02-26-2016, 08:07 PM
Eddy hatte sich schon gefragt wann der neue am Tresen aktiv werden würde. Bisher hatte er alles erdenkliche getan um ihn zu ignorieren. Es war nichts persönliches, eher so einer seiner Macken, die Eddy definierten. Niemand sollte jemals auf die Idee kommen, er sei einer dieser servilen Lackaffen aus den Oberen Ebenen, die sich zu fein waren einfaches Bier auszuschenken.
Außerdem verrieten die verschiedenen Typen sich immer an der Art der ersten Kontaktaufnahme. Diese hier entsprach am ehesten dem Typ "kein Ärger, will nur trinken", wobei es auch da verschiedene Abstufungen gab, wie er in seiner Zeit hier erleben konnte. Der bisherige Tiefpunkt war ein Messerwurf der seinen Kopf nur durch Zufall um Haaresbreite verfehlte, und das war nur ein Montag von vielen...
Betont langsam drehte Edward sich zu seinem neuen Gast um, dem er bisher stets den Rücken zuwandte. Auch das war eine seiner Eigenarten, auch wenn es eher der Show diente, wie es sich selbst zugestehen musste.
Weiterhin schweigend betrachtete er seinen Gast, während dieser zusehends ungehaltener zu werden schien. Mit einem Schnauben der Belustigung entschloss er sich dann doch auf ihn einzugehen...
Nur ruhig Blut Jungchen, heute hast du Glück und darfst so bestellen, Spinddienst is schon vergeben. Hier gibts Bier oder Wasser oder n klaren, aber für den brauch man Haare am Sack! Was darfs sein?
Während dessen an Lexandros Stammtisch
Wie immer um die Uhrzeit war recht wenig los im Gastraum, und von den Gästen die hier ihr spätes Frühstücksbier oder auch ihr Feierabendbier "genossen" konnte er keine nützlichen Infos ergattern. Gelangweilt ließ er seinen Blick über die paar anwesenden traurigen Gestalten schweifen, bis er bei der Szene am Tresen hängen blieb. Er kannte den eigenwilligen Humor von Eddy nur zu gut, musste sich aber eingestehen, das es manchmal dann doch recht unterhaltsam werden konnte. Der letzte Höhepunkt hatte fast eins der Ohren des Wirtes gekostet, und nur der speckige Barspiegel hinter dem Gläserregal, seine Reflexe und eine gute Portion Glück, sorgten dafür dass der Abend ohne Blutvergießen endete.
Die Szene an der Bar schien sich jedoch nicht aufzuladen und so verlor er schon recht bald das Interesse.
Er beschloss zurück in seine Unterkunft zurückzukehren und sich dem Stapel an Papieren zu widmen, die sich langsam zu einem eigenen Platzfaktor in seiner beengten Stube entwickelten.
Allein der Gedanke daran ließ Lexandro aufstöhnen. Selbst in seinen kühnsten Träumen hatte er
es sich nicht ausmalen können wie viel Bürokratie bei so einem Kampf gegen das System anfallen konnte...
In Lexandros Zimmer
Missmutig ergab sich Lex seiner Pflicht und werkelte sich lustlos durch den Papierkram. Dabei fiel jedoch sein Blick immer wieder auf das Tagebuch, dass er zuvor schon in der Hand hatte. Allein der Anblick genügte ihm um seine Gedanken in die Vergangenheit schweifen zu lassen. Er bemerkte, dass der letzte Fetzen Willenskraft nun endgültig abhanden gekommen war und ergab sich seiner Nostalgie.
Schon nach der Lektüre der ersten Zeilen standen ihm die Bilder wieder vor Augen, sodass er die Zeilen mehr überflog, während er zeitgleich das Gelesene in seinem Kopf ablaufen ließ...
Das Datum war selbst für seine Augen, die eigentlich an seine eigene Sauklaue gewohnt waren, schlicht unleserlich. Der Eintrag selbst stand aber aus der Anfangszeit, in der er alle seine Notizen mit jedem verfügbaren Stift in sein kleines Notizheft eintrug. Erst später hatte er sich dazu entschlossen die zerknitterten Seiten vorsichtig aus der alten Heftung zu trennen und zu den gesammelten Werken zusammenzuführen, dessen Ergebnis er gerade am studieren war.
