Zungen bekennt sie den alten Weg und den ersten Gott dieser Welt. Setreal ließ den Dorn zwischen Nagaris Lippen gleiten und schob ihn ihr tief in den Mund. Carba hatte es ihm derweil gleichgetan und die Klaue ebenfalls getränkt. Mit ihrem Leib bekennt sie sich zu deiner Lust, die der Prinz der Wollust dir eingehaucht. Auch Carba ließ den Dorn tief zwischen Lippen gleiten, gleichwohl nicht jene die dazu gemacht waren Lust zu verkünden, sondern sie zu gewähren.
Sie diese Bittende, die dich anfleht der Schar deiner Kinder anzugehören. Lächle gnädig auf sie herab und erhöre ihr Bitten.
Mandias, Carba und Setreal verstumten. Alle traten ein Stück zurück. Als Setreal und Carba dabei die Dorne aus dem Körper ihrer Herrin zogen war von der schwarzen Flüssigkeit nichts mehr an ihnen zu sehen.
Stille legte sich über die Höhle, nur unterbrochen vom gelegentlichen Knacken des Feuers.
Die drei Diener sahen sich an. Carba zuckte die Achseln, Setreal hob fragend die Augenbrauen und setzte bereits zu einer Frage an, als Nagari, die bis jetzt alles ohne die geringste Regung über sich hatte ergehen lassen, scharf die Luft einzog.
Sie riss die Augen weit auf, ebenso den Mund und aus ihrer Kehle entrang sich ein stimmloser Schrei. Ihr Rücken drückte sich durch, fast schon unnatürlich weit.
Ihr Götter! Murmelte Mandias und er hätte selber nicht sagen können, ob er in diesem Moment glaubte, dass ihr Ritual, dass über ein Jahr der Planung beansprucht hatte, wirklich funktionieren würde oder ob er dachte, Zeuge vom Gifttod seiner Herrin zu werden.
Nagari begann jetzt zu zitter, sich zu winden und zu zucken als wäre sie das Opfer eines epileptischen Anfalls. Ihre Beine trommelten auf dem Felsen, schlugen sich blutig und brachen dann mit einem hässlichen Knirschen nahezu gleichzeitig. Das beendete ihre Krämpfe jedoch nicht, die verdrehten Extremitäten schlugen weiter auf den Stein, brachen an weiteren Stellen, bis sie keinerlei Halt mehr zu haben schienen. Jetzt bäumte die Frau sich auf und schrie!
Aus dem Loch, in welches der Pferdemann Syli gestoßen hatte, kam ein Wind, so trocken wie die Gebeine, die in der Wüste ausblichen. Er wirbelte Staub auf und blies in das Feuer, dass sich verzweifelt gegen das Ausgehen stemmte. Bald flackerte es durch die Sauerstoffzufuhr hell empor, dann sank es in sich zusammen, hart an der Grenze zum Erlöschen. Der Raum wurde abwechselnd in wilde Helligkeit und dann in alles schluckende Dunkelheit getaucht. Hinzu kam der Staub, der seinen Weg in Augen und Atemwege erzwang. Die Hände schützend vor die Gesichter haltend, sahen die Diener im wechselnden Licht ihre Herrin bald aufgerichtet, dann wieder liegend, in einem Moment still wie im Tode, dann wieder krampfhaft zuckend und schreiend. Carba meinte zu beobachten, wie Nagari ihren Mund auf eine Art aufgerissen hatte, die allem Natürlichen Hohn sprach. Dann zwang ihn der Miniartursturm dazu die Augen wieder zu beschirmen.
Mandias hatte schon vieles gesehen, seit er zu den Bewohnern Rasankurs gehörte.
Erst letzte Woche war er Zeuge gewesen, wenn auch von der beruhigenden Entfernung eines Häuserdaches aus, wie eine Sichel Rasankuri ein Anwesen gestürmt hatte, weil sich sein Bewohner in eine Chaosbrut verwandelt hatte. Das wabbelnde, zappelnde Ding aus Fett und Dornen war unter dem Einsatz eines Säurewerfers ins Freie gequollen, wo man es dann erledigt hatte. Vorangegangene Einfangversuche waren gescheitert. Diese Erfahrung hatte zu den weniger schönen Dingen gehört, die Abseits von den Wundern standen, die er geschaut hatte. Aber das hier, das hatte eine neue Qualität von Erlebtem.
Das Knirschen von Knochen und das Reißen von Haut übertönte noch das Brausen in der Luft und als der Pferdehäuptige aufblickte und den puderfeinen Staub in den Augen wegblinzelte, konnte er wage erkennen, dass seine Gebieterin sich von der Hüfte abwärts in einen Klumpen pulsierenden Fleisches verwandelt hatte. Just in der Sekunde platzte die Haut auf. Sie hatte noch immer die grob gedehnte Form der Beine, die dereinst in ihr gesteckt hatten.