Dieses Kapitel handelte von der Schicksal schweren Nacht, in der alles auf den Weg gebracht wurde. In der er zum Ersten Mal seine Fähigkeit bewusst nutzte und er dabei auch seine Ersten Jünger gewann. Eigentlich kannte er die Zeilen auch auswendig, trotzdem dachte er im Nachhinein noch gerne an den Tag zurück, der sich auch unauslöschlich in seine Gedanken gebrannt hatte...
Vor gut einem Jahr
...Alles war nach Plan verlaufen! Wie erwartet konnte die Familie ein paar Freunde auftreiben, die ebenfalls eine oder mehrere Rechnungen mit dem Drecksack begleichen wollten. Sie gaben sich Mühe möglichst anonym zu bleiben, doch ein paar selbstgebastelte Sackmasken mit Gucklöchern konnte nicht verheimlichen, dass hier fast seine halbe Nachtschicht versammelt stand und der dinge harrte, die noch kommen sollte. Lex selbst hatte sich nicht die Mühe gemacht sich zu verkleiden. Rache die Persönlich war wurde seiner Meinung nach auch Auge in Auge überbracht!
Überraschenderweise war der für Lex am schwersten zu planende Teil – die Entführung des Deliquenten- der leichteste Teil der Arbeit. Nachdem Lex den Haufen der Verschwörer in seinen Plan so weit wie nötig eingewiesen hatte, zerstreute er sich auftragsgemäß wieder, um kurz darauf getrennt zum Schichtbeginn sich auf der Deponie einzufinden. Danach war es ein leichtes, den Vorarbeiter mit einem Vorwand aus seinem Büro in einer der dunkleren Ecken der Deponie zu lotsen. Die beiden Leibwächter waren danach recht schnell davon zu überzeugen, dass kein Profit darin liegt, sich mit einem Feind in Überzahl zu Prügeln und anschließend mit dem Gesicht nach unten in der Brühe zu treiben. Spontane Situationsabhängige Neutralität - Lexandro konnte dem nichts abgewinnen, was ihm jedoch nicht davon abhielt die Situation auszunutzen und das Ziel handhabungssicher verschnüren zu lassen...
Auf einem Karren, unter einem Stapel ausgemusterter Schutzanzüge, trat der Vorarbeiter Lesley „Wer mir noch einmal auf den Senkel geht frisst Müll“ Comtate, gut verschnürt seinen Letzten Weg an.
Der Transport zurück zur Kneipe verlief unkompliziert. Viertel wie diese hatten gewisse Grundregeln, die nirgends standen aber jeder kannte – eine davon war: Ich hab nichts gesehen, gehört oder auch nur gerochen, was nicht unmittelbar mit mir zu tun hat. Dies war eine der wichtigsten Regeln und meistens auch die erste die man hier lernt oder wenn nicht zumindest nie wieder bricht...
Die einzigen die diese Regel ignorieren konnten, waren die Augen derer die für die „Herren“ arbeiten, also den wirklichen Herrschern hier unten.
Lesley war ein winziges Rädchen in deren Geschäften, aber auch winzige Rädchen tendieren in Maschinen vermisst zu werden...
Lexandro wollte kein unnötiges Risiko eingehen, weswegen er sich für diese (zugegeben etwas dürftige) Scharade entschieden hatte. Er vertraute auf den schlechten Ruf des Viertels und der Tatsache, dass jeder hier was am laufen hatte – er war nur einer von vielen, die in dieser Nacht ihrem illegalen treiben frönten...
Vereinbarungsgemäß war der Vordereingang des Gasthauses nicht abgeschlossen, und die Beleuchtung im Schankraum gelöscht. Eddy hatte sich sogar den Luxus gegönnt und in dieser Nacht seine Gaststätte offiziell geschlossen – um einmal tief und fest zu schlafen – wie er extra betonte, als er und Lex zuvor das vorgehen planten.
Ebenso ließ er den versteckten Zugang zu seinem „Privatkeller“ offen.
Mit zitternden Händen strich Lexandro ein paar Knitterfalten aus dem Blatt. Er liebte diese Stelle, und jedes mal aufs neue konnte er fast wieder die aufgeladene Atmosphäre spüren, das Adrenalin in seinen Adern und die Energie, die durch in hindurchpumpte wie ein Geysir. Im Nachhinein klang alles so trivial, so verdammt EINFACH, und doch war es für ihn eine der Großartigsten Augenblicke als der Erste Teil ohne Probleme von statten ging.
Vorsichtig, um die empfindliche Seite nicht zu beschädigen, blätterte er um.
Er erinnerte sich wie er in diesem kleinen Raum stand, umgeben von den Jungs die alle, wie er selbst auch, um den Stuhl in ihrer Mitte gruppiert waren. Auf diesem Stuhl saß ein blutiger Haufen Fleisch, zusammengehalten von den Fesseln, die ihn an dem Stuhl hielten.
Die Schicht hatte keine Zeit verloren und Lesley auf seinen Thron wie sie das (fast schon ketzerisch) nannten, gesetzt. Johnsons Familie war nun ebenso von der Partie. Die „Verhandlung war erwartungsgemäß kurz, und mehr als Gewimmer und Flüche kam eh nicht von dem Drecksack, sodass das Urteil schnellstmöglich vollstreckt werden konnte.
Seine Stimme hallte durch den Korridor als er mit fester Stimmer das Urteil verkündete.
Tod durch ein Bad in seiner eigenen Deponie.
Doch zuvor durften sich Lexandros Kameraden persönlich bei ihrem ehemaligen Chef für ihre angenehme Arbeitszeit „bedanken“. Lex hatte zu guter Letzt sogar fast Probleme ihren Enthusiasmus zu zügeln, damit dieser nicht um die eigentliche Strafe drumherum kam... Letztendlich zog die Aussicht, ihn auf diese erbärmliche Art verrecken zu sehen, dann doch den Blutrausch aus den Augen der anwesenden.
Lex verfluchte sich im Nachhinein selbst dafür, zu dieser Zeit nur Satzfetzen und Stichwortartige Protokollaufzeichnungen gemacht zu haben. Dieser Augenblick verdiente definitiv mehr als diese schäbigen paar Worte um die komplette Atmosphäre für ewig in der Geschichte zu verewigen...
Vor allem für den jetzt kommenden Teil waren die niedergeschriebenen Worte fast schon zu schäbig , und doch waren sie original! Diese Aufzeichnung und seine Erinnerungen waren einer der Grundsteine auf die er seine Gruppe aufgebaut hatte...
Mit einem Kopfschütteln lass er weiter, während seine ursprünglich angefangene Arbeit auf dem Schreibtisch langsam der Vergessenheit anheim fiel...
Mit einem Kopfnicken entließ er alle Anwesenden, mit Ausnahme von Johnnys Familie. Als der letzte die Gaststätte verlassen hatte, begann der eigentliche Teil seines Programms. Aus einem unscheinbaren Sack der zwischen dem anderen Gerümpel lag, befreiten sie Johnson Sinclairs durch Krankheit gezeichneten Körper aus dem Sack und betteten ihn auf ein paar Kisten. Eine der Töchter sah in der Zwischenzeit nach dem Vorarbeiter, sodass dieser nicht vorzeitig ins Gras biss, während die anderen damit beschäftigt waren Kerzen aus einer der Kisten zu holen, und diese Sternförmig um den Körper vor ihnen herum zu platzieren und anzuzünden. Lex wusste zwar nicht ob das irgendwas bewirken konnte, hielt aber ein wenig Theatralik für eine solche Tat für angebracht.
Er hatte sich auch eine kleine Zeremonie erfunden, in der er sich reichlich aus den Heftchen und Scripten bediente, die in seinem Zimmer überall verstreut lagen. Letztendlich überdeckte der chemische Geruch der Billigkerzen wenigstens der Geruch des schwerstkranken vor ihm.
Er hatte auch extra ein paar Worte in einer Phantasiesprache sich ausgedacht, um den Mystischen Teil ein wenig mehr zu betonen - ansonsten wäre es auch jemanden schwer zu erklären, warum ein tiefer Zungenkuss diesen Mann hätte heilen sollen...
Als er sah, das alles nun bereit war, schritt er würdevoll murmelnd auf den kaum noch atmenden Körper vor ihm zu. Er schritt dabei gegen den Uhrzeigersinn in immer kleiner werdenden kreisen während er murmelnd damit begann, sich seiner Jacke und seines Oberteiles zu entledigen.