Aus dem Riss quoll ein geschuppter Körper, dessen Länge kaum in den Sack aus Haut hätte passen dürfen und sich nun in Windungen Bahn brach, die in ständiger Bewegung begriffen waren. Das Abstreifen der alten Existenzform war jedoch nicht nur auf die unteren Extremitäten beschränkt, auch wenn die Veränderung in der oberen Leibeshälfte subtiler ausfielen. Hier schälte sich die Epidermis wie bei einem starken Sonnenbrand und darunter glitzerten feine Schuppen hervor, die ölig mal in grüne, dann in satte braune Farbspektren spielten. Der Hals Nagaris wirkte gestreckter als zuvor, das Gesicht beulte sich aus. Anders hätte Mandias es nicht umschreiben können. Die Partie um Nase und Mund wölbte sich, lief zu wie bei einer Schnauze. Wie beim flachen Reptilienschädel einer Schlange. Es hätte längst keiner Beweise mehr dafür gebraucht, dass das Ritual von Erfolg gekrönt war. Das sich die nun gänzlich Schuppen bedeckte Haut an der Seite von Hals und Kopf zu einem zusammenfaltbarem Nackenschild modellierte, war nur der Abschluss des Ganzen.
Der unirdische Wind legte sich so abrupt wie er aufgekommen war. Das Feuer beruhigte sich und verbreitete wieder Licht in der gewohnten Intensität der vergangenen Stunden. Mandias, Carba und Setreal starrten mit offenen Mündern und Augen auf das Wesen auf der Steinplatte. Nur wer Nagari so gut gekannt hatte wie diese drei Vertrauten konnte die Merkmale erkennen, die diese neue Gestalt mit der Frau noch gemeinsam hatten. Sie war nicht länger als Mensch zu bezeichnen, ja nicht einmal "Mutant" wurde dem noch gerecht. Vor ihnen ruhte das Abbild eines Kindes Namads, allein die Tatsache als Unterschied benennbar, dass Nagari noch über Arme und Hände verfügte, wo die Darstellungen des alten Volkes Schlangenwesen mit Sensenklauen, anstelle von Armen zeigten.
Leck mich am Arsch! Kommentierte die ehemalige Soldatin das Bild, mit wenig angemessenen Worten.
Sind ihre Titten größer geworden? Zischte Setreal aus dem Mundwinkel, ohne den Blick abzuwenden.
Mandias unterband diese Unangebrachtheiten indem er beiden die schwarzen Hände auf die Schultern legte und sie mit sich herab zog, als er sich auf ein Knie sinken ließ. Die Diener folgten seinem Beispiel und senkten die Häupter.
Heil dir, Nagari Schlange von Rasanku, Gesegnete der Namad!
Epilog
Syli kam unter Schmerzen zu sich. Schmerzen die sich mit ihrer unnatürlichen Lust paarten und so das sonderbare Verlangen erschufen, dass nicht wenige Anbeter des Slaanesh auf ihrer Suche nach immer neuen Extremen so gut kannten. Ihre Haut war fast am ganzen Körper aufgeschürft, von der Rutschpartie die steile Steinrampe herunter.
Das konnte sie nicht sehen, da vollkommene Schwärze herrschte, doch der Schmerz und die klebrige Nässe von Blut waren ihr Beleg genug. Sie bewegte die Arme in dem Versuch aufzustehen und zuckte mit einem Schrei zusammen. Einer schien gebrochen zu sein, an dem anderen hatte sie kein Gefühl in den Fingern. Sie schluchzte, doch nicht wegen dem Umstand ihrer fatalen Gesamtsituation, sondern allein weil sie sich mit ihren nutzlosen Armen nicht einmal die simpelste Form der Befriedigung verschaffen konnte.
Während sie sich dieser Wahrheit stellte. gewöhnten sich ihre Augen zunehmend an die Dunkelheit. Diese war nämlich nicht absolut, wie sie anfangs gedacht hatte. Vielmehr wucherten auf dem sie umgebenden Stein Flechten, die ein kaum merkliches Licht abgaben.
Nicht annähernd ausreichend um von einer Beleuchtung zu sprechen, aber eben gerade genug, dass das menschliche Auge ein Minimum wahrnehmen konnte.
Syli drehte sich auf die Seite des gefühllosen Armes und zog sich ein Stück über den rauen Boden. Ihre Beine schienen auch nicht ganz unversehrt geblieben zu sein. Sie wusste auch nicht wo sie eigentlich hin kriechen sollte. Es war mehr dem Verlangen geschuldet überhaupt etwas zutun und nicht hilflos liegen zu bleiben.
Irgendwo von vorn kam ein Geräusch.
Syli hielt inne und lauschte. Vielleicht nur das Echo, welches ihr eigener erbärmlicher Versuch der Fortbewegung erzeugte.
Hier unten konnte doch nichts... Halt!
Da war es wieder.
Es klang als würde irgendjemand einen mit Sand gefüllten Sack über die Steine ziehen. Sie strengte ihre Augen an doch es war alles mehr Erahnen als erkennen. Links von ihr wurde ein Schatten flach und verschwand. Schwärze vor noch tieferer Dunkelheit. Das Schleifgeräusch war aber auch links von ihr. Und hinter ihr...
Die junge Sklavin versuchte sich auf den Rücken zu drehen. Doch noch ehe sie diese Anstrengung in Angriff nehmen konnte war voraus wieder eine Bewegung, näher jetzt, weniger verstohlen.
Etwas richtete sich auf, so weit dies die niedrige Decke erlaubte.
Es drehte sich der verwundeten Frau zu und kroch dann ohne Hast näher.
Sylia schrie!
In diesem Schrei ging das flüsternd gezischte Eins genommen, eins gegeben! unter.
Der Schreckenslaut verstummte abrupt und unter den Gräbern im Tal des namenlosen Flusses kehrte wieder die Ruhe ein, die hier seit Jahrhunderten vorherrschend war.