Er wusste, dass dies später zu weiteren Irritationen führen konnte, sollte der Mystische Teil ihm nicht voll und ganz abgekauft werden. Jedoch wollte er sein Mal nicht bedeckt haben wenn er seine ihm verliehene Fähigkeit nutzen wollte, und er wusste einfach schlicht nie genau, wo genau das verdammte Teil sich gerade aufhielt. Und eine gründliche Suche auf seinem Körper würde wohl die Atmosphäre gründlichst zerstören..
Lexandro begann nun lauter die Phantasiesilben zu rezitieren, als er letztendlich an Johnnys Körper angekommen war.
Lexandro legte kurz das Buch zur Seite um sich etwas zu trinken einzuschenken. Selbst nach etwas über einem Jahr bereitet ihm diese stelle immer noch Unbehagen. Er konnte sich an die folgenden Szenen schlicht nicht erinnern, selbst wenn alles andere zuvor wie eingraviert schien, immer verschwand ein komplettes Zeitfenster aus seinen Gedanken. Das was hier im Tagebuch geschrieben stand, hatte er letztendlich aus den Erzählungen der sichtlich verstörten Familie übernommen, jedoch klangen sie so plausibel um sie nicht als kompletter Schwachsinn in das Reich der Übergeschnappten zu verbannen...
Auch seine aktuellen Erfahrungen sprechen für den Ablauf, auch wenn der Vorgang nun sehr viel vertrauter und auch vergnüglicher (zumindest für ihn selbst, weniger für den „freiwilligen“) wurde.
Im Nachhinein schob er das in die Kategorie „Entjungferung“ - einmal tut es weh, danach wird’s Übungssache...
Notiz an mich: Irgendwie war ich wohl weggetreten, hab das hier nicht selbst mitbekommen. Aber die Erzählungen waren auch so schon heftig genug, da war's vielleicht auch besser so...
Als sich Lexandro über den Altar beugte begann sich ein grünes Glühen in einem Körper auszubreiten. Zuerst begann es am Scheitel, um dann die Wirbelsäule hinab und sich dann über die Adern zu verbreiten. Lexandros Stimme wurde dunkel und trocken, und als er sich zu den erschrockenen Frauen umdrehte konnten diese seine Augen betrachten, die von innen heraus grün zu leuchten schienen. Trotz dem unheimlichen Glühen, wurde es in dem Raum immer dunkler, bis auch die Kerzen kein Licht mehr abgaben und nur noch als unwirklich flackernde Parodien ihrer Existenz an den Kerzendochten verweilten...
Während alldem rezitierte Lexandro immer und immer wieder die einzigen Worte, die in immer geringeren Abständen in seinem Gedächtnis auftauchten und brannten, bis er sie über seine trockenen Lippen brachte. Plötzlich fixierte er den vor ihm liegenden Körper mit seinem Blick, bevor er ihm vorsichtig, fast schon zärtlich, seinen Mund mit dem eigenen verschloss. Währenddessen schwirrten die Rezitationen wie von einem Geisterchor immer wiederholt im Raum umher. Nach einer gefühlten Ewigkeit, löste sich Lexandro – oder wer auch immer das gerade war -
von Johnson und ging auf den gefesselten Vorarbeiter zu, der noch Ansprechbar genug war um die Vorgänge um ihn herum mitverfolgen zu können.
Als Lexandro vor ihm stand, schien er plötzlich zu verstehen, dass der schlimmste Teil des Tages für ihn noch lange nicht vorbei war...
Langsam und behutsam, griff Lexandro nun nach seinem schwer gezeichneten Kopf.
Mit einer ebenso zärtlichen Bewegung verschlossen er nun den Mund des Opfers mit seinem.
Hier wurden die Aufzeichnungen selbst lückenhaft, da die einzigen Zeugen zu der Zeit entweder ohnmächtig, panisch oder auch beides zusammen waren. An was sich aber alle anwesenden übereinstimmend erinnern konnten, waren die Schreie, die der gefesselte von sich gab, als sein Mund wieder freigegeben wurde...
Zuerst laut, schrill, dann krächzender und Heiser bis dann nur noch ein röcheln über blieb...
Lex beschloss nach diesem Kapitel erst einmal sich ein Bier unten zu gönnen. Ausflüge in die Vergangenheit machten ihn meistens durstig, doch manchmal gibt's einfach Punkte, bei denen Wasser einfach nicht genug war...
Außerdem war mehr Zeit vergangen, als er dachte, und Zeit für ein kleines Mittagessen garniert mit den neuesten Straßennachrichten war genau das, was er nun vertragen konnte...
Außerdem verrieten die verschiedenen Typen sich immer an der Art der ersten Kontaktaufnahme. Diese hier entsprach am ehesten dem Typ "kein Ärger, will nur trinken", wobei es auch da verschiedene Abstufungen gab, wie er in seiner Zeit hier erleben konnte. Der bisherige Tiefpunkt war ein Messerwurf der seinen Kopf nur durch Zufall um Haaresbreite verfehlte, und das war nur ein Montag von vielen...
Betont langsam drehte Edward sich zu seinem neuen Gast um, dem er bisher stets den Rücken zuwandte. Auch das war eine seiner Eigenarten, auch wenn es eher der Show diente, wie es sich selbst zugestehen musste.
Weiterhin schweigend betrachtete er seinen Gast, während dieser zusehends ungehaltener zu werden schien. Mit einem Schnauben der Belustigung entschloss er sich dann doch auf ihn einzugehen...
Nur ruhig Blut Jungchen, heute hast du Glück und darfst so bestellen, Spinddienst is schon vergeben. Hier gibts Bier oder Wasser oder n klaren, aber für den brauch man Haare am Sack! Was darfs sein?
Während dessen an Lexandros Stammtisch
Wie immer um die Uhrzeit war recht wenig los im Gastraum, und von den Gästen die hier ihr spätes Frühstücksbier oder auch ihr Feierabendbier "genossen" konnte er keine nützlichen Infos ergattern. Gelangweilt ließ er seinen Blick über die paar anwesenden traurigen Gestalten schweifen, bis er bei der Szene am Tresen hängen blieb. Er kannte den eigenwilligen Humor von Eddy nur zu gut, musste sich aber eingestehen, das es manchmal dann doch recht unterhaltsam werden konnte. Der letzte Höhepunkt hatte fast eins der Ohren des Wirtes gekostet, und nur der speckige Barspiegel hinter dem Gläserregal, seine Reflexe und eine gute Portion Glück, sorgten dafür dass der Abend ohne Blutvergießen endete.
Die Szene an der Bar schien sich jedoch nicht aufzuladen und so verlor er schon recht bald das Interesse.
Er beschloss zurück in seine Unterkunft zurückzukehren und sich dem Stapel an Papieren zu widmen, die sich langsam zu einem eigenen Platzfaktor in seiner beengten Stube entwickelten.
Allein der Gedanke daran ließ Lexandro aufstöhnen. Selbst in seinen kühnsten Träumen hatte er
es sich nicht ausmalen können wie viel Bürokratie bei so einem Kampf gegen das System anfallen konnte...
In Lexandros Zimmer
Missmutig ergab sich Lex seiner Pflicht und werkelte sich lustlos durch den Papierkram. Dabei fiel jedoch sein Blick immer wieder auf das Tagebuch, dass er zuvor schon in der Hand hatte. Allein der Anblick genügte ihm um seine Gedanken in die Vergangenheit schweifen zu lassen. Er bemerkte, dass der letzte Fetzen Willenskraft nun endgültig abhanden gekommen war und ergab sich seiner Nostalgie.
Schon nach der Lektüre der ersten Zeilen standen ihm die Bilder wieder vor Augen, sodass er die Zeilen mehr überflog, während er zeitgleich das Gelesene in seinem Kopf ablaufen ließ...
Das Datum war selbst für seine Augen, die eigentlich an seine eigene Sauklaue gewohnt waren, schlicht unleserlich. Der Eintrag selbst stand aber aus der Anfangszeit, in der er alle seine Notizen mit jedem verfügbaren Stift in sein kleines Notizheft eintrug. Erst später hatte er sich dazu entschlossen die zerknitterten Seiten vorsichtig aus der alten Heftung zu trennen und zu den gesammelten Werken zusammenzuführen, dessen Ergebnis er gerade am studieren war.
Dieses Kapitel handelte von der Schicksal schweren Nacht, in der alles auf den Weg gebracht wurde. In der er zum Ersten Mal seine Fähigkeit bewusst nutzte und er dabei auch seine Ersten Jünger gewann. Eigentlich kannte er die Zeilen auch auswendig, trotzdem dachte er im Nachhinein noch gerne an den Tag zurück, der sich auch unauslöschlich in seine Gedanken gebrannt hatte...
Vor gut einem Jahr
...Alles war nach Plan verlaufen! Wie erwartet konnte die Familie ein paar Freunde auftreiben, die ebenfalls eine oder mehrere Rechnungen mit dem Drecksack begleichen wollten. Sie gaben sich Mühe möglichst anonym zu bleiben, doch ein paar selbstgebastelte Sackmasken mit Gucklöchern konnte nicht verheimlichen, dass hier fast seine halbe Nachtschicht versammelt stand und der dinge harrte, die noch kommen sollte. Lex selbst hatte sich nicht die Mühe gemacht sich zu verkleiden. Rache die Persönlich war wurde seiner Meinung nach auch Auge in Auge überbracht!
Überraschenderweise war der für Lex am schwersten zu planende Teil – die Entführung des Deliquenten- der leichteste Teil der Arbeit. Nachdem Lex den Haufen der Verschwörer in seinen Plan so weit wie nötig eingewiesen hatte, zerstreute er sich auftragsgemäß wieder, um kurz darauf getrennt zum Schichtbeginn sich auf der Deponie einzufinden. Danach war es ein leichtes, den Vorarbeiter mit einem Vorwand aus seinem Büro in einer der dunkleren Ecken der Deponie zu lotsen. Die beiden Leibwächter waren danach recht schnell davon zu überzeugen, dass kein Profit darin liegt, sich mit einem Feind in Überzahl zu Prügeln und anschließend mit dem Gesicht nach unten in der Brühe zu treiben. Spontane Situationsabhängige Neutralität - Lexandro konnte dem nichts abgewinnen, was ihm jedoch nicht davon abhielt die Situation auszunutzen und das Ziel handhabungssicher verschnüren zu lassen...
Auf einem Karren, unter einem Stapel ausgemusterter Schutzanzüge, trat der Vorarbeiter Lesley „Wer mir noch einmal auf den Senkel geht frisst Müll“ Comtate, gut verschnürt seinen Letzten Weg an.
Der Transport zurück zur Kneipe verlief unkompliziert. Viertel wie diese hatten gewisse Grundregeln, die nirgends standen aber jeder kannte – eine davon war: Ich hab nichts gesehen, gehört oder auch nur gerochen, was nicht unmittelbar mit mir zu tun hat. Dies war eine der wichtigsten Regeln und meistens auch die erste die man hier lernt oder wenn nicht zumindest nie wieder bricht...
Die einzigen die diese Regel ignorieren konnten, waren die Augen derer die für die „Herren“ arbeiten, also den wirklichen Herrschern hier unten.
Lesley war ein winziges Rädchen in deren Geschäften, aber auch winzige Rädchen tendieren in Maschinen vermisst zu werden...
Lexandro wollte kein unnötiges Risiko eingehen, weswegen er sich für diese (zugegeben etwas dürftige) Scharade entschieden hatte. Er vertraute auf den schlechten Ruf des Viertels und der Tatsache, dass jeder hier was am laufen hatte – er war nur einer von vielen, die in dieser Nacht ihrem illegalen treiben frönten...
Vereinbarungsgemäß war der Vordereingang des Gasthauses nicht abgeschlossen, und die Beleuchtung im Schankraum gelöscht. Eddy hatte sich sogar den Luxus gegönnt und in dieser Nacht seine Gaststätte offiziell geschlossen – um einmal tief und fest zu schlafen – wie er extra betonte, als er und Lex zuvor das vorgehen planten.
Ebenso ließ er den versteckten Zugang zu seinem „Privatkeller“ offen.
Mit zitternden Händen strich Lexandro ein paar Knitterfalten aus dem Blatt. Er liebte diese Stelle, und jedes mal aufs neue konnte er fast wieder die aufgeladene Atmosphäre spüren, das Adrenalin in seinen Adern und die Energie, die durch in hindurchpumpte wie ein Geysir. Im Nachhinein klang alles so trivial, so verdammt EINFACH, und doch war es für ihn eine der Großartigsten Augenblicke als der Erste Teil ohne Probleme von statten ging.
Vorsichtig, um die empfindliche Seite nicht zu beschädigen, blätterte er um.
Er erinnerte sich wie er in diesem kleinen Raum stand, umgeben von den Jungs die alle, wie er selbst auch, um den Stuhl in ihrer Mitte gruppiert waren. Auf diesem Stuhl saß ein blutiger Haufen Fleisch, zusammengehalten von den Fesseln, die ihn an dem Stuhl hielten.
Die Schicht hatte keine Zeit verloren und Lesley auf seinen Thron wie sie das (fast schon ketzerisch) nannten, gesetzt. Johnsons Familie war nun ebenso von der Partie. Die „Verhandlung war erwartungsgemäß kurz, und mehr als Gewimmer und Flüche kam eh nicht von dem Drecksack, sodass das Urteil schnellstmöglich vollstreckt werden konnte.
Seine Stimme hallte durch den Korridor als er mit fester Stimmer das Urteil verkündete.
Tod durch ein Bad in seiner eigenen Deponie.
Doch zuvor durften sich Lexandros Kameraden persönlich bei ihrem ehemaligen Chef für ihre angenehme Arbeitszeit „bedanken“. Lex hatte zu guter Letzt sogar fast Probleme ihren Enthusiasmus zu zügeln, damit dieser nicht um die eigentliche Strafe drumherum kam... Letztendlich zog die Aussicht, ihn auf diese erbärmliche Art verrecken zu sehen, dann doch den Blutrausch aus den Augen der anwesenden.
Lex verfluchte sich im Nachhinein selbst dafür, zu dieser Zeit nur Satzfetzen und Stichwortartige Protokollaufzeichnungen gemacht zu haben. Dieser Augenblick verdiente definitiv mehr als diese schäbigen paar Worte um die komplette Atmosphäre für ewig in der Geschichte zu verewigen...
Vor allem für den jetzt kommenden Teil waren die niedergeschriebenen Worte fast schon zu schäbig , und doch waren sie original! Diese Aufzeichnung und seine Erinnerungen waren einer der Grundsteine auf die er seine Gruppe aufgebaut hatte...
Mit einem Kopfschütteln lass er weiter, während seine ursprünglich angefangene Arbeit auf dem Schreibtisch langsam der Vergessenheit anheim fiel...
Mit einem Kopfnicken entließ er alle Anwesenden, mit Ausnahme von Johnnys Familie. Als der letzte die Gaststätte verlassen hatte, begann der eigentliche Teil seines Programms. Aus einem unscheinbaren Sack der zwischen dem anderen Gerümpel lag, befreiten sie Johnson Sinclairs durch Krankheit gezeichneten Körper aus dem Sack und betteten ihn auf ein paar Kisten. Eine der Töchter sah in der Zwischenzeit nach dem Vorarbeiter, sodass dieser nicht vorzeitig ins Gras biss, während die anderen damit beschäftigt waren Kerzen aus einer der Kisten zu holen, und diese Sternförmig um den Körper vor ihnen herum zu platzieren und anzuzünden. Lex wusste zwar nicht ob das irgendwas bewirken konnte, hielt aber ein wenig Theatralik für eine solche Tat für angebracht.
Er hatte sich auch eine kleine Zeremonie erfunden, in der er sich reichlich aus den Heftchen und Scripten bediente, die in seinem Zimmer überall verstreut lagen. Letztendlich überdeckte der chemische Geruch der Billigkerzen wenigstens der Geruch des schwerstkranken vor ihm.
Er hatte auch extra ein paar Worte in einer Phantasiesprache sich ausgedacht, um den Mystischen Teil ein wenig mehr zu betonen - ansonsten wäre es auch jemanden schwer zu erklären, warum ein tiefer Zungenkuss diesen Mann hätte heilen sollen...
Als er sah, das alles nun bereit war, schritt er würdevoll murmelnd auf den kaum noch atmenden Körper vor ihm zu. Er schritt dabei gegen den Uhrzeigersinn in immer kleiner werdenden kreisen während er murmelnd damit begann, sich seiner Jacke und seines Oberteiles zu entledigen.
Er wusste, dass dies später zu weiteren Irritationen führen konnte, sollte der Mystische Teil ihm nicht voll und ganz abgekauft werden. Jedoch wollte er sein Mal nicht bedeckt haben wenn er seine ihm verliehene Fähigkeit nutzen wollte, und er wusste einfach schlicht nie genau, wo genau das verdammte Teil sich gerade aufhielt. Und eine gründliche Suche auf seinem Körper würde wohl die Atmosphäre gründlichst zerstören..
Lexandro begann nun lauter die Phantasiesilben zu rezitieren, als er letztendlich an Johnnys Körper angekommen war.
Lexandro legte kurz das Buch zur Seite um sich etwas zu trinken einzuschenken. Selbst nach etwas über einem Jahr bereitet ihm diese stelle immer noch Unbehagen. Er konnte sich an die folgenden Szenen schlicht nicht erinnern, selbst wenn alles andere zuvor wie eingraviert schien, immer verschwand ein komplettes Zeitfenster aus seinen Gedanken. Das was hier im Tagebuch geschrieben stand, hatte er letztendlich aus den Erzählungen der sichtlich verstörten Familie übernommen, jedoch klangen sie so plausibel um sie nicht als kompletter Schwachsinn in das Reich der Übergeschnappten zu verbannen...
Auch seine aktuellen Erfahrungen sprechen für den Ablauf, auch wenn der Vorgang nun sehr viel vertrauter und auch vergnüglicher (zumindest für ihn selbst, weniger für den „freiwilligen“) wurde.
Im Nachhinein schob er das in die Kategorie „Entjungferung“ - einmal tut es weh, danach wird’s Übungssache...
Notiz an mich: Irgendwie war ich wohl weggetreten, hab das hier nicht selbst mitbekommen. Aber die Erzählungen waren auch so schon heftig genug, da war's vielleicht auch besser so...
Als sich Lexandro über den Altar beugte begann sich ein grünes Glühen in einem Körper auszubreiten. Zuerst begann es am Scheitel, um dann die Wirbelsäule hinab und sich dann über die Adern zu verbreiten. Lexandros Stimme wurde dunkel und trocken, und als er sich zu den erschrockenen Frauen umdrehte konnten diese seine Augen betrachten, die von innen heraus grün zu leuchten schienen. Trotz dem unheimlichen Glühen, wurde es in dem Raum immer dunkler, bis auch die Kerzen kein Licht mehr abgaben und nur noch als unwirklich flackernde Parodien ihrer Existenz an den Kerzendochten verweilten...
Während alldem rezitierte Lexandro immer und immer wieder die einzigen Worte, die in immer geringeren Abständen in seinem Gedächtnis auftauchten und brannten, bis er sie über seine trockenen Lippen brachte. Plötzlich fixierte er den vor ihm liegenden Körper mit seinem Blick, bevor er ihm vorsichtig, fast schon zärtlich, seinen Mund mit dem eigenen verschloss. Währenddessen schwirrten die Rezitationen wie von einem Geisterchor immer wiederholt im Raum umher. Nach einer gefühlten Ewigkeit, löste sich Lexandro – oder wer auch immer das gerade war -
von Johnson und ging auf den gefesselten Vorarbeiter zu, der noch Ansprechbar genug war um die Vorgänge um ihn herum mitverfolgen zu können.
Als Lexandro vor ihm stand, schien er plötzlich zu verstehen, dass der schlimmste Teil des Tages für ihn noch lange nicht vorbei war...
Langsam und behutsam, griff Lexandro nun nach seinem schwer gezeichneten Kopf.
Mit einer ebenso zärtlichen Bewegung verschlossen er nun den Mund des Opfers mit seinem.
Hier wurden die Aufzeichnungen selbst lückenhaft, da die einzigen Zeugen zu der Zeit entweder ohnmächtig, panisch oder auch beides zusammen waren. An was sich aber alle anwesenden übereinstimmend erinnern konnten, waren die Schreie, die der gefesselte von sich gab, als sein Mund wieder freigegeben wurde...
Zuerst laut, schrill, dann krächzender und Heiser bis dann nur noch ein röcheln über blieb...
Lex beschloss nach diesem Kapitel erst einmal sich ein Bier unten zu gönnen. Ausflüge in die Vergangenheit machten ihn meistens durstig, doch manchmal gibt's einfach Punkte, bei denen Wasser einfach nicht genug war...
Außerdem war mehr Zeit vergangen, als er dachte, und Zeit für ein kleines Mittagessen garniert mit den neuesten Straßennachrichten war genau das, was er nun vertragen konnte